TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Samstag, 31. Juli 2010

Vorschriften

Fünf Jahre CDU-Führung des Verteidigungsministeriums haben tiefe Spuren hinterlassen.
Nach dem in der Truppe überaus beliebten Peter Struck bekam die Hardthöhe einen denkbar ungeeigneten Hongo als Chef. Franz Josef Jung dilettierte so stetig und so extrem, daß selbst Merkels wohlmeinendste Presseschreiberlinge völlig irritiert fragten, weshalb die Kanzlerin Roland Kochs U-Boot nicht endlich aus dem Kabinett jagt.

Nachdem der tumbe Hesse endlich doch noch den Verteidigungsministerstab abgab, hatte das Problemhaus endlich wieder einen herzeigbaren Chef.
Den Playboy des Kabinetts, der medial versiert und beliebt wie kein zweiter Politiker BUNTE und GALA mit immer neuen Photo-shotings auf dem Times Square, bei der Olympiade in Vancouver und im Gala-Dress bei den Wagner-Festspielen entzückte.

Für die Bundeswehr bleibt da nicht viel Zeit.
Als Polit-Model kann man sich schließlich nicht auch noch um Inhalte kümmern.
Wozu auch?
In seinem Jahr als Wirtschaftsminister hatte von und zu Guttenberg schließlich auch rein gar nichts getan.
Nicht ein einziger Vorschlag, nicht eine einzige Gesetzesinitiative wurde von dem jungen Bayern bekannt. So brachte er es zum beliebtesten Minister Deutschlands.
Er punktete lediglich einmal mit dem Gerücht, daß er möglicherweise gedroht hätte zurück zu treten, wenn man Opel mit Staatsknete helfe.
Die Milliarden wurden dennoch zugesagt und der Wirtschaftsminister knickte sofort ein; blieb also in seinem Grüßonkel-Amt.

Auf der Hardthöhe macht es der Baron nicht anders.
Er setzt sich mit ein paar Schlagworten medial in Szene - „Krieg“, „Berufsarmee“ - läßt aber seinen Worten keine Taten folgen.
Um die Soldaten kümmert er sich schon gar nicht - schließlich ist der voll damit beschäftigt auf Afghanistan-Visiten die ihn umringenden Photographen mit Motiven zu versorgen.
Seine Garderobe - oft gewagte Kombinationen wie cremefarbender Kaschmir-Rolli zur Transall (grau!) - ist da allemal von größerer Bedeutung als die läppische Frage was wir da eigentlich sollen in Afghanistan und wie das bitte schön weitergehen soll.
Dazu hat der feine Freiherr von und zu Guttenberg keine Meinung.
Ohne die Aktenlage zu kennen, kommen möglicherweise wieder nur dreiste Unwahrheiten aus dem ministerlichen Mund und langsam sind keine Inspekteure und Staatssekretäre mehr übrig, denen er dafür die Schuld in die Schuhe schieben könnte.

Das deutsche Volk ist gut entertained von der CSU-Hoffnung.
Es beeinträchtigt seinen demoskopischen Höhenflug keineswegs, daß er die Soldaten im Stich läßt.

Bis vor ein paar Monaten hatte Guttenberg noch den allseits beliebten und hochkompetenten Wehrbeauftragen Reinhold Robbe zu fürchten, bei dem eine Flut von Beschwerden einging.
Man glaubt es kaum, wie die Bundeswehr im Jahre fünf unter CDU-Führung verkommen ist:
Totales Versagen der Inspektoren und militärischen Führung, perfide sadistische Methoden in der Ausbildung, katastrophale Ausrüstungsmängel und beschämend ungenügende medizinische und psychologische Betreuung der Verwundeten.

Robbe unter anderem:
„Ich komme deshalb nicht umhin, der Führungsebene, insbesondere dem Inspekteur, ein klares Versagen in seinem Verantwortungsbereich vorzuwerfen.“ Viele in der Bundeswehr sagten, „dass dieser Inspekteur die Sanität regelrecht vor die Wand gefahren habe“. Es seien Fehlentwicklungen „verschlafen“ und Probleme „schöngeredet“ worden. Das betreffe die flächendeckende Versorgung der Soldaten an den Heimatstandorten, die Versorgung von im Einsatz traumatisierten Soldaten und die Personalsituation. Inzwischen fehlten 600 von 3000 Bundeswehrärzten.

Der Wehrbeauftragte und damit Ansprechpartner für Beschwerden von unzufriedenen Soldaten hatte schon in den letzten Jahren gravierende Mängel aufgelistet.
Das Ministerium schlief gemütlich weiter und so verschlimmerten sich die Zustände von Jahr zu Jahr.

Guttenberg wollte das Problem ein für allemal aus der Welt schaffen.
Natürlich nicht, indem er die Mißstände behob, sondern indem er den Wehrbeauftragten durch einen pflegeleichteren Menschen ersetzen ließ.
Ein FDP-Hinterbänkler namens Königshaus soll nun Ruhe einkehren lassen.

FDP beharrt auf Königshaus: Der aktuelle Wehrbeauftragte Reinhold Robbe ist bei CDU, SPD und Grünen beliebt. Trotzdem will die FDP jetzt ihren Kandidaten, Hellmut Königshaus, auf den Posten hieven.
[…] Der Vorsitzende der Unions-Fraktion, Volker Kauder (CDU), sagte dazu am Freitagmorgen in Berlin: "Es ist richtig, dass mit der FDP vereinbart worden ist, dass sie den Wehrbeauftragten stellt." Die Union hatte sich für eine Fortsetzung der Amtszeit Robbes stark gemacht. Homburger berief sich erneut auf das Vorschlagsrecht der FDP für den Posten.
(taz, 05.03.10)

Das ist die bei schwarz-gelb schon lange erprobte „Methode Sawicki“.

Der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) war zu einer Bedrohung für die Milliardengewinne der FDP-freundlichen Pharmafirmen geworden und mußte als erstes nach der Amtsübernahme Röslers durch einen Pharma-freundlichen Mann ersetzt werden.

Rösler holte sich sogar einen PKV-Mann ins Ministerium, damit die Privatkassen gleich selbst die Gesetze formulieren können.

Einer der ranghöchsten Interessensvertreter der privaten Krankenversicherung (PKV) wechselt ins Bundesgesundheitsministerium. Der Vizedirektor des PKV-Verbandes, Christian Weber, werde voraussichtlich Anfang Februar die Leitung der Grundsatzabteilung übernehmen, hieß es am Dienstag in Berlin.
In dieser Funktion wird der 53-Jährige unter anderem für die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Pflegeversicherung verantwortlich sein. Die Opposition warf Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, Klientelpolitik zu Lasten der GKV zu betreiben.
(SZ)

Die Opposition sieht paralysiert dem Treiben der Koalition zu - aber außer starken Worten kann sie nichts tun - denn der Wähler hat gerade eben erst gesprochen.

Die Damen und Herren von Grünen, Linken und SPD, verbalisieren einen Umstand, der auch vor dem 27.09.09 bekannt war, der aber dem Urnenpöbel offensichtlich egal war.

".. typische Klientelpolitik der FDP . Offensichtlich zahlen sich die hohen Wahlkampfspenden an die FDP jetzt aus"
Elke Ferner , stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende.

Bei Königshaus hat sich Minister Guttenberg allerdings ein bißchen verschätzt.
Der hält auch nicht die Klappe.

Das dürfte weniger daran liegen, daß er womöglich über ein FDP-untypisches Rückgrat verfügt, als an der schlichten Tatsache, daß die Ausrüstungsmängel unter Guttenberg so existentiell gefährlich geworden sind, daß man dazu schlicht und ergreifend nicht schweigen kann.

Noch nicht mal genug Munition ist vorhanden.

Aber immerhin werden einige der gravierenden Mängel auch hinreichend erklärt.

Praktische Dinge wie gepanzerte Sanitätsfahrzeuge und Spezialfahrzeuge zur Minensuche, wie sie die Armeen anderer NATO-Staaten ganz selbstverständlich in Afghanistan benutzen, KÖNNEN wir nicht haben, weil das GEGEN DIE VORSCHRIFTEN IST!

„Bislang scheiterten viele Anschaffungen an komplizierten Zulassungsverfahren“
(Königshaus)

Na dann kann man ja auch nichts machen und Guttenberg ist fein raus, wie sein Sprecher Christian Dienst dazu am 23. Juli 2010 erklärte:

Der Mangel müsse immer erst im Einsatz erkannt werden, bevor man optimieren könne. «Wir können nicht durch einen Blick in die Glaskugel sehen, welche optimale Ausrüstung wir in zwei Jahren brauchen.»

Ne, ist klar, daß man in Afghanistan womöglich gepanzerte Transporter und Krankenwagen bräuchte, konnte nun wirklich keiner erahnen.
Das zeigt sich ja erst im Laufe des Einsatzes und die Bundeswehr ist ja auch erst seit gestern am Hindukusch.
So schnell, also in den kurzen neun Jahren, ist man vor Ort wohl noch nicht dazu gekommen einen Brieftaube nach Berlin zu schicken mit der Nachricht „Halloooo - wir brauchen auch Munition!“
Also wie sollte Guttenberg davon erfahren?

Die Erfahrungen in Afghanistan belegen, dass das Sanitätsfahrzeug vom Typ »Yak« nicht für Gefechte geeignet ist, weil es leicht fahruntüchtig geschossen werden kann. Auch bei den Fahrzeugen der Typen »Dingo« und »Fuchs« gibt es Probleme bezüglich des Schutzes der Insassen und der Bewaffnung. Als besonders gravierend wird das völlige Fehlen von Minenräumfahrzeugen dargestellt. Weitere Mängel listete das Papier in den Bereichen Flugausbildung, Sanitätsdienst und persönlicher Ausrüstung wie Sprechfunksätzen auf.
»Munition für Einsatz reicht nicht«
Nun legt Königshaus noch einmal nach und konkretisiert seine Vorwürfe. Ein »sehr gut gesichertes« Sanitätsfahrzeug auf Basis des Truppentransporters »Dingo« werde nicht für die Bundeswehr zugelassen, weil die Stehhöhe im Innenraum nicht ausreiche und »dadurch die Gefahr besteht, dass sich die Stabsärzte den Kopf stoßen«. Ebenso würden geschützte Fahrzeuge zur Kampfmittelbeseitigung nicht eingesetzt, »weil sie den deutschen Zulassungsnormen nicht entsprechen«. Aus Kostengründen fehle es an Munition für Ausbildung und Einsatz, sogar die Feldbetten seien knapp. Weiteres Problem: Deutsche Soldaten dürfen nur dann von der Schusswaffe Gebrauch machen, wenn sie absolut sicher sein können, dass keine Unbeteiligten zu Schaden kommen. »Da muss eine Lösung her, die zu einem besseren Schutz unserer Soldaten führt.«
(Main-Netz)

Nun, das mit der mangelnden „Stehhöhe“ überzeugt!
Wir können ja nicht riskieren, daß sich deutsche Sanitäter den Kopf stoßen.

