TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Dienstag, 14. Juli 2009

Immer mit der Ruhe

Einige Eigentümlichkeiten der deutschen Parteipolitik sind für mich auch nach Jahrzehnten immer noch schwer zu verstehen.

Die üblicherweise nicht eben an Schüchternheit leidenden Politakteure zeichnen sich durch einen erstaunlich zimperlichen Umgang mit dem Wort „Lüge“ aus.

Das wird kaum einmal beherzt in den Mund genommen.
Wenn es allzu offensichtlich ist, daß gerade das Blaue vom Himmel herunter gelogen wird, befleißigt sich der opponierende Politiker des Begriffs „die Unwahrheit sagen“.
Falls der jeweilige Redner sehr in Rage ist, fügt er nachdrücklich ein „wissentlich“ ein - so als ob es nur eine lässliche Sünde wäre „unwissentlich die Unwahrheit zu sagen“; vulgo „vor sich hin lügen, weil man keine Ahnung hat“.

Diese sonderbare Selbstbescheidung mit dem Wort „Lüge“ ist umso erstaunlicher, als es sich bei Lügnern in der Politik um ein weit verbreitetes Phänomen handelt.

Den Wähler stören lügende Politiker ohnehin nicht - einige der dreistesten Lügner sind bis heute die populärsten Polit-Gestalten.

Helmut Kohl beispielsweise wurde das erste mal klipp und klar 1984 einer glatten Lüge überführt - als er im Parteispenden-Untersuchungsausschuss über die 25 Millionen DM, die über Flicks „Staatsbürgerliche Vereinigung“ an die Parteien flossen log, daß sich die Balken bogen.
Heiner Geißler, der damals allmächtige CDU-Generalsekretär erklärte das offensichtliche Lügen des Kanzlers mit dem berühmten „Blackout“ Kohls.

Dennoch wurde dieser pathologische Lügner 16 Jahre immer wieder zum Kanzler gewählt - obwohl er fortan offensichtlich noch dreister und unverschämter gegen das Parteispendengesetz verstieß und das Schwarzgeld kofferweise illegal umher schob.

Ein anderer pathologischer Lügner war Franz-Joseph Strauß, der nicht nur perfide schmierte und schummelte, sondern auch noch nebenbei zu einem steinreichen Mann wurde.
Millionen Schmiergelder flossen auf seine privaten Konten im Gegenzug für politische Einflussnahme beispielsweise auf die Starfighter-Anschaffung.

FJS ist bis heute eine in Bayern angebetete Ikone, der bis zu seinem Tod mit absoluten Regierungsmehrheiten verwöhnt wurde.

Sein ewiger Widersacher hingegen, Bundeskanzler Helmut Schmidt, der dadurch aus dem Rahmen fiel, daß er tatsächlich ein ehrlicher und wahrhaftiger Mann ist, der auch Unbequemstes stets ausspricht, wurde 1982 gestürzt.

Man kann also schwerlich behaupten, daß der Wähler empfindlich auf Lügner reagierte.

Es ließen sich viele weitere Beispiele nennen - Old Schwurhand Friedrich Zimmermann, Silvana Koch-Mehrin, oder der Mann, der die Lüge in eine neue Höhe der Perfidie gehoben hat - Roland Koch, dem in Zuge der CDU-Mega-Lüge von den „jüdischen Vermächtnissen“ ein Dutzend klare Falschaussagen nachgewiesen werden konnten.
Der Mann wird aber auch andauernd wiedergewählt und ist nach über 10 Jahren immer noch im Amt.

Etwas unredlich ist es von empörungspotenten Journalisten Absichtserklärungen und Prognosen von Politikern bei Nichteintreffen a posteriori als „Lügen“ zu bezeichnen; so wie Schröders berühmtes Versprechen die Arbeitslosigkeit auf unter 3,5 Mio zu senken (was er übrigens FAST erreichte).
Gut, das hat nie geklappt, aber erstens sind die „Entschuldigungen“ nicht so weit hergeholt - tatsächlich waren Kriege, Ölpreisexplosion und New-Economy-Zusammenbruch außerordentliche Probleme - und zweitens ist es ohnehin hochgradig albern Zielvorgaben wörtlich zu nehmen.

In dem Zusammenhang fällt mir ein schönes Video aus der letzten Extra-Drei-Sendung über die nie eingehaltenen G8-Gipfel-Zusagen ein.
Jaja, es stimmt schon, daß die acht Wichtigtuer jedesmal großspurig ihre Absichten zum Schuldenabbau, Entwicklungshilfe, Klimaschutz sich selbst gratulierend und breit grinsend verkünden, ohne daß Taten folgen.

Aber wer diese unverbindlichen Absichten der Großkasper überhaupt ernst nimmt, ist doch als Journalist nicht mehr tragbar.
Merkel, Berlusconi, Bush (auch so ein HUNDERTFACH der Lüge überführter und dennoch wiedergewählter Politiker), Blair und Co würde ich noch nicht mal glauben, wenn sie mir erzählten, daß am Abend die Sonne untergeht.

Augenblicklich herrscht in Hamburg mal wieder düstere Stimmung.

