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Mittwoch, 11. Januar 2012
Defätisten.
Wenn Gelbe oder Schwarze schwarzmalen, kann man getrost die Ohren auf Durchzug stellen, weil ihre Horrorszenarien nie eintreten.
Als Willy Brandt („…dieser Fraaahm..“ - Adenauer) Bundeskanzler wurde, hat niemand die Planwirtschaft eingeführt.
Als der SPD-Kanzler die Ostverträge in Moskau unterzeichnete, fielen nicht anschließend Horden der Roten Armee über Westeuropa her.
Als im Sommer 1995 die Christos den Wrapped Reichstag schufen, kam es nicht zu einer nationalen Depression, wie beispielsweise Wolfgang Schäuble im Februar 1994 gewarnt hatte.
Es wurden stattdessen die besten, fröhlichsten und friedlichsten zwei Wochen, die Berlin seit langer Zeit erlebt hatte.
Die Bundestagsabgeordneten entschieden sich aber mit lediglich 292 zu 223 Stimmen für Christos Vorhaben - gegen den Widerstand fast der gesamten CDU, der Übles geschwant hatte.
Mindestens den Untergang Deutschlands sahen die Schwarzen dann wieder 1998 voraus. Die „Grünen Chaoten“ würden Deutschland isolieren und aus der NATO führen.
Die Ökosteuer müsse dazu führen, daß die Wirtschaft zusammenbreche und selbstverständlich gingen überall die Lichter aus, wenn einer die Hand an die Atomkraftwerke lege.
2003 erkannte Frau Merkel erneut, daß sich Deutschland mit dem Nein zum Irakkrieg zum internationalen Paria mache und gemeinsam mit Syrien in der UNO marginalisiert werde, während alle anderen an der Seite Amerikas stünden.
Prognosen sind eben immer schwierig; besonders wenn sie die Zukunft betreffen.
Der nächste Untergang Deutschland schwante der Bundesregierung nach der „Arabellion“.
Man hatte Gaddafi immer gut dafür bezahlt, daß er die afrikanischen Flüchtlingsströme gen Europa mit aller Härte unterband.
Durch seinen Sturz waren dann die Schleusen offen und Europa müsse folglich überrannt werden.
So dachten sich das die konservativen EU-Innenminister, die sich einfach nicht vorstellen konnten, daß man freiwillig in Libyen, Tunesien oder Ägypten bleiben will.
Kollektiv schissen sich die EU-Minister nun in die Hose - was tun mit den Flüchtlingsmassen?
Italiens damaliger Premier Silvio Berlusconi sprach von einem 'menschlichen Tsunami', Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ließ die Kontrollen an Deutschlands Grenzen verstärken.
Nun, ein Jahr später, zeigt sich: Die Befürchtungen waren übertrieben, der angebliche Tsunami ist zur kleinen Welle geraten. Nach den jüngsten Asylzahlen kamen aus den drei nordafrikanischen Revolutionsländern Tunesien, Ägypten und Libyen bis Ende November 2011 nicht einmal 800 Menschen nach Deutschland.
[…] Das gilt im Übrigen für die ganze Europäische Union, wo man trotz arabischem Frühling bis zum Sommer nur etwas mehr Flüchtlinge verzeichnet hat.
(Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 2012)
Der nächste Ärger drohte, als die Kanzlerin zum Schrecken der FDP im Sommer 2010 plötzlich und relativ einseitig das Verbot von ungedeckten Leerverkäufen durchdrückte.
Es hagelte sofort die altbekannten Argumente: Isolation Deutschlands, Abwanderung des Kapitals, enorme wirtschaftliche Nachteile, etc pp.
Das eigenmächtige Handeln sorgte auch in deutschen Finanzkreisen für Unruhe. Man befürchtete eine Abwanderung lukrativer Finanzgeschäfte ins Ausland. Die Lobbyisten malten den Geldteufel an die Wand: ein Alleingang sei gefährlich, weil sich Deutschland isoliere. Heute weiß man: Die Befürchtungen waren unbegründet. Das Vorpreschen der Bundesregierung entfaltete eine Signalwirkung, als sich die Euro-Krise verschärfte. Bald schon folgten andere EU-Staaten wie Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und Griechenland dem deutschen Beispiel und untersagten diese Geschäfte. Mittlerweile hat die EU eine einheitliche Regelung zum Verbot der umstrittenen Leerverkäufe beschlossen.
[….] Bleibt noch die Drohung vom Exodus einiger Finanzmarktakteure. Haben sie Deutschland verlassen, um woanders ihre Wetten auf fallende Kurse durchzuführen? Es gibt auf diese Frage keine verlässlichen Daten. Vielleicht ist sie auch nicht relevant. Sollten solch" unerwünschte Geschäfte etwa nach London abwandern, wäre das doch kein Schaden, meint Ökonom Paul Welfens: 'Wenn London ein großes Rad drehen will, dann muss sich Großbritannien eines Tages mit den Konsequenzen solcher Geschäfte befassen.'
(Markus Zydra 11.01.12)
Die aktuelle Defätismus-Peinlichkeit liefert erneut die FDP, welche sich gegen eine Finanzmarktransaktionssteuer stemmt.
In der Bundesregierung besteht nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter keine Einigkeit über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nur in der Euro-Zone. Das sagte Merkel am Mittwoch nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti in Berlin. [...] Bisher sperrt sich die FDP gegen eine kleine Lösung ohne den wichtigen Finanzplatz London.
(Reuters 11.01.12)
Denn; wir ahnen es schon; das würde den Wettbewerb verzerren, die Unternehmer aus Deutschland flüchten lassen und überhaupt die Hölle auf Erden bescheren.
Blöd für die FDP, daß diesen Unsinn absolut niemand außer ihr selbst glaubt.
Linke, Grüne und SPD sind für die Transaktionssteuer und sogar große Teile der CDU wollen das Instrument endlich einführen. Merkel und Schäuble ziehen da ausnahmsweise an einem Strang mit Sarkozy.
Hätte die Kanzlerin nicht die lästigen liberalen Defätisten an der Hacke, wäre die Steuer schon europaweit umgesetzt.
Die Regierungskoalition bietet auch im neuen Jahr ein Bild tiefer Zerstrittenheit. Sowohl zwischen Union und FDP als auch innerhalb der Union bestehen nach wie vor fundamentale Differenzen ueber die Finanztransaktionssteuer. Der Erklaerung der Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie sich persoenlich eine Einfuehrung der Finanztransaktionssteuer auch in der Eurozone vorstellen koenne, wurde in der FDP und der eigenen Unionsfraktion umgehend widersprochen.
FDP-Vertreter wollen die Finanztransaktionssteuer allenfalls in der Europaeischen Union mittragen oder verwerfen die Steuer gleich ganz. Mittlerweile droht die FDP Konsequenzen fuer die Regierungsarbeit an. In der Union stellt sich Fraktionsvize Michael Fuchs gegen die Kanzlerin und lehnt eine Finanztransaktionssteuer in der Euro-Zone ab. Die gegensaetzlichen Aeusserungen lassen nicht nur inhaltliche Unterschiede, sondern auch grosses Misstrauen innerhalb der Koalition erkennen. Wer soll diese Regierung eigentlich noch ernst nehmen?
(Die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Nicolette Kressl 11.01.12)
Europa liegt also wieder mal auf Eis wegen gagaesker Kindereien in Berlin.
Sich immer noch gegen die Finanzmarktransaktionssteuer zu sperren kann man nur, wenn man vollkommen uneinsichtig und verbohrt ist - oder wie man zusammenfassend sagen kann: FDP.
Eine Steuer gegen die Abzocke sei nur gerecht, wird da auf Parteitagen, EU-Gipfeln und an regionalen Stammtischen erklärt, am besten weltweit, nicht nur wegen der Krise, sondern auch, weil ja anderswo grundsätzlich alle Dienstleistungen besteuert werden - nur eben Finanz- und Versicherungsdienstleistungen nicht. Mit dem Pampern der Banken müsse Schluss sein. Fünf Jahre danach ist die Steuer, die alle wollen, immer noch nicht eingeführt.
[….] Bundeskanzlerin Angela Merkel, wirbt zwar fern der Heimat, etwa auf Brüsseler EU-Gipfeln, gern für die beim Bürger beliebte Steuer, in Berlin allerdings klingt sie meist viel zögerlicher, wohl aus Rücksicht auf ihren Koalitionspartner, die FDP. Deren Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler wird nicht müde zu behaupten, die Steuer führe zu Wettbewerbsverzerrungen und belaste den Finanzstandort Deutschland einseitig. […]
Dieses Argument ist, freundlich gesagt, überholt. Längst hat die Europäische Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt, der das Prädikat intelligent verdient - weil er genau diese Wettbewerbsverzerrung ausschließt.
[…] Steuerkommissar Algirdas Semeta [schlug] im September des vergangenen Jahres vor, Finanzgeschäfte von 2014 an nach dem Ansässigkeitsprinzip zu besteuern. Hinter dem komplizierten Wort verbirgt sich ein einfacher Mechanismus. Semeta will Geschäfte mit Aktien, Anleihen und Derivaten unabhängig von dem Ort besteuern, an dem sie abgeschlossen werden. Stattdessen sollen die beteiligten Finanzakteure besteuert werden. Die Richtlinie sieht vor, dass die Steuer in dem europäischen Land zu entrichten ist, in dem der Finanzakteur ansässig ist. Das bedeutet, dass für jedes Geschäft, das eine französische oder deutsche Bank irgendwo auf der Welt abwickelt, in Frankreich oder Deutschland eine Transaktionssteuer fällig wird. Damit sind Geschäfte an der Wall Street oder in der City of London ebenso steuerpflichtig wie die Geschäfte, die in Frankfurt oder Paris getätigt werden. Das Schlupfloch, das Rösler bemängelt, würde gar nicht existieren. […]
Die Umsätze mit Aktien und Anleihen sollen mit 0,1 Prozent besteuert werden; für Derivate ist ein Satz von nur 0,01 Prozent vorgesehen; beides sind allerdings Minimalsätze, die von den europäischen Regierungen beliebig erhöht werden können. Insgesamt 57 Milliarden Euro könnten auf diese Weise jährlich eingenommen werden, kalkulierte Semeta.
Das war vor fünf Monaten, und seither passierte: nichts.
(Cerstin Gammelin 11. Januar 2012)
Danke Rösler.
Herr Rösler versteht übrigens nicht wie es angehen konnte, daß seine Partei auf zwei Prozent in den Umfragen abschmierte.
Als Willy Brandt („…dieser Fraaahm..“ - Adenauer) Bundeskanzler wurde, hat niemand die Planwirtschaft eingeführt.
Als der SPD-Kanzler die Ostverträge in Moskau unterzeichnete, fielen nicht anschließend Horden der Roten Armee über Westeuropa her.
Als im Sommer 1995 die Christos den Wrapped Reichstag schufen, kam es nicht zu einer nationalen Depression, wie beispielsweise Wolfgang Schäuble im Februar 1994 gewarnt hatte.
Es wurden stattdessen die besten, fröhlichsten und friedlichsten zwei Wochen, die Berlin seit langer Zeit erlebt hatte.
Die Bundestagsabgeordneten entschieden sich aber mit lediglich 292 zu 223 Stimmen für Christos Vorhaben - gegen den Widerstand fast der gesamten CDU, der Übles geschwant hatte.
Mindestens den Untergang Deutschlands sahen die Schwarzen dann wieder 1998 voraus. Die „Grünen Chaoten“ würden Deutschland isolieren und aus der NATO führen.
Die Ökosteuer müsse dazu führen, daß die Wirtschaft zusammenbreche und selbstverständlich gingen überall die Lichter aus, wenn einer die Hand an die Atomkraftwerke lege.
2003 erkannte Frau Merkel erneut, daß sich Deutschland mit dem Nein zum Irakkrieg zum internationalen Paria mache und gemeinsam mit Syrien in der UNO marginalisiert werde, während alle anderen an der Seite Amerikas stünden.
Prognosen sind eben immer schwierig; besonders wenn sie die Zukunft betreffen.
Der nächste Untergang Deutschland schwante der Bundesregierung nach der „Arabellion“.
Man hatte Gaddafi immer gut dafür bezahlt, daß er die afrikanischen Flüchtlingsströme gen Europa mit aller Härte unterband.
Durch seinen Sturz waren dann die Schleusen offen und Europa müsse folglich überrannt werden.
So dachten sich das die konservativen EU-Innenminister, die sich einfach nicht vorstellen konnten, daß man freiwillig in Libyen, Tunesien oder Ägypten bleiben will.
Kollektiv schissen sich die EU-Minister nun in die Hose - was tun mit den Flüchtlingsmassen?
Italiens damaliger Premier Silvio Berlusconi sprach von einem 'menschlichen Tsunami', Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ließ die Kontrollen an Deutschlands Grenzen verstärken.
Nun, ein Jahr später, zeigt sich: Die Befürchtungen waren übertrieben, der angebliche Tsunami ist zur kleinen Welle geraten. Nach den jüngsten Asylzahlen kamen aus den drei nordafrikanischen Revolutionsländern Tunesien, Ägypten und Libyen bis Ende November 2011 nicht einmal 800 Menschen nach Deutschland.
[…] Das gilt im Übrigen für die ganze Europäische Union, wo man trotz arabischem Frühling bis zum Sommer nur etwas mehr Flüchtlinge verzeichnet hat.
(Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 2012)
Der nächste Ärger drohte, als die Kanzlerin zum Schrecken der FDP im Sommer 2010 plötzlich und relativ einseitig das Verbot von ungedeckten Leerverkäufen durchdrückte.
Es hagelte sofort die altbekannten Argumente: Isolation Deutschlands, Abwanderung des Kapitals, enorme wirtschaftliche Nachteile, etc pp.
Das eigenmächtige Handeln sorgte auch in deutschen Finanzkreisen für Unruhe. Man befürchtete eine Abwanderung lukrativer Finanzgeschäfte ins Ausland. Die Lobbyisten malten den Geldteufel an die Wand: ein Alleingang sei gefährlich, weil sich Deutschland isoliere. Heute weiß man: Die Befürchtungen waren unbegründet. Das Vorpreschen der Bundesregierung entfaltete eine Signalwirkung, als sich die Euro-Krise verschärfte. Bald schon folgten andere EU-Staaten wie Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und Griechenland dem deutschen Beispiel und untersagten diese Geschäfte. Mittlerweile hat die EU eine einheitliche Regelung zum Verbot der umstrittenen Leerverkäufe beschlossen.
[….] Bleibt noch die Drohung vom Exodus einiger Finanzmarktakteure. Haben sie Deutschland verlassen, um woanders ihre Wetten auf fallende Kurse durchzuführen? Es gibt auf diese Frage keine verlässlichen Daten. Vielleicht ist sie auch nicht relevant. Sollten solch" unerwünschte Geschäfte etwa nach London abwandern, wäre das doch kein Schaden, meint Ökonom Paul Welfens: 'Wenn London ein großes Rad drehen will, dann muss sich Großbritannien eines Tages mit den Konsequenzen solcher Geschäfte befassen.'
(Markus Zydra 11.01.12)
Die aktuelle Defätismus-Peinlichkeit liefert erneut die FDP, welche sich gegen eine Finanzmarktransaktionssteuer stemmt.
In der Bundesregierung besteht nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter keine Einigkeit über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nur in der Euro-Zone. Das sagte Merkel am Mittwoch nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti in Berlin. [...] Bisher sperrt sich die FDP gegen eine kleine Lösung ohne den wichtigen Finanzplatz London.
(Reuters 11.01.12)
Denn; wir ahnen es schon; das würde den Wettbewerb verzerren, die Unternehmer aus Deutschland flüchten lassen und überhaupt die Hölle auf Erden bescheren.
Blöd für die FDP, daß diesen Unsinn absolut niemand außer ihr selbst glaubt.
Linke, Grüne und SPD sind für die Transaktionssteuer und sogar große Teile der CDU wollen das Instrument endlich einführen. Merkel und Schäuble ziehen da ausnahmsweise an einem Strang mit Sarkozy.
Hätte die Kanzlerin nicht die lästigen liberalen Defätisten an der Hacke, wäre die Steuer schon europaweit umgesetzt.
Die Regierungskoalition bietet auch im neuen Jahr ein Bild tiefer Zerstrittenheit. Sowohl zwischen Union und FDP als auch innerhalb der Union bestehen nach wie vor fundamentale Differenzen ueber die Finanztransaktionssteuer. Der Erklaerung der Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie sich persoenlich eine Einfuehrung der Finanztransaktionssteuer auch in der Eurozone vorstellen koenne, wurde in der FDP und der eigenen Unionsfraktion umgehend widersprochen.
FDP-Vertreter wollen die Finanztransaktionssteuer allenfalls in der Europaeischen Union mittragen oder verwerfen die Steuer gleich ganz. Mittlerweile droht die FDP Konsequenzen fuer die Regierungsarbeit an. In der Union stellt sich Fraktionsvize Michael Fuchs gegen die Kanzlerin und lehnt eine Finanztransaktionssteuer in der Euro-Zone ab. Die gegensaetzlichen Aeusserungen lassen nicht nur inhaltliche Unterschiede, sondern auch grosses Misstrauen innerhalb der Koalition erkennen. Wer soll diese Regierung eigentlich noch ernst nehmen?
(Die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Nicolette Kressl 11.01.12)
Europa liegt also wieder mal auf Eis wegen gagaesker Kindereien in Berlin.
Sich immer noch gegen die Finanzmarktransaktionssteuer zu sperren kann man nur, wenn man vollkommen uneinsichtig und verbohrt ist - oder wie man zusammenfassend sagen kann: FDP.
Eine Steuer gegen die Abzocke sei nur gerecht, wird da auf Parteitagen, EU-Gipfeln und an regionalen Stammtischen erklärt, am besten weltweit, nicht nur wegen der Krise, sondern auch, weil ja anderswo grundsätzlich alle Dienstleistungen besteuert werden - nur eben Finanz- und Versicherungsdienstleistungen nicht. Mit dem Pampern der Banken müsse Schluss sein. Fünf Jahre danach ist die Steuer, die alle wollen, immer noch nicht eingeführt.
[….] Bundeskanzlerin Angela Merkel, wirbt zwar fern der Heimat, etwa auf Brüsseler EU-Gipfeln, gern für die beim Bürger beliebte Steuer, in Berlin allerdings klingt sie meist viel zögerlicher, wohl aus Rücksicht auf ihren Koalitionspartner, die FDP. Deren Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler wird nicht müde zu behaupten, die Steuer führe zu Wettbewerbsverzerrungen und belaste den Finanzstandort Deutschland einseitig. […]
Dieses Argument ist, freundlich gesagt, überholt. Längst hat die Europäische Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt, der das Prädikat intelligent verdient - weil er genau diese Wettbewerbsverzerrung ausschließt.
[…] Steuerkommissar Algirdas Semeta [schlug] im September des vergangenen Jahres vor, Finanzgeschäfte von 2014 an nach dem Ansässigkeitsprinzip zu besteuern. Hinter dem komplizierten Wort verbirgt sich ein einfacher Mechanismus. Semeta will Geschäfte mit Aktien, Anleihen und Derivaten unabhängig von dem Ort besteuern, an dem sie abgeschlossen werden. Stattdessen sollen die beteiligten Finanzakteure besteuert werden. Die Richtlinie sieht vor, dass die Steuer in dem europäischen Land zu entrichten ist, in dem der Finanzakteur ansässig ist. Das bedeutet, dass für jedes Geschäft, das eine französische oder deutsche Bank irgendwo auf der Welt abwickelt, in Frankreich oder Deutschland eine Transaktionssteuer fällig wird. Damit sind Geschäfte an der Wall Street oder in der City of London ebenso steuerpflichtig wie die Geschäfte, die in Frankfurt oder Paris getätigt werden. Das Schlupfloch, das Rösler bemängelt, würde gar nicht existieren. […]
Die Umsätze mit Aktien und Anleihen sollen mit 0,1 Prozent besteuert werden; für Derivate ist ein Satz von nur 0,01 Prozent vorgesehen; beides sind allerdings Minimalsätze, die von den europäischen Regierungen beliebig erhöht werden können. Insgesamt 57 Milliarden Euro könnten auf diese Weise jährlich eingenommen werden, kalkulierte Semeta.
Das war vor fünf Monaten, und seither passierte: nichts.
(Cerstin Gammelin 11. Januar 2012)
Danke Rösler.
Herr Rösler versteht übrigens nicht wie es angehen konnte, daß seine Partei auf zwei Prozent in den Umfragen abschmierte.
Dienstag, 3. Januar 2012
Sparen jetzt!
(....aber bitte woanders!)
Als 2008 die deutsche Wirtschaft abzuschmieren begann, saßen Sozis in der Bundesregierung.
Sie wußten, daß in einer einsetzenden Rezession keinesfalls Kaufkraft und Nachfrage abgewürgt werden dürfen und setzten beherzt keynsianisch zwei klassische fette Konjunkturpakete durch.
Am 05. November 2008 legten Steinbrück und Co das Konjunkturpaket I (Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“) auf, welches Dutzende Maßnahmen umfasste - darunter die wichtige Verlängerung des staatlichen Kurzarbeitergeldes.
Finanz- und Wirtschaftsministerium betonten stolz:
„Die Maßnahmen der Bundesregierung fördern in den Jahren 2009 und 2010 Investitionen und Aufträge von Unternehmen, privaten Haushalten und Kommunen in einer Größenordnung von rd. 50 Mrd. €. Darüber hinaus gewährleisten Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung und Liquidität bei Unternehmen die Finanzierung von Investitionen im Umfang von gut 20 Mrd. €. Zusammen mit den vom Kabinett am 7. Oktober 2008 beschlossenen Maßnahmen werden allein in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt rd. 32 Mrd. € aus den öffentlichen Gesamthaushalten zur Verfügung gestellt.“
(BMWi und BMF Nov 2008)
Der hyperaktive Bundesfinanzminister Steinbrück ruhte aber auch anschließend nicht und schob sofort ein weiteres staatliches Ausgabenprogramm an.
Das Konjunkturpaket II („Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes“) wurde im Januar 2009 beschlossen und hatte sogar einen noch größeren Umfang.
Es umfasste 13 Beschlüsse - darunter die berühmt-berüchtigte „Abwrackprämie“, den „einmaligen Kinderbonus“ von 100 Euro, massive Investitionen in den Breitbandnetzausbau und einen zehn Milliarden-Euro-Zuschuss für kommunale Investitionen.
Fast alle Parteien und Wirtschaftswissenschaftler sahen die Maßnahmen als notwendig an - außer der FDP, die heftig gegen die Maßnahmen wetterte.
Schließlich führten die staatlichen Ausgaben dazu, daß kein anderes EU-Land (außer Polen) so gut wie Deutschland durch die Krise kam.
Die Früchte erntete bizarrerweise ein Wirtschaftsminister Brüderle Leichtfuß, der den „Aufschwung XXL“ in unfassbarerer Dreistigkeit als seinen Erfolg ausgab - obwohl Brüderle selbst jede einzelne Maßnahme als damalige Opposition abgelehnt hatte.
Aber nicht immer siegt Frechheit - wie man mit Blick auf die jetzigen FDP-Umfragewerte sagen kann.
Manchmal aber schon.
Merkel wurde zum Jahreswechsel allgemein als fähige Kanzlerin gelobt; sie habe Deutschlands Linie in der EU durchgedrückt.
Gemeint ist damit, daß Merkel die finanzschwachen EU-Länder in der Rezession zu massiven Sparen zwang.
Also genau das Gegenteil dessen verlangte, womit Deutschland Erfolg gehabt hatte.
Griechenland soll nun statt Konjunkturpaketen die ohnehin abstürzende Ökonomie massiv weiter in die Krise schieben, indem durch rigides Sparen die Nachfrage endgültig abgewürgt wird.
Wie man so eine paradoxe Gaga-Linie als „stringente Politik“ loben kann, bleibt das Geheimnis der professionellen Politkommentatoren der großen Blätter.
Es geht aber immer noch verrückter.
Für den ganz großen Irrsinn haben wir immer noch die katholische Kirche.
Der langjährige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, nannte das Schuldenmachen „Habgier“.
Lehmann sagte, viele Menschen ließen sich von Habgier leiten und hätten den "Maßstab des guten Lebens" verloren. "Unser künftiges Leben wird gewiss nur gelingen, wenn wir wieder maßzuhalten lernen." Die biblischen Warnungen vor Habgier und Habsucht seien keine altmodischen Redeweisen, mahnte Lehmann. Nicht nur jeder Einzelne, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes müsse stärker darauf achten, nicht über ihre Verhältnisse zu leben. Viele Staaten hätten "in fast unvorstellbaren Größenordnungen Schulden" gemacht und damit künftige Generationen belastet, sagte er.
(swr.de 31.12.201)
Der Mainzer Kardinal - monatliches Gehalt rund 12.000 Euro, berappt vom Steuerzahler und nicht von den Kirchenmitgliedern - verlangt also vom Staat drastische Sparmaßnahmen.
Da die deutschen Kirchen jedes Jahr 19 Milliarden Euro staatliche Zuschüsse kassieren, von denen sie unter zehn Prozent für soziale Zwecke ausgeben, sehe ich hier ein großes Einsparpotential.
Wie wäre es, wenn die RKK auf, sagen wir mal, DIE HÄLFTE der staatlichen Kohle verzichtet, um ein Zeichen gegen „Habgier und Habsucht“ zu setzen?
Aber beim Sparen richtet sich die katholische Ideologie streng nach dem St.-Floriansprinzip aus.
Sparen sollen immer die anderen.
Das beeilte sich auch der derzeitige deutsche Chefbischof Zollitsch festzustellen.
Er sehe weder das Staat-Kirche-Verhältnis noch die Kirchensteuer in ihrer bisherigen Form bedroht, sagte der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, der „Welt“ in der Dienstagsausgabe. „Wenn von politischer Seite hier und da Kritik geübt wird, ist das ja eine Minderheit“, so Zollitsch. Die Mehrheit der Bevölkerung wisse „sehr wohl um die vielen Dienste und Aufgaben, die wir als Kirche zum Wohl der gesamten Gesellschaft übernehmen“. Genau dafür seien Kirchensteuer und die sogenannten Dotationen gedacht. In Deutschland haben die Kirchen das von der Verfassung gesicherte Recht, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern zu erheben.
(Radio Vatikan 27.12.2011)
Wenn es ums Geld geht, ist ganz schnell Schluß mit kirchlicher Solidarität.
Möglichen Forderungen an die Kirche ihrerseits einen Beitrag zu leisten will Zollitsch unbedingt vorbeugen.
Schließlich weiß er von seinen Kollegen in Spanien und Italien, wo die RKK ebenfalls gewaltige finanzielle Privilegien genießt, daß sich der Wind drehen kann und das ewige Füllhorn „Steuerzahler“ möglicherweise doch nicht für immer so üppig Milliarden für die Gottesmänner ausspuckt.
Selbst auf ewiggestrige Kirchenfreunde ist kein Verlass.
Was von den Versprechungen des neuen konservativen Ministerpräsident Spaniens, Mariano Rajoy zu halten ist, erfuhr die RKK, die sich massiv für den Machtwechsel eingesetzt hatte kurz nach dessen Amtsantritt: Gar nichts. Er brach sie sofort.
Unzählige Male hatte [Rajoy] im Wahlkampf versichert, die Steuern nur anzutasten, um sie zu senken. Nun hat er die Einkommensteuer massiv erhöht.
[…] Zwar sind gerade die Spitzensteuersätze auf fast schon skandinavische Werte angehoben worden. Aber erstens sind die Lasten tatsächlich zu Ungunsten der weniger Vermögenden verteilt. Zweitens dürfte das Paket die Rezession potenzieren, die dringend benötigte Schaffung von Arbeitsplätzen vertagen, negative Auswirkungen auf das Rating des Landes haben - und die Spanier schließlich teurer zu stehen kommen, als sie jetzt schon fürchten.
(Süddeutsche Zeitung 02.01.12)
Kann sich das ultrakonservative Episkopat Spaniens überhaupt noch darauf verlassen, daß die neue Regierung all die „kirchenfeindlichen Gesetze“ der Vorgängerregierung - Adoptionsrechte gleichgeschlechtlicher Paare, Homoehe, Lockerung des Abtreibungsverbots, .. - wieder abschafft?
Kommt es gar noch schlimmer und es geht auch der spanischen Kirche ans Geld?
Noch dramatischer sieht es in Italien aus, wo die Kirche Ratzingers traditionell in aberwitziger Weise vom Staat profitiert.
Der neue Ministerpräsident Mario Monti hat schon vier brutale Sparpakete durchgesetzt - assistiert von den ganz auf Lehmann-Linie argumentierenden Gottesmännern Italiens, welche die Steuerhinterziehung im Land lautstark als 'soziales Geschwür' geißeln.
Wenig verwunderlich ist es, daß die Katholische Kirche Italiens in der nach oben offenen Heuchelskala die höchsten Positionen einnimmt.
Sie selbst zahlt nämlich gar keine Steuern!
Mag der Schuldenrepublik der Staatsbankrott drohen, Italiens Gottesmänner drücken sich vor dem Steuerzahlen.
[…] Im Land der Kasten und der Privilegien genießt traditionell auch der Vatikan erkleckliche materielle Vorteile. Dazu gehört die Befreiung des kirchlichen Immobilienbesitzes von der Grundsteuer. Von diesem Vermögen nimmt man an, dass es sich um das größte auf der Welt handelt. Die Schätzungen gehen bis zu einer Milliarde Quadratmeter. Gewiss ist: Sein tatsächliches Ausmaß ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse Italiens.
[…] Man spricht in Italien von 100000 kirchlichen Immobilien und davon, dass sie dem Fiskus zwei Milliarden Euro einbringen könnten. Die klammen Gemeinden, denen die Grundsteuer zufließt, schätzten ihren Steuerausfall sehr vorsichtig auf 700 Millionen Euro.
[…] Einen Appell der Webseite der linken Intellektuellen-Zeitschrift Micromega unterzeichneten im Nu 100000 Menschen. 'Es ist ein Skandal, dass die italienische Kirche mehr Gerechtigkeit von den Sparmaßnahmen der Regierung verlangt, ihr aber nicht in den Sinn kommt, sich an den Opfern der Italiener zu beteiligen', protestierte Micromega.
[…] Skandale und interne Machtkämpfe, persönliche Gier und krumme Geschäfte - nur eine Minderheit der Italiener zeigt noch Vertrauen in die Kirche.
[…] Ministerpräsident Monti gab dem Druck der Öffentlichkeit einstweilen nicht nach. Die Regierung wies im Parlament zwar zwei Anträge zurück, die Kirche zur Zahlung der Grundsteuer zu verpflichten.
(Süddeutsche Zeitung 02.01.12)
Aber die gräßliche Idee die unendlichen Geldströme hin zur Kirche etwas anzuzapfen ist in der Welt.
Da wird auch der trägste Bischof wachsam.
Die Sensibilität, die bei den kirchlichen Missbrauchsfällen so schmerzlich vermisst wurde, das beharrliche Weghören der Kirchenfürsten gibt es im Fall der drohenden finanziellen Einbußen nicht.
Hier sind sie hellwach und aktiv dabei ihre Privilegien zu verteidigen.
Freitag, 2. Dezember 2011
Schlimmer geht immer.
Oder: Impudenz des Monats November - Teil II.
Oder: Und nun noch zwei Jahre ausruhen…
ARD-DeutschlandTrend vom Dezember 2011:
CDU klettert um einen Prozentpunkt, SPD verliert.
55% der Deutschen sind mit der Arbeit von Wolfgang Schäuble zufrieden, 54% mit Merkel.
50% stimmen der Aussage zu „Merkel hat in der Krise richtig und entschlossen gehandelt.“
Man erkennt an diesen Zahlen klar die Sinnlosigkeit solcher Umfragen. Denn hier urteilen ganz offensichtlich Blinde über Einäugige.
In Wahrheit ist es hauptsächlich Merkels verbohrtes Zögern und Zaudern, welches die Währungskrise erst richtig teuer und existenzbedrohend gemacht hat.
In äußerst unangenehmer und arroganter Art spielt sich die Merkel-Regierung als Europäischer Oberlehrer auf und verlangt von anderen Regierungen energisch die Reformen, die sie im eigenen Lande nicht ansatzweise hinbekommt.
"Angela Merkel steht mitten in einem riesigen Waldbrand und stellt weiter ihre Schilder auf, dass es verboten ist, mit Streichhölzern zu spielen", sagte ein amerikanischer Freund diese Woche. "Wissen die Deutschen überhaupt, wie sehr die Welt den Kopf schüttelt über das, was sie gerade tun?" Nein, die Deutschen wissen es nicht, und es kümmert sie auch nicht. Sie wissen ja sonst alles, und zwar besser. Sie wissen, dass die Griechen und die Spanier "ihre Hausaufgaben" nicht gemacht haben, obwohl die einen Sparkurs hinlegen, gegen den die Hartz-IV-Reformen wie ein Spa-Urlaub in Sri Lanka wirken. Sie wissen, dass Euro-Bonds nur dazu führen, dass die Südländer wieder so faul sein dürfen, wie sie es eh sind. Sie wissen, dass alle anderen Politiker "verantwortungslos" sind und "bekümmerliche" Vorschläge machen, so hauten die Weltökonomen Philipp Rösler und Angela Merkel gerade auf EU-Kommissionspräsident Barroso herum, aber der ist ja auch Portugiese und damit faul.
(Georg Dietz 02.12.11)
"Mit ihrer Weigerung, sich voll hinter die anderen Mitglieder der Euro-Zone zu stellen, ermutigt sie die Märkte zu noch größeren Sorgen um ein taumelndes europäisches 'Projekt'. Wenn nicht einmal Deutschland mehr seine Staatsanleihen loswird, dann wissen wir, dass der Rest der Welt der Euro-Zone gerade jedes Vertrauen versagt. "
(Daily Telegraph", London, 28. November)
Heute hat der Finanzminister nach zwei Jahren Nichtstun (immerhin ist noch kein Stück von dem stets angekündigtem „einfacheren, niedrigeren und gerechterem Steuersystem“ angepackt worden) verkündet er wolle auch weiterhin alles auf die lange Bank schieben.
Selbst konservativste Blätter verzweifeln.
Schäuble legt drei wichtige Steuervorhaben auf Eis.
Der Finanzminister stoppt Reformen: Geplante Änderungen bei Unternehmensbesteuerung und Mehrwertsteuer sowie das zweite Paket zur Steuervereinfachung werden vertagt.
(Die Welt 02.12.11)
Die Süddeutsche Zeitung nennt den Finanzminister "ein irrlichterndes Rätsel".
Was ist nur mit Wolfgang Schäuble los?
Egal ob Schuldenkrise oder Steuerreform: Der CDU-Politiker verwirrt alle - und wirft so die Frage auf, was man mit einem Finanzminister will, der so gar nichts vorhat.
[…] Mit dem Ausbruch der Schuldenkrise entdeckte der Finanzminister die Rolle als europäischer Großstratege. Doch auch hier muteten seine Aktionen eher irrlichternd als zielführend an. Besonders hervorgetreten ist er nicht. Viel mehr als noch bei seinem Vorgänger Peer Steinbrück wird das Krisenmanagement nun im Kanzleramt betrieben. Einen Sinn für Steuerreformen hat Schäuble gar nicht erst gezeigt. Gescheitert ist deshalb auch sein großer Plan, die Gemeindefinanzen umzukrempeln. Von der Steuerreform ist nur eine ohnehin notwendige Anpassung an das neue Existenzminimum geblieben. Kein Wunder also, dass er nun auch die Vorhaben zur Unternehmensteuer auf Eis legt. Nichtstun hält er für besser, als im Bundesrat an der SPD zu scheitern. Das mag stimmen. Doch stellt sich die Frage, was man mit einem Finanzminister will, der so gar nichts vorhat.
(Guido Bohsem 02.12.11)
Insbesondere Schäubles aberwitzige Idee vom Auslagern der Bundesländerschulden in externe Fonds wird als „vollkommen nutzlos“ bewertet.
Die konservative FAZ ist empört und befragt dazu den Finanzwissenschaftler Stefan Homburg:
Homburg: Ein Privathaushalt kann seine wirtschaftliche Lage nicht verbessern, indem er Schulden auf neu eröffnete Konten verschiebt. Für den Staat gilt dasselbe; Schattenhaushalte mindern lediglich die Transparenz.
FAZ: Schäuble orientiert sich an dem Erblastentilgungsfonds, in dem Schulden aus der deutschen Wiedervereinigung gebündelt wurden. Eignet er sich als Vorbild?
Homburg: Der Erblastentilgungsfonds ist ein abschreckendes Beispiel für Schattenhaushalte: Er wurde daher nach wenigen Jahren durch Übernahme in die allgemeine Bundesschuld abgeschafft. Getilgt hat der Staat diese Schulden entgegen einer verbreiteten Sage nicht.
(FAZ 02.12.11)
Die Schwarzgelben - korrekter müßte man sagen „die Schwarzen“, denn die FDP ist komplett untergetaucht und in der Bedeutungslosigkeit versunken - haben die letzten Freunde verloren.
Von links bis rechts herrscht Entsetzen über den Kurs der Bundeskanzlerin.
Das Vertrauen der Märkte in die Euro-Staaten schwindet, sogar zahlungsfähige Länder bekommen kaum noch Geld. Setzt sich die Abwärtsspirale fort, ist die Währungsunion bald Geschichte. Doch die Bundesregierung verweigert sich weiter allen Lösungen - und wird damit zum größten Risiko des Euro.
[…] So, wie die Bundesregierung derzeit agiert, sind Zweifel angebracht, ob Angela Merkel und ihre Mitstreiter genau wissen, wann der "point of no return" erreicht ist, der Euro also wirklich nicht mehr zu retten ist.
[…] Niemand kann diese berechtigten Zweifel im Moment ausräumen. Wer Geld hat, legt es deshalb besser nicht in der Euro-Zone an. Und wer dort investiert hat, sieht zu, dass er seine Anlagen möglichst abzieht. Setzt sich diese Abwärtsspirale fort, ist der Kollaps von Staaten und Banken bestenfalls noch eine Frage von Monaten. Eher von Wochen. Die Bundesregierung, auf der alle Hoffnungen ruhen, wird der dramatischen Lage nicht gerecht. Sie macht einfach das, was sie seit Ausbruch der Krise immer getan hat: brav sagen, man werde alles tun, um den Euro zu retten. Und dieses Bekenntnis sogleich ad absurdum führen, indem alles, was wirklich helfen könnte, ausgeschlossen wird. Mehr Spielraum für die Europäische Zentralbank (EZB), Anleihen aufzukaufen? Himmel hilf! Gemeinsame Schuldverschreibungen aller Euro-Länder? Gott bewahre!
(Sven Böll 02.12.11)
Merkels Vorvorvorgänger Helmut Schmidt, der bis vor kurzem sehr gelassen blieb angesichts der Zins-Krise einiger EU-Länder, gerät trotz seiner 93 Jahre in Wallung.
Helmut Schmidt (SPD) knöpft sich Angela Merkel (CDU) vor. Deren Verhalten in der Euro-Krise lasse Deutschland zunehmend allein da stehen, sagte Schmidt am Freitag auf dem Deutschen Wirtschaftsforum in Hamburg. "Merkel hat Deutschland mit ihrer Politik in Europa isoliert." Schmidt verglich das Auftreten der Bundesregierung mit der deutschen Politik vor dem Ersten Weltkrieg. "Es ist noch nie gut ausgegangen, Deutschland in Europa zu isolieren", sagte Schmidt. "Der Wahn der Deutschen sich aufzuspielen, macht mir wirklich Sorgen." Zuvor hatte Merkel bereits indirekt Kritik von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einstecken müssen. "Das Vertrauen, dass Europa den richtigen Weg findet und die Führung hat, die es benötigt, um dieses Ziel zu erreichen, ist relativ gering", sagte Ackermann auf der gleichen Veranstaltung.
(Spon 02.12.11)
In der Tat.
Merkel macht Europa nicht nur finanziell und wirtschaftlich kaputt, sie macht Deutschland auch wieder zur unbeliebtesten Nation.
"Wir haben langsam genug von [Merkels] Art, die Völker am Mittelmeer zu bewerten. Sie vergisst allzu oft unsere griechisch-römische Kultur, und dass vor langer Zeit die Barbaren aus dem Norden eine Gefahr für sie darstellten. Das heutige deutsche Modell ist nicht in allen seinen Elementen nachahmenswert. Deutschland ist ein Land, in dem Armut, Prekarität und soziale Ungerechtigkeit in den letzten Jahren geradezu explodiert sind. Laut Eurostat sind die Ungleichheiten im letzten Jahrzehnt nur in Rumänien und Bulgarien stärker angestiegen. Fazit: Germanisierung ist nicht die Lösung."
(El Mundo", Madrid, 29. November)
Warum verhält sich Merkel so?
Weil sie verantwortungslos ist und statt des Notwendigen das tut, was der deutsche Wähler in seiner sagenhaften Beschränktheit gut findet.
Selbstzufrieden abwarten und mit dem Finger auf andere zeigen.
55% der Deutschen sind mit der Arbeit von Wolfgang Schäuble zufrieden, 54% mit Merkel. 50% stimmen der Aussage zu „Merkel hat in der Krise richtig und entschlossen gehandelt.“
(Infratest Dimap 02.12.11)
Oder: Und nun noch zwei Jahre ausruhen…
ARD-DeutschlandTrend vom Dezember 2011:
CDU klettert um einen Prozentpunkt, SPD verliert.
55% der Deutschen sind mit der Arbeit von Wolfgang Schäuble zufrieden, 54% mit Merkel.
50% stimmen der Aussage zu „Merkel hat in der Krise richtig und entschlossen gehandelt.“
Man erkennt an diesen Zahlen klar die Sinnlosigkeit solcher Umfragen. Denn hier urteilen ganz offensichtlich Blinde über Einäugige.
In Wahrheit ist es hauptsächlich Merkels verbohrtes Zögern und Zaudern, welches die Währungskrise erst richtig teuer und existenzbedrohend gemacht hat.
In äußerst unangenehmer und arroganter Art spielt sich die Merkel-Regierung als Europäischer Oberlehrer auf und verlangt von anderen Regierungen energisch die Reformen, die sie im eigenen Lande nicht ansatzweise hinbekommt.
"Angela Merkel steht mitten in einem riesigen Waldbrand und stellt weiter ihre Schilder auf, dass es verboten ist, mit Streichhölzern zu spielen", sagte ein amerikanischer Freund diese Woche. "Wissen die Deutschen überhaupt, wie sehr die Welt den Kopf schüttelt über das, was sie gerade tun?" Nein, die Deutschen wissen es nicht, und es kümmert sie auch nicht. Sie wissen ja sonst alles, und zwar besser. Sie wissen, dass die Griechen und die Spanier "ihre Hausaufgaben" nicht gemacht haben, obwohl die einen Sparkurs hinlegen, gegen den die Hartz-IV-Reformen wie ein Spa-Urlaub in Sri Lanka wirken. Sie wissen, dass Euro-Bonds nur dazu führen, dass die Südländer wieder so faul sein dürfen, wie sie es eh sind. Sie wissen, dass alle anderen Politiker "verantwortungslos" sind und "bekümmerliche" Vorschläge machen, so hauten die Weltökonomen Philipp Rösler und Angela Merkel gerade auf EU-Kommissionspräsident Barroso herum, aber der ist ja auch Portugiese und damit faul.
(Georg Dietz 02.12.11)
"Mit ihrer Weigerung, sich voll hinter die anderen Mitglieder der Euro-Zone zu stellen, ermutigt sie die Märkte zu noch größeren Sorgen um ein taumelndes europäisches 'Projekt'. Wenn nicht einmal Deutschland mehr seine Staatsanleihen loswird, dann wissen wir, dass der Rest der Welt der Euro-Zone gerade jedes Vertrauen versagt. "
(Daily Telegraph", London, 28. November)
Heute hat der Finanzminister nach zwei Jahren Nichtstun (immerhin ist noch kein Stück von dem stets angekündigtem „einfacheren, niedrigeren und gerechterem Steuersystem“ angepackt worden) verkündet er wolle auch weiterhin alles auf die lange Bank schieben.
Selbst konservativste Blätter verzweifeln.
Schäuble legt drei wichtige Steuervorhaben auf Eis.
Der Finanzminister stoppt Reformen: Geplante Änderungen bei Unternehmensbesteuerung und Mehrwertsteuer sowie das zweite Paket zur Steuervereinfachung werden vertagt.
(Die Welt 02.12.11)
Die Süddeutsche Zeitung nennt den Finanzminister "ein irrlichterndes Rätsel".
Was ist nur mit Wolfgang Schäuble los?
Egal ob Schuldenkrise oder Steuerreform: Der CDU-Politiker verwirrt alle - und wirft so die Frage auf, was man mit einem Finanzminister will, der so gar nichts vorhat.
[…] Mit dem Ausbruch der Schuldenkrise entdeckte der Finanzminister die Rolle als europäischer Großstratege. Doch auch hier muteten seine Aktionen eher irrlichternd als zielführend an. Besonders hervorgetreten ist er nicht. Viel mehr als noch bei seinem Vorgänger Peer Steinbrück wird das Krisenmanagement nun im Kanzleramt betrieben. Einen Sinn für Steuerreformen hat Schäuble gar nicht erst gezeigt. Gescheitert ist deshalb auch sein großer Plan, die Gemeindefinanzen umzukrempeln. Von der Steuerreform ist nur eine ohnehin notwendige Anpassung an das neue Existenzminimum geblieben. Kein Wunder also, dass er nun auch die Vorhaben zur Unternehmensteuer auf Eis legt. Nichtstun hält er für besser, als im Bundesrat an der SPD zu scheitern. Das mag stimmen. Doch stellt sich die Frage, was man mit einem Finanzminister will, der so gar nichts vorhat.
(Guido Bohsem 02.12.11)
Insbesondere Schäubles aberwitzige Idee vom Auslagern der Bundesländerschulden in externe Fonds wird als „vollkommen nutzlos“ bewertet.
Die konservative FAZ ist empört und befragt dazu den Finanzwissenschaftler Stefan Homburg:
Homburg: Ein Privathaushalt kann seine wirtschaftliche Lage nicht verbessern, indem er Schulden auf neu eröffnete Konten verschiebt. Für den Staat gilt dasselbe; Schattenhaushalte mindern lediglich die Transparenz.
FAZ: Schäuble orientiert sich an dem Erblastentilgungsfonds, in dem Schulden aus der deutschen Wiedervereinigung gebündelt wurden. Eignet er sich als Vorbild?
Homburg: Der Erblastentilgungsfonds ist ein abschreckendes Beispiel für Schattenhaushalte: Er wurde daher nach wenigen Jahren durch Übernahme in die allgemeine Bundesschuld abgeschafft. Getilgt hat der Staat diese Schulden entgegen einer verbreiteten Sage nicht.
(FAZ 02.12.11)
Die Schwarzgelben - korrekter müßte man sagen „die Schwarzen“, denn die FDP ist komplett untergetaucht und in der Bedeutungslosigkeit versunken - haben die letzten Freunde verloren.
Von links bis rechts herrscht Entsetzen über den Kurs der Bundeskanzlerin.
Das Vertrauen der Märkte in die Euro-Staaten schwindet, sogar zahlungsfähige Länder bekommen kaum noch Geld. Setzt sich die Abwärtsspirale fort, ist die Währungsunion bald Geschichte. Doch die Bundesregierung verweigert sich weiter allen Lösungen - und wird damit zum größten Risiko des Euro.
[…] So, wie die Bundesregierung derzeit agiert, sind Zweifel angebracht, ob Angela Merkel und ihre Mitstreiter genau wissen, wann der "point of no return" erreicht ist, der Euro also wirklich nicht mehr zu retten ist.
[…] Niemand kann diese berechtigten Zweifel im Moment ausräumen. Wer Geld hat, legt es deshalb besser nicht in der Euro-Zone an. Und wer dort investiert hat, sieht zu, dass er seine Anlagen möglichst abzieht. Setzt sich diese Abwärtsspirale fort, ist der Kollaps von Staaten und Banken bestenfalls noch eine Frage von Monaten. Eher von Wochen. Die Bundesregierung, auf der alle Hoffnungen ruhen, wird der dramatischen Lage nicht gerecht. Sie macht einfach das, was sie seit Ausbruch der Krise immer getan hat: brav sagen, man werde alles tun, um den Euro zu retten. Und dieses Bekenntnis sogleich ad absurdum führen, indem alles, was wirklich helfen könnte, ausgeschlossen wird. Mehr Spielraum für die Europäische Zentralbank (EZB), Anleihen aufzukaufen? Himmel hilf! Gemeinsame Schuldverschreibungen aller Euro-Länder? Gott bewahre!
(Sven Böll 02.12.11)
Merkels Vorvorvorgänger Helmut Schmidt, der bis vor kurzem sehr gelassen blieb angesichts der Zins-Krise einiger EU-Länder, gerät trotz seiner 93 Jahre in Wallung.
Helmut Schmidt (SPD) knöpft sich Angela Merkel (CDU) vor. Deren Verhalten in der Euro-Krise lasse Deutschland zunehmend allein da stehen, sagte Schmidt am Freitag auf dem Deutschen Wirtschaftsforum in Hamburg. "Merkel hat Deutschland mit ihrer Politik in Europa isoliert." Schmidt verglich das Auftreten der Bundesregierung mit der deutschen Politik vor dem Ersten Weltkrieg. "Es ist noch nie gut ausgegangen, Deutschland in Europa zu isolieren", sagte Schmidt. "Der Wahn der Deutschen sich aufzuspielen, macht mir wirklich Sorgen." Zuvor hatte Merkel bereits indirekt Kritik von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einstecken müssen. "Das Vertrauen, dass Europa den richtigen Weg findet und die Führung hat, die es benötigt, um dieses Ziel zu erreichen, ist relativ gering", sagte Ackermann auf der gleichen Veranstaltung.
(Spon 02.12.11)
In der Tat.
Merkel macht Europa nicht nur finanziell und wirtschaftlich kaputt, sie macht Deutschland auch wieder zur unbeliebtesten Nation.
"Wir haben langsam genug von [Merkels] Art, die Völker am Mittelmeer zu bewerten. Sie vergisst allzu oft unsere griechisch-römische Kultur, und dass vor langer Zeit die Barbaren aus dem Norden eine Gefahr für sie darstellten. Das heutige deutsche Modell ist nicht in allen seinen Elementen nachahmenswert. Deutschland ist ein Land, in dem Armut, Prekarität und soziale Ungerechtigkeit in den letzten Jahren geradezu explodiert sind. Laut Eurostat sind die Ungleichheiten im letzten Jahrzehnt nur in Rumänien und Bulgarien stärker angestiegen. Fazit: Germanisierung ist nicht die Lösung."
(El Mundo", Madrid, 29. November)
Warum verhält sich Merkel so?
Weil sie verantwortungslos ist und statt des Notwendigen das tut, was der deutsche Wähler in seiner sagenhaften Beschränktheit gut findet.
Selbstzufrieden abwarten und mit dem Finger auf andere zeigen.
55% der Deutschen sind mit der Arbeit von Wolfgang Schäuble zufrieden, 54% mit Merkel. 50% stimmen der Aussage zu „Merkel hat in der Krise richtig und entschlossen gehandelt.“
(Infratest Dimap 02.12.11)
Donnerstag, 1. Dezember 2011
Impudenz des Monats November 2011
Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Ich bin noch in einer Zeit aufgewachsen, in der es weit verbreitet war zu denken, die SPD sei eigentlich die sympathischere Partei mit den integeren Politikern, aber dafür könnten die Sozen nicht mit Geld umgehen. So mancher SPD-Sympathisant kreuzte in der Wahlkabine kurzentschlossen doch lieber die CDU an, weil er insgeheim eine gesunde Wirtschaft für das wichtigste Thema hielt.
Daß CDU’ler besser mit Geld umgehen können war ein Gerücht, welches sich erstaunlich hartnäckig hielt. Wenn die besten Finanzfachleute offensichtlich Sozis waren (Helmut Schmidt, Karl Schiller) behalf man sich mit dem Spruch „der Mann ist eben in der falschen Partei.“
Nach wie vor unverständlich ist aber wie lange sich der Irrglaube von der CDU-Finanzkompetenz gehalten hat.
1990 waren es die Sozialdemokraten Pöhl, Lafontaine und Schmidt, die bezüglich der deutschen Vereinigung korrekte Prognosen erstellten.
Gewählt wurden aber schwarz und gelb, obwohl Kohl und Weigel alle ihre Versprechen brachen und einen nie dagewesenen Schuldenberg anhäuften.
Die vielgescholtene Kurzzeitfinanzminister Lafontaine war es dann 1998, der 70 Steuerausnahmeregeln strich. Gefordert hatten das stets die Bürgerlichen - aber sie haben es nie umgesetzt.
Der Mann, der lauter als alle anderen geschrien hatte das Steuersystem „einfacher, gerechter und niedriger“ zu machen, bescherte dem Land kurz nach seinem Machtantritt als Vizekanzler 2009 als erstes eine Steuerverkomplizierung, indem ein weiterer Ausnahmetatbestand (Senkung der Hotelsteuern) geschaffen wurde.
Seit mit Schäuble nach elf Jahren erstmals wieder ein Unionist Finanzminister ist, wird das Geld sinnlos verschleudert.
Elementarste finanzpolitische Regeln werden von Schäuble nicht beherrscht.
Der letzte Finanzminister, der ein Sparpaket ankündigte und es dann auch genauso exekutierte war der heute viel verlachte Hans Eichel 1999.
In Krisenzeiten gibt es immer außergewöhnliche Umstände, die es rechtfertigen mehr Schulden aufzunehmen. Kaum ein Ökonom würde das bestreiten.
Die Kehrseite der Medaille ist aber, daß in Zeiten mit sprudelnden Steuereinnahmen auch gespart wird, um die Schulden zu tilgen.
Der Teil wird aber immer vergessen und besonders eklatant versagt dabei die Merkel-Regierung.
Wer aber geglaubt hat, Wolfgang Schäuble wäre moderner oder doch zumindest klüger, der irrt: Denn mit dem Haushalt 2012 gelingt es dem amtierenden Ressortchef tatsächlich, trotz der sprudelnden Steuereinnahmen und der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der Wende die Nettokreditaufnahme gegenüber dem Vorjahr zu steigern. Das haben nur wenige vor ihm geschafft. Erneut also - wie schon unter Steinbrück - wird ein Wirtschaftsboom nicht zur nachhaltigen Etatsanierung genutzt, sondern eine Chance vertan. Damit setzt Deutschland inmitten der EU-Schuldenkrise ein fatales Signal. Dass Schäuble versucht, die Bürger mit Soll- und Ist-Zahlen zu verwirren, ist peinlich, dass er die Schuld für die eigene Kraftlosigkeit auch noch dem 'Ausland' zuschiebt, das vor einem 'übertriebenen' Defizitabbau gewarnt habe, gar eine Frechheit. Es ist niemand anderes als die Koalition, die versagt hat. Ihr Etat ist ein in Zahlen gegossenes Dokument des Scheiterns.
(Süddeutsche Zeitung, 26. November 2011)
Es ist erbärmlich und dummdreist, wie die Regierung, die ganz Europa radikal mahnt zu sparen im eigenen Lande aus kleinkarierten parteipolitischen Kalkül einen sechs-Milliarden-Euro-Rettungsschirm für die FDP aufbaut.
Sechs Milliarden zusätzliche Schulden - ohne Sinn und Verstand.
Die SPD bleibt auch nach dem jüngsten Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beim strikten Nein zu der schwarz-gelben Steuerreform. "Weder gibt es bisher irgendein Angebot, noch gibt es einen Grund zu verhandeln", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagausgabe). Die Bundesregierung erhöhe die Neuverschuldung inmitten der Krise, während sie anderen Staaten Enthaltsamkeit predige, sagte Steinmeier.
(NT 01.12.11)
Trotz Schuldenkrise und sprudelnder Steuereinnahmen will Schäuble nächstes Jahr noch mehr Schulden machen als jetzt.
Der SPD-Politiker Schneider wertete den Haushalt als Beleg des Scheiterns der schwarz-gelben Regierung. Dieses Jahr habe man ein Rekordwachstum, Rekordsteuereinnahmen und 22 Milliarden Euro neue Schulden. „Nächstes Jahr: noch mehr Wachstum, noch mehr Steuereinnahmen, noch mehr Schulden“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion. „Das ist das Dokument des Versagens Ihrer Regierung“, sagte er mit Blick auf das Haushaltsgesetz. In einem seien sich die oft einander widersprechenden Ökonomen einig: „Wenn es spitze läuft, müssen sie sparen.“ Jetzt laufe es andersherum, das sei verantwortungslos. Schneider erinnerte an die teilweise missratene Plazierung von Bundesanleihen. Am Mittwoch hatte die Finanzagentur des Bundes nur 60 Prozent eines Wertpapiers absetzen können. Das sei das Urteil des Marktes über die „verheerende Finanzpolitik“ der Koalition gewesen, meinte der SPD-Politiker. Nur bei Arbeit und Soziales, den Schwächsten, werde tatsächlich gespart, kritisierte er.
(Manfred Schäfers 25.11.11)
Würden die CDU-Spitzen nur die deutschen Finanzen ruinieren, könnte man sich ja noch gemütlich zurück lehnen.
Unglücklicherweise hat Merkel mit ihrer desaströsen Zauderei und der bockigen Ignorierung des Notwendigen (Bonds) inzwischen auch große Volkswirtschaften wie Italien oder Spanien an den Rand des Ruins getrieben.
Damit haben Merkel und Schäuble die gesamte Weltwirtschaft ins Schlingern gebracht. Bei rechtzeitigem Handeln wäre uns das erspart geblieben.
Die Chance auf eine bezahlbare Euro-Rettung ist vertan - und schuld ist die Bundeskanzlerin. Angela Merkel wird uns alle ruinieren, weil sie mit ihrem Zaudern die Krise verschärft. Jetzt hat sie nur noch zwei politische Optionen: Bankrott oder Ruin. […] Was Merkel vorschwebt, sind lediglich Daumenschrauben für die Haushaltspolitik. Jedes Land bleibt souverän. Doch war es nicht eine der Lehren aus der kurzen Geschichte des Euro, dass souveräne Staaten ihre eigenen kurzfristigen Interessen voranstellen? Selbst wenn die Haushaltsdisziplin gewahrt bleibt, kommt es irgendwann zur nächsten Finanzblase und danach zu einer Bankenkrise, und dann muss der Steuerzahler wieder haften. Der einzige Unterschied ist künftig, dass es alle europäischen Steuerzahler sein werden. […] Hätte Merkel rechtzeitig gehandelt, wären die Kosten geringer. Vor einem Jahr diskutierten wir noch zaghafte Varianten von Euro-Bonds. Damals war es noch eine Krise der äußeren Peripherie - Griechenland, Irland und Portugal. Heute sind Spanien und Italien befallen. Mittlerweile hat sich die Krise auf Belgien ausgedehnt. Selbst die Niederländer müssen höhere Zinsen zahlen als die Deutschen - obwohl sie weniger Schulden haben. Wir erleben einen weltweiten Käuferstreik. Einige Investoren wetten mittlerweile aktiv auf einen Zusammenbruch des Euro. Italien musste diese Woche Zinsen von fast acht Prozent bezahlen. Den Euro-Bond, den wir jetzt brauchen, um die Krise zu lösen, ist ein ganz anderer, ein viel größerer. […] In einigen Ländern hat der Andrang auf die Banken schon eingesetzt. Wer in Südeuropa lebt und sich gut informiert, hat sein Geld nicht mehr bei griechischen, spanischen oder italienischen Kreditinstituten. Da jeder Staat für seine eigenen Banken haftet, kommt man auch mit Sparpaketen nicht aus der Krise. Aufgrund der Vernetzung der Finanzmärkte würde mit einem Kollaps des Euro ein Großteil der deutschen und französischen Banken und Versicherungen untergehen. Dann käme es wahrscheinlich auch zum Infarkt des internationalen Finanzsystems. Ein gewaltsames Ende des Euro wäre die womöglich größte volkswirtschaftliche Katastrophe aller Zeiten. Wir zählen dann die Kosten nicht mehr in Milliarden. Die Standardeinheit ist dann die Billion. Dank Merkels Politik stehen wir jetzt vor der politischen Wahl zwischen Bankrott und Ruin.(Wolfgang Münchau 30.11.11)
Der deutsche Urnenpöbel glaubt derweil immer noch die Eurokrise sei bei der CDU in den besten Händen und sieht die Union aktuell knackige zehn Prozentpunkte vor der SPD.
Gute Nacht Marie.
Dienstag, 22. November 2011
Blamieren statt regieren.
Die Amis haben natürlich riesengroße Comedy-Qualitäten.
Das konnte ich heute Nacht feststellen, als ich auf CNN Erin Burnett's Ausraster in ihrer Sendung „OutFront“ über das politische Versagen des „Super-Komitees“ zur Reduzierung der Staatsausgaben sah.
Super Committee fails to reach a deal to cut $1.2 trillion from the nation's deficit.
Sie sei „mad as hell“ und auch die zugeschalteten Analysten bebten vor Zorn.
Die harmloseren Begriffe waren „Failure of political leadership“ und „fundamental irresponsible behavior“.
Besonders in Rage gerieten die Journalisten, weil sich das Totalversagen des US-Kongresses und speziell der sechs republikanischen und sechs demokratischen Senatoren schon lange vor Ablauf der Frist abzeichnete.
Sie können es einfach nicht und hängen in ihrer ideologischen Verbohrtheit fest.
Parteipolitisches Süppchenkochen ist alles was interessiert.
Schon letzte Woche hatte Erin Burnett drastisch gewarnt.
Viele US-Bürger schauen verächtlich auf das Polit-Establishment in Washington.
Warum, ist derzeit besser denn je im US-Schuldenstreit zu beobachten. Abermals ist die US-Politik grandios an sich selbst gescheitert. Das Land kämpft mit Schulden von 15 Billionen Euro. Und dennoch wird geschachert, als gebe es kein Morgen mehr.
[…] Die US-Politik – handlungsunfähig. Der Kongress in Washington blockiert sich selbst.
[…] Zur Blockade kommt noch der Stillstand. Nach dem Offenbarungseid verabschieden sich die US-Politiker in die Feiertage um Thanksgiving. Beobachter aus dem Ausland reiben sich die Augen.
[…] Während in Europa unter dem Druck der Euro-Krise im Rekordtempo Sanierungspläne verabschiedet werden, spielt die amerikanische Politik also immer noch auf Zeit. Obwohl der Abbau des Staatsdefizits ganz oben auf der Prioritätenliste der amerikanischen Öffentlichkeit steht, haben beide amerikanische Parteien vor dem Präsidentschaftswahljahr 2012 offenbar panische Angst vor Beschlüssen, die ihrer jeweiligen Klientel wehtun könnten.
(rp-online.de 22.11.11)
Jeder blamiert sich so gut er kann und die Amis sind diesbezüglich echte Spitzenkönner.
Wie immer ziehen die Deutschen aber sofort gleich.
Eine Peinlichkeit sondergleichen bot heute der Bundestag und speziell Deutschlands dämlichste Ministerin Kristina Schröder.
In einer aktuellen Stunde zu den hunderten von Nazis Ermordeten gaben sich insbesondere die Unionspolitiker verblüfft.
Beschämt waren sie alle und sprachen von Schande.
Aber wie schon bei den sexuellen Übergriffen durch katholische Geistliche auf Messdiener hieß es auch diesmal: „Also DAS hätte ja keiner ahnen können!“
Kristina Schröder, die schon vorab in einem Namensartikel der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblattes ihren Gesinnungstest für Antifa-Initiativen und die Mittelstreichung im Kampf gegen den Rechtsextremismus verteidigte, ist auf dem rechten Auge so blind, daß sie auch nach 182 Nazi-Morden nichts begreift.
Die Opposition nahm an diesem Dienstag vor allem Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) ins Visier. Schröder hatte zum Jahresbeginn die sogenannte Extremismusklausel eingeführt. Danach müssen sich sämtliche Initiativen gegen Rechtsextremismus, die Fördergeld beim Familienministerium beantragen, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Darüber hinaus sollen sie sich auch verpflichten, alle ihre Projektpartner auf Verfassungstreue zu kontrollieren - sonst gibt es kein Geld vom Staat. Die Folge: Viele Vereine und Organisationen fühlen sich in ihrer Arbeit behindert. SPD, Grüne und Linke sehen das genauso. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Schröder im Bundestag vor, engagierte Menschen mit einem "Gesinnungs-TÜV" unter linksextremen Generalverdacht zu stellen. Das sei einer Demokratie nicht würdig. Genau wie Linken-Kollege Gysi und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte er die Streichung der Extremismusklausel.
[…] Die gescholtene Ministerin will davon offenbar nichts wissen. Im Bundestag schwieg Kristina Schröder, ertrug die Attacken mal kopfschüttelnd, mal regungslos. Am Nachmittag ließ sie dann einen schriftlichen Konter verbreiten, der keinerlei Einsicht erkennen lässt. Sie freue sich, erklärte Schröder, dass die Abgeordneten aller Fraktionen mit ihrem Beschluss "praktisch dasselbe Bekenntnis zu unserer Demokratie, unserem Rechtsstaat und unserer Werteordnung abgelegt haben, das wir bei der Vergabe von Geldern für Projekte gegen Extremisten einfordern". Ihr sei daher "völlig unverständlich, dass SPD und Grüne etwas abschaffen wollen, was sie heute selber im Bundestag bekräftigt haben".
(Philipp Wittrock 22.11.11)
Da hat KS aus Versehen mal die Wahrheit gesprochen: Daß ihr das alles "völlig unverständlich" ist, glaube ich sofort.
Immerhin wurde der tatenlosen Regierung ordentlich eingeschenkt.
Warum wurde dieser Terrorismus nicht aufgeklärt? Trotz, Herr Bundesinnenminister, Rasterfahndung, trotz Onlineüberwachung, trotz Späh- und Lauschangriffen, trotz Hunderter V-Leute des Inlandsgeheimdienstes bei den Nazis?
[…] Seit Jahren gibt es ein Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum. Es existieren Zentraldateien für islamistische Straftäter. Es gibt schon längst - seit 1992! - auf Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern, die ich zitiere wörtlich „Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung rechtsextremistischer/ terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte“, abgekürzt IGR. Zu deren Aufgaben zählen die Fortschreibung bestehender und die Entwicklung neuer Beobachtungs- und Bekämpfungskonzepte gegen rechtsextremistische bzw. rechtsterroristische Gewaltakte sowie die Intensivierung des diesbezüglichen Erkenntnisaustausches zwischen den beteiligten Behörden. „Was hat diese Informationsgruppe die ganzen Jahre hindurch eigentlich getrieben?“, lautet meine Frage.
[…] Wie kommt es eigentlich, dass die Bundesregierung nach wie vor, auch nach der Beantwortung der Großen Anfrage unserer Fraktion, von einer Zahl von 48 Opfern ausgeht, die seit 1990 durch rechtsextreme Gewalt sterben mussten? Der Tagesspiegel und die Zeit gehen von 138 diesbezüglich getöteten Personen aus. Nach Recherchen von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, wurden sogar 182 Menschen Opfer rechtsextremer Gewalt.
[…] Es ist bemerkenswert, dass die NPD und ihr rechtsextremes, auch rechtsterroristisches Umfeld seit Jahren, seit Jahrzehnten mit V-Leuten durchsetzt sind. Wenn über 13 Jahre lang keine einzige Information zu den bisher bekannten Mordfällen von den V-Leuten kam, ist das Beweis genug für die ganze Nutzlosigkeit dieser Strategie. Wenn es allerdings - lassen Sie mich das sagen - von diesen V-Leuten Informationen gegeben haben sollte, wäre es noch viel schlimmer. Diese V-Leute sind Personen mit teils kriminellem Hintergrund, auf jeden Fall aber mit nazistischen Einstellungen, vor allem mit rassistischen. Ihr Job ist für sie nicht, brauchbare Informationen über die Naziszene zu liefern, sondern die eigene Szene zu decken, Nazitum zu fördern und mit reichlich Steuergeldern zu finanzieren. Noch schlimmer: Sie prahlen teilweise damit, dass ihre Straftaten vom Verfassungsschutz und damit von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, also von uns allen, finanziert werden.
[…] So gab der V-Mann Tino Brandt aus Thüringen an, insgesamt 200 000 D-Mark für seine Tätigkeit erhalten und für rechtsextremistische Aktionen verwendet zu haben.
[…] Wenn ich mir ansehe, wie der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen, Herr Roewer, mit dieser Szene umgegangen ist, dann wird mir schlecht, aber eben auch einiges klar. Roewer warb V-Leute aus der Szene an und entlohnte sie fürstlich. Er ließ Unterrichtsmaterial herstellen, in dem die Antifa als gewalttätig, die Nazis dagegen als gemäßigt erscheinen. Er hob die angeblich guten Seiten des Nationalsozialismus hervor, und er veröffentlicht heute in Verlagen aus dem extrem rechten Umfeld. Wenn in Hessen jemand Verfassungsschützer ist, der selbst offensichtlich einer rechtsextremen Gesinnung nahesteht, da er von allen der „kleine Adolf“ genannt wird, und an einem Mordtatort zugegen war, ist das mehr als erschreckend.
[…] War der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ auf dem rechten Auge blind, oder sah er, aber handelte nicht? Menschen stellen sich gegen den Rechtsextremismus, wenden sich gegen ihn und werden verfolgt, auch unser Fraktionsvorsitzender im Landtag von Sachsen, André Hahn. Der Sächsische Landtag hob mit den Stimmen von Union, FDP und NPD seine Immunität auf. Ich bitte Sie: Denken Sie darüber nach. Mit welchem Eifer und mit welcher Akribie die sächsischen Ermittlungsbehörden vorgehen, zeigt, dass sie die Wohnung des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König durchsuchten, jenes Pfarrers, der sehr frühzeitig vor dem Treiben der Jenaer Neonaziszene und dem Heimatschutzbund warnte. Nun stellt sich weiter heraus, dass Holger Apfel, Landtagsabgeordneter der NPD im Sächsischen Landtag und neuer Bundesvorsitzender der NPD, ein Wahlkreisbüro in Chemnitz eröffnete. Der Eigentümer des Hauses dieses Wahlkreisbüros ist zugleich der Produzent der Nazirock-CD, auf der die sogenannten Döner-Morde verherrlicht und gefeiert werden.
(Gregor Gysi 22.11.2011)
Wir müssen heute feststellen, dass wir dem Ziel, dass jeder, der in diesem Land lebt, sich auch sicher in seiner Existenz fühlen kann, nicht nahe gekommen sind. Man muss heute den Eindruck haben, dass Institutionen der Sicherheit in Deutschland auf dem rechten Auge blind sind oder zumindest mit dem rechten Auge nicht genau hinsehen. Auch das empfinde ich heute als beschämend.
[…] Es gibt eine Legitimationskrise der Sicherheitsbehörden, der Verfassungsschutzämter und der Polizei. Schlimm ist dabei: Wenn man hätte wissen wollen, hätte man wissen können, wenn man hätte sehen und hören wollen, hätte man sehen können. Aber bei uns sind die Verfassungsschutzämter nach dem Ende des Kalten Krieges noch immer in einer Art nacheilendem Gehorsam viel mehr auf den Linksextremismus fokussiert, den sie sehen wollen. Sie haben eine Ignoranz und Blindheit gegenüber der rechten Seite. Ich muss an dieser Stelle wirklich sagen: Wenn man hätte wissen und sehen wollen, dann hätten insbesondere das Ministerium von Frau Schröder und die Ministerin Frau Schröder viel früher sehen können und müssen. Auch das ist eine beschämende Tatsache des heutigen Tages.
[…] Herr Ziercke, der BKA-Chef, hat gesagt, bis zuletzt habe es keine Erkenntnisse über rechtsterroristische Strukturen oder Anschlagsplanungen gegeben. Auch dazu sage ich: Man hätte wissen und sehen können. Warum war der Nationalsozialistische Untergrund nicht bekannt? Warum hat man nicht gesehen, dass es Geldsammlungen gegeben hat? Überall waren V-Leute. Aber auch auf Musikveranstaltungen hat es Geldsammlungen gegeben. Und niemand will es gesehen haben? Da wird bei Demonstrationen mit großen Transparenten herumgelaufen, auf denen "Nationalismus sucht Taten" steht, aber niemand hat das gesehen. Überall waren V-Leute. Die Gruppe "Gigi & die braunen Stadtmusikanten" ist 2009 mit dem Lied vom "Döner-Killer", wie es hieß, herausgekommen. Das ist eine beliebte Band. Dem Verfassungsschutz soll sie nicht bekannt sein? Aber wenige Tage nach dem Klarwerden dieser Vorfälle ist das Fernsehen in der Lage, in einer Sendung Liveauftritte dieser Gruppe zu zeigen. Wir sehen einen Text, in dem sich die Musiker über diese Mordtaten freuen, indem sie diese sogenannten "Döner-Killer" sozusagen für ihren rechtsextremen Hass in ihre Szene einbeziehen. Die Botschaft in die Szene des Rechtsextremismus ist offensichtlich verstanden worden: Es waren Leute von ihnen, die Menschen, die anders aussahen, ermordet haben. Aber der Verfassungsschutz will das nicht gesehen und nicht gehört haben. Das glaube ich nicht. Wenn man hätte sehen und wissen wollen, dann hätte man sehen und wissen können. Das ist das Beschämende dieses Tages.
[…] Schulklassen machen keine Ausflüge in bestimmte Regionen, weil man Sorge um das Leben der Kinder hat. Das sind "nationalbefreite Zonen" ‑ so nennen es Rechtsextreme ‑, wo Rechtsextreme die Vorherrschaft im Zentrum haben. Das alles hätte man sehen können und müssen.
[…] Zur aktuellen Aufklärung: Wenn ein hessischer Innenminister ‑ weil der Generalbundesanwalt zum dortigen Verfassungsschutz kommt, um Akteneinsicht zu nehmen ‑ von einem feindlichen Akt spricht, sage ich ganz klar: Verfassungsschutzämter, die jetzt nicht mithelfen, Bund und Länder gemeinsam zu einer schonungslosen Aufklärung und Offenlegung zu führen, begehen einen feindlichen Akt gegen unsere Verfassung und Demokratie.
[…] Die Extremismusklausel, wonach diejenigen, die gegen Rechtsextreme kämpfen, selber erst erklären müssen, dass ihre Mitkämpfer auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, ist nichts anderes als eine Anfeindung gegenüber den Betreffenden. Sie muss weg, weil sie das zentrale Hindernis ist.
[…] Die Kofinanzierung von 50 Prozent bei den Projekten muss weg, Frau Schröder, weil sie ein Hindernis ist. An dieses Geld kommt man gar nicht heran. Ich frage an der Stelle: Frau Bundesministerin Schröder, wo sind Sie eigentlich, wenn es entsprechend dem von Ihnen geleisteten Amtseid darum geht, jungen Menschen oder auch Geschäftsinhabern und Vereinen in diesem Land die Hand zu reichen und sie zu unterstützen? Bei Ihnen ist ein Mangel an Herzensbildung festzustellen, Frau Schröder, ein Mangel an Herzensbildung, wenn es darum geht, solche Menschen zu unterstützen. Wir werden dazu einen Antrag stellen, der darauf abzielt, die bestehenden Hindernisse zu beseitigen, und darüber namentlich abstimmen.
(Renate Künast 22.11.11)
Frau Merkel und Frau Schröder haben übrigens bei der Debatte gar nicht geredet und der Innenminister war nicht anwesend.
Vielleicht dachte sich die Kanzlerin ja das Tagespensum „Blamage“ schon genügend durch den Verkauf ihrer Kanzler-VIP-Maschine "Theodor Heuss" an den Iran erfüllt zu haben.

Während der Westen das Embargo gegen Iran verschärft, könnte Teherans Herrscher bald in Merkels ehemaligem Airbus fliegen. Gerade hat Angela Merkel noch stärkere Sanktionen gegen den Iran gefordert. Jetzt kann es sein, dass Teherans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad bald mit ihrem bisherigen Regierungsjet in die Luft gehen und sogar in ihrem ehemaligen Bett schlafen wird. Der Airbus A310 ist – samt Schlafzimmer und Duschbad der Bundeskanzlerin – über einen Zwischenhändler ausgerechnet bei einer iranischen Fluggesellschaft gelandet. Besonders brisant: Das Schwesterflugzeug mit dem militärischen Kennzeichen 10+21 steht noch bis 2013 bei der Flugbereitschaft der Luftwaffe im Einsatz und gleicht dem jetzt im Iran gelandeten Jet wie ein eineiiger Zwilling. Die Kanzlerin war damit gerade noch auf Staatsbesuch in der Mongolei, weil dort die Landebahn für ihren neuen, moderneren Airbus A340 zu kurz ist.
(Rainer W. During 22.11.11)

Der Vorgang wirkt angesichts des immer schärfer werdenden Atomstreits des Westens mit Iran bizarr. Erst vor wenigen Tagen, nach der Vorlage eines alarmierenden Berichts über die Fortschritte des iranischen Atomprogramms durch die Internationale Atomenergiebehörde, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert angekündigt, dass sich Deutschland "aktiv für schärfere Sanktionen gegen Iran einsetzen" werde.
(Spon 20.11.11)
Na, da haben die Amis dann auch mal wieder was zu lachen über die unzuverlässigen Deppen in Europa.
Es passt ja auch zur dubiosen Rolle der Merkelschen Außenpolitik, die antidemokratische Steinzeitmonarchien mit Panzern beliefert und mit Syrien kungelt, daß nun Präsident Achmadinedschad in dem Bett liegt und in das Klo scheißt, das eben noch Die Bundeskanzlerin benutzt hatte.
Branchenkenner halten einen Weiterverkauf der Kanzler-Maschine an Iran für plausibel. "In der Ecke ist der A310 ein extrem beliebtes Flugzeug", sagte ein Experte der Nachrichtenagentur dpa. Wartung und Reparatur der Maschinen stellten dort also kein Problem dar. Und es seien nur äußerst wenige Exemplare auf dem Markt zu haben. Das Alter der Maschine dürfte dagegen kaum ein Problem sein. Iranische Airlines sind teilweise mit noch älteren Flugzeugen unterwegs.
(SZ 22.11.11)
Das konnte ich heute Nacht feststellen, als ich auf CNN Erin Burnett's Ausraster in ihrer Sendung „OutFront“ über das politische Versagen des „Super-Komitees“ zur Reduzierung der Staatsausgaben sah.
Super Committee fails to reach a deal to cut $1.2 trillion from the nation's deficit.
Sie sei „mad as hell“ und auch die zugeschalteten Analysten bebten vor Zorn.
Die harmloseren Begriffe waren „Failure of political leadership“ und „fundamental irresponsible behavior“.
Besonders in Rage gerieten die Journalisten, weil sich das Totalversagen des US-Kongresses und speziell der sechs republikanischen und sechs demokratischen Senatoren schon lange vor Ablauf der Frist abzeichnete.
Sie können es einfach nicht und hängen in ihrer ideologischen Verbohrtheit fest.
Parteipolitisches Süppchenkochen ist alles was interessiert.
Schon letzte Woche hatte Erin Burnett drastisch gewarnt.
Viele US-Bürger schauen verächtlich auf das Polit-Establishment in Washington.
Warum, ist derzeit besser denn je im US-Schuldenstreit zu beobachten. Abermals ist die US-Politik grandios an sich selbst gescheitert. Das Land kämpft mit Schulden von 15 Billionen Euro. Und dennoch wird geschachert, als gebe es kein Morgen mehr.
[…] Die US-Politik – handlungsunfähig. Der Kongress in Washington blockiert sich selbst.
[…] Zur Blockade kommt noch der Stillstand. Nach dem Offenbarungseid verabschieden sich die US-Politiker in die Feiertage um Thanksgiving. Beobachter aus dem Ausland reiben sich die Augen.
[…] Während in Europa unter dem Druck der Euro-Krise im Rekordtempo Sanierungspläne verabschiedet werden, spielt die amerikanische Politik also immer noch auf Zeit. Obwohl der Abbau des Staatsdefizits ganz oben auf der Prioritätenliste der amerikanischen Öffentlichkeit steht, haben beide amerikanische Parteien vor dem Präsidentschaftswahljahr 2012 offenbar panische Angst vor Beschlüssen, die ihrer jeweiligen Klientel wehtun könnten.
(rp-online.de 22.11.11)
Jeder blamiert sich so gut er kann und die Amis sind diesbezüglich echte Spitzenkönner.
Wie immer ziehen die Deutschen aber sofort gleich.
Eine Peinlichkeit sondergleichen bot heute der Bundestag und speziell Deutschlands dämlichste Ministerin Kristina Schröder.
In einer aktuellen Stunde zu den hunderten von Nazis Ermordeten gaben sich insbesondere die Unionspolitiker verblüfft.
Beschämt waren sie alle und sprachen von Schande.
Aber wie schon bei den sexuellen Übergriffen durch katholische Geistliche auf Messdiener hieß es auch diesmal: „Also DAS hätte ja keiner ahnen können!“
Kristina Schröder, die schon vorab in einem Namensartikel der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblattes ihren Gesinnungstest für Antifa-Initiativen und die Mittelstreichung im Kampf gegen den Rechtsextremismus verteidigte, ist auf dem rechten Auge so blind, daß sie auch nach 182 Nazi-Morden nichts begreift.
Die Opposition nahm an diesem Dienstag vor allem Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) ins Visier. Schröder hatte zum Jahresbeginn die sogenannte Extremismusklausel eingeführt. Danach müssen sich sämtliche Initiativen gegen Rechtsextremismus, die Fördergeld beim Familienministerium beantragen, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Darüber hinaus sollen sie sich auch verpflichten, alle ihre Projektpartner auf Verfassungstreue zu kontrollieren - sonst gibt es kein Geld vom Staat. Die Folge: Viele Vereine und Organisationen fühlen sich in ihrer Arbeit behindert. SPD, Grüne und Linke sehen das genauso. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Schröder im Bundestag vor, engagierte Menschen mit einem "Gesinnungs-TÜV" unter linksextremen Generalverdacht zu stellen. Das sei einer Demokratie nicht würdig. Genau wie Linken-Kollege Gysi und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte er die Streichung der Extremismusklausel.
[…] Die gescholtene Ministerin will davon offenbar nichts wissen. Im Bundestag schwieg Kristina Schröder, ertrug die Attacken mal kopfschüttelnd, mal regungslos. Am Nachmittag ließ sie dann einen schriftlichen Konter verbreiten, der keinerlei Einsicht erkennen lässt. Sie freue sich, erklärte Schröder, dass die Abgeordneten aller Fraktionen mit ihrem Beschluss "praktisch dasselbe Bekenntnis zu unserer Demokratie, unserem Rechtsstaat und unserer Werteordnung abgelegt haben, das wir bei der Vergabe von Geldern für Projekte gegen Extremisten einfordern". Ihr sei daher "völlig unverständlich, dass SPD und Grüne etwas abschaffen wollen, was sie heute selber im Bundestag bekräftigt haben".
(Philipp Wittrock 22.11.11)
Da hat KS aus Versehen mal die Wahrheit gesprochen: Daß ihr das alles "völlig unverständlich" ist, glaube ich sofort.
Immerhin wurde der tatenlosen Regierung ordentlich eingeschenkt.
Warum wurde dieser Terrorismus nicht aufgeklärt? Trotz, Herr Bundesinnenminister, Rasterfahndung, trotz Onlineüberwachung, trotz Späh- und Lauschangriffen, trotz Hunderter V-Leute des Inlandsgeheimdienstes bei den Nazis?
[…] Seit Jahren gibt es ein Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum. Es existieren Zentraldateien für islamistische Straftäter. Es gibt schon längst - seit 1992! - auf Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern, die ich zitiere wörtlich „Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung rechtsextremistischer/ terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte“, abgekürzt IGR. Zu deren Aufgaben zählen die Fortschreibung bestehender und die Entwicklung neuer Beobachtungs- und Bekämpfungskonzepte gegen rechtsextremistische bzw. rechtsterroristische Gewaltakte sowie die Intensivierung des diesbezüglichen Erkenntnisaustausches zwischen den beteiligten Behörden. „Was hat diese Informationsgruppe die ganzen Jahre hindurch eigentlich getrieben?“, lautet meine Frage.
[…] Wie kommt es eigentlich, dass die Bundesregierung nach wie vor, auch nach der Beantwortung der Großen Anfrage unserer Fraktion, von einer Zahl von 48 Opfern ausgeht, die seit 1990 durch rechtsextreme Gewalt sterben mussten? Der Tagesspiegel und die Zeit gehen von 138 diesbezüglich getöteten Personen aus. Nach Recherchen von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, wurden sogar 182 Menschen Opfer rechtsextremer Gewalt.
[…] Es ist bemerkenswert, dass die NPD und ihr rechtsextremes, auch rechtsterroristisches Umfeld seit Jahren, seit Jahrzehnten mit V-Leuten durchsetzt sind. Wenn über 13 Jahre lang keine einzige Information zu den bisher bekannten Mordfällen von den V-Leuten kam, ist das Beweis genug für die ganze Nutzlosigkeit dieser Strategie. Wenn es allerdings - lassen Sie mich das sagen - von diesen V-Leuten Informationen gegeben haben sollte, wäre es noch viel schlimmer. Diese V-Leute sind Personen mit teils kriminellem Hintergrund, auf jeden Fall aber mit nazistischen Einstellungen, vor allem mit rassistischen. Ihr Job ist für sie nicht, brauchbare Informationen über die Naziszene zu liefern, sondern die eigene Szene zu decken, Nazitum zu fördern und mit reichlich Steuergeldern zu finanzieren. Noch schlimmer: Sie prahlen teilweise damit, dass ihre Straftaten vom Verfassungsschutz und damit von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, also von uns allen, finanziert werden.
[…] So gab der V-Mann Tino Brandt aus Thüringen an, insgesamt 200 000 D-Mark für seine Tätigkeit erhalten und für rechtsextremistische Aktionen verwendet zu haben.
[…] Wenn ich mir ansehe, wie der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen, Herr Roewer, mit dieser Szene umgegangen ist, dann wird mir schlecht, aber eben auch einiges klar. Roewer warb V-Leute aus der Szene an und entlohnte sie fürstlich. Er ließ Unterrichtsmaterial herstellen, in dem die Antifa als gewalttätig, die Nazis dagegen als gemäßigt erscheinen. Er hob die angeblich guten Seiten des Nationalsozialismus hervor, und er veröffentlicht heute in Verlagen aus dem extrem rechten Umfeld. Wenn in Hessen jemand Verfassungsschützer ist, der selbst offensichtlich einer rechtsextremen Gesinnung nahesteht, da er von allen der „kleine Adolf“ genannt wird, und an einem Mordtatort zugegen war, ist das mehr als erschreckend.
[…] War der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ auf dem rechten Auge blind, oder sah er, aber handelte nicht? Menschen stellen sich gegen den Rechtsextremismus, wenden sich gegen ihn und werden verfolgt, auch unser Fraktionsvorsitzender im Landtag von Sachsen, André Hahn. Der Sächsische Landtag hob mit den Stimmen von Union, FDP und NPD seine Immunität auf. Ich bitte Sie: Denken Sie darüber nach. Mit welchem Eifer und mit welcher Akribie die sächsischen Ermittlungsbehörden vorgehen, zeigt, dass sie die Wohnung des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König durchsuchten, jenes Pfarrers, der sehr frühzeitig vor dem Treiben der Jenaer Neonaziszene und dem Heimatschutzbund warnte. Nun stellt sich weiter heraus, dass Holger Apfel, Landtagsabgeordneter der NPD im Sächsischen Landtag und neuer Bundesvorsitzender der NPD, ein Wahlkreisbüro in Chemnitz eröffnete. Der Eigentümer des Hauses dieses Wahlkreisbüros ist zugleich der Produzent der Nazirock-CD, auf der die sogenannten Döner-Morde verherrlicht und gefeiert werden.
(Gregor Gysi 22.11.2011)
Wir müssen heute feststellen, dass wir dem Ziel, dass jeder, der in diesem Land lebt, sich auch sicher in seiner Existenz fühlen kann, nicht nahe gekommen sind. Man muss heute den Eindruck haben, dass Institutionen der Sicherheit in Deutschland auf dem rechten Auge blind sind oder zumindest mit dem rechten Auge nicht genau hinsehen. Auch das empfinde ich heute als beschämend.
[…] Es gibt eine Legitimationskrise der Sicherheitsbehörden, der Verfassungsschutzämter und der Polizei. Schlimm ist dabei: Wenn man hätte wissen wollen, hätte man wissen können, wenn man hätte sehen und hören wollen, hätte man sehen können. Aber bei uns sind die Verfassungsschutzämter nach dem Ende des Kalten Krieges noch immer in einer Art nacheilendem Gehorsam viel mehr auf den Linksextremismus fokussiert, den sie sehen wollen. Sie haben eine Ignoranz und Blindheit gegenüber der rechten Seite. Ich muss an dieser Stelle wirklich sagen: Wenn man hätte wissen und sehen wollen, dann hätten insbesondere das Ministerium von Frau Schröder und die Ministerin Frau Schröder viel früher sehen können und müssen. Auch das ist eine beschämende Tatsache des heutigen Tages.