Da werden sie lieber ungepanzert losgeschickt und ab und an in die Luft gesprengt - aber dafür aufrecht stehend!

Die Vorschriften haben schließlich ihren Sinn!

Der Ministeriumssprecher betonte, dass die Zulassungsnormen verbindlich seien und gesetzliche Regeln nicht außeracht gelassen werden dürften. Zugleich würden die Anforderungen im Einsatz durchaus berücksichtigt: "Da, wo es einsatzrelevant ist, geht man schon hart an die Toleranzgrenze", sagte Dienst mit Blick auf in Deutschland geltende Normen.
(NTV)

Daß andere Nationen wie Österreich kein Problem mit der Dingo-Stehhöhe haben, liegt vermutlich daran, daß dort nur Zwerge dienen.

Gebraucht werden gepanzerte Sanitäts-Fahrzeugen vom Typ Dingo. Die gibt es zwar - beim österreichischen Bundesheer. Bei uns erhalten sie keine Zulassung, weil die Stehhöhe im Inneren zu niedrig ist. Oh heiliger Bürokratius!
(Finanznachrichten.de)



Aber inzwischen hat auch Guttenberg erkannt wo der Schuh drückt.
Der Wehrbeauftragte ist schuld.

Daß so einer den eigenen Minister, noch dazu den CSU-Starminister kritisiert, findet der Minister „unerhört“!

Freitag, 30. Juli 2010

Nachtrag.

Gestern hatte ich den „sadistischen Serienvergewaltiger“ erwähnt, der die Hamburger Öffentlichkeit und die Boulevardpresse in höchster Erregung hält.
Streng nach der St. Florian-Regel lehnt natürlich jeder ab, daß der nach 30 Jahren Haft rechtmäßig entlassene Mensch ausgerechnet neben einem selbst wohnen soll.

Nun frage ich mich, wie ich reagierte, wenn der Mann in meinem Haus einzöge.
Die Frage ist sehr theoretisch und schwer ehrlich zu beantworten.

Aber 24 Polizisten, die rund um die Uhr vor Ort sind, hätten auch Vorteile.

Ich wohne in einer klassischen Single-Gegend. Hier gibt es viele kleine und relativ teure Wohnungen - was dazu führt, daß enorm viel eingebrochen wird. Insbesondere tagsüber, weil dann fast alle aus dem Haus sind und arbeiten.
Die Struktur ist anonym; es besteht kaum Kontakt zu Nachbarn - man achtet nicht aufeinander.
Die Gegend ist nicht völlig verarmt, aber auch nicht so reich, daß die Wohnungen besonders gesichert wären. Bestimmt hat hier niemand Alarmanlagen oder Tresore.
In meine beiden direkten Nachbarwohnungen wurde in den letzten Jahren schon eingebrochen; kürzlich sah eine ältere Dame, ein Haus weiter, jemanden gerade noch mir ihrer Handtasche vom Balkon springen, nachdem sie nur kurz in die Küche gegangen war und ihr warmes Essen noch auf dem Wohnzimmertisch stand.
Schon dreist.

Wirklich effektiv ist es nicht die Polizei zu rufen.
Bei einem meiner Nachbarn, dessen Wohnung gründlich auf den Kopf gestellt worden war, erklärten die Beamten, daß er bitte in den nächsten zehn Tagen (!) fort bleiben solle - so lange sei nämlich der Kollege von der Spurensicherung noch im Urlaub und könnte erst anschließend Fingerabdrücke nehmen.

(Aha, offenbar gibt es in der 1,8-Millionenstadt Hamburg nur einen Spurensicherer).

Mein Zeitungskiosk, 50 m entfernt von mir, hatte da mehr „Glück“.
Nach dem vierten Einbruch innerhalb von 48 Monaten, kam unmittelbar nach Entdeckung des Schadens ein Polizeiteam mit Spurensucher, so daß die Kiosk-Besitzerin einigermaßen rechtzeitig eröffnen konnte.
Allerdings mußte sie etwas später erneut die Polizei rufen, da die Experten von der Tatortsicherung das auf der Fensterbank vom Täter hinterlassene Einbruchswerkzeug leider übersehen hatten.
So gründlich gucken die nun auch wieder nicht.
Etwas unwillig holte man dann doch noch Dietrich und Brechstange ab - das sei unnötiger Aufwand, da die Täter ohnehin mit 99%iger Wahrscheinlichkeit nicht gefasst würden.
Die Hehlerware - einige Kisten Zigarettenstangen - wäre geradezu ideal loszuwerden und nicht zurück verfolgbar.

Langer Rede, kurzer Sinn: Natürlich habe ich auch dauernd Angst vor Einbrechern und könnte daher der Vorstellung rund um die Uhr Polizisten im Haus zu haben etwas abgewinnen.

OK, extrem lästig empfände ich natürlich die Pressemeute, die das auch mit sich bringt.

Außer den zwei Dutzend Polizeibeamten - Kosten des Einsatzes für den Steuerzahler € 50.000 PRO WOCHE - beziehen schließlich auch noch jede Menge Ü-Wagen Stellung.

Unauffällig ist anders.

Gestern wurde der Mann schon wieder entdeckt und von einem aufgebrachten Mob aus Nachbarn in die Flucht geschlagen.

Als die Anwohner ihn sehen, versuchen sie schreiend auf den Mann loszugehen. Mit ihren Papp-Schildern schlagen sie in seine Richtung. Auf den selbstgemalten Schildern steht: "Vergewaltiger sollten keine Menschenrechte haben" und "Bitte leise, sadistischer Serienvergewaltiger braucht Ruhe". Ein Mann brüllt immer wieder "Todesstrafe". Eine Frau schreit "Verpiss dich, du Bestie". Die Beamten können Hans Peter W. abschirmen und in den vor der Tür geparkten Transporter bringen. Sie rasen davon.
(MoPo)

Also, DAS kann ich immerhin sicher von mir sagen:
Fände das in meiner unmittelbaren Nähe statt, würde ich mich nicht mit so einem nach Blut lechzenden Lynchmob gemein machen.

Polizisten haben es irgendwie auch nicht einfach in Hamburg.
Über 200 von ihnen gehören zur „Soko Sinnlos“, die als Bürgerberuhigungsplazebo auf Ahlhaus‘ Befehl nachts durch Hamburg joggen, um die Auto-Feuerteufel abzuschrecken.
Ohne den allergeringsten Erfolg bisher.

Weitere 24 sind Babysitter für Ex-Vergewaltiger und in den Polizeiwachen stapelt sich die Arbeit, weil der Senat die Stellen kürzt.

Aber die Welt ist manchmal auch gerecht und so durfte sich eine Hundertschaft Polizisten auf Kosten des Steuerzahlers im Nobelhotel "Steigenberger Treudelberg" (vier Sterne) in Hamburg-Lemsahl mal richtig gehen lassen.

Der Frust saß wohl tief und so zeigten die Schutzmänner was ein echtes Bacchanal ist.


Polizei-Party im Luxus-Hotel: Saufen, pöbeln, kotzen! (MoPo)

Die Beamten hämmerten sich so dermaßen zu, daß sie am Ende das ganze Hotel in in ein Trinker-Asyl verwandelten. Sie zogen grölend und aggressiv durch die Flure und mischten die anderen Hotelgäste auf.

Eine Augenzeugin zur MOPO: "Es waren etwa 15 Beamte. Die stark angetrunkenen Männer haben die Gäste, darunter auch eine Hochzeitsgesellschaft, bepöbelt. Selbst die Angestellten wurden verbal angegriffen. Das ging bis in die Morgenstunden." Einer der uniformierten Ordnungshüter soll sich nach der "Polizei-Party" sogar sturzbetrunken auf dem Flur erbrochen haben.
(Mopo)

Die Zeitungsberichte klingen mal wieder wie Realsatire.

So rümpft das Springersche Abendblatt unhörbar die Nase und verkündet, daß sich die Polizisten nicht entsprechend der "Wohlverhaltenspflicht von Beamten" benommen hätten.

Auch wenn die Beamten nicht mehr im Dienst waren, hätten sie bereit sein müssen, im Notfall erneut in einen Einsatz zu gehen. "Es handelte sich nicht um einen Betriebsausflug, sondern um eine Dienstfahrt", sagte ein Polizist dem Abendblatt. Nach dem Trinkgelage hinterfragt auch Andreas Dressel, innenpolitischer Sprecher der Hamburger SPD, die Übernahme der Kosten. "Es stellt sich die Frage, ob Hamburg diesen Einsatz aus dem ohnehin klammen Innenhaushalt in vollem Umfang erstatten muss." Zudem sei es im Sinne der Polizei, Transparenz herzustellen, sagt Dressel, der jetzt eine Anfrage an den Senat stellt.
(Abla)

Schade, daß es keine Loveparades mehr gibt - die Truppe aus dem Nobelhotel "Steigenberger Treudelberg" ließe sich doch bestens als Ordner einsetzen.

Donnerstag, 29. Juli 2010

Ein Volk besteht aus Idioten

Wenn man wissen möchte was WIRKLICH pervers ist, dann empfiehlt es sich immer ein Buch von Jean Ziegler, 76, zur Hand zu nehmen.
Wenn der Schweizer Soziologe und Menschenrechtler zur Feder greift und Werke wie „Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren“ (Bertelsmann 2009), „Das Imperium der Schande. Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung (Bertelsmann, 2005) oder „Die Schweiz wäscht weißer. Die Finanzdrehscheibe des internationalen Verbrechens“ (Droemer Knaur 1992) verfasst, stockt einem beim Lesen der Atem.
Da es so unerträglich ist zu wissen wie grausam und perfide Menschen auf Kosten anderer Menschen und der Natur agieren, verdrängt man diese Zusammenhänge am besten gleich wieder.
Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung Ziegler weist häufig auf den UN- World-food-report hin. Dort findet man die Erkenntnis, daß die gegenwärtige Landwirtschaft problemlos 11 Milliarden Menschen ernähren könnte. KÖNNTE.
Die reichen Nationen des Nordens vernichten aber im großen Maßstab Lebensmittel und drangsalieren die Landwirtschaft der südlichen Hemisphäre.

