Hauptursache sind vermeidliche soziale Härten - Hartz IV und Rente mit 67.
Hartz sei „Armut per Gesetz“ und gehöre „abgeschafft“.
Mit solchen Tiraden gewinnt man offensichtlich Wähler hinzu.
Interessanterweise gelingt es Westerwelle und seiner FDP auch mit genau den gegenteiligen Tiraden Wähler zu gewinnen.
So wird in der FDP orakelt die Hartz-IV-Sätze um pauschal 30% zu kürzen und am Wochenende blökte der Parteichef in der Saarbrücker Zeitung noch einmal in dasselbe Horn:
Die Treffsicherheit des Sozialstaates muss größer werden. Ich finde es unerträglich, wenn manche in Talk-Shows erklären, sie lebten vom Sozialstaat und arbeiteten schwarz und noch das Publikum dafür beschimpfen, dass es morgens aufsteht und zur Arbeit geht. Die werden bei uns kein Geld bekommen. Es gibt kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit.
Wenig überraschend, daß jetzt Gewerkschaften und LINKE auf den Obergelben eindreschen.
Ist Westerwelle da was rausgerutscht, das er nun bereut?
Potentiellen Wählern Faulheit zu unterstellen, scheint eine eigenartige PR-Strategie zu sein.
Aber natürlich hat der FDP-Obermufti diese antisoziale Attacke mit voller Absicht losgelassen.
Hartz-IV-Empfänger wählen ohnehin nicht FDP und die Besserverdienenden, die damit liebäugeln bei der Blaugelben ihr Kreuz zu machen, erfreuen diese Art Beißreflexe.
Tatsächlich gibt es diese Anti-Arbeitslosen-Attitüde. „Faule Säcke!" und „denen geht es noch viel zu gut“ dürften unter den FDP-Wählern konsensfähige Meinungen zu Transferleistungsabhängigen sein.
Es läßt sich also sowohl mit der These „Hartz-IV’ler sind Berufsfaule, die viel zu viel Geld bekommen“, als auch mit der diametral entgegengesetzten Behauptung „Hartz IV ist staatlich verordnete Armut“ Beifall erhaschen.
Was dem einen sein Neid ist, der dazu führt, daß beispielsweise in Hamburg regelmäßig Porsches abgefackelt werden, ist dem anderen seine Mißgunst, die zu dem Drang führt bei den Ärmsten immer mehr zu sparen (während man für „notleidende Banker" mal eben 500.000.000.000 Euro locker machen kann).
Welche Ansicht stimmt denn nun?
Das kann ich nicht ohne weiteres beantworten, da es offenbar unmöglich ist überhaupt zweifelsfrei festzustellen, wie viel Geld ein Hartz-IV-Empfänger tatsächlich bekommt.
Das beweisen schon allein die Hunderttausende Verfahren vor den Sozialgerichten, bei denen sich Ämter und Empfänger gegenseitig verklagen.
Offensichtlich ist es also NICHT möglich genau zu sagen wem was zusteht.
Kommt einmal eine konkrete Zahl* an die Öffentlichkeit, wie die von Rita Knobel-Ulrich in ihrer legendären 2005er Dokumentation Arbeit, nein danke! (über die ARGE im LANDKREIS HARBURG) genannten 2000 Euro, melden sich sofort Dutzende Berufsaufgeregte, die die Zahl bestreiten.
*Knobel-Ulrich:
Hartz IV alimentiert doch ganz gut die Menschen. Also Vater, Mutter, zwei Kinder bekommen: 345 Euro pro Erwachsenen, 247 Euro pro Kind, plus Wohngeld, plus Heizung, plus Strom, plus Krankenversicherung. Das sind circa 2000 Euro im Monat. Das muss man erst mal verdienen!
Bis heute weiß ich nichts über die Summen, die die typische HartzIV-Familie hat.
Einer bekannten Politlaiin ging es ähnlich - auch sie hat offenbar keine Ahnung von den wahren Zahlen:
CDU-Chefin Merkel erklärte im Juli 08:
"Im Arbeitslosengeld II haben wir die sogenannte Erstattung der Kosten der Unterkunft, wonach alle Heizkosten und Stromrechnungen voll erstattet werden."