[…] Herr Ziercke, der BKA-Chef, hat gesagt, bis zuletzt habe es keine Erkenntnisse über rechtsterroristische Strukturen oder Anschlagsplanungen gegeben. Auch dazu sage ich: Man hätte wissen und sehen können. Warum war der Nationalsozialistische Untergrund nicht bekannt? Warum hat man nicht gesehen, dass es Geldsammlungen gegeben hat? Überall waren V-Leute. Aber auch auf Musikveranstaltungen hat es Geldsammlungen gegeben. Und niemand will es gesehen haben? Da wird bei Demonstrationen mit großen Transparenten herumgelaufen, auf denen "Nationalismus sucht Taten" steht, aber niemand hat das gesehen. Überall waren V-Leute. Die Gruppe "Gigi & die braunen Stadtmusikanten" ist 2009 mit dem Lied vom "Döner-Killer", wie es hieß, herausgekommen. Das ist eine beliebte Band. Dem Verfassungsschutz soll sie nicht bekannt sein? Aber wenige Tage nach dem Klarwerden dieser Vorfälle ist das Fernsehen in der Lage, in einer Sendung Liveauftritte dieser Gruppe zu zeigen. Wir sehen einen Text, in dem sich die Musiker über diese Mordtaten freuen, indem sie diese sogenannten "Döner-Killer" sozusagen für ihren rechtsextremen Hass in ihre Szene einbeziehen. Die Botschaft in die Szene des Rechtsextremismus ist offensichtlich verstanden worden: Es waren Leute von ihnen, die Menschen, die anders aussahen, ermordet haben. Aber der Verfassungsschutz will das nicht gesehen und nicht gehört haben. Das glaube ich nicht. Wenn man hätte sehen und wissen wollen, dann hätte man sehen und wissen können. Das ist das Beschämende dieses Tages.
[…] Schulklassen machen keine Ausflüge in bestimmte Regionen, weil man Sorge um das Leben der Kinder hat. Das sind "nationalbefreite Zonen" ‑ so nennen es Rechtsextreme ‑, wo Rechtsextreme die Vorherrschaft im Zentrum haben. Das alles hätte man sehen können und müssen.
[…] Zur aktuellen Aufklärung: Wenn ein hessischer Innenminister ‑ weil der Generalbundesanwalt zum dortigen Verfassungsschutz kommt, um Akteneinsicht zu nehmen ‑ von einem feindlichen Akt spricht, sage ich ganz klar: Verfassungsschutzämter, die jetzt nicht mithelfen, Bund und Länder gemeinsam zu einer schonungslosen Aufklärung und Offenlegung zu führen, begehen einen feindlichen Akt gegen unsere Verfassung und Demokratie.
[…] Die Extremismusklausel, wonach diejenigen, die gegen Rechtsextreme kämpfen, selber erst erklären müssen, dass ihre Mitkämpfer auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, ist nichts anderes als eine Anfeindung gegenüber den Betreffenden. Sie muss weg, weil sie das zentrale Hindernis ist.
[…] Die Kofinanzierung von 50 Prozent bei den Projekten muss weg, Frau Schröder, weil sie ein Hindernis ist. An dieses Geld kommt man gar nicht heran. Ich frage an der Stelle: Frau Bundesministerin Schröder, wo sind Sie eigentlich, wenn es entsprechend dem von Ihnen geleisteten Amtseid darum geht, jungen Menschen oder auch Geschäftsinhabern und Vereinen in diesem Land die Hand zu reichen und sie zu unterstützen? Bei Ihnen ist ein Mangel an Herzensbildung festzustellen, Frau Schröder, ein Mangel an Herzensbildung, wenn es darum geht, solche Menschen zu unterstützen. Wir werden dazu einen Antrag stellen, der darauf abzielt, die bestehenden Hindernisse zu beseitigen, und darüber namentlich abstimmen.
(Renate Künast 22.11.11)
Frau Merkel und Frau Schröder haben übrigens bei der Debatte gar nicht geredet und der Innenminister war nicht anwesend.
Vielleicht dachte sich die Kanzlerin ja das Tagespensum „Blamage“ schon genügend durch den Verkauf ihrer Kanzler-VIP-Maschine "Theodor Heuss" an den Iran erfüllt zu haben.

Während der Westen das Embargo gegen Iran verschärft, könnte Teherans Herrscher bald in Merkels ehemaligem Airbus fliegen. Gerade hat Angela Merkel noch stärkere Sanktionen gegen den Iran gefordert. Jetzt kann es sein, dass Teherans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad bald mit ihrem bisherigen Regierungsjet in die Luft gehen und sogar in ihrem ehemaligen Bett schlafen wird. Der Airbus A310 ist – samt Schlafzimmer und Duschbad der Bundeskanzlerin – über einen Zwischenhändler ausgerechnet bei einer iranischen Fluggesellschaft gelandet. Besonders brisant: Das Schwesterflugzeug mit dem militärischen Kennzeichen 10+21 steht noch bis 2013 bei der Flugbereitschaft der Luftwaffe im Einsatz und gleicht dem jetzt im Iran gelandeten Jet wie ein eineiiger Zwilling. Die Kanzlerin war damit gerade noch auf Staatsbesuch in der Mongolei, weil dort die Landebahn für ihren neuen, moderneren Airbus A340 zu kurz ist.
(Rainer W. During 22.11.11)

Der Vorgang wirkt angesichts des immer schärfer werdenden Atomstreits des Westens mit Iran bizarr. Erst vor wenigen Tagen, nach der Vorlage eines alarmierenden Berichts über die Fortschritte des iranischen Atomprogramms durch die Internationale Atomenergiebehörde, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert angekündigt, dass sich Deutschland "aktiv für schärfere Sanktionen gegen Iran einsetzen" werde.
(Spon 20.11.11)
Na, da haben die Amis dann auch mal wieder was zu lachen über die unzuverlässigen Deppen in Europa.
Es passt ja auch zur dubiosen Rolle der Merkelschen Außenpolitik, die antidemokratische Steinzeitmonarchien mit Panzern beliefert und mit Syrien kungelt, daß nun Präsident Achmadinedschad in dem Bett liegt und in das Klo scheißt, das eben noch Die Bundeskanzlerin benutzt hatte.
Branchenkenner halten einen Weiterverkauf der Kanzler-Maschine an Iran für plausibel. "In der Ecke ist der A310 ein extrem beliebtes Flugzeug", sagte ein Experte der Nachrichtenagentur dpa. Wartung und Reparatur der Maschinen stellten dort also kein Problem dar. Und es seien nur äußerst wenige Exemplare auf dem Markt zu haben. Das Alter der Maschine dürfte dagegen kaum ein Problem sein. Iranische Airlines sind teilweise mit noch älteren Flugzeugen unterwegs.
(SZ 22.11.11)
Montag, 7. November 2011
Wenn Verstand UND Mut fehlen.
Sehr schön Frau Merkel, Herr Seehofer und kleiner Philipp:
Da habt Ihr seit zwei Jahren in jede Kamera Haushaltsdisziplin der anderen EU-Staaten angemahnt und nun gibt es hierzulande eine komplett sinnlose, kontraproduktive Steuersenkungen auf Pump!
Peanuts für Geringverdiener.
Die geplante Steuersenkung von 6 Milliarden Euro kommt vor allem den Beziehern hoher Einkommen zugute. [...] Wenn dieses Modell so umgesetzt wird, spart ein Niedriglohnbezieher mit einem zu versteuernden Einkommen von 10.000 Euro 2013 im Monat knapp 1,60 Euro Steuern, so die Berechnung des Bundes der Steuerzahler. Bei einem mittleren Einkommen von 30.000 Euro liegt die Ersparnis bei 4,50 Euro im Monat, Spitzenverdiener ab 54.000 Euro sparen knapp 10 Euro im Monat.
(taz 07.11.11)
Da hat die Berliner K.O.alition über zwei Jahre gekreißt und gebar ein winziges Reförmchen, welches als politischer Bastard vermutlich ohnehin nicht lebensfähig ist.
Von den einst so vollmundig propagierten 24 Milliarden Euro redet dabei niemand mehr - ganze sechs Milliarden Entlastungsvolumen sind übrig geblieben. 25 Euro im Monat soll das dem einzelnen Beschäftigten bringen, hat der Steuerzahlerbund ausgerechnet. Was die Koalitionäre so optimistisch stimmt, dass sie mit ihrem Reförmchen trotz fehlender Mehrheit in der Länderkammer durchkommen: Die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags ist verfassungsrechtlich ohnehin bis 2014 notwendig, sie wird lediglich teilweise vorgezogen.
[…] Der SPD-Chef holte noch vor den gefassten Regierungsbeschlüssen am Wochenende die ganz große Kanone raus und drohte mit dem Gang nach Karlsruhe. Eine - angesichts des doch eher mickrigen Reförmchens - etwas unverhältnismäßige Warnung, die selbst die Grünen belächeln: "Da merkt man, dass Sigmar Gabriel Lehrer und nicht Jurist ist", sagt Fraktionschef Trittin. "Ich würde erst mal einen Gesetzentwurf abwarten, bevor ich ihn juristisch bewerte."
(Florian Gathmann, Veit Medick und Philipp Wittrock, 07.11.11)
Wofür sich jetzt die drei konservativen Parteichefs selbstzufrieden die Bäuchlein streicheln, ist natürlich wieder mal nur ein Witz.
Die Ergebnisse des Koalitionsgipfels sind kärglich:
Eine Mini-Steuersenkung, ein Trippelschritt in Richtung private Pflegevorsorge und das Betreuungsgeld. Die eigentliche Sensation ist, dass sich CDU, CSU und FDP überhaupt auf etwas geeinigt haben.
[…] Die in Deutschland agierende Bundesregierung ähnelt eher einem Verbrennungsmotor oder einer Dampfmaschine als einem E-Motor. Es spotzt und dampft und zischt und rumpelt, wenn sie ihre Arbeit verrichtet. Viel Aufwand, wenig Ertrag. Und betrachtet man genauer, was am Ende aus der Dampf-Zisch-Spotz-Maschine herauskommt, dann möchte man verzweifeln ob des seltsamen kleinen schwarz-verkohlten Klumpens, der da vor einem liegt. So viel steht jedenfalls fest: Gold sieht anders aus.
(Christoph Schwennicke 07.11.11)
Ich hingegen bewundere Merkel und Co.
Da hatte ich nun doch langsam gedacht „es kann nicht mehr schlimmer kommen“ und dann holen die drei Deppen die Herdprämie hervor!
Die Kanzlerin bricht ihr Wort, keine Steuersenkungen auf Pump zuzulassen.
Zu den 25 Milliarden Neuverschuldung in diesem Jahr legt die Bundesregierung nach ihrem Koalitionsgipfel noch einmal deutlich mehr als 6 Milliarden drauf. Mit mangelnder Haushaltsdisziplin setzt die Bundesregierung das falsche Signal in der Euro-Krise. Sie verabschiedet sich von nachhaltiger Haushaltspolitik – um kurzfristig den Koalitionsfrieden zu sichern. Die Kosten zahlen vor allem zukünftige Generationen; die heute sozial Benachteiligten profitieren von den Maßnahmen am wenigsten. Auch beim Betreuungsgeld setzt die Koalition falsche Prioritäten: Statt die notwendige Infrastruktur bei der Kinderbetreuung auszubauen, setzt sie auf eine bildungspolitisch verfehlte Herdprämie.
(PM der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen NR. 0985 vom 7. November 2011)
Das Betreuungsgeld ist ein bildungspolitischer Rueckschlag, weil es Kinder von frueher Foerderung in Kitas abhaelt.
Das Betreuungsgeld ist ein integrationspolitischer Kardinalfehler, weil es Kinder aus Einwandererfamilien von frueher Sprachfoerderung und Eingliederung fernhaelt.
Das Betreuungsgeld ist ein gleichstellungspolitischer Holzweg, weil es Frauen die fruehe Rueckkehr in den Beruf erschwert.
Das Betreuungsgeld verschwendet Milliarden von Steuergeldern, die fuer den vor sich hin duempelnden Kitaausbau fehlen.
Das Betreuungsgeld ist verfassungsrechtlich hoechst fragwuerdig, weil es dem Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes zuwider laeuft und es den Tabubruch vollzieht, fuer die Nicht-Inanspruchnahme oeffentlicher Infrastruktur eine Kompensation zu zahlen.
Das Betreuungsgeld ist politischer Irrsinn. Es dient lediglich der Befriedung der konservativen bayerischen Waehlerklientel.
(SPD-Pressemitteilung Nr 1312 vom 07. November 2011)
Deutschland ist nicht von ungefähr so schlecht im Pisa-Vergleich.
Das kommt daher, daß die Bildung chronisch unterfinanziert ist.
Der Philologenverband Deutschland erklärt heute, daß PRO WOCHE eine Million Schulstunden ausfallen.
Im Vergleich zum EU-Durchschnitt ist das deutsche Bildungssystem zu einem Prozent BIP unterfinanziert.
Das entspricht laut Peer Steinbrück 25- 26 Milliarden Euro, die für Lehrer und Ausbildung fehlen.
Statt da endlich mal nachzubessern, LEIHT SICH die Bundesregierung Geld von den Banken, um Eltern pro Monat 100 Euro zu bezahlen, wenn sie ihre Kleinen ZU HAUSE LASSEN und NICHT frühkindlich bilden!
Das ist ungefähr so sinnvoll, wie Benzin in einen brennenden Dachstuhl zu leiten.
Hoch umstritten ist diese Herdprämie, könnte sie doch genau die Eltern davon abhalten, die Kinder betreuen zu lassen, deren Nachwuchs eine frühe Förderung bitter nötig hat. Irgendwie aber haben sich Seehofer und seine CSU in den Kopf gesetzt, dass der bayerischen Hausfrau der Geldsegen so gefallen wird, dass die CSU in Bayern wieder mit absolutem Mehrheitsanspruch regieren kann.
(Thorsten Denkler, 07.11.11)
Mit großer Mühe vermeiden es die Koalitionäre dort Geld in der Familienpolitik auszugeben wo es nötig ist (Schulen, Vorschulen, Kita,Krippenplätze,..) und leiten stattdessen die Milliarden dorthin, wo sie kontraproduktiv wirken (Kindergeld für Millionäre, Ehegattensplitting für Kinderlose, Betreuungsgeld, Herdprämie,..).
Die Brennpunkte sind ja bekannt: Knapp zwanzig Prozent der Kinder leben in Armut; knapp zwanzig Prozent der Schüler schneiden bei den Pisa-Tests unterirdisch schlecht ab; zwanzig Prozent der Kinder ernähren sich höchst ungesund. Solche Daten umreißen das Problem: In Deutschlands Unterschicht hat der Nachwuchs sehr oft sehr schlechte Startchancen. Diese Kinder, die oft, aber nicht ausschließlich aus Familien von Einwanderern stammen, brauchen mehr Hilfe von außen. Der politische Merksatz müsste sein: Je problematischer die Lebensverhältnisse eines kleinen Kindes sind, umso besser sind die Angebote des Staates an die Familie. Denn gerade diese Kinder profitieren enorm, wenn sie im Alter von zwei oder drei Jahren in einer exzellenten Kita unterstützt werden. Sie sind, wie US-Experimente zeigen, seltener kriminell, erreichen höhere Schulabschlüsse und brauchen weniger Sozialhilfe. Davon profitiert die gesamte Gesellschaft. Doch was beschließt die Bundesregierung? Hundert Euro Betreuungsgeld für alle.
(Felix Berth 07.11.11)
Selbst wenn man die Milliarden per Zufallsgenerator auf die verschiedenen Instrumente verteilen lassen würde, käme dabei eine sinnigere Politik heraus, als das was sich die gagaesken Schwarzgelben einfallen ließen.
Aber Merkel, Seehofer und der kleine Phil lassen sich dafür feiern!
Fachleute können nur über die Koalition den Kopf schütteln.
Gert Wagner, Chef des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW, kann nur falsche Signale entdecken:
Ich sehe das langfristig. Die Effekte beim Einzelnen sind minimal. Gravierend ist hingegen das aus meiner Sicht falsche Signal, das gegeben wird. Die Abgabenlast wird in den nächsten Jahren nicht sinken können. Durch die Alterung der Bevölkerung wird die Abgaben- und Steuerbelastung für die Arbeitnehmer in den nächsten Jahrzehnten steigen. Sie müssen mit höheren Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung rechnen. Ich halte es deshalb für besser, jetzt schon die Steuern zu erhöhen, um in die Infrastruktur investieren zu können, für Schulen, Kindertagesstätten oder neue Straßen und Brücken Geld auszugeben, um für den demographischen Wandel besser gerüstet zu sein. Das ist jetzt leichter als in Zukunft zu schultern, wenn die finanzielle Last für die Bürger ohnehin höher wird.
[…] Ob die Wähler das wohlwollend registrieren, werden Union und FDP an den Wahlurnen merken. Ich erwarte mir davon jedenfalls keine konjunkturellen Effekte durch eine Stärkung des privaten Konsums. Diese minimale Steuersenkung wird makroökonomisch verpuffen.
(SZ 07.11.11)
Es wird Zeit, daß sich CDU, CSU und FDP in Teaparty umbenennen.
Die Vernunft wurde endgültig aus Merkels Regierungshandeln getilgt.
Und dem Wähler gefällt es - in den letzten beiden Wochen hat die CDU in allen Umfragen zugenommen.
Unnötig zu erwähnen, daß auch der dritte Punkt des gestrigen Koalitionsgipfelchens, die angebliche „Reform“ der Pflegeversicherung reiner Murx ist.
Schwarz-Gelb ist pflegepolitisch auf ganzer Linie gescheitert. Am Ende des "Jahres der Pflege" wird nicht mal ein Reförmchen geboren. Die Koalition hat die wirkliche Pflegereform vertagt und der nächsten Bundesregierung aufgebürdet.
Die beschlossene minimale Beitragssatzerhöhung um 0,1 Prozent kann die Pflegeversicherung allenfalls für sehr kurze Zeit finanziell stabilisieren. Das hat mit einer Finanzierungsreform nichts zu tun. Das aber ist auch gar nicht die Absicht der Bundesregierung. Union und FDP denken nur bis zum Wahljahr 2013, in dem sie kleine Wohltaten für demenziell erkrankte Menschen verteilen wollen. Die Betroffenen brauchen aber keine gönnerhaften Wahlgeschenke, sondern eine grundlegende Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und wirkliche Leistungsverbesserungen. Auch daran ist Schwarz-Gelb grandios gescheitert.
(PM der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen NR. 0986 vom 7. November 2011)
Da habt Ihr seit zwei Jahren in jede Kamera Haushaltsdisziplin der anderen EU-Staaten angemahnt und nun gibt es hierzulande eine komplett sinnlose, kontraproduktive Steuersenkungen auf Pump!
Peanuts für Geringverdiener.
Die geplante Steuersenkung von 6 Milliarden Euro kommt vor allem den Beziehern hoher Einkommen zugute. [...] Wenn dieses Modell so umgesetzt wird, spart ein Niedriglohnbezieher mit einem zu versteuernden Einkommen von 10.000 Euro 2013 im Monat knapp 1,60 Euro Steuern, so die Berechnung des Bundes der Steuerzahler. Bei einem mittleren Einkommen von 30.000 Euro liegt die Ersparnis bei 4,50 Euro im Monat, Spitzenverdiener ab 54.000 Euro sparen knapp 10 Euro im Monat.
(taz 07.11.11)
Da hat die Berliner K.O.alition über zwei Jahre gekreißt und gebar ein winziges Reförmchen, welches als politischer Bastard vermutlich ohnehin nicht lebensfähig ist.
Von den einst so vollmundig propagierten 24 Milliarden Euro redet dabei niemand mehr - ganze sechs Milliarden Entlastungsvolumen sind übrig geblieben. 25 Euro im Monat soll das dem einzelnen Beschäftigten bringen, hat der Steuerzahlerbund ausgerechnet. Was die Koalitionäre so optimistisch stimmt, dass sie mit ihrem Reförmchen trotz fehlender Mehrheit in der Länderkammer durchkommen: Die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags ist verfassungsrechtlich ohnehin bis 2014 notwendig, sie wird lediglich teilweise vorgezogen.
[…] Der SPD-Chef holte noch vor den gefassten Regierungsbeschlüssen am Wochenende die ganz große Kanone raus und drohte mit dem Gang nach Karlsruhe. Eine - angesichts des doch eher mickrigen Reförmchens - etwas unverhältnismäßige Warnung, die selbst die Grünen belächeln: "Da merkt man, dass Sigmar Gabriel Lehrer und nicht Jurist ist", sagt Fraktionschef Trittin. "Ich würde erst mal einen Gesetzentwurf abwarten, bevor ich ihn juristisch bewerte."
(Florian Gathmann, Veit Medick und Philipp Wittrock, 07.11.11)
Wofür sich jetzt die drei konservativen Parteichefs selbstzufrieden die Bäuchlein streicheln, ist natürlich wieder mal nur ein Witz.
Die Ergebnisse des Koalitionsgipfels sind kärglich:
Eine Mini-Steuersenkung, ein Trippelschritt in Richtung private Pflegevorsorge und das Betreuungsgeld. Die eigentliche Sensation ist, dass sich CDU, CSU und FDP überhaupt auf etwas geeinigt haben.
[…] Die in Deutschland agierende Bundesregierung ähnelt eher einem Verbrennungsmotor oder einer Dampfmaschine als einem E-Motor. Es spotzt und dampft und zischt und rumpelt, wenn sie ihre Arbeit verrichtet. Viel Aufwand, wenig Ertrag. Und betrachtet man genauer, was am Ende aus der Dampf-Zisch-Spotz-Maschine herauskommt, dann möchte man verzweifeln ob des seltsamen kleinen schwarz-verkohlten Klumpens, der da vor einem liegt. So viel steht jedenfalls fest: Gold sieht anders aus.
(Christoph Schwennicke 07.11.11)
Ich hingegen bewundere Merkel und Co.
Da hatte ich nun doch langsam gedacht „es kann nicht mehr schlimmer kommen“ und dann holen die drei Deppen die Herdprämie hervor!
Die Kanzlerin bricht ihr Wort, keine Steuersenkungen auf Pump zuzulassen.
Zu den 25 Milliarden Neuverschuldung in diesem Jahr legt die Bundesregierung nach ihrem Koalitionsgipfel noch einmal deutlich mehr als 6 Milliarden drauf. Mit mangelnder Haushaltsdisziplin setzt die Bundesregierung das falsche Signal in der Euro-Krise. Sie verabschiedet sich von nachhaltiger Haushaltspolitik – um kurzfristig den Koalitionsfrieden zu sichern. Die Kosten zahlen vor allem zukünftige Generationen; die heute sozial Benachteiligten profitieren von den Maßnahmen am wenigsten. Auch beim Betreuungsgeld setzt die Koalition falsche Prioritäten: Statt die notwendige Infrastruktur bei der Kinderbetreuung auszubauen, setzt sie auf eine bildungspolitisch verfehlte Herdprämie.
(PM der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen NR. 0985 vom 7. November 2011)
Das Betreuungsgeld ist ein bildungspolitischer Rueckschlag, weil es Kinder von frueher Foerderung in Kitas abhaelt.
Das Betreuungsgeld ist ein integrationspolitischer Kardinalfehler, weil es Kinder aus Einwandererfamilien von frueher Sprachfoerderung und Eingliederung fernhaelt.
Das Betreuungsgeld ist ein gleichstellungspolitischer Holzweg, weil es Frauen die fruehe Rueckkehr in den Beruf erschwert.
Das Betreuungsgeld verschwendet Milliarden von Steuergeldern, die fuer den vor sich hin duempelnden Kitaausbau fehlen.
Das Betreuungsgeld ist verfassungsrechtlich hoechst fragwuerdig, weil es dem Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes zuwider laeuft und es den Tabubruch vollzieht, fuer die Nicht-Inanspruchnahme oeffentlicher Infrastruktur eine Kompensation zu zahlen.
Das Betreuungsgeld ist politischer Irrsinn. Es dient lediglich der Befriedung der konservativen bayerischen Waehlerklientel.
(SPD-Pressemitteilung Nr 1312 vom 07. November 2011)
Deutschland ist nicht von ungefähr so schlecht im Pisa-Vergleich.
Das kommt daher, daß die Bildung chronisch unterfinanziert ist.
Der Philologenverband Deutschland erklärt heute, daß PRO WOCHE eine Million Schulstunden ausfallen.
Im Vergleich zum EU-Durchschnitt ist das deutsche Bildungssystem zu einem Prozent BIP unterfinanziert.
Das entspricht laut Peer Steinbrück 25- 26 Milliarden Euro, die für Lehrer und Ausbildung fehlen.
Statt da endlich mal nachzubessern, LEIHT SICH die Bundesregierung Geld von den Banken, um Eltern pro Monat 100 Euro zu bezahlen, wenn sie ihre Kleinen ZU HAUSE LASSEN und NICHT frühkindlich bilden!
Das ist ungefähr so sinnvoll, wie Benzin in einen brennenden Dachstuhl zu leiten.
Hoch umstritten ist diese Herdprämie, könnte sie doch genau die Eltern davon abhalten, die Kinder betreuen zu lassen, deren Nachwuchs eine frühe Förderung bitter nötig hat. Irgendwie aber haben sich Seehofer und seine CSU in den Kopf gesetzt, dass der bayerischen Hausfrau der Geldsegen so gefallen wird, dass die CSU in Bayern wieder mit absolutem Mehrheitsanspruch regieren kann.
(Thorsten Denkler, 07.11.11)
Mit großer Mühe vermeiden es die Koalitionäre dort Geld in der Familienpolitik auszugeben wo es nötig ist (Schulen, Vorschulen, Kita,Krippenplätze,..) und leiten stattdessen die Milliarden dorthin, wo sie kontraproduktiv wirken (Kindergeld für Millionäre, Ehegattensplitting für Kinderlose, Betreuungsgeld, Herdprämie,..).
Die Brennpunkte sind ja bekannt: Knapp zwanzig Prozent der Kinder leben in Armut; knapp zwanzig Prozent der Schüler schneiden bei den Pisa-Tests unterirdisch schlecht ab; zwanzig Prozent der Kinder ernähren sich höchst ungesund. Solche Daten umreißen das Problem: In Deutschlands Unterschicht hat der Nachwuchs sehr oft sehr schlechte Startchancen. Diese Kinder, die oft, aber nicht ausschließlich aus Familien von Einwanderern stammen, brauchen mehr Hilfe von außen. Der politische Merksatz müsste sein: Je problematischer die Lebensverhältnisse eines kleinen Kindes sind, umso besser sind die Angebote des Staates an die Familie. Denn gerade diese Kinder profitieren enorm, wenn sie im Alter von zwei oder drei Jahren in einer exzellenten Kita unterstützt werden. Sie sind, wie US-Experimente zeigen, seltener kriminell, erreichen höhere Schulabschlüsse und brauchen weniger Sozialhilfe. Davon profitiert die gesamte Gesellschaft. Doch was beschließt die Bundesregierung? Hundert Euro Betreuungsgeld für alle.
(Felix Berth 07.11.11)
Selbst wenn man die Milliarden per Zufallsgenerator auf die verschiedenen Instrumente verteilen lassen würde, käme dabei eine sinnigere Politik heraus, als das was sich die gagaesken Schwarzgelben einfallen ließen.
Aber Merkel, Seehofer und der kleine Phil lassen sich dafür feiern!
Fachleute können nur über die Koalition den Kopf schütteln.
Gert Wagner, Chef des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW, kann nur falsche Signale entdecken:
Ich sehe das langfristig. Die Effekte beim Einzelnen sind minimal. Gravierend ist hingegen das aus meiner Sicht falsche Signal, das gegeben wird. Die Abgabenlast wird in den nächsten Jahren nicht sinken können. Durch die Alterung der Bevölkerung wird die Abgaben- und Steuerbelastung für die Arbeitnehmer in den nächsten Jahrzehnten steigen. Sie müssen mit höheren Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung rechnen. Ich halte es deshalb für besser, jetzt schon die Steuern zu erhöhen, um in die Infrastruktur investieren zu können, für Schulen, Kindertagesstätten oder neue Straßen und Brücken Geld auszugeben, um für den demographischen Wandel besser gerüstet zu sein. Das ist jetzt leichter als in Zukunft zu schultern, wenn die finanzielle Last für die Bürger ohnehin höher wird.
[…] Ob die Wähler das wohlwollend registrieren, werden Union und FDP an den Wahlurnen merken. Ich erwarte mir davon jedenfalls keine konjunkturellen Effekte durch eine Stärkung des privaten Konsums. Diese minimale Steuersenkung wird makroökonomisch verpuffen.
(SZ 07.11.11)
Es wird Zeit, daß sich CDU, CSU und FDP in Teaparty umbenennen.
Die Vernunft wurde endgültig aus Merkels Regierungshandeln getilgt.
Und dem Wähler gefällt es - in den letzten beiden Wochen hat die CDU in allen Umfragen zugenommen.
Unnötig zu erwähnen, daß auch der dritte Punkt des gestrigen Koalitionsgipfelchens, die angebliche „Reform“ der Pflegeversicherung reiner Murx ist.
Schwarz-Gelb ist pflegepolitisch auf ganzer Linie gescheitert. Am Ende des "Jahres der Pflege" wird nicht mal ein Reförmchen geboren. Die Koalition hat die wirkliche Pflegereform vertagt und der nächsten Bundesregierung aufgebürdet.
Die beschlossene minimale Beitragssatzerhöhung um 0,1 Prozent kann die Pflegeversicherung allenfalls für sehr kurze Zeit finanziell stabilisieren. Das hat mit einer Finanzierungsreform nichts zu tun. Das aber ist auch gar nicht die Absicht der Bundesregierung. Union und FDP denken nur bis zum Wahljahr 2013, in dem sie kleine Wohltaten für demenziell erkrankte Menschen verteilen wollen. Die Betroffenen brauchen aber keine gönnerhaften Wahlgeschenke, sondern eine grundlegende Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und wirkliche Leistungsverbesserungen. Auch daran ist Schwarz-Gelb grandios gescheitert.
(PM der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen NR. 0986 vom 7. November 2011)
Donnerstag, 3. November 2011
Schuldzuweisungen
All die Hebel und Schirme, all die Milliarden und Billionen, all die Ausfallversicherungen und Leerverkäufe, all die Börsennotierungen und -Bundeszinsen, all die Gipfel und Konferenzen, all die Zukunftsszenarien sind schwer zu verstehen.
Wie soll es bloß weitergehen mit der Europäischen Währungspolitik?
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und den allgemeinen Prügelknaben zu geben, der von den EU-Großzampanos Nicolas und Angie Verächtlichkeiten aushalten muß, obwohl es doch gerade Deutschland und Frankreich waren, die sich an Griechischen Staatsanleihen eine goldene Nase verdient haben, die den fetten Reibach mit Rüstungsexporten nach Athen machten.
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und den allgemeinen Prügelknaben seines generalstreikenden Volkes zu geben. Durch die Sparmaßnahmen, die jetzt schon ergriffen wurden, ist die hellenische Konjunktur komplett abgewürgt. Keiner der Deutschen Wichtigtuer in der Bundesregierung würde den Volkszorn aushalten, wenn sie ein entsprechend mutiges Sparprogramm fahren würden. Hochgerechnet auf Deutschland ginge es um Kürzungen von hunderten Milliarden.
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und deswegen eine Volksabstimmung ansetzt, um eine breitere Legitimation für seine Politik zu haben.
Was ich verstehen kann, ist daß Angie sofort der Arsch auf Grundeis ging, als sie von dem geplanten Plebiszit in Athen hörte.
Auch wenn Angie sich mehr und mehr als Genossin inszeniert und ausgerechnet in einer K.O.alition mit den Gelben Anti-Sozialstaatsapologeten beinahe das gesamte SPD-Parteiprogramm kopiert, gibt es da noch den einen Dissens zwischen CDU und SPD, bei dem ich als Ursozi der CDU zustimme:
Plebiszite sind scheiße!
Ich habe einfach kein Vertrauen in die Urteilsfähigkeit „des Volkes!“.
Und schon gar nicht bei derart komplexen Themen wie der EU-Währungspolitik, die zudem noch von Vorurteilen verseucht sind.
Was ich verstehen kann, ist daß Angie sofort den Knebel rausholte und die Griechen knallhart erpresste Plebiszite sofort zu streichen.
Wo kämen wir denn hin, wenn wir das Volk entscheiden ließen?
Das Volk liebt ohnehin das „NJET“, wie man an der geisteskranken Anti-Primarschul-Entscheidung von Hamburg sehen konnte.
Fragt man das Volk, verdummt es noch schneller, als es von irgendeinem Bildungsminister in die PISA-Grube geschoben werden könnte.
Geht es noch?
Wir erleben doch schon jeden Tag, daß selbst Profiparlamentarier, die sich jeden Tag zwangsweise mit Politik beschäftigen MÜSSEN, durch die fiskalen Untiefen stolpern.
Sie stimmen über dreistellige Milliardenpakete ab, ohne simpelste Grundkenntnisse zu haben worum es eigentlich geht.
Fast tun einem die Normalo-Abgeordneten Leid, die womöglich von Haus aus Pfarrer oder Chemiker sind und nun ihr Plazet zu zwölfstelligen Rettungschargen geben müssen.
Da sollten besser Fachleute her, die mit viel Berufserfahrung und erstklassiger Ausbildung ihre Urteile abgeben.
Könnte man meinen.
Aber selbst die sind ja offensichtlich schon überfordert, wenn es um die Unterscheidung von PLUS und MINUS geht, wie man gerade bei den Spitzenbankern der bundeseigenen HRE-Badbank erleben konnte.
55,5 Milliarden Euro zu viel oder zu wenig?
Wer weiß das schon so genau?
Der Bund der Steuerzahler forderte vom Ministerium eine lückenlose Aufklärung der 55,5-Milliardenpanne. Die Bilanzkorrektur habe das Vertrauen in die Kontrollfähigkeiten des Bundes massiv beschädigt. Die Buchungspanne ist nach Expertenansicht vor allem ein Fehler der Buchhaltung. "Das ist ein sehr peinlicher Fehler, der nicht hätte passieren dürfen, weil es klare Bilanzierungsregeln gibt", sagte der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl im ZDF.
(Stern 31.10.2011)
Neu ist das nicht.
Extrem hohlköpfig hatte sich beispielsweise vor drei Jahren die KfW-Bank verhalten, als sie den bereits pleitegegangenen Lehmännern noch über 300 Millionen Euro hinterher warf.
Eine neunstellige Summe Steuergelder direkt aus dem Fenster zu werfen, reichte damals noch, um den Titel „dümmste Banker der Welt“ zu erlangen.
Die staatliche KfW hatte am Morgen des 15. September 2008 noch kurz nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers 320 Millionen Euro an das Institut überwiesen. Der KfW-Verwaltungsrat aus Bund und Ländern hatte deshalb die Vorstandsmitglieder Fleischer und Detlef Leinberger entlassen. Fleischer hatte gegen die Kündigung geklagt. Ein KfW-Sprecher bestätigte am Freitag, dass die Bank einen Vergleich mit dem Manager geschlossen habe, wollte aber keine Einzelheiten nennen. Die "Welt" berichtete, Fleischer erhalte eine sechsstellige Einmalzahlung sowie später eine Pension.