Die Folge:

JEDEN TAG sterben auf diesem Planeten 100.000 Menschen an Hunger oder den unmittelbaren Folgen des Hungers.

Alle FÜNF SEKUNDEN verhungert ein Kind unter zehn Jahren.

Alle vier Minuten verliert ein Mensch sein Augenlicht wegen Vitamin A-Mangel, etc pp.

Das sind keine tragischen Zahlen.
Denn ein „tragisches Ereignis ist ein schicksalhaftes und unausweichliches Ereignis“ (Prantl).
Es ist keine Tragik, daß 100.000 Menschen JEDEN TAG elendig an Hunger eingehen, während wir jeden Tag Kohlrabi- und Maisfelder unterpflügen.
Es ist schlicht und ergreifend eine Perversion, die maßgeblich durch die EU- und US-Agrarpolitik verursacht wird.
Man könnte dieses Massensterben sehr leicht abstellen. Allein es fehlt der Wille dazu.

Die Zahl „100.000 Tote am Tag“ ist einfach zu groß, als daß man sich damit beschäftigen würde.
21 Tote sind eine griffige Zahl.
Über die Ereignisse in Duisburg können wir daher trefflich über eine lange Zeit klagen und lamentieren.
Das treibt die Untertanten des Ich-sag-gar-nichts-Sauerland zu Tausenden in den Tunnel zum Kerzen-aufstellen. Immer beliebt auch die selten debilen "WARUM???"-Schilder; als ob man nicht genau wüßte warum.

Das öffentliche Meinungsbild wird von kleinen Anlässen bestimmt - sofern sie schön plastisch und medial aufgepeppt daher kommen.

Heute treiben die Hamburger Boulevard-Medien schon die nächste aufgeblasene Sau durchs Dorf.
In maximal hysterischer Wortwahl
- „D I E T I C K E N D E Z E I T B O M B E !!!!!“ (Mopo) -
wird über den nach 30 Jahren Haft freigelassenen Sexualstraftäter („Der sadistische Serienvergewaltiger“) hyperventiliert, der nun in Hamburg lebt.
Nun dürfte so ziemlich alles gefährlicher sein, als dieser eine Ex-Knasti, da ihm rund um die Uhr 24 (!!) Polizisten auf den Fersen sind.
Innensenator Ahlhaus geht auf Nummer sicher.

Gefährlich ist aber etwas anderes. Zum Beispiel ins Krankenhaus zu gehen.
An MRSA-Keimen sterben jedes Jahr bis zu 40.000 Menschen in deutschen Krankenhäusern. Das sind über 100 Todesfälle pro Tag.
Vermeidbare Todesfälle wohlgemerkt. Man müßte nur dem Beispiel Holland folgen und etwas mehr auf Hygiene achten.
Allerdings kostet das Geld und Personal. Das ist im deutschen Gesundheitswesen nicht vorgesehen - da gehen die Milliarden lieber in die Taschen von Pharmaindustrie, Kassenärztlicher Vereinigung und Apotheken.

Viele Dinge in Deutschland sind wirklich gefährlich.
Über die Straße gehen zum Beispiel - immerhin 4000 - 5000 sterben jedes Jahr im Straßenverkehr.

Ein paar Myriaden Alte verrecken jedes Jahr in ihren Pflegeheimen an Austrocknung und ähnlichem, weil es nicht genügend Personal gibt ihnen schluckweise Wasser zu geben.

Knapp hundert Menschen ertrinken jedes Jahr, ebenso viele vergiften sich.

Ein paar Hundert ersticken, weil sie beim Fressen den Mund zu voll genommen haben, etwa 200 trifft ein tödlicher Stromschlag, rund 300 verbrennen und weit über 5000 kommen bei unglücklichen Stürzen ums Leben.

Die Relation von Todesfurcht zu Todesursache ist absolut nicht rational.
Das menschliche Gehirn ist dazu zu klein, um das richtig einzuschätzen.

So hat fast jeder Strandurlauber Angst vor Haien.
Vor den hübschen Kokospalmen am Strand hat dagegen niemand Angst.
Dabei sind Kokosnüsse um 1500 % gefährlicher! (Jährliche Todesfälle durch Haiangriffe (weltweit): Unter 10. Jährliche Todesfälle durch fallende Kokosnüsse (weltweit): 150)

Die Menschen fürchten sich vor Spinnen und Schlangen, weniger vor Hunden.
Dabei sagt die Statistik etwas ganz anderes.
Durchschnittliche Anzahl jährlicher Todesfälle durch Spinnen- und Schlangenbisse in den USA: 10; durch Hundebisse: 15; durch Wespen- und Bienenstiche: 44; durch Blitzschlag: 141
(NZZ)

Der gemeine Homo Sapiens ist nicht in der Lage realistische Einschätzungen abzugeben und sollte daher auch gar nicht erst gefragt werden.

Das überlasse man lieber Experten.

Eine absurdes Umfrageergebnis lieferte gestern FORSA.

Die meisten Deutschen sind für mehr direkte Demokratie.

Eine Umfrage für mehr Umfragen sozusagen.


Die meisten Bürger finden es sinnvoll, Volksentscheide auch auf Bundesebene einzuführen. In einer Umfrage für den stern sagten dies 61 Prozent der Befragten.

(Stern)

Anders ausgedrückt: Die hohe Zustimmungsrate dieser Umfrage erklärt gleichzeitig, wieso es keine bundesweiten Volksentscheide (vulgo „Umfrage“) geben sollte.

Die Stimmung, die heute im Hamburg ob eines de facto handlungsunfähigen Ex-Vergewaltigers erzeugt wurde, läßt mich mit Gruseln daran denken, was eine Volksbefragung zum Umgang mit diesem Mann ergäbe.

Das Volk hat gerade bei Kriminalität den ganz falschen Riecher und verlangt chronisch nach härteren Strafen.
Ein psychologischer Abgrenzungsreflex, der aus Furcht resultiert.
Wenn man dem nachgibt, bekommt man Verhältnisse wie in den USA.
Dort werden Sheriffs und Staatsanwälte vom Volk gewählt. Natürlich gewinnen dann die harten Hunde, die drakonische Strafen verlangen und möglichst brutale und unangenehme Haftbedingungen herstellen.
Im Ergebnis sitzen bald drei Millionen Amerikaner hinter Gittern.
Tendenz stark ansteigend. Es gibt Berechnungen, nach denen in 50 Jahren die eine Hälfte der Amerikaner im Knast sitzt und die Andere in der Gefängnisindustrie arbeitet.
Tolle Aussichten.
Unter den US-Bedingungen der hoffnungslosen Überfüllung und ständigen Demütigung in Gefängnissen wird dann eine regelrechte Desozialisierung erreicht.

Rückfallquote nach der Entlassung mindestens 90%.

Den diametral entgegengesetzten Weg geht Norwegen.
Der letzte WELTSPIEGEL erhellte diesbezüglich.

Die im Oslo-Fjord gelegene Insel Bastøy verfügt nicht nur über einen der schönsten Strände Norwegens, sondern fungiert gleichzeitig als vermutlich schönstes Gefängnis der Welt.
112 Insassen - allesamt Schwerverbrecher- leben hier bewacht von insgesamt fünf Vollzugsbeamten in solchen Zuständen, daß der US-Filmemacher Michael Moore sein dort gedrehtes Material nie ausstrahlte.
Er ist überzeugt davon, daß kein Amerikaner das glauben würde:

Bastøy ist ein offenes Gefängnis. Nach der Arbeit kann Martin mit seinem Freund Kjetil, der hier sonst die Kühe füttert, über die ganze Insel streifen. 18 Tage pro Jahr, verrät ein Insasse, dürfe er sogar da rüber. Urlaub also, da drüben, vier Kilometer entfernt, in der Freiheit. Doch Freiheit - die gibt es in Norwegen auch im Knast: "Bei schönem Wetter gehen wir Baden. Wenn das Wetter nicht so doll ist, spielen wir Billard oder Tischtennis. Oder wir gehen ins Fitness-Studio. Wir können in unserer Freizeit viele verschiedene Sachen machen."
Keine Mauern, keine Gitter, keine Wachen. Martin und Kjetil leben hier zusammen mit sechs anderen Gefangenen in einer Art WG. Jeder hat sein eigenes Zimmer, kann es ausschmücken, wie es ihm gefällt. Und wie in jeder WG, muss jeder einmal zum Putzen ran. So will es der Chef von Bastøy, Gefängnis-Direktor Arne Nilsen. Die Kriminellen sollen aber bitte nicht mehr gestraft werden als unbedingt nötig: "Wir stellen die Insassen ganz in den Mittelpunkt. Menschlichkeit steht im Zentrum. Wir geben ihnen die Chance, sich zu entdecken, Selbstvertrauen zu entwickeln und ihren Lebensstil zu ändern."
(NDR)

Rückfallquote der ehemaligen Bastøy-„Insassen“ unter zehn Prozent!

Eine Resozialisierung von der man in Amerika Lichtjahre entfernt ist.

Genauso weit entfernt wie die Möglichkeit, daß ein Gefängniskonzept wie Bastøy jemals genehmigt würde, wenn man das Volk dazu befragte.

Mittwoch, 28. Juli 2010

Wenn einer eine Reise tut

In mancher Hinsicht bin ich vollkommen aus der Art geschlagen. Ich bleibe nämlich gerne in Hamburg.
Meine Familie besteht aus Reisenden. Dauernd sind die unterwegs. Zu großen Feiertagen, Weihnachten und Ähnliches, bin ich immer in aller Ruhe allein zu Haus.
Meine genetisch Nächsten sind dann durch alle globalen Zeitzonen verstreut.

Bei der Generation meiner Eltern, meiner Tanten und Onkels verstehe ich das insofern, weil sie die Zeiten 1933 bis 1945 erlebt hatten als man so lange nicht reisen durfte und keine Informationen bekam.
Natürlich war es dann außerordentlich aufregend endlich mal aus Deutschland raus zu kommen und was anderes zu entdecken.
Zu entdecken gab es natürlich auch viel, da glücklicherweise die Mittelmeerländer (zum Beispiel) noch nicht vollgebaut waren.
Man konnte auch in Städte wie Prag fahren, ohne sich auf der Karlsbrücke wie auf der Duisburger Loveparade zu fühlen.
Man konnte durch die Türkei fahren, ohne von einer Millionenschar deutscher Billigtouristen belästigt zu werden, die barbusig an den Stränden Deutsches Liedgut grölten.