Zudem könne jeder unter einem bestimmten Einkommensminimum Wohngeld beantragen, das wegen der Energiekosten von 90 auf 140 Euro erhöht worden sei.
Prima Sache! Hartz-IV’ler bekommen Strom und Heizung umsonst.
Sehr freundlich Frau Kanzlerin.
Kleiner Haken an der Sache: Es stimmt nicht. Richtig ist, dass die Heizkosten in voller Höhe übernommen werden, soweit sie angemessen sind. Die Stromkosten werden dagegen nicht voll erstattet, sondern sind im Regelsatz enthalten.
Naja, das hat Frau Merkel halt NICHT GEWUßT.
Gehen wir mal theoretisch davon aus, wir wüßten wie viel Geld man als Langzeitarbeitsloser von der ARGE bekommt, dann ist das offiziell das einzige Geld, das man hat.
Das kann aber angesichts eines Schwarzarbeitsvolumens von 350 Milliarden Euro im Jahr nicht stimmen.
Seien wir mal ehrlich - kommen wir nicht alle jede Woche mit irgendeiner Form von Handel unter dem Ladentisch und Schwarzarbeit in Kontakt?
Offenbar besseren sich allerlei Arbeitslose ihr Taschengeld noch deutlich auf, ohne daß es eine Arge erfährt.
Diejenigen, die nicht nebenher verdienen können, weil sie alt, krank, dement, senil, oder behindert sind und unter grauenvollen Bedingungen in Pflegeheimen leben, haben übrigens im Gegensatz zu alleinerziehenden Müttern keinerlei Lobby. Da guckt kein Fernsehteam hin, da läßt sich kein Wahlkämpfer blicken, da vergießt keine Anti-Hartz-Initiative Tränen. Daß alte Menschen in ihrem eigenen Kot liegen, mit Tranquilizern ruhig gestellt werden, weil sie sonst zu viel schreien würden angesichts Dekubitus und Exsikkose, ist zwar bekannt und dokumentiert, aber unternommen wird nichts. Demente und Pflegebedürftige können schließlich nicht zu Sternmärschen und Massendemonstrationen nach Berlin kommen - also muß man sich auch nicht um sie kümmern.
Es gibt also Hartz-Mißbrauch.
Jeder kennt die in den Boulevardmagazinen breit getretenen Fälle, die Westerwelle als Hetz-Anlass dienen.
Aber wie viel Mißbrauch gibt es?
Wenige vereinzelte Fälle, während die „weit überwiegende Mehrheit“ ehrlich versucht Arbeit zu bekommen?
Oder haben frustrierte Jugendberater der ARGEN recht, die eigentlich bei allen Empfängern das Engagement vermissen?
Wieso klappt es denn eigentlich nicht mit dem Spargelstechen und Knoblauch ernten?
Offenbar sind deutsche Arbeitslose dafür komplett ungeeignet.
So ungeeignet, daß sich inzwischen Bauern verbitten Deutsche als Erntehelfer von den Arbeitsämtern zugeschickt zu bekommen und lieber aus eigener Tasche Osteuropäer bezahlen.
Dazu gehören übrigens in Süddeutschland vor allem „bienenfleißige Rumänen“, die Vermittlungsagenturen* zu Myriaden vermitteln, während ein xenophober Ministerpräsident Rüttgers aus dem Land, das trotz eines Millionenheers von Arbeitslosen diese Arbeiter nicht hat, Rumänen generell und wiederholt als „faul und unzuverlässig brandmarkt“
(* Rumänische Erntehelfer sind für die Saison unerlässliche Helfer , um Ihren Betrieb wirtschaftlich zu halten.
Typische Zeitabschnitte mit einer intensiven Aktivität in der Landwirtschaft sind beispielsweise · die Spargelernte im Mai und Juni mit der Vermarktung an Gastronomie · die Kirschernte im Juni und Juli mit der Weiterverarbeitung zu Saft und Likör · die Weinlese im Spätsommer mit gleichzeitiger Kelter · die Apfelernte im Juli bis August · die Kirschernte im Juli bis August · die Erdbeerenernte im Mai bis Juli)
Ich gebe zu, daß ich die politische Forderung der LINKEn nach der Abschaffung von HartzIV bisher nicht verstanden habe.