(Spon 21.10.2011)
Im Jahr 2007 hatte der in Norddeutschland berüchtigte „Dr. No“ 500 Millionen staatliche Euros beim „Omega-Deal“ verbrannt.
Der heutige HSH-Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher hat das verlustreichste Milliardengeschäft der HSH Nordbank selbst genehmigt. Ein NDR Info vorliegendes Dokument zur sogenannten Transaktion "Omega" wurde von Nonnenmacher im Dezember 2007 in seiner damaligen Funktion als Finanzvorstand unterschrieben. Nach einem vertraulichen Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG musste die HSH Nordbank durch das Geschäft mehr als 500 Millionen Euro abschreiben. Das ist ein Drittel der Wertberichtigung im Konzernabschluss 2008.
[…] Von besonderer Brisanz ist, dass die HSH entscheidende Teile des Omega-Geschäfts offenbar vor der Finanzaufsicht BaFin verheimlicht hat. Das legen ein Schreiben der HSH und interne E-Mails nahe. Die Begründung findet sich im Kreditantrag selbst: "Es besteht ein gewisses Risiko, dass die Bankenaufsichtsbehörde das Geschäft nicht akzeptieren wird. Die Folgen einer solchen negativen Reaktion der BaFin sind nicht absehbar."
(Tagesschau 13.10.2009)
Im November 2008 verschleuderte die HSH-Nordbank noch mal sinnlos 45 Millionen Euro an Goldmann Sachs.
Die angeschlagene HSH Nordbank hat 45 Millionen Dollar (über 30 Millionen Euro) an die amerikanische Bank Goldman Sachs gezahlt, obwohl sie nicht dazu verpflichtet war. Eine Banksprecherin bestätigte damit einen Bericht des Radiosenders NDR Info. Sowohl die Rechtsabteilung der HSH Nordbank als auch eine internationale Anwaltskanzlei hätten festgestellt, dass die entsprechenden Ansprüche von Goldman Sachs verfallen waren, hatte zuvor NDR Info berichtet. Die Landesbank hätte also nicht zahlen müssen - habe es aber trotzdem getan.
(FAZ 21.09.2009)
Die schwarzgrüne Landesregierung von Hamburg und die schwarzgelbe Regierung in Kiel befanden daraufhin, daß Nonnenmacher so ein brillanter Banker sei, daß es ihm nicht zuzumuten wäre für die von Steinbrück gedeckelten 500.000 Euro im Jahr zu arbeiten und pumpten sein Gehalt auf 2,9 Millionen Euro im Jahr auf.
Die Risiken bei der HSH seien inzwischen so groß, daß man dem Top-Banker wie beim Film „Lohn der Angst“ einen Extra-Obolus genehmigt habe:
Dieser Film fällt einem norddeutschen Finanzpolitiker bei dem Namen Dirk Jens Nonnenmacher ein. Auch dieser Finanzpolitiker empört sich über die Millionen-Zahlungen an den Chef der HSH-Nordbank. Aber er erklärt mit dem Film, warum Nonnenmacher 2,9 Millionen Euro Sonderzahlungen erhalten soll. Er bekommt sie, obwohl die Bank nur durch den Einsatz von Milliarden an Steuergeldern aus Hamburg und Schleswig-Holstein überlebt. In Kiel hat der Streit darüber die große Koalition gesprengt, auch der Hamburger Senat steht unter Druck. Die HSH-Nordbank sei auch so ein Himmelfahrtskommando wie die Fahrt durch den Urwald, erklärt der Finanzpolitiker.
(Jens Schneider 22.07.2009)
Angesichts des Totalversagens der Banker, der Ratingagenturen und all der Wirtschaftsexperten, die vor der Lehman-Pleite nichts haben kommen sehen, sollte man nun nicht noch Hans und Franz auf der Straße nach ihren OKs fragen.
Was man an dem ganzen Chaos am wenigstens versteht ist die Frage, wieso die Private Equity-Wahnsinnigen, die Hedgefonds-Manager und Investmentbanker immer noch mit Wetten auf Pleiten bereichern dürfen.
Hatten das nicht schon 2008 alle geschworen?
Schluß mit unbedeckten Leerverkäufen und der uferlosen Finanzspekulation?
Sahra Wagenknecht hat Recht, wenn sie beklagt, die Banken würden von riskanten Geschäften profitieren, aber wenn es schief ginge, müsse immer der Staat aushelfen. Das sei „ein Wahnwitz.“
„Dann geht wieder diese Heul-Nummer los, die kleinen Sparguthaben seien in Gefahr und die Steuerzahler müssen einspringen.“
(S.W. am 30.10.2011 in der ARD)
Muß es nicht endlich eine Börsentransaktionssteuer geben?
Was mußte denn noch passieren, um die Banken endlich mehr an die Kandare zu nehmen?
Wie oft lassen die Ackermanns in den Nadelstreifen noch retten?
Geht das jetzt immer so weiter, daß Bankenlobbyisten die Gesetzgebung beeinflussen, daß Bonizahlungen immer üppiger werden und daß auftretenden Verluste sozialisiert werden?
WIESO passiert das nicht?
Es wäre doch jetzt Gelegenheit beim G20 Gipfel in Cannes Nägel mit Köpfen zu machen und die Investmentbanker Daumenschrauben anzusetzen.
Heute gab es immerhin eine klare Antwort auf die Frage.
Das klappt mal wieder nicht, weil der vor den Republikanern und der Finanzlobby zitternde eierlose Obama „Nein“ sagt.
Und Cameron ist keinen Deut besser.
Das große Ziel der Europäer ist vorerst gescheitert - eine weltweite Abgabe für Finanzkonzerne wird es wohl nicht geben. Auf dem G-20-Gipfel ist die Transaktionssteuer vom Tisch, offenbar auf Druck der Amerikaner.
[…] Sarkozy hatte die Einführung einer Sondersteuer für Finanzkonzerne als eines der großen Ziele für seine G-20-Präsidentschaft genannt. Die Steuer würde Finanzgeschäfte mit einer Abgabe belegen und soll so für Mehreinnahmen sorgen und Spekulationsgeschäfte weniger attraktiv machen. Die USA haben eine solche Steuer bisher immer abgelehnt - offenbar stehen auch nun die Amerikaner hinter der Blockade beim G-20-Gipfel. Doch auch in der EU gibt es Gegenwind. Großbritannien lehnt die Steuer mit Blick auf den Finanzmarkt London ab.
(Spon 03.11.11)
Wenn man dann noch bedenkt um wie viele Klassen Obama schlauer und integerer ist, als alle GOPer Alternativen zu ihm, möchte man sich gleich den Strick nehmen.
Wie soll es bloß weitergehen mit der Europäischen Währungspolitik?
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und den allgemeinen Prügelknaben zu geben, der von den EU-Großzampanos Nicolas und Angie Verächtlichkeiten aushalten muß, obwohl es doch gerade Deutschland und Frankreich waren, die sich an Griechischen Staatsanleihen eine goldene Nase verdient haben, die den fetten Reibach mit Rüstungsexporten nach Athen machten.
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und den allgemeinen Prügelknaben seines generalstreikenden Volkes zu geben. Durch die Sparmaßnahmen, die jetzt schon ergriffen wurden, ist die hellenische Konjunktur komplett abgewürgt. Keiner der Deutschen Wichtigtuer in der Bundesregierung würde den Volkszorn aushalten, wenn sie ein entsprechend mutiges Sparprogramm fahren würden. Hochgerechnet auf Deutschland ginge es um Kürzungen von hunderten Milliarden.
Was ich verstehen kann, ist daß Premierminister Papandreou keine Lust mehr hat im Zentrum des Vulkans zu stehen und deswegen eine Volksabstimmung ansetzt, um eine breitere Legitimation für seine Politik zu haben.
Was ich verstehen kann, ist daß Angie sofort der Arsch auf Grundeis ging, als sie von dem geplanten Plebiszit in Athen hörte.
Auch wenn Angie sich mehr und mehr als Genossin inszeniert und ausgerechnet in einer K.O.alition mit den Gelben Anti-Sozialstaatsapologeten beinahe das gesamte SPD-Parteiprogramm kopiert, gibt es da noch den einen Dissens zwischen CDU und SPD, bei dem ich als Ursozi der CDU zustimme:
Plebiszite sind scheiße!
Ich habe einfach kein Vertrauen in die Urteilsfähigkeit „des Volkes!“.
Und schon gar nicht bei derart komplexen Themen wie der EU-Währungspolitik, die zudem noch von Vorurteilen verseucht sind.
Was ich verstehen kann, ist daß Angie sofort den Knebel rausholte und die Griechen knallhart erpresste Plebiszite sofort zu streichen.
Wo kämen wir denn hin, wenn wir das Volk entscheiden ließen?
Das Volk liebt ohnehin das „NJET“, wie man an der geisteskranken Anti-Primarschul-Entscheidung von Hamburg sehen konnte.
Fragt man das Volk, verdummt es noch schneller, als es von irgendeinem Bildungsminister in die PISA-Grube geschoben werden könnte.
Geht es noch?
Wir erleben doch schon jeden Tag, daß selbst Profiparlamentarier, die sich jeden Tag zwangsweise mit Politik beschäftigen MÜSSEN, durch die fiskalen Untiefen stolpern.
Sie stimmen über dreistellige Milliardenpakete ab, ohne simpelste Grundkenntnisse zu haben worum es eigentlich geht.
Fast tun einem die Normalo-Abgeordneten Leid, die womöglich von Haus aus Pfarrer oder Chemiker sind und nun ihr Plazet zu zwölfstelligen Rettungschargen geben müssen.
Da sollten besser Fachleute her, die mit viel Berufserfahrung und erstklassiger Ausbildung ihre Urteile abgeben.
Könnte man meinen.
Aber selbst die sind ja offensichtlich schon überfordert, wenn es um die Unterscheidung von PLUS und MINUS geht, wie man gerade bei den Spitzenbankern der bundeseigenen HRE-Badbank erleben konnte.
55,5 Milliarden Euro zu viel oder zu wenig?
Wer weiß das schon so genau?
Der Bund der Steuerzahler forderte vom Ministerium eine lückenlose Aufklärung der 55,5-Milliardenpanne. Die Bilanzkorrektur habe das Vertrauen in die Kontrollfähigkeiten des Bundes massiv beschädigt. Die Buchungspanne ist nach Expertenansicht vor allem ein Fehler der Buchhaltung. "Das ist ein sehr peinlicher Fehler, der nicht hätte passieren dürfen, weil es klare Bilanzierungsregeln gibt", sagte der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl im ZDF.
(Stern 31.10.2011)
Neu ist das nicht.
Extrem hohlköpfig hatte sich beispielsweise vor drei Jahren die KfW-Bank verhalten, als sie den bereits pleitegegangenen Lehmännern noch über 300 Millionen Euro hinterher warf.
Eine neunstellige Summe Steuergelder direkt aus dem Fenster zu werfen, reichte damals noch, um den Titel „dümmste Banker der Welt“ zu erlangen.
Die staatliche KfW hatte am Morgen des 15. September 2008 noch kurz nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers 320 Millionen Euro an das Institut überwiesen. Der KfW-Verwaltungsrat aus Bund und Ländern hatte deshalb die Vorstandsmitglieder Fleischer und Detlef Leinberger entlassen. Fleischer hatte gegen die Kündigung geklagt. Ein KfW-Sprecher bestätigte am Freitag, dass die Bank einen Vergleich mit dem Manager geschlossen habe, wollte aber keine Einzelheiten nennen. Die "Welt" berichtete, Fleischer erhalte eine sechsstellige Einmalzahlung sowie später eine Pension.
(Spon 21.10.2011)
Im Jahr 2007 hatte der in Norddeutschland berüchtigte „Dr. No“ 500 Millionen staatliche Euros beim „Omega-Deal“ verbrannt.
Der heutige HSH-Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher hat das verlustreichste Milliardengeschäft der HSH Nordbank selbst genehmigt. Ein NDR Info vorliegendes Dokument zur sogenannten Transaktion "Omega" wurde von Nonnenmacher im Dezember 2007 in seiner damaligen Funktion als Finanzvorstand unterschrieben. Nach einem vertraulichen Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG musste die HSH Nordbank durch das Geschäft mehr als 500 Millionen Euro abschreiben. Das ist ein Drittel der Wertberichtigung im Konzernabschluss 2008.
[…] Von besonderer Brisanz ist, dass die HSH entscheidende Teile des Omega-Geschäfts offenbar vor der Finanzaufsicht BaFin verheimlicht hat. Das legen ein Schreiben der HSH und interne E-Mails nahe. Die Begründung findet sich im Kreditantrag selbst: "Es besteht ein gewisses Risiko, dass die Bankenaufsichtsbehörde das Geschäft nicht akzeptieren wird. Die Folgen einer solchen negativen Reaktion der BaFin sind nicht absehbar."
(Tagesschau 13.10.2009)
Im November 2008 verschleuderte die HSH-Nordbank noch mal sinnlos 45 Millionen Euro an Goldmann Sachs.
Die angeschlagene HSH Nordbank hat 45 Millionen Dollar (über 30 Millionen Euro) an die amerikanische Bank Goldman Sachs gezahlt, obwohl sie nicht dazu verpflichtet war. Eine Banksprecherin bestätigte damit einen Bericht des Radiosenders NDR Info. Sowohl die Rechtsabteilung der HSH Nordbank als auch eine internationale Anwaltskanzlei hätten festgestellt, dass die entsprechenden Ansprüche von Goldman Sachs verfallen waren, hatte zuvor NDR Info berichtet. Die Landesbank hätte also nicht zahlen müssen - habe es aber trotzdem getan.
(FAZ 21.09.2009)
Die schwarzgrüne Landesregierung von Hamburg und die schwarzgelbe Regierung in Kiel befanden daraufhin, daß Nonnenmacher so ein brillanter Banker sei, daß es ihm nicht zuzumuten wäre für die von Steinbrück gedeckelten 500.000 Euro im Jahr zu arbeiten und pumpten sein Gehalt auf 2,9 Millionen Euro im Jahr auf.
Die Risiken bei der HSH seien inzwischen so groß, daß man dem Top-Banker wie beim Film „Lohn der Angst“ einen Extra-Obolus genehmigt habe:
Dieser Film fällt einem norddeutschen Finanzpolitiker bei dem Namen Dirk Jens Nonnenmacher ein. Auch dieser Finanzpolitiker empört sich über die Millionen-Zahlungen an den Chef der HSH-Nordbank. Aber er erklärt mit dem Film, warum Nonnenmacher 2,9 Millionen Euro Sonderzahlungen erhalten soll. Er bekommt sie, obwohl die Bank nur durch den Einsatz von Milliarden an Steuergeldern aus Hamburg und Schleswig-Holstein überlebt. In Kiel hat der Streit darüber die große Koalition gesprengt, auch der Hamburger Senat steht unter Druck. Die HSH-Nordbank sei auch so ein Himmelfahrtskommando wie die Fahrt durch den Urwald, erklärt der Finanzpolitiker.
(Jens Schneider 22.07.2009)
Angesichts des Totalversagens der Banker, der Ratingagenturen und all der Wirtschaftsexperten, die vor der Lehman-Pleite nichts haben kommen sehen, sollte man nun nicht noch Hans und Franz auf der Straße nach ihren OKs fragen.
Was man an dem ganzen Chaos am wenigstens versteht ist die Frage, wieso die Private Equity-Wahnsinnigen, die Hedgefonds-Manager und Investmentbanker immer noch mit Wetten auf Pleiten bereichern dürfen.
Hatten das nicht schon 2008 alle geschworen?
Schluß mit unbedeckten Leerverkäufen und der uferlosen Finanzspekulation?
Sahra Wagenknecht hat Recht, wenn sie beklagt, die Banken würden von riskanten Geschäften profitieren, aber wenn es schief ginge, müsse immer der Staat aushelfen. Das sei „ein Wahnwitz.“
„Dann geht wieder diese Heul-Nummer los, die kleinen Sparguthaben seien in Gefahr und die Steuerzahler müssen einspringen.“
(S.W. am 30.10.2011 in der ARD)
Muß es nicht endlich eine Börsentransaktionssteuer geben?
Was mußte denn noch passieren, um die Banken endlich mehr an die Kandare zu nehmen?
Wie oft lassen die Ackermanns in den Nadelstreifen noch retten?
Geht das jetzt immer so weiter, daß Bankenlobbyisten die Gesetzgebung beeinflussen, daß Bonizahlungen immer üppiger werden und daß auftretenden Verluste sozialisiert werden?
WIESO passiert das nicht?
Es wäre doch jetzt Gelegenheit beim G20 Gipfel in Cannes Nägel mit Köpfen zu machen und die Investmentbanker Daumenschrauben anzusetzen.
Heute gab es immerhin eine klare Antwort auf die Frage.
Das klappt mal wieder nicht, weil der vor den Republikanern und der Finanzlobby zitternde eierlose Obama „Nein“ sagt.
Und Cameron ist keinen Deut besser.
Das große Ziel der Europäer ist vorerst gescheitert - eine weltweite Abgabe für Finanzkonzerne wird es wohl nicht geben. Auf dem G-20-Gipfel ist die Transaktionssteuer vom Tisch, offenbar auf Druck der Amerikaner.
[…] Sarkozy hatte die Einführung einer Sondersteuer für Finanzkonzerne als eines der großen Ziele für seine G-20-Präsidentschaft genannt. Die Steuer würde Finanzgeschäfte mit einer Abgabe belegen und soll so für Mehreinnahmen sorgen und Spekulationsgeschäfte weniger attraktiv machen. Die USA haben eine solche Steuer bisher immer abgelehnt - offenbar stehen auch nun die Amerikaner hinter der Blockade beim G-20-Gipfel. Doch auch in der EU gibt es Gegenwind. Großbritannien lehnt die Steuer mit Blick auf den Finanzmarkt London ab.
(Spon 03.11.11)
Wenn man dann noch bedenkt um wie viele Klassen Obama schlauer und integerer ist, als alle GOPer Alternativen zu ihm, möchte man sich gleich den Strick nehmen.
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