Der ganze Massentourismus ist eine einzige Pest.

Ich plädiere ohnehin für den privaten Meilen-Emissionshandel.

Das geht so:

Jeder Bürger dieser Erde bekommt von der UN ein jährliches Maximalflugmeilenkontingent.
Greenpeace würde vorher ausrechnen wie viele Flüge weltweit maximal der Atmosphäre zuzumuten wären. Sagen wie wir mal 1000 Meilen pro Mensch und anno.
Das wären 7 Billionen Meilen insgesamt.
Mit dem persönlichen Kontingent könnte ich dann einmal im Jahr die Strecke Hamburg-Wien fliegen (und müßte zurück trampen).
Wenn irgendeine Olsch aber fünfmal im Jahr nach Mallorca fliegen wollte, müßte sie die entsprechenden Meilen jemanden abkaufen, der nicht fliegt.
Handeln könnte man im Internet - der Preis stiege umso höher, je mehr Leute fliegen wollten.
Zur Fußball-WM in Südafrika müßte eine mehrfach Berlin-Kapstadt pendelnde Merkel entsprechend viele arme Leute in Bangladesh oder Albanien auszahlen, die ihr Meilenkontingent nicht selbst benutzen.
Ich halte das für eine elegante Form der ökologischen Tobin-Steuer.
Die Business-men der global player, die täglich im Firmen- oder Privatjet hocken, hätten ordentlich zu zahlen - und das Geld ginge eben nicht an andere Reiche, sondern an die Armen, die sich keine Flüge leisten können.

Genügend verdient wird ja offensichtlich in der Spitze - während wir in Deutschland schon 6,55 Millionen Billigjobber haben - Wirtschaftswunder nach schwarzgelber Art.

Eine Dekaden-Analyse von 25 börsennotierten Unternehmen des Wall Street Journal und der University of Southern California ergab Erhellendes:
Larry Ellison (Oracle) kassierte in den letzten zehn Jahren 1,84 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) Gesamtgehalt. Barry Diller (Interactive Corp (IAC) und Expedia) verdiente über zehn Jahre verteilt etwa 1,14 Milliarden Dollar. Es folgen Ray Irani (Occidental Petroleum) 857 Millionen Dollar, Steve Jobs (Apple) 749 Millionen Dollar, Richard Fairbank (Capital One Financial) 568 Millionen Dollar.
Usw.
Ein Name fällt auf Platz elf ins Auge: Richard Fuld, EX-Ceo der Pleitebank Lehman Brothers, verdiente etwa 457 Millionen Dollar.
So viel zum Thema „Wo bleibt eigentlich das Geld, das in die Bailouts floss?“

Aber noch ein persönliches Wort: Ab und zu bin ich auch schon verreist.
1987 zum Beispiel war ich in Rumänien.
Das war was. Natürlich hätte niemand auch nur im Traum daran gedacht, daß die zweite Welt, der Ostblock, irgendwann implodieren könnte.
Der Warschauer Pakt stand da wie in Stein gemeißelt. Ganz undenkbar, daß Überdiktator Nicolae Ceauşescu mit seiner Securitate irgendwann nicht mehr im Sattel säße; schon gar nicht so bald.
Ich muß gestehen; ich war kein guter Tourist. Ich interessierte mich fast mehr für die politische Landschaft als für das Land.
Die Überwachung und die Geheimpolizei faszinierte mich auf irgendeine perverse Art. Es könnte sein, daß ich sie unterbewußt wegen der unfassbaren Armut nicht ganz so ernst nahm, wie die Grenzer der DDR, die ich vorher gekannt hatte.

Ich werde nie vergessen, welches Bild sich mir bot, als es auf einmal anfing zu regnen; ich befand mich gerade in Bukarest.
Die Menschen kramten in ihren Taschen und holten kleine Fetzen von Plastiktüten hervor, die sie sich über den Kopf hielten.
Noch nicht einmal für ganze, also intakte Plastiktüten reichte es - geschweige denn für Regenschirme.
Daneben fühlt man sich als Westtourist auf unangenehmste Art „reich“.
Diese Art Reichtum, um die man nicht beneidet wird, weil er so outstanding ist, daß ohnehin keiner annimmt einmal so vom Glück gesegnet sein zu können.

1987 war bekanntlich noch eine Zeit ohne Handys und Digitalkameras - die Jüngeren werden es nicht wissen; aber es stimmt tatsächlich - im letzten Jahrhundert gab es Zeiten, in denen Menschen ganz ohne Mobiltelephon lebten und dennoch nicht an akuter Kommunikationsunterversorgung eingegangen sind.

Aber einen Fotoapparat hatte ich. Und ich hätte eine Menge Motive zum Fotographieren gehabt.
Keine einfache Angelegenheit, da ich nicht James Bond bin und die Kamera für jeden ersichtlich eine Kamera war.
Das mochte die Polizei vor Ort aber nun wirklich nicht.
Die Hälfte der Gebäude war geheim und durfte nicht geknipst werden.
Ganz schlimm war es bei der Einreise - Donausperrwerke, Grenzzäune, Wachtürme - oh ha, da wurden die Securitate-Jungs fuchsteufelswild.
Ich habe es dann auch ganz schnell sein gelassen. Diese Wachleute waren auf alle Fälle genügend einschüchternd.

Für so ein Erlebnis müßte ich heute aber nicht mehr nach Rumänien fahren.
Könnte es natürlich auch nicht, da kein Mensch in Bukarest etwas dagegen hätte, wenn ich da knipste, bis mir die Daumen abfielen.

Deswegen bleibe ich auch so gerne in Hamburg.

Hier gibt es viel zu entdecken und ein bißchen Überwachungsstaat mit Gorilla-artigen Wachleuten gibt es hier schon lange.

Haben wir doch einen CDU-Innensenator und Bald-Bürgermeister Ahlhaus (von Grünen Gnaden), der das Patentrezept gegen die exponentiell ansteigende Gewalt auf dem Kiez (also den paar Straßen rund um die weltberühmte Reeperbahn) gefunden hatte: Videoüberwachung total.
Wären die betrunkenen Horden erst einmal unter Beobachtung, würden die Straftaten schon nachlassen - so die Logik des Hamburger Senats.
Für den Spotpreis von nur 700.000 Euro wurden 12 Kameras auf der Reeperbahn installiert. OK, die „Wirksamkeitsanalyse“ des Innensenators hat ergeben, daß die Kriminalität dennoch weiter anstieg, aber dafür ist auch alles auf Band.

Das Gefühl von Wachleuten weggejagt zu werden, kann man besonders leicht haben.
Wie die MoPo heute berichtete, jagt Hamburg - „das Tor zur Welt“; Hamburg - „die Große Freiheit“ (so die offiziellen Werbekampagnen) Touristen davon, die es wagen einen Alsteranleger zu betreten!

Beine und Seele baumeln lassen abends verboten! Seit Jahren baut die Hochbahn am Jungfernstieg ihre U4. Als Ersatz bekamen die Hamburger einen 122 Meter langen Alster-Laufsteg samt Anleger. „Er hat das Zeug dazu, eine Attraktion zu werden“, jubilierte der Vorstand vor zwei Jahren. Jetzt aber gibt es Zoff. Die Flaniermeile verkommt zum Sperrgebiet.
Am Sonntag spazierte Tourist Sven Peters (45) aus Siegen mit seiner Familie in Richtung Anleger. Der Ex-Hamburger liebt die Hansestadt noch immer. „Wir wollten Fotos an einem der schönsten Aussichtspunkte machen“, sagte er. Kaum hatten sie einen Fuß auf den Steg gesetzt, seien sie von Wachmännern gestoppt und gefragt worden: „Wollen Sie mit dem Schiff fahren?“
Wollten sie nicht – und konnten sich damit die Foto-Idee abschminken. Sie durften nicht auf den Steg. „Die Männer waren sehr arrogant. Sonntags scheint das Tor zur Welt geschlossen“, klagt Peters. Andere Hamburger beschwerten sich, dass sie nach Feierabend um ihren Ausflug auf die Alster gebracht wurden. Die Frage: Was soll die Tabuzone?
(MoPo 28.07.2010)

Damit ich mich wieder wie in Bukarest fühlen kann. Ist doch klar.

Eine Million Euro teuer war der erst 2008 fertig gestellte Alster-Steg.
Daß da nun einfach wildfremde Leute, Touristen womöglich, „einfach so“ drauf wollen geht nicht. Ab 18.00 Uhr jagt die Hamburger Securitate jeden weg.

Also wozu noch verreisen?

Dienstag, 27. Juli 2010

Mit dem Schlimmsten rechnen.

Menschen halten sich schon aus dem Grunde den Lebens-Kollegen aus Flora und Fauna für ungeheuerlich überlegen, weil sie meinen die einzigen Wesen mit „Bewußtsein“ zu sein.

Anders als Schleimpilz oder Plattwurm, die ohne philosophische Grundsatzbetrachtungen ihre biologischen Bedürfnisse befriedigen, schätzt ein Homo Sapiens die Folgen seines Tuns ab.

Die Bewertung der Konsequenzen hängt dabei von Moden ab und ändert sich laufend.

Erklärte Experten für Moral und Ethik fanden es über Jahrhunderte angezeigt, daß im Millionenmaßstab ausgerottet und gemordet wurde. Das konnte gezielt, oder auch als Nebeneffekt geschehen.
Es dauert seine Zeit bis es Mode wurde sich Dinge bewußt zu machen, die Menschen anrichteten.

Abwasser in Flüsse einleiten, Wale harpunieren, Dünnsäure in der Nordsee verklappen, Müll auf die Straße werfen, Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe in Spraydosen zu füllen, CO2 ausstoßen, DDT versprühen, Urwälder abholzen und vieles mehr gilt jetzt als irgendwie „schlecht“, wurde aber über Dekaden bedenkenlos praktiziert.
Vieles wird weiter praktiziert.
Trotz Bedenken.

Das menschliche Bewußtsein hat die bahnbrechende Eigenschaft sich selbst unterbewußt zu machen und somit zu ermöglichen hartnäckig das als falsch Erkannte weiter zu betreiben.

„Macht euch die Erde Untertan“ heißt es schließlich in der Schrift, die zwei Milliarden Menschen als „heilig“ betrachten.