Was sollte denn die Alternative sein?
Offensichtlich mehr Geld. Aber wie viel soll das sein, wenn wir schon nicht wissen wie viel im Moment eigentlich gezahlt werden und zudem die Kassen leer sind?
Müßte nicht gerade die LINKE daran interessiert sein HartzIV-Missbrauch zu bekämpfen, weil das zutiefst unsolidarisch ist?
Wieviel Missbrauch gibt es denn nun wirklich?
Clement nannte einmal die Zahl 20% und der vorbildliche Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky nennt das realistisch, wenn er auch die mangelnde Überprüfbarkeit einräumt:
Befragungen der Nachbarschaft sind unzulässig und intensive Nachforschungen sind zum Beispiel in Neukölln bei vier "Fahndern" für 77.000 Kunden nicht möglich. Das ist anders als im Fernsehen, wo Sozialfahnder sogar in andere Länder fliegen und ermitteln. Das ist Kino und hat mit dem richtigen Leben nichts zu tun!
Buschkowsky räumt ein, daß man mit einer gewissen Zahl Sozialleistungserschleicher leben kann - aber:
Ja, mit einer Grundlast müssen wir leben, aber unser Sozialsystem ist nicht dafür gemacht, dass es die alleinige Lebensgrundlage bildet. Das Sozialsystem beruht auf dem Grundsatz: "Wer unverschuldet in Not gerät, den fängt die Gesellschaft auf". Inzwischen ist es aber in Schulen im Neuköllner Norden völlig normal, dass Kinder der Lehrerin, die ihnen sagt, sie sollen gut lernen, damit sie später ordentlich Geld verdienen können, erwidern: "Frau Lehrerin, das Geld kommt doch vom Amt." Oder Jugendliche sagen auf der Hauptschule: "Ich werde Hartzer."
Auf die Frage der SZ, was da eigentlich so verdammt falsch liefe, nennt der Fachmann folgendes Problem des Sozialsystems:
Es fordert zum einen nicht konsequent das Einbringen der eigenen Kompetenzen und es ist zum anderen nach oben offen, das heißt, ich kann mit der Kopfzahl der Familie mein Einkommen steuern. Eine Facharbeiterfamilie mit zwei Kindern muss womöglich auf das dritte Kind verzichten, weil sie dann eine größere Wohnung braucht, die sie sich aber nicht leisten kann. In einer Hartz-IV-Familie ist das kein Problem, weil mit der Zahl der Köpfe auch der Rechtsanspruch auf die Wohnungsgröße wächst. Die Miete, die für einen Normalhaushalt eine Rechengröße ist, ist im Transferbereich überhaupt kein Thema.
Und Buschkowsky nennt konkrete Zahlen - ich bin sehr dankbar und auch entsetzt:
SZ: Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass es langzeitarbeitslosen Hartz-IV-Empfängern besser geht als Menschen mit einem Job.
Buschkowsky: In bestimmten Konstellationen kann das durchaus das Ergebnis sein. Nehmen wir mal einen Neuköllner Handwerker mit einem hier normal üblichen Lohn von 10,50 Euro die Stunde. Der kommt inklusive Kindergeld für drei Kinder auf 1829 Euro netto im Monat. Der Hartz-IV-Empfänger mit drei Kindern erhält dagegen mehr als 2000 Euro. Und je höher die Kinderzahl, desto größer wird der Unterschied. Was soll da um Himmels willen jemanden veranlassen, ein Jobangebot von 1800 Euro brutto anzunehmen, wenn er 2000 Euro Hartz IV ausbezahlt bekommt. Das hat gerade bei Minderqualifizierten eine lähmende Wirkung. Deshalb hat sich, selbst im letzten Wirtschaftsboom, die Zahl der Hartz IV-Empfänger in Neukölln nur marginal bewegt. Im Einzelfall ist das menschlich verständlich, auf Dauer gesehen muss so das System aber kollabieren.
SZ: Und was ist mit der alleinerziehenden Mutter, die Hartz-IV bezieht?
