Vorher / Nachher
Schlingensief (11.09.2009):
Das Wichtigste ist, dass man einfach diese FDP wegjagt. Ich mag diese Partei nicht, weil dort viele Leute genau die neoliberale Marktwirtschaft propagiert haben, die den Dreck angerichtet hat, in dem wir jetzt stecken. Und dass diese Leute jetzt zusammen mit der CDU das Sagen haben sollen – das gönne ich ihnen einfach nicht. Ich will nicht sehen, wie Guido Westerwelle als Außenminister in Israel herumläuft. Der hat schon so viel Scheiße gebaut – diese Aktion 18, das ging einfach gar nicht. Es sollen doch bitte nicht die Leute darauf reinfallen, die jetzt glauben, wenn sie die FDP wählen, zahlen sie fünf Prozent weniger Steuern.
Christoph Schlingensief über seinen Abend im Kanzleramt::
Das war erschreckend. Da sitzen ihr [Merkel - Red] Henning Mankell und Tilda Swinton beim Kaffeetrinken gegenüber, und sie stellt keine Fragen. Da wird nur gefragt, ob man noch ein Stückchen Kuchen möchte. Im Büro zeigte sie uns so eine potthässliche Marmorplatte mit Kamelen an der Tränke, die ihr irgendein Ölscheich geschenkt hatte. Das mussten wir uns alle angucken. Und als ich mal auf das Adenauer-Porträt von Kokoschka zuging, was wirklich ein schönes Bild ist, dann sagte sie nur: “Ja, aber machen Sie es nicht kaputt, Herr Schlingensief, ha, ha, ha.” Mankell, Tilda und Wayne Wang haben hinterher unabhängig voneinander gefragt: “Ist die immer so?”
14.09.2009:
Ob solcher Aussagen hat die WELT die hochgradig verbissene anti-linke Bettina Röhl losgelassen, die Schlingensief voller Wut und Hass zitiert, nachdem dieser auch noch die von Springer hochverehrte Merkel kritisiert hatte. Rufmord sei das!
Angela Merkel, eine tumbe, kulturlose, einfallslose Hausmutti, die im deutschen Kanzleramt herrscht - ein grauenvolles Bild, das Schlingensief von seinem Besuch (Die Einladung hat er immerhin angenommen) von der Dame verbreitet, die das amerikanische Schwadronierer-Magazin Forbes auf den ersten Platz seiner Mächtigen-Liste setzte. So etwas nennt man Rufmord. Die WELT-Autorin rückt das rechte Weltbild wie folgt zurecht:
Schlingensief ist in der Kategorie „Kultur“ besser aufgehoben als es ihm gebührt. Sein größtes Können liegt darin Kulturtöpfe zu öffnen und Mäzene zum Geldausspucken für seinen gigantischen Blödsinn zu bewegen.
Provokation verkauft sich in einer linkslastigen Kulturszene, die allerdings höchst rechts in Saus und Braus lebt, immer noch wie heldenhafte Opposition gegen irgendwelche finsteren Mächte, die den Staat Bundesrepublik beherrschten.
Schlingensief kotzt sich aus über FDP-Chef Guido Westerwelle: (...)„ der hat schon soviel Scheiße gebaut“(...) Den Blick in den Spiegel möchte man Schlingensief ans Herz legen.
Vielleicht kommt ihm dann der Gedanke, dass er sich und Westerwelle verwechselt haben könnte. Die ganze Einlassung, die Schlingensief im Interview bei Welt online und in der Talkshow 3 nach 9 über FDP und CDU rauslässt, ist an geheuchelt linkem Populismus wirklich nicht zu überbieten.
Schlingensief scheint von der Springer-Furie wenig beeindruckt zu sein und gibt nach der Wahl im SPIEGEL-Sonderheft zu Protokoll:
„Mach mir nicht den Westerwelle“ - das sagen wir am Theater, wenn ein Schauspieler nicht authentisch ist. Westerwelle ist die unausstehlichste Persönlichkeit, die mir je untergekommen ist. Nach diesem Abend graust es mir. Westerwelle demnächst in Israel? Der Mann, der mit Möllemann gemeinsame Sache gemacht hat? Ein Herumhüpfer. Mit ihm werden wir doch nicht ernst genommen. Wieso kann eine Partei, die Deregulierung propagiert, von so vielen Ahnungslosen gewählt werden?