Wer wäre sich auch nicht gern darüber bewußt ein „Übertan“ zu sein?
Aus ethisch-moralischer Perspektive ist die Entwicklung des humanen Bewußtseins ein absoluter Rohrkrepierer.
Eine evolutionäre Sackgasse.
Hätten wir uns doch bloß darauf beschränkt wie Plattwurm und Schleimpilz tumb und instinktiv unsere biologischen Grundtriebe zu bedienen!

Sich so ein dickes Gehirn zugelegt zu haben - immerhin das Drittgrößte unter den Lebewesen nach Elefant und Pottwal - hat Vorteile.
Man kann sich selbst so in die Irre führen, daß man etwas tut, von dem man vorher wußte es besser nicht zu tun.

Dafür gibt es Risikoabschätzungen.

Für große Bauprojekte werden vorher Kostenschätzungen abgegeben, die freundlich genug aussehen, um den Bau zu beginnen.

Im Jahr 2003 veranschlagte die amerikanische Regierung die Gesamtkosten für den Irakfeldzug auf 40 Milliarden Euro. Eine riesige Summe. Da mußte man erst einmal schlucken - aber dem amerikanischen Volk erschien sie zu bewältigen.
Im Jahr 2010 hat die USA 1242 Milliarden Euro im Irak und Afghanistan versenkt - Ende unabsehbar.

Nachher wird es immer schwieriger, als man es zuerst wahrhaben wollte.

1,4 Millionen Menschen auf ein 250.000 Leute fassendes Areal zu sperren und alle Zugänge zu verbarrikadieren, könnte problematisch werden.
Aber richtig schwarz zu sehen, wird schon im Vorfeld gerne mal „bewußt“ abgeschafft.
In einer Besprechung mit dem Duisburger OB Adolf Sauerland (CDU) wurde alles weggewischt, das die Durchführung des Geld-bringenden Techno-Megaevents gefährdet hätte.

In der Sitzung soll außerdem Rabe, Ordnungsdezernent und der Leiter des Loveparade-Krisenstabs, Druck ausgeübt haben, die Veranstaltung nicht an diesen Fragen scheitern zu lassen. Die Zeitung [WAZ - Red.] zitiert aus dem Protokoll: "Herr Rabe stellte in dem Zusammenhang fest, dass der OB die Veranstaltung wünsche und dass daher hierfür eine Lösung gefunden werden müsse. Die Anforderungen der Bauordnung, dass der Veranstalter ein taugliches Konzept vorlegen müsse, ließ er nicht gelten." Er soll, so berichtet es die Zeitung, das Bauordnungsamt aufgefordert haben, "an dem Rettungswegekonzept konstruktiv mitzuarbeiten".
(Stern)

Und wenn es dann doch mal schief geht, findet sich in der Regel jemand anders, der die Zeche zahlt.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gab heute bekannt, daß man mit 10,6 Milliarden Euro Kosten für die zukünftige Atommüllendlagerung rechne.
Der Kostenanteil für die Verursacher beträgt Null Euro. Der Steuerzahler übernimmt alles.

Tony Hayward, BP-Chef, der es sich während der schlimmsten Tage der Ölkatastrophe schon mal gestattete, an einer Segelregatta teilzunehmen und sich nach elf Toten selbst bejammerte - er hätte gern sein altes Leben zurück - konnte heute aufatmen.
BP sitzt auf einem Quartalsverlust von 17 Milliarden Euro.
Hayward bekommt einen netten neuen Job innerhalb des Konzerns und als Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Wohlbefindens eine Abfindung von 14,4 Millionen Euro.

Montag, 26. Juli 2010

Deutsche Geschäftsmodelle - Teil II

Ist das Masturbation vor dem Spiegel, wenn ich mich zunächst einmal selbst zitiere?
Nein, oder?


Vor genau einem Jahr beschrieb ich an dieser Stelle mit welcher unfassbaren Dreistheit CDU-Politiker dem Atom-Oligopol die Lizenz zum Bereichern auf Steuerzahlerkosten zuschoben.

Anfangsakt:
Ursprünglich mochten die Energieversorger nicht in die Atomkraft investieren.
Der Steuerzahler kam für die Forschung auf und stopfte bisher rund 60 Milliarden Euro in die Taschen der Konzerne - Nuklearenergie war bis in die 80er Jahre allgemein gewollt.
Hauptakt:
Nun ist die Zeit der Gewinne angebrochen. Ein abgeschriebenes Atomkraftwerk allein, wirft PRO TAG eine Million Euro Gewinn ab. Daß die Herren vom Atomforum gerne an dieser Technik festhalten wollen, liegt auf der Hand.

Als geübte Propagandisten haben sie es erreicht den Schlußakt wie den Anfang zu gestalten:
Die unweigerlich auftauchende Risiken für Tausende Generationen und schon jetzt anfallenden Milliardenkosten für Entsorgung und Rückbau tragen wieder die Steuerzahler allein.

CDU, CSU und FDP sei Dank wurden entsprechende Geheimabkommen geschlossen, die noch nicht einmal Parlamentarier einsehen dürfen.

(Monitor: Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen, Umweltpolitische Sprecherin: "Das ist ungeheuerlich, würde ich sagen. Ein solcher Vorgang, denn dieser Vertrag wurde ja offensichtlich so geschlossen, dass er zum Vorteil der Privatwirtschaft läuft und zum Nachteil des öffentlichen Haushaltes, also der Steuerzahler. Und ich als Vertreterin des Parlaments habe Einsicht zu haben in Vorgänge, die den Haushalt betreffen und bekomme diese Einsicht nicht.")

Aber auch offiziell wagt man sich in der Kanzlerinnenpartei so einiges und änderte noch dieses Frühjahr das Atomgesetz, in dem es nun heißt:
"Die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung trägt der Bund."

Herzlichen Glückwunsch Atomforum - da sind aber perfekte Politiker eingekauft worden.

Ich fasse kurz zusammen:
Allein vier Milliarden wird den Steuerzahler des Asse-Desaster kosten - verursacht von dem Atommüll der Konzerne mit den Milliardengewinnen.
Als „Gebühren“ mußten sie für die Einlagerung ihres Millionen Jahre strahlenden hochkrebserregenden Drecks 1,9 Millionen Euro zahlen - also 0,05% der Kosten, die dem Steuerzahler aufgebrummt wurden.
Das gleiche Bild bei dem Desaster-Endlager Morsleben, das entgegen der ausdrücklichen Experten-Warnungen zur Freude der Atomkonzerne von einer gewissen Umweltministerin namens Angela Merkel freigegeben wurde.
Nun sind die Folgen der Merkel-Politik klar - auch Morsleben ist unmittelbar vorm Einstürzen und muß für mindestens 2,2 Milliarden Euro auf Steuerzahlerkosten saniert werden.
Daß Morsleben für Millionen Jahre Endlager sein könne, hat sich also NICHT GANZ bewahrheitet.
Dank Merkel und der CDU sitzt der Steuerzahler auf Milliardenkosten; 85 Millionen Euro haben deutsche Energieversorger insgesamt bezahlt.
Grandios - diesmal haben die Raffkes vom Atomforum also fast 4 % der von ihnen verursachten Kosten tatsächlich selbst übernommen - und nur 96% zahlt der Bürger.
Gegenüber den 99,95 % der Kosten im Fall Asse ein echter Fortschritt!


(Hier weitere Informationen)


Die Beseitigung alter Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen wird den Bund noch auf Jahrzehnte Milliarden kosten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hervor, die der Financial Times Deutschland vorliegt. Demnach schätzt das Bundesforschungsministerium die künftigen Ausgaben des Bundes für den Rückbau alter Atomanlagen auf etwa 5,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2035.
(Sueddeutsche.de 26.07.10)

Inzwischen sind wir einen Regierungswechsel und viele Störfälle weiter.

Die CDU/FDP/CSU-Koalition möchte die Laufzeiten der Rumpelreaktoren unbedingt verlängern.

Die vielfachen Betrügereien der Atommafia, das Behindern von Ökoenergie und die Attacke auf hochqualifizierte Arbeitsplätze (über 100.000 Deutsche sind allein bei Windenergieunternehmen beschäftigt) - all das kümmert die Bürgerlichen nicht.
Ihnen geht es allein um das Geldscheffeln, um die aberwitzigen in dreistelliger Milliardenhöhe zusätzlich fließenden Gewinne für E.on, RWE, Vattenfall und EnBW.

Hunderte von Milliarden Euro, die übrigens nicht wie Manna vom Himmel fallen - so stellt es Schäuble gelegentlich dar - nein, diese Rekordsumme wir direkt aus den Taschen des Normalbürgers gezogen, der sich gegen die Stromgiganten nicht wehren kann.

(Hier weitere Informationen)

Die vier Energiekonzerne befinden sich zwar durch die schwarzgelbe Protektion ohnehin schon im finanziellen Schlaraffenland - selbst das Geld zu drucken, wäre dagegen noch geradezu anstrengend - aber sie sind findig und haben weitere Möglichkeiten sich die Portemonnaies zu füllen.


1.)
E.on, RWE, Vattenfall und EnBW verdienen durch ihre Beteiligung am TÜV SÜD zum Beispiel. Der TÜV-Süd ist eine Aktiengesellschaft und gehört zu zwei Dritteln Atomenergiekonzernen. Haupteinnahmequelle des TÜV ist unter anderem die Erteilung von Genehmigungen von Atomkraftwerken.
(Siehe KONTRASTE vom 15.07.10)
Netter Nebeneffekt: Die Aktionäre können sich gleich selbst das Plazet geben und müssen keine unabhängige technische Überprüfung fürchten.
Kein Wunder also, daß die Störfälle immer mehr werden.

2.)
E.on, RWE, Vattenfall und EnBW verdienen durch ihre 75%-Beteiligung an der DBE – die Deutsche Gesellschaft für den Bau und Betrieb von Endlagerstandorten.

Über diese sagenhafte Vetternwirtschaft berichtete Panorama am 22.07.2010.
Ein Stück aus dem Tollhaus.
E.on, RWE, Vattenfall und EnBW produzieren den Dreck und verdienen noch einmal daran!
Die Rechnung für die Atommülleinlagerung bezahlt nicht nur der Steuerzahler, nein, es kommt noch dreister: E.on, RWE, Vattenfall und EnBW dürfen auch noch selbst die Kosten dafür festlegen.
Das Sahnehäubchen: Der 1984 von der CDU/FDP-Regierung abgeschlossene Vertrag ist unkündbar.