Buschkowsky: Hier ist es genau anders herum. In keinem Land der OECD werden Alleinerziehende so benachteiligt wie in Deutschland. Sie sind die wirklichen Verlierer unserer Gesellschaft. Versuchen Sie mal mit einem Kind, zwölf Jahre alt, mit 700 Euro monatlich über die Runden zu kommen! Das geht eigentlich gar nicht.
Offenbar sind also die Probleme bekannt.
Vier Jahre große K.O.alition mit großen Mehrheiten in beiden Parlamentskammern haben daran nichts geändert.
LINKE und Westerwelle können ein prima Süppchen kochen.
3 Kommentare:
Das mit den Sternmärschen wäre meiner Meinung nach bei den Zuständen in den Heimen hierzulande auch garnicht angemessen.
Das einzige was de helfen würde wäre vermutlich Geiseln nehmen. So auf eine Wahlveranstaltung einen Politiker einsacken und einsperren (oder mehrere) das würde helfen, macht aber keiner. Den könnte man dann auch zwangswindeln, weil es die Bewachung erschwert. Wenn er dagegen rebelliert, könnte man ihm Drogen geben, wenn er immernoch rebelliert kann man ihn festschnallen und liegen lassen, bis er durch das liegen bei lebendigem Leib zu verfaulen beginnt.
Sowas macht man nicht? Richtig sowas macht man nicht. Kaum ein Geiselnehmer tut das, wer strafgefangene so behandelt ist ein böser Folterstaat. In den Heimen hierzulande ist sowas täglicher Alltag. Ich fürchte amn kann sich kaum genug aufregen, ohne Geiseln zu nehmen. Im Übrigen werden alte Leute im Heim nicht gewindelt, um sie leichter bewachen zu können (es gibt immer wieder Fälle, die zeigen, dass nur sehr sporadisch überhaupt gekuckt wird) es wird gemacht um einige Minuten zu sparen, die es länger dauern würde die Leute beim Toilettengang zu begleiten. Es ist aber die Zeit da die benutzten Windeln zu wiegen, um zu ermitteln, wie oft man höchstens wechseln darf, damit die Windel auch maximal gefüllt ist und nicht etwa halbvoll gewechselt wird, weil Windeln kosten ja Geld.
Dass die Politiker solche Zustände ignorieren, selbst wenn man mal zu einem Sternmarsch nach Berlin kommt, das deprimiert einen.
Aber wenn Politiker, denen dieses Problem gleichgültig ist, oder die keine Ahnung haben, dass ein Problem besteht, (das gilt nicht für alle Politiker, aber die, die es interessiert scheinen sehr selten zu sein) dann in irgendwelchen Sonntagsreden davon schwafeln, dass diese Generation unser Land aufgebaut hätte, muss ich immer den Drang bekämpfen eine Fahrkarte zu erwerben, zu einem Supermarkt, einem Baumarkt, und dann ins Regierungsviertel zu fahren und zu versuchen Sahnetorten mit Backsteinen drin zu werfen. Was mich davon abhält ist, dass ein tobender Irrer mit Clownsnase, der mit Bachsteinen und Sahne wirft auch nichts nützt. Deswegen sowas nur machen, wenn absehbar ist, dass man mal ins Heim muss (und da müssen viele irgendwann hin), weil dann kommt man in den Knast, oder in die Psychiatrie und in beidem darf man, wie ich von Leuten weiß, die da waren, alleine auf Klo gehen und kriegt (bei der Psychiatrie ist dafür etwas Vorbereitung nötig) nicht ganz so leicht Tranquilizer verabreicht.
@Oberclown.
Ju, recht hast Du. Das ist ja mein eigentliches Urthema.
Aus dem Nähkästchen:
In HH habe ich es einmal geschafft eine 85-Jährige bettlägerige Dame aus einem extrem gräßlichen Pflegeheim, in dem es gar kein Bad gab und die Flure von beißendem Uringestank vergast waren, in eine deutlich bessere Anlage verlegen zu lassen.
Eine private Stiftung, die immerhin Einzelzimmer bot, ermöglichte ein paar eigene Möbel mitzunehmen und - OH WUNDER - sogar den ganzen Monat warme Mahlzeiten offerierte.
Nach kürzester Zeit was die Dame aber wieder gewindelt, obwohl sie eigentlich in der Lage war sich mit dem Rollstuhl zur Toilette zu begeben.
Als ich nachfragte, wie das denn käme, sagte man mir, daß ich Verständnis haben solle, denn es sei für sie zeitlich unzumutbar, „jeden, der mal muss“ erst aus dem Bett in einen Rollstuhl zu heben.
Nee, ist ja klar…daß diese dummen Bettlägerigen nicht zum pinkeln selbst aufstehen wollen, ist ja auch frech. Was ist das überhaupt eine Unverschämtheit alt und krank und womöglich auch noch arm zu werden? Das kann man sich doch nicht bieten lassen.
Und noch mal ohne Sarkasmus: Das war schon ein Pflegeheim, daß um Klassen besser, als das Vorherige war. Da kamen sogar regelmäßig Ärzte und hörten sich die Beschwerden an.
Da könnte ich jetzt 100 Seiten nette Anekdoten aufschreiben…
LG
Tammox
Hier eine kleine nette dpa-Meldung von gestern:
Hälfte der Altenheim-Bewohner sind von Mangelernährung bedroht
11. September 2009, 17:00 Uhr
Die Hälfte der Altenheim-Bewohner ist einer Studie zufolge von Mangelernährung bedroht. Grund sei unter anderem der Personal- und Zeitmangel in den Heimen, heißt es in der von der Universität Witten/Herdecke vorgestellten Untersuchung.
Oft sei der Ausbildungsstand der Pflegekräfte so schlecht, dass sie eine Mangelernährung der Bewohner nicht frühzeitig genug erkennen. Nur etwa die Hälfte der Pflegekräfte seien vollständig ausgebildete Altenpflegerinnen und -pfleger.
Grundlage der Studie waren Befragungen in 73 Altenpflegeeinrichtungen mit insgesamt 6.000 Bewohnern im April. Rund 55 Prozent der alten Menschen waren völlig oder überwiegend pflegeabhängig. Das Durchschnittsalter betrug 82 Jahre. Das höchste Risiko für eine Mangelernährung haben den Angaben zufolge Demenzkranke. Es liegt bei rund 60 Prozent. Das zweithöchste Risiko tragen alte Menschen, die sich nicht mehr bewegen können.
Aufseiten der Pflegebedürftigen sind Appetitlosigkeit, mangelndes Durstgefühl, schwere Krankheit und Schluckbeschwerden die häufigsten Ursachen dafür, dass sie zu wenig essen und trinken. Zudem fehlt ihnen Hilfe beim Zerkleinern des Essens oder dem Halten eines Trinkgefäßes.
Der Studie zufolge, die von der Pflegewissenschaftlerin Sabine Bartholomeyczik betreut worden ist, klafft zwischen der Realität im Heim und der Dokumentation in den Papieren eine deutliche Lücke: In fast allen Fällen wird der Ernährungszustand der Menschen beim Einzug ins Heim erfasst und auch das Risiko für eine Mangelernährung vermerkt. Ebenso häufig (98 Prozent) wird bei einem Risiko Zusatzkost bestellt. Offenbar sei aber die „Umsetzung schwierig“, heißt es in der Studie.
Mangelernährung in Heimen werde immer noch unterschätzt, warnte Bartholomeyczik. Die Ergebnisse der Befragungen würden den einzelnen Heimen zur Verfügung gestellt. Die Pflegewissenschaftlerin empfahl den Einrichtungen, „offensiv“ damit umzugehen, um die Situation der alten Menschen zu bessern.
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) geht nach seiner zweiten bundesweiten Qualitätsprüfung aus dem Jahr 2007 davon aus, dass rund ein Drittel der Heimbewohner mit Essen und Trinken unterversorgt ist und zehn Prozent durch schlechte Pflege körperlich Schaden nehmen.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte dem EPD, die Wittener Studie sei „ein wertvoller Beitrag“ zur Fachdiskussion in der Pflege. Sie zeige, dass besonders Demenzkranke der Gefahr einer mangelhaften Ernährung ausgesetzt seien. Heime, die sich Qualitätsprüfungen unterzögen, könnten gezielt reagieren. Das Ministerium werde seinerseits die Ergebnisse der Studie auswerten, kündigte der Sprecher an.
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