Hämefrei, aber dafür umso richtiger erklärt Navid Kermani, gegen den Roland Koch persönlich einschritt, nachdem Kardinal Lehmann es ablehnte gemeinsam mit Kermani einen Preis anzunehmen:
„Die Debatten im Wahlkampf haben sich praktisch nur darauf beschränkt, wer die Wirtschaft schneller zum Wachstum bringt. Bildung, Umwelt, Europa, Außenpolitik spielten keine Rolle, gesellschaftliche Entwürfe, eine Vorstellung davon wie wir leben sollen, schon gar nicht. Von solcher Ideenarmut profitieren natürlich diejenigen Parteien, von denen man ohnehin keine Vision erwartet. Die Rechte kann ohne Utopien leben, die Linke nicht. Insofern ist das Ergebnis einer FDP, die nur noch für Marktliberalität steht und nicht mehr für eine liberale Gesellschaft, zugleich grotesk und folgerichtig.
Aus der Seele spricht mir Campino:
15.07.2009:
Was erhoffen Sie sich denn in dieser Situation von der Bundestagswahl?
Campino:
Am liebsten wäre mir, wenn dieses Mal gar nicht gewählt würde. Denn das, was auf uns zukommt, wird nicht besser werden, als das, was ist. Es darf doch nicht sein, dass ein Schmalspur-Philosoph und Oberflächen-Schwimmer wie Guido Westerwelle ernsthaft über unsere Geschicke mit entscheidet.
Frage:
Aber es gibt ja auch noch andere Alternativen.
Campino:
Aber das ist das, was auf uns zukommt. Wer ist hier noch in diesem Land, der nicht weiß, dass die FDP zusammen mit der CDU gewinnen wird? Es wird so kommen. Das ist eine Tragödie. Wirklich. Die derzeitige FDP ist überflüssig wie die Deutsche Mark.
Nach der Wahl:
(27.09.2009)
Ich trete heute, am Wahlabend, noch mit den Toten Hosen in Barcelona auf und wissen sie was ich gerade mache? Ich arbeite an meinen Entschuldigungssätzen auf Spanisch, um den Spaniern zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass in Zukunft Guido Westerwelle zu ihnen gereist kommt und Deutschland vertreten wird! Wie viel muss man eigentlich noch aushalten?? Dem Mann steht die Falschheit seit Jahren im Gesicht. Aber suchen wir mal nach den positiven Dingen: Erstens, wahrscheinlich wird die Welt nach diesem Erfolg jetzt das erste ehrliche Lächeln von Westerwelle zu sehen bekommen. Zweitens haben wir jetzt wieder ein klares Feindbild. Ich werde mich in Zukunft also doch wieder in Talkshows setzen müssen, und zwar mit Westerwelle, darauf freue ich mich jetzt schon. Und in der Zwischenzeit warte ich auf die historische Steuersenkung, die ja nun nächste Woche kommt.
Auch wieder wahr - Blogger und Kabarettisten haben nun wieder leichtes Spiel.
Mit genügend Zynismus und Sarkasmus wird man die nächsten Jahre vielleicht überstehen.
Angemeiert sind nur diejenigen, die sich keinen Zynismus und Sarkasmus leisten können, weil sie hilfsbedürftig sind.
Angemeiert ist zweitens die Regierung des Jahres 2013, die ein total auseinandergedriftetes Deutschland sanieren muß.
Angemeiert sind auch diejenigen, die in den Zwischenjahren endgültig durch das soziale Bildungsnetz gefallen sind, auf Rest- und Hauptschulen ausgesondert wurden und denen zur Freude der Hochverdiener die Zukunft genommen wurde.
24-Year-Old Woman Who Spoke Out About the Harms of Conversion Therapy Found Dead
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Alana Chen may have taken her own life after a lifetime of hearing
anti-LGBTQ religious rhetoric.
vor 1 Stunde