Der gültige Kooperationsvertrag zwischen der CDU-Bundesregierung und der DBE von 1984 - bisher geheim. Er legt fest: die DBE ist allein beauftragt, „die Planung und die Errichtung der Anlagen des Bundes“ durchzuführen.“ Eine Lizenz zum Gelddrucken, und das Schönste: der Vertrag ist fast unkündbar. Die ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen.
(Panorama)



Dem Video habe ich fast nichts hinzuzufügen.

Bis auf eine Kleinigkeit - der Schlußsatz über den CDU-Umweltminister Röttgen lautete

......Lediglich schriftlich lässt der Minister mitteilen, die Angemessenheit des Vertrages werde vom Ministerium zurzeit geprüft. Das Ministerium prüft und grübelt, die Atommultis kassieren erst mal weiter an ihrem eigenen Müll. Ein sauberes Geschäft! ........

Nun erwarte ich auch nicht, daß diese schwarzgelbe Klientelregierung der Atommafia schaden wird.

Aber hatten wir seit 1984 nicht auch Umweltminister anderer Parteien?

Wieso haben Gabriel und Trittin es verschlafen den Skandalvertrag mit der DBE zu diskutieren?

Sonntag, 25. Juli 2010

Stiefschwestern.

Es ist ein wichtiges und grundlegendes Prinzip des Humanismus, daß stets die nächsten Nachbarn am meisten gehasst werden.
Eine lange Liste von Pogromen zeugt davon mit welcher Verve sich gute Christenmenschen gewalttätig über ihr direktes Nebenan hergemacht haben.

Nachbarn mit Mißgunst zu überziehen gilt dabei in allen erdenklichen Maßstäben.

So haben die USA, die schon im Bürgerkrieg und bei der Ausrottung der Indianer zeigten, was sie von ihren Mitbewohnern hielten, noch im 20. Jahrhundert mal eben so 120.000 ihrer Landsleute, die japanischer Abstammung waren, ab 1942 in Internierungslagern (War Relocation Centers) zusammengepfercht.

Im Europa des 21. Jahrhunderts werden fast überall leidenschaftlich Nachbarn diskriminiert - ob es nun ungarischen Minderheiten in Rumänien, Roma in Ungarn, Protestanten in Nordirland oder Walonen in Flandern sind.
In herzlicher Abneigung sind sich ebenfalls Bayern und Österreicher, Katalanen und Spanier, Korsen und Franzosen, oder Griechen und Türken verbunden.
Von den „heißen Konflikten“ auf dem Balkan, in Nahost, auf Zypern oder im Kaukasus will ich gar nicht erst anfangen.

Aber auch im kleinsten Maßstab setzt der Mensch Zeichen.
Allein in Deutschland sollen 500.000 Gerichtsverfahren zwischen Nachbarn anhänglich sein.
Eine ganze Industrie von Anwälten lebt davon, daß sich nette Hausfrauen exzessiv mit ihren Wohnungsnachbarn zoffen.

Es scheint immer derjenige zu sein, mit dem man sich direkt vergleicht, der zu Unfrieden führt.


Im Norden Deutschlands bilden Hamburg und Berlin so ein Nachbarpaar.


Es handelt sich zwar nicht um direkte Nachbarn im lokalen Sinne, aber die beiden Stadtstaaten sind die größten Städte Deutschlands und konkurrieren schon deswegen miteinander.

Interessanterweise sind sich die Untertanten Wowereits und Beusts vielfach gar nicht ähnlich.
Die Berliner scheinen eher einen Minderwertigkeitsomplex zu haben, den sie mit großer Klappe ("Berliner Schnauze") überkompensieren, während die Hamburger stillen Lokalpatriotismus leben und ihr hanseatisches Understatement kultivieren.

Berlin hat mit 3,4 Millionen Menschen doppelt so viele Einwohner wie Hamburg (1,8 Mio), die aber wesentlich enger zusammengepresst sind.
So hat Berlin mit 3834 Einwohnern pro Quadratkilometer nur 890 km² Fläche, während Hamburg relativ gesehen größer ist und es bei 2344 Einwohnern pro Quadratkilometer auf immerhin 756 km² bringt.
Hamburg ist erheblich reicher als Berlin - mit nur halb so vielen Einwohnern erwirtschaftet die Elbstadt ein BIP von 86 Mrd Euro, während es die Spreemetropole auf 80 Mrd Euro bringt.

Im Bundesländer-Ranking des Bruttoinlandproduktes liegt Hamburg ganz vorn, (Platz 1: Hamburg, Punktwert: 8,54, BIP pro Kopf: 47.800 Euro. Wachstumsrate: 1,8 Prozent) während Berlin auf einem der drei letzten Plätzen verankert ist (Platz 14: Berlin, Punktwert: 2,24, BIP pro Kopf: 23.300 Euro, Wachstumsrate: 0,3)

Als Hamburger will ich gerne einräumen, daß es für diese sehr unterschiedlichen Kennzahlen ein ganzes Bündel von Ursachen gibt.
Viele sind keineswegs Verdienste Hamburgs, sondern purer Zufall - so spielte insbesondere nach 1945 die unvergleichlich günstigere Lage der Hanseaten eine Rolle.
Man hatte einen riesigen Seehafen und enge wirtschaftliche Verbindungen zum Umland - London zum Beispiel wurde stets als enger Handelspartner angesehen.
Umgekehrte Vorzeichen bei der Hauptstadt, die über Dekaden durch ihre Binnenlage und vom Umland eingemauert, extrem benachteiligt war.

Ein Blick auf die Parallelen der beiden Stadtregierungen ist recht amüsant.

Die Schwesterstädte ahmen sich gegenseitig in erstaunlich vielen Aspekten nach - allerdings nicht unbedingt in direkter zeitlicher Folge, sondern randomisiert.
Beispiele:

1) Import von SPD-Bürgermeistern aus dem Süden.

Klaus Karl Anton von Dohnanyi ist zwar geborener Hamburger, wurde aber 1981 aus Kohls Heimat geholt. Er war seit 1979 Landesvorsitzenden der SPD in Rheinland-Pfalz.
Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel wurde in Göttingen geboren, kann aber durch seine lange Amtszeit als Münchner Bürgermeister (1960 - 1972), sowie seine Zeit als Landesvorsitzender der SPD Bayern (1972 bis 1977) durchaus als Bayer gelten. Er wurde 1981 Berliner Bürgermeister.

2.) Frauen.

1989 machte Bürgermeister Momper Schlagzeilen, als er erstmalig in Deutschland ein Kabinett mit einer Frauenmehrheit bildete (acht Frauen, sechs Männer).
1986 waren die Hamburger Grünen (GAL) mit einer reinen Frauenliste in die Bürgerschaft eingezogen (10,4 %)

3.) Legendäre Persönlichkeiten.

Obwohl Hamburg und Berlin Bundesländer sind, ist ihre Politik natürlich sehr kommunal. Umso erstaunlicher, daß aus den Reihen der Regierungen auch bundesweit strahlende Sterne hervorgingen: Max Brauer, Ulrich Klose, Helmut Schmidt und Klaus von Dohnanyi in Hamburg, sowie Willy Brandt, Egon Bahr, Jutta Limbach, Ernst Reuter und Richard von Weizsäcker in Berlin.

4.) Schwule.

Beide Städte haben seit 2001 schwule Stadtoberhäupter.

5.) Schlimmer CDU-Sumpf.

Beide CDU-Landesverbände machten mit mauschelnden und oft jenseits der Legalität agierenden Christdemokraten Schlagzeilen.
Unfassbar nach wie vor die Geschehnisse Anfang der 90er in Hamburg: Die Wahl von 1991 brachte eine absolute Mehrheit für die SPD. Diese Wahl wurde vom Hamburgischen Verfassungsgericht 1993 für ungültig erklärt, da die CDU ihre Kandidaten undemokratisch aufgestellt hatte und mußte wiederholt werden. Eine ganze Reihe Hamburger CDU-Spitzenkandidaten waren echte Brechmittel, die mit der Justiz Probleme bekamen - Jürgen Echternach, Walther Leisler Kiep, Hartmut Perschau und Michael Freytag beispielsweise.
Geradezu legendär sind die Widerlinge, die der Berliner CDU-Landesverband hervorbrachte. Selbst Angela Merkel soll intern wiederholt die Berliner CDU als den schlimmsten Landesverband überhaupt verflucht haben. Für diese unselige Tradition stehen Namen wie Klaus-Rüdiger Landowsky, Heinrich Lummer und Frank Steffel.

6.) Finanzkatastrophe.

Berlin ging in diesem Fall voran. Die landeseigene Bankgesellschaft Berlin wurde von Berliner Lokal-Größen der CDU so nachhaltig ruiniert, daß bis heute Milliardenschulden auf dem Land lasten. CDU-Großzampano Klaus-Rüdiger Landowsky (ehemaliger Berlin-Hyp-Chef) wurde im Zusammenhang mit AUBIS wegen Untreue strafrechtlich verurteilt.
Hamburgs CDU zog erst ab 2008 nach und sicherte dem Land unter der Führerschaft der CDU-Finanzsenatoren Peiner und Freytag ein 13-Milliarden-Euro-Loch, das sie bei der HSH-Nordbank angerichtet hatten.

7.) Schlagende Verbindungen.

Eberhard Diepgen war von 1984 bis 1989 und von 1991 bis 2001 Regierender Bürgermeister von Berlin und strahlte ein Höchstmaß an Provinzialität aus. Er war Mitglied der verbotenen Burschenschaft Saravia zu Berlin; einer rechtslastigen schlagenden Verbindung, deren Schmisse Diepgen stolz trug.
Bis vor Kurzem hätte ich gedacht, daß so eine Type undenkbar für das Spitzenamt in Hamburg wäre - aber man soll sich nicht zu früh freuen. Der designierte Bürgermeister Ahlhaus gehört ebenfalls in dieses Milieu, wie sich nun immer mehr bestätigt:

Sie stehen zum Vaterland, verweigern Frauen die Mitgliedschaft und fechten die Mensur: die "Turnerschaft Ghibellinia Heidelberg". Ein Herr mit früherem Kontakt zu dieser Burschenschaft soll bald Hamburg regieren: der Noch-Innensenator der Hansestadt Christoph Ahlhaus (CDU). Durch die Bürgerschaft wabern schon lange Gerüchte um Ahlhaus schlagende Verbindung. Insider behaupten, der Innensenator sei bei der "Turnerschaft" in Heidelberg engagiert gewesen. Ahlhaus Sprecher Thomas Butter, räumt gegenüber der taz ein: "Als Kommunalpolitiker hatte Herr Ahlhaus diese Kontakte."
[…] Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion, sagt: "Nun stellt sich heraus, dass Ahlhaus enge Beziehungen zu dem extrem rechten Milieu einer schlagenden Verbindung hatte, er muss sich klipp und klar von seiner Vergangenheit distanzieren."
(taz 23.07.2010)

[Die GAL ist offenbar SEHR flexibel]

8.) Personalaustausch.

Die Spitzenjuristin Prof. Lore Maria Peschel-Gutzeit war von 1991 - 1993 Justizsenatorin in Hamburg, anschließend übte sie das gleiche Amt von 1994 - 1997 in Berlin aus, um dann von 1997 - 2001 erneut Justizsenatorin in Hamburg zu werden.





Daß Persönlichkeiten aus dem aktuellen Berliner Senat die sich selbst auflösende Ahlhaus-Mannschaft in Hamburg verstärken, dürfte inzwischen als ausgeschlossen gelten.

Samstag, 24. Juli 2010

Ein bißchen Schwund ist immer.

Wenn es um PAAAArty, Feiern, Grölen und Saufen geht, sind die Deutschen immer ganz groß.
Derzeit rockern in Duisburg bei der Loveparade zwischen 500.000 (Polizeiangaben) und 1,4 Millionen halbnackte Irre auf Drogen rum.

Das sind möglicherweise dreimal so viele Menschen an einem Tag, wie insgesamt nach dem über Monate in allen Medien geführten Kampf um die Hamburger Primarschule insgesamt zur Wahl gingen.
Am 18. Juli 2010 stimmten 491 600 Hamburger ab.

Aber in Hamburg ging es ja auch nur um die Zukunft der Kinder und den Bildungsstandort Deutschland.
Das ist selbstverständlich weniger interessant, als sich zu tumben Computer-beats kollektiv zu hämmern und debil posierend der Welt darzulegen, daß am deutschen Wesen die Welt verwesen soll.

Und ein ordentlicher Massenwahn ist gegen Störungs-Petitessen immun; läßt sich nicht von unbedeutenden Randereignissen die gemeinschaftliche Feierlaune der enthirnten Jugend verderben.

Bei der Loveparade in Duisburg hat es einen dramatischen Zwischenfall gegeben. Wie ein Sprecher der Polizei mitteilte, kam es vor dem Veranstaltungsgelände zu einer Massenpanik in einem Tunnel. Dabei wurden nach WDR-Angaben mindestens 15 Menschen getötet. Etwa Hundert wurden verletzt.
(Tagesschau)

Ein Dutzend Loveparadler ist im kritischen Zustand und könnte ebenfalls demnächst die ganz große Parade gen Himmel zum liebenden Lieben Gott antreten.

Nun, die Beerdigungsunternehmer wird es freuen und es gibt ohnehin zu wenig Lehrstellen im Moment.

Die Paaaaaaaaaaaaaarty wurde dementsprechend auch nicht unterbrochen.

Der Partybetrieb ist dennoch weiter im Gange.
[…] Trotz der tragischen Unglücksfälle geht das Techno-Spektakel teilweise noch weiter. Im Norden des Geländes dröhne die Musik noch aus den Wagen, berichtete der Sprecher des Malteser Hilfsdienstes, Kai Vogelmann.
(SZ)

Man soll sich auch nicht den Spaß verderben lassen.

Wozu auch; Ein Dutzend Tote sind bei der Teilnehmerzahl lediglich 0,1 Promille der Masse.

Das tritt sich fest.


PS: Das war ein Not-Posting. Arge technische Probleme bei Tammox. Bin derzeit meines normalen Browsers und aller bookmarks beraubt.

Freitag, 23. Juli 2010

Das schwarzgrüne Projekt.

Außerordentlich hartnäckig betonen die Berliner Parteispitzen von Grünen und CDU die Zukunftsfähigkeit der Hamburger K.O.alition. Viel ist von Vertragstreue die Rede.

Der Wunsch, auch hier der Vater des Gedankens, ist angesichts des augenblicklich zu beobachtenden FDP-Desasters nur zu verständlich.
Die Westerwelle-FDP hatte sich mit ihrer bedingungslosen CDU-Gefolgschaft, wie sie die unerschütterlich zum Lügner Koch stehende Hessen-FDP vorexerziert, politisch selbst kastriert.

Die Ausschließeritis gegenüber jeder anderen Partei führt eben oft in die Opposition. Und Opposition ist bekanntlich Mist.

Mehr Option statt Opposition haben sich daher SPD, CDU, CSU und Grüne auf die Fahnen geschrieben.
Aber rechtfertigt die Praxis die Swinger-Koalitions-Strategie?

Es kommt vor, daß Koalitionsverträge lediglich der Suizid aus Angst vor dem Oppositions-Tod sind.
Das devote Unterordnen der Bundes-SPD unter die kaum stärkere Merkel-CDU im Jahr 2005 war so ein Fall. Die nächsten vier Jahre ging es stetig und kräftig bergab.

Und in Hamburg - zwei Jahre nach Beginn von Schwarz-Grün?

Demoskopisch erleben beide Regierungsparteien derzeit ein Desaster.

Die CDU hat seit der Bürgerschaftswahl am 24.02.2008 rund acht Prozentpunkte verloren.
Die Grünen liegen augenblicklich bei rund zehn Prozent - was angesichts der Tatsache, daß Hamburg stets eine Grünen-Hochburg war und die Partei im Bund bei 18 % liegt, auch nur als Desaster bezeichnet werden kann.

Personell ist die ökobürgerliche Hanseatenregierung ebenfalls ein Abgrund.
Die Ratten verlassen offensichtlich das sinkende Schiff.

Anfang des Jahres mußte der CDU-Bürgerschaftspräsident entsorgt werden.

Im März flüchtete der CDU-Landeschef und Finanzsenator Freytag „in die Wirtschaft“.

Nun, im Juli, schmiss der Erste Bürgermeister selbst hin - er hat keine Lust mehr - und löste damit offenbar ein allgemeines tabula-rasa-Gefühl aus.

Kultursenatorin von Welck warf ebenso hin wie der Staatsrat in der Staatskanzlei Volkmar Schön (CDU).
Es dauerte nur ein paar Tage bis ein weiterer Senator, der eben noch als Bürgermeister-tauglich galt, die Hühner sattelte.
Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) tritt auch im August zurück - ab „in die Wirtschaft“, wo man noch Perspektiven hat.

SPD-Oppositionsführer Michael Neumann sagte zu dem Rücktritt, nach Beust "verlässt jetzt scheinbar die ganze Mannschaft das sinkende Senatsschiff, frei nach dem Motto: Rette sich wer kann". Er warf Gedaschko vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
(Spon)

Als so gut wie sicher gilt ebenfalls die Demission der hoffnungslos stümpernden CDU-Wissenschaftssenatorin Herlinde Gundelach.
Zu offensichtlich ist ihre Überforderung im Amt.


Bleiben noch die oft beschworenen „Inhalte“, um die es angeblich immer geht - insbesondere, wenn die politische Stimmung miserabel ist.

Was haben die Grünen erreicht?

Das Kraftwerk Moorburg, die Inkarnation der Klimapest,
wurde gleich zu Anfang von der Grünen Umweltsenatorin Anja Hajduk genehmigt.
Es erzeugt ganz allein so viel CO2, wie das ganze Land Bolivien. Moorburg, das 2012 für 1,7 Milliarden Euro fertig gestellt werden soll, wird so viel Kohle verbrennen, dass jährlich 8,5 Millionen Tonnen CO2 in die Luft gepustet werden.
Das entspricht den jährlichen Abgasen von mehr als 1,4 Millionen PKW - mehr als das Doppelte des gesamten Straßenverkehrs in Hamburg.

Mit einer geradezu manischen Besessenheit werden Straßenbäume abgehackt.
Ca 1000 Straßenbäume - oder wie es im Behördendeutsch heißt „raumübergreifendes Großgrün“ fallen jedes Jahr den Kettensägen zum Opfer.
In meinem Bezirk - Hamburg-Mitte - kann man sehr schön beobachten was statt Neupflanzungen geschieht: Breitere Asphaltierung und das Aufstellen jeder Menge Beton- und Stahlpoller.
Wäldchen, die nicht direkt zu den Straßenbäumen gehören, werden unter Grüner Ägide noch schneller abgeholzt - mehrere Tausend allein für die nächste Gartenschau.
700 bis 750 Bäume wurden in Hamburg-Wilhelmsburg schon für die erst 2013 anstehende „Internationale Gartenschau“ abgeholzt.

Bezirksamtsleiter Marcus Schreiber stellte im Januar 2010 Fällgenehmigungen für weitere 2000 Bäume in Aussicht.
Nur ein paar Wochen später ist bereits von 3000 zu fällenden Bäumen die Rede.

Hamburg hat einen Grünen Justizsenator und Hamburg schiebt brachial ab.

Es gab mehrere Todesfälle. Voll integrierte Hamburger wurden von den Behörden so sehr in Panik versetzt, daß sie sich unter den Augen der Justiz in Gefängnissen das Leben nahmen - allein im Jahr 2010 gab es schon drei Fälle.

Slawik C. ist nie nach Eriwan gestartet. Am Abend des 2. Juli hat er sich mit dem Stromkabel eines Wasserkochers am Fenstergitter seiner Zelle erhängt. Es war schon der dritte Suizid von Abschiebehäftlingen aus der Metropolregion Hamburg in diesem Jahr. Im März hatte sich im Gefängniskrankenhaus am Holstenglacis ein Georgier erhängt, im April eine Indonesierin in der JVA Hahnöfersand.
(Abendblatt)

Das Lieblingsprojekt Schulreform und Einführung der Primarschule hat ein Volksentscheid platzen lassen.

Das einzige verbliebende Grüne Wunschprojekt, die Stadtbahn, ist zwar immer noch in Planung - dürfte aber angesichts des angerichteten Milliardendefizit bei zu erwartenden Kosten von mindestens 338 Millionen Euro - und das ist nur der augenblickliche Stand der Planung - für die 40 km kaum jemals realisiert werden.
Eine ganze Reihe von Bürgerinitiativen, die vehement gegen den Straßenbahn-Irrsinn der Grünen kämpfen, ist bereits entstanden.


Was hat die CDU erreicht?