Der SPD-Oppositionschef Neumann bezichtigt Ole von Beust und Finanzsenator Freytag „der Lüge“.
Die Morgenpost findet, dadurch sei das politische Klima vergiftet:

Das Millionen-Geschenk an den Chef der maroden HSH-Nordbank, Jens Dirk Nonnenmacher, vergiftet das politische Klima in der Stadt: Oppositionschef Michael Neumann (SPD) bezichtigt Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Michael Freytag (beide CDU) offen der Lüge. Trotz eines Beschlusses der Bürgerschaft, Vorstandsgehälter auf 500000 Euro im Jahr zu begrenzen, hat Nonnenmacher eine Abfindung für eine Änderungskündigung in Höhe von 2,9 Millionen Euro erhalten (MOPO berichtete). In einem Brief an die Bürgerschaft hatte von Beust erklärt, auch die SPD in Schleswig-Holstein habe der Zahlung zugestimmt - was diese vehement bestreitet!

Es ist schon richtig - hier geht es nicht um eine mindere Lüge in Form von Mangelinformationen, Unwissen, wolkigen Absichten, sondern um eine knallharte perfide Lüge der beiden CDU-Größen, aber so what?

Das sind wir doch insbesondere von Beust von Anfang an gewöhnt.


Der Mann ist eben auch ein pathologischer Lügner.

Gleich im Jahre 2001 ging es damit los, daß das volltönende CDU- und FDP-Wahlversprechen 1000 zusätzliche Lehrer einzustellen, so umgesetzt wurde, daß stattdessen 848 Lehrer entlassen und ein Dutzend Schulen geschlossen wurden.

Seitdem gab es noch zwei Bürgerschaftswahlen und Beust wurde immer wieder Bürgermeister.

Auch hier sieht man, daß die Wähler Lügner offenbar sogar sehr schätzen.

Insofern ist es auch nicht zu verstehen, daß sich das CDU-Hofberichterstattungsorgan „Hamburger Abendblatt“ um Michael Freytag sorgt:

Den Vorwurf, er habe in der Affäre um den Millionenbonus gelogen, weist Michael Freytag zurück. Doch es bleibt der schlechte Eindruck….Derzeit muss der Christdemokrat besonders häufig den Frust, den ihm sein Beruf bereitet, mit sich im stillen Kämmerlein abmachen. Stinksauer war Freytag zum Beispiel am Wochenende: Er war es, der - wieder einmal - öffentlich die Prügel dafür bezog, dass HSH-Nordbank-Vorstandschef Jens Nonnenmacher Sonderzahlungen in Höhe von 2,9 Millionen Euro kassieren soll. Freytag musste sich sogar den Vorwurf einer "dreisten Lüge" anhören, weil er im Haushaltsausschuss die Sonderzahlung verschwiegen hatte, als es um die Begrenzung von Nonnenmachers Gehalt auf 500 000 Euro ging. Der Christdemokrat empfindet solche Vorhaltungen als tiefes Unrecht. Und im Gegensatz zu früher zeigt er das inzwischen mitunter auch. "Ich fühle mich als Prügelknabe", sagte er schon im März im Abendblatt-Interview.

Die CDU-Claqueure vom Springer-Blatt nennen den Vorwurf an Freytag „ungerecht“.

„Dass er die HSH Nordbank noch im Herbst als "im Kern gesund" bezeichnete, wird ihm sogar innerparteilich als Schönreden angelastet. Und für den Satz "Es macht keinen Sinn, den Feuerwehrmann bei der Arbeit zu erschießen" als Replik auf sein HSH-Krisenmanagement erntete er im November nur Kopfschütteln. Die Heckenschützen waren da noch gar nicht in Position, es gab nicht mal eine Rücktrittsforderung. Die ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Als der Finanzsenator im Februar vor Haushaltspolitikern aus Hamburg und Kiel tönte, heute komme "alles auf den Tisch", aber die geplante 200-Millionen-Ausschüttung an stille Einleger nicht erwähnte, waren selbst Parteifreunde sprachlos. Freytag muss erleben, wie erbarmungslos das Gesetz der negativen Serie zuschlagen kann. Ob Bonuszahlungen für Manager, die Motoryacht, die Gemäldesammlung oder Kredite an Aufsichtsräte - jedes Mal, wenn der Name HSH fällt, setzt es Prügel für den Finanzsenator, und jedes Mal betont dieser, er sei doch nur eines von 20 Aufsichtsratsmitgliedern der Bank. Dass er sich nun als Kontrolleur zurückgezogen hat, ist auch ein Stück weit Selbstschutz.“


Der Arme! Mir kommen die Tränen.
Also, Ihr Jungs vom Abendblatt - Ihr habt das noch nicht recht durchschaut.

Mäkelt nicht an Freytag rum und zählt all seine Fehlleistungen und Tolldreistheiten auf.

Er ist ganz einfach nur erstens komplett unfähig und zweitens ein gewohnheitsmäßiger Lügner - das sind doch aber beides wirklich keine Dinge, die man ihm vorwerfen kann!

In der CDU jedenfalls sind das nicht im geringsten Karrierehindernisse und dem Wähler gefällt es auch!

Keine Kommentare: