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Samstag, 25. Juli 2009

Deutsche Geschäftsmodelle - Teil I

Michael Rutz, ultrakonservativer Chefredakteur des Rheinischen Merkur saß kürzlich in einer Sonntäglichen Presseclub-Runde, gab die üblichen Attacken wider Rot/Grün von sich und verstieg sich dann zu der Forderung das Thema Atomkraft müsse aus dem Wahlkampf heraus gehalten werden.
Ganz ähnlich halten es derzeit auch die Eunuchen der LSU, die Zypries vorwerfen, das Thema „Rechte für Homosexuelle“ habe in den Monaten vor der Bundestagswahl keinen Platz.

Das ist mal ein interessantes Demokratieverständnis der Rechten:
Wenn ihnen die Argumente ausgehen und womöglich zu befürchten ist, daß der Souverän eine Sachfrage anders beurteilt, als die Ewiggestrigen der CDU, darf nicht drüber gesprochen werden.

SOWEIT kommt es noch!

Das Gegenteil sollte der Fall sein - diese in der Tat zwischen den (noch) großen Parteien strittigen Fragen gehören absolut in den Wahlkampf!

Ich bin zwar keineswegs von der hübschen Theorie überzeugt, daß die Deutsche Demokratie ganz nach den Idealvorstellungen eines Jean-Jacques Rousseau, John Locke oder eines Baron de Montesquieu funktioniert, bei denen die Wähler alle neutral informiert, aufgeklärt und aufmerksam Parteiprogramme verfolgen und anschließend eine sachliche Entscheidung treffen - aber man könnte es doch versuchen.

Womöglich gibt es ja doch den ein oder anderen Wähler, der nicht ob der Waltz’schen Frisuren oder der Anzahl der Spaß-Auftritte bei „Wetten, daß …“ seine Wahlentscheidung trifft.

Beim Thema Kernenergie wird der Wahlmichel von den bürgerlichen Parteien besonders krass verarscht.
Vor gerade mal 24 Stunden erwähnte ich, daß der RWE just ein Atomkraftwerk entglitt: Schnellabschaltung des Atomkraftwerkes Emsland im niedersächsischen Lingen.

Seit dem hat es schon wieder eins erwischt:

Der zweite Block des EnBW-Atomkraftwerks Philippsburg (Kreis Karlsruhe) ist gestern außerplanmäßig abgeschaltet worden.

Lassen wir aber heute mal den ganzen Sicherheitsaspekt, die Stümpereien und Lügen beim Betrieb, die für Millionen Jahre ungeklärte Endlagerungsfrage und die Terrorgefahr bei Seite und betrachten nur einmal den finanziellen Aspekt.

Anfangsakt:
Ursprünglich mochten die Energieversorger nicht in die Atomkraft investieren.
Der Steuerzahler kam für die Forschung auf und stopfte bisher rund 60 Milliarden Euro in die Taschen der Konzerne - Nuklearenergie war bis in die 80er Jahre allgemein gewollt.
Hauptakt:
Nun ist die Zeit der Gewinne angebrochen. Ein abgeschriebenes Atomkraftwerk allein, wirft PRO TAG eine Million Euro Gewinn ab. Daß die Herren vom Atomforum gerne an dieser Technik festhalten wollen, liegt auf der Hand.

Als geübte Propagandisten haben sie es erreicht den Schlußakt wie den Anfang zu gestalten:
Die unweigerlich auftauchende Risiken für Tausende Generationen und schon jetzt anfallenden Milliardenkosten für Entsorgung und Rückbau tragen wieder die Steuerzahler allein.

CDU, CSU und FDP sei Dank wurden entsprechende Geheimabkommen geschlossen, die noch nicht einmal Parlamentarier einsehen dürfen.

(Monitor: Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen, Umweltpolitische Sprecherin: "Das ist ungeheuerlich, würde ich sagen. Ein solcher Vorgang, denn dieser Vertrag wurde ja offensichtlich so geschlossen, dass er zum Vorteil der Privatwirtschaft läuft und zum Nachteil des öffentlichen Haushaltes, also der Steuerzahler. Und ich als Vertreterin des Parlaments habe Einsicht zu haben in Vorgänge, die den Haushalt betreffen und bekomme diese Einsicht nicht.")

Aber auch offiziell wagt man sich in der Kanzlerinnenpartei so einiges und änderte noch dieses Frühjahr das Atomgesetz, in dem es nun heißt:
"Die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung trägt der Bund."

Herzlichen Glückwunsch Atomforum - da sind aber perfekte Politiker eingekauft worden.

Um welche Kosten es sich handelt, die der Bund nun tragen soll - und an denen die Energiekonzerne mit ihren acht bis zehn MILLIARDEN Euro Jahresgewinn nicht beteiligt werden sollen, listeten diese Woche verschiedene Medien auf.
Insbesondere verweise ich auf den MONITOR-Bericht vom 23.07.09 mit dem Titel
Ich fasse kurz zusammen:
Allein vier Milliarden wird den Steuerzahler des Asse-Desaster kosten - verursacht von dem Atommüll der Konzerne mit den Milliardengewinnen.
Als „Gebühren“ mußten sie für die Einlagerung ihres Millionen Jahre strahlenden hochkrebserregenden Drecks 1,9 Millionen Euro zahlen - also 0,05% der Kosten, die dem Steuerzahler aufgebrummt wurden.
Das gleiche Bild bei dem Desaster-Endlager Morsleben, das entgegen der ausdrücklichen Experten-Warnungen zur Freude der Atomkonzerne von einer gewissen Umweltministerin namens Angela Merkel freigegeben wurde.
Nun sind die Folgen der Merkel-Politik klar - auch Morsleben ist unmittelbar vorm Einstürzen und muß für mindestens 2,2 Milliarden Euro auf Steuerzahlerkosten saniert werden.
Daß Morsleben für Millionen Jahre Endlager sein könne, hat sich also NICHT GANZ bewahrheitet.
Dank Merkel und der CDU sitzt der Steuerzahler auf Milliardenkosten; 85 Millionen Euro haben deutsche Energieversorger insgesamt bezahlt.
Grandios - diesmal haben die Raffkes vom Atomforum also fast 4 % der von ihnen verursachten Kosten tatsächlich selbst übernommen - und nur 96% zahlt der Bürger.
Gegenüber den 99,95 % der Kosten im Fall Asse ein echter Fortschritt!

Das ist aber keineswegs alles - der nicht eben ökofreundliche SPIEGEL, der schon wüst gegen Windkrafträder agitiert hat, listet in seiner Ausgabe vom 20. Juli 2009 außer den über sechs Milliarden Euro Kosten für Asse und Morsleben weitere dem Steuerzahler aufs Auge gedrückte Atomenergie-Folgekosten auf:

Rückbau AKW Stade: 500 Millionen Euro, Kugelhaufenreaktor Hamm-Uentrop-Entsorgung: 350 Millionen Euro, Kugelhaufenversuchsreaktor Jülich: 500 Millionen Euro, Rückbau AKW Mühlheim-Klärlich: 725 Millionen Euro, Rückbau AKW Obrigheim: 500 Millionen Euro, Abwicklung Versuchsreaktor Karlsruhe: 309 Millionen Euro, Abbau WAA Karlsruhe: 2.600 Millionen Euro, AKW Würgassen: 700 Millionen Euro, Kosten durch das sowjetische Uranabbaulager Wismut: 6.400 Millionen Euro, AKW-Ruinen Greifswald und Rheinsberg: 3.000 Millionen Euro.

Nun kommt diese ideologisch verwirrte SPD mit dem absurden Vorschlag, daß man doch auch die Milliardenschweren VERURSACHER dieser Kosten zur Kasse bitten könne, statt den Steuerzahler allein zahlen zu lassen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel will auch die Atomkonzerne zur Kasse bitten und fordert eine Kernbrennstoffsteuer von einem Cent pro Kilowattstunde, um Nuklearruinen sichern zu können.

RWE, E.on, Vattenfall und EnBW und CDU/CSU lehnen das ab - linksradikales Teufelszeug.

In der Kanzlerpartei kümmert man sich lieber darum die Taschen bei EnBW, RWE, E.on und Vattenfall weiterhin prall zu füllen.
Eine Laufzeitverlängerung soll bis zu 200 MILLIARDEN Euro zusätzliche Gewinne einbringen. Ein Endlager gibt es zwar nicht - aber SO WHAT?

Alle entstehenden Kosten zahlt doch der Urnenpöbel, der offenbar so gerne Merkel und Westerwelle in der Regierung sehen möchte.

Vor den sonstigen Folgen der Atomtechnik werden ohnehin die Augen fest verschlossen.

Kinderkrebs im Umfeld des AKW-Krümmel?

Egal - Merkel, Öttinger und Westerwelle wohnen schließlich nicht in der Elbmarsch.

Die knapp 300.000 Einwohner Karlsruhes in BW haben sich auch nicht durch die Wiederaufbereitungsanlage abhalten lassen CDU-Ministerpräsidenten („Krümmel hat Zukunft“-Öttinger) und CDU-Bürgermeister (Heinz Fenrich) zu wählen.

"Atomsuppe im Glas"
nennt das Bernd Dörries und schreibt:
Karlsruhe sitzt auf den gefährlichsten Abfällen, die das Atomzeitalter in Deutschland hinterlassen hat. Mit Milliardenaufwand sollen sie nun entsorgt werden.

Daß in ihrer Nachbarschaft 60.000 Liter sich selbst erhitzenden Plutoniumbrühe mit der Strahlung von 700 Billiarden Becquerel umher wabert, die seit 20 Jahren laufend auf unter 25°C gekühlt und gerührt werden muß, um nicht durchzubrennen, scheint die Karlsruher nicht dahin gehend zu irritieren mal nicht CDU zu wählen.

Den Atomkonzernen soll es recht sein.

Das findet sogar der SPIEGEL:
1991 ließen sich die Konzerne ihren Kostenanteil für die Entsorgung der WAK auf 550 Millionen Euro deckeln. Heute wird mit Kosten von 2,6 Milliarden Euro gerechnet. Sie tauchen auf keiner Stromrechnung auf, sondern sind in den Steuern versteckt. Kein Wunder, dass Atomstrom so billig erscheint.

Bei dem mit hochangereicherten Uran versuchten Forschungsreaktor Jülich (in der Nähe von Düsseldorf) sieht es ganz genauso aus.
Der extrem verstrahlte 2100 Tonnen schwere Reaktor muß nun erst einmal für 60 Jahre einbetoniert werden, bis er so weit abgekühlt ist, daß Sägeroboter ihn zerlegen können.

Das wird noch mal richtig teuer - aber dann sind Merkel und Westerwelle nicht mehr an der Regierung und die Atomkonzerne können ohnehin nicht mehr belangt werden.

Kosten und Risiken trägt die Bevölkerung, die CDU sorgt dafür, daß die vier Stromkonzerne nicht zur Kasse gebeten werden und der Urnenpöbel wählt die CDU dafür.

Angela Merkel hat sich entschieden gegen einen schnellen Ausstieg aus der Kernenergie ausgesprochen.

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