Unter dem designierten Bürgermeister Ahlhaus, bisher Innensenator, stieg die Kriminalität drastisch an.

Jede Nacht brennen auf Hamburgs Straßen Autos, nie wurde so viel eingebrochen.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der Haus- und Wohnungseinbrüche im ersten Halbjahr 2010 um 30 Prozent - nachdem sie auch in den vorangegangenen zwei Jahren jeweils in alarmierendem Maße in die Höhe geschnellt war.
(Abla, 22. Juli 2010)

Unterdessen streicht die CDU die Stellen in den Polizeiwachen teilweise drastisch zusammen - allein diesen Monat um 15% südlich der Elbe.

An den Polizeiwachen Harburg, Wilhelmsburg und Neugraben wurden 65 Stellen gestrichen. Politik und Gewerkschaften reagieren wütend.
(Abla 14.07.2010)

Worauf könnte Ole von Beust sonst noch stolz sein?

Daß Hamburg jetzt pleite ist?
Daß die Hirnis Peiner und Freytag unglücklicherweise 13 Milliarden bei der HSH Nordbank verzockt haben?
Daß er von HEW über die Krankenhäuser alles verkloppt hat?
Daß der Elbphilharmonie-Bau im totalen Chaos untergeht und die Kosten explosieren?
Daß reihenweise Theater und Museen schließen, weil sie kein Geld mehr bekommen?
Daß international bekannte Künstler ausdrücklich aus Protest gegen die miserable Kulturpolitik der CDU die Stadt verlassen, auch wenn sie geradezu als Hamburger Urgesteine gelten, wie Udo Lindenberg, Daniel Richter und Marius Müller-Westernhagen?
Daß Medienkonzerne - Universal, Springer, Sat1, etc pp - alle fluchtartig Hamburg verlassen haben und hier nicht mehr stattfinden?

Die Kultursenatorin hat einen derartigen Scherbenhaufen angerichtet, daß man sich bundesweit nur noch wundert.
Hamburger Kulturpolitik: Ein Tornado ungelöster Konflikte
(SZ)

Überhaupt jemanden zu finden, der den Job machen will, scheint aussichtslos.

Till Briegleb schreibt am 20.07.2010 über Karin von Welck:

Die Probleme ihrer Behörde steuern eher zum Zenit: Drängende Personalentscheidungen wie die umstrittene Vertragsverlängerung für Kunsthallen-Chef Hubertus Gaßner hängen in der Luft; die Elbphilharmonie ist eine Prunkbaustelle; die Zukunft der Sammlung Falckenberg steht auf dem Spiel; und die neuen Sparauflagen des Senats können ein kleines Ressort ohne Hausmacht empfindlich treffen, wenn an der Spitze keine erprobte Defensivkraft agiert. Der größte Schwelbrand, den von Welck ihrem Nachfolger hinterlässt, ist die Museumsreform. Das wichtigste Projekt in den sechs Jahren ihrer Senatorentätigkeit ist heute ein Tornado ungelöster Konflikte um die Gretchenfrage: Warum machen die Hamburger Museen trotz Entschuldung und Versuchen der Neuorganisationen immer wieder Millionendefizite?
[...] Über die Nachfolge Karin von Welcks herrscht große Ungewissheit. Da die Regierung noch maximal zwei Jahre im Amt ist oder sogar Neuwahlen drohen, spricht alles für eine Interimslösung - falls sich die Stimmen in der Hamburger CDU nicht durchsetzen, die der Selbstständigkeit der Minibehörde für ein vereintes Kultusministerium den Garaus machen wollen. Diese Rückstufung zum Kulturfortsatz der Bildung würde allerdings nur erneut das Klima politischer Ignoranz unterstreichen, das Hamburgs Kreative unisono beklagen. Statt den Wettkampf mit Berlin anzunehmen, urbane Lebensqualität durch starke Kulturleistung zu fördern, gilt die Finanzierung von Kultur in Hamburg als Almosengeschäft und schöne Grille von Stiftungen und Mäzenen. Mit dieser Einstellung bleibt der Kunst in Deutschlands zweitgrößter Stadt nur eins gewiss erhalten: die Krise.

Der Satz ist gewissermaßen die Apotheose der schwarz-grünen Politik in Hamburg:

„Die Krise bleibt gewiss erhalten“ - solange die Grünen sich Neuwahlen verschließen und sich dumpf als Wahlverein für den CDU-Hardliner Ahlhaus einsetzen lassen.

Donnerstag, 22. Juli 2010

Aber die tun doch auch so viel Gutes.

Die Diakonie Oldenburger Land betreibt acht Altenheime.
Drei Einrichtungen - Büsingstift, Schützenweg und Stephanusstift - waren im März pleite und reichten bei den Insolvenzgerichten in Oldenburg und Delmenhorst Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein.
Den 180 Mitarbeitern und 220 Heiminsassen drohte eine ungewisse Zukunft.

Da trifft es sich gut, daß die Kirche als Arbeitgeberin all ihre moralischen Prinzipien konterkariert und legal nach Herzenslust auf den Rechten und dem Wohl der Arbeitnehmer herum trampeln kann.
Arbeitsrecht gilt für alle gleich - außer für „Tendenzbetriebe“, wie es die staatlich hochsubventionierte Kirche ist.
Bei den Kirchen Beschäftigte dürfen nicht streiken, haben keinen Kündigungsschutz und müssen erst recht nicht tariflich bezahlt werden.

“Gott kann man nicht bestreiken”, verkündete die Evangelische Kirche von Westfalen triumphierend am Tag nach dem Bielefelder Arbeitsgerichtsurteil zum Streikrecht in der Diakonie. Das erstinstanzliche Gericht hat den Diakoniebeschäftigten das Recht verweigert, mit Arbeitsniederlegungen Druck auf die Arbeitgeber für ihre Rechte auszuüben. Das verfassungsmäßige Recht der Kirchen, intern ihre Angelegenheiten “im Rahmen der geltenden Gesetze” zu regeln, stellte das Gericht über das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit sich zusammen zu schließen und für ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber einzutreten.
(Ulli Schauen)

Wie kann es sein, daß andere Pflegekonzerne Milliardenüberschüsse erwirtschaften und die Diakonie am Rande der Pleite manövriert?

Das DW Oldenburg weiß die Antwort.

Alle drei Häuser mussten in der Vergangenheit mit deutlich steigenden Lohn- und Energiekosten sowie mit einer wettbewerbsverzerrenden Marktlage wirtschaften. Die in der Diakonie gezahlten Mindestlöhne sind rund ein Viertel höher als vergleichbare Löhne privater Mitbewerber und ebenfalls deutlich höher als die anderer Wohlfahrtsverbände. Die durch die Kostenträger bewilligten Entgelte bleiben jedoch schon lange weit hinter der allgemeinen Preisentwicklung zurück und berücksichtigen auch keine tariflichen Unterschiede. Deutlich steigende Kosten stehen so stagnierenden Entgelten gegenüber.
(dw-ol.de)

Aha, die gierigen Mitarbeiter sind also Schuld.
Sie verdienen so ungeheuer viel, daß sie ihren Arbeitgeber Kirche ruinieren.

Der Ausweg, den die norddeutsche Diakonie fand, war dementsprechend wenig überraschend.
Die 180 Angestellten wurden gezwungen auf ein Fünftel ihres Gehalts zu verzichten.
In der euphemistischen DW-Sprache klingt das freundlich und einvernehmlich.

Alle Mitarbeiter der diakonischen Altenheime im vorläufigen Insolvenzverfahren haben neue Arbeitsverträge unterschrieben.
[…] Das Konzept des Diakonischen Werkes sieht die Gründung von drei neuen Betriebsgesellschaften vor. Diese Firmen führen den Pflegebetrieb der drei Einrichtungen in gewohnter Qualität weiter. Vor der Unterzeichnung der Anstellungsverträge hatte das Diakonische Werk allen 180 Mitarbeitenden Muster-Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Daran konnte jeder Mitarbeitende genau sehen, was die Veränderung für ihn persönlich bedeutet.
(dw-ol.de)

Der Diakonie-Vorstand Joachim von der Osten sieht die um 20% reduzierten Gehälter immer noch als üppig an:
Die Mitarbeitenden der drei Altenpflegebetriebe werden auch künftig mehr verdienen, als bei privaten Anbietern. „Unter Berücksichtigung der Marktsituation sollen Mitarbeitende in der Pflege angemessen bezahlt werden“ stellt von der Osten fest.
(dw-ol.de)

Wie wir gelernt haben, sollte man aber Kirchen grundsätzlich nicht glauben.

Tatsächlich sind die Löhne der Diakonie-Mitarbeiter untertariflich und „am Rande des Legalen liegende Hungerlöhne“
(MIZ 4037)

Was sollte die Diakonie auch anderes machen?
Etwa bei den Top-Gehältern ihrer Bischöfe und Pröbste sparen?
Das kommt natürlich nicht in Frage und schließlich schieße man ohnehin schon reichlich aus dem Haushalt der Kirche zu.

„Die evangelisch-lutherische Kirche Oldenburg kann in dieser Situation keine weiteren Zuschüsse geben“, betonte ein Sprecher. Sie überweise einen jährlichen Gesamtzuschuss von 1,46 Millionen Euro und habe „bei besonderen Gegebenheiten bereits Bürgschaften und andere finanzielle Verpflichtungen übernommen“.
„Keine Landeskirche kann den normalen laufenden Betrieb einzelner Einrichtungen mit regelmäßigen Zuschüssen unterstützen. Die Kirchen können für gesellschaftspolitische Notwendigkeiten nicht einseitig haftbar gemacht werden“, stellte der Sprecher gestern klar.
(Kreiszeitung)

1,46 Millionen Euro klingen ganz nett.

Isoliert betrachtet.


Wenn man aber den Gesamthaushalt des Bischofs Jan Janssen betrachtet (die letzten veröffentlichten Zahlen stammen von 2008 - damals gab man knapp 79 Millionen Euro aus), stellt man fest, daß die Oldenburgische Kirche damit für sämtliche Sozialeinrichtungen insgesamt 1,46 Millionen Euro ausgab - also etwas weniger als zwei Prozent.

Wofür die anderen gut 98 % draufgehen?

Gute 100.000 Euro sind allein in den Taschen des oben genannten Diakonie-Chefs Joachim von der Osten gelandet.
Das ist die Mindestsumme, die der Kirchenchef unterschlagen hatte, bevor er Ende Juni 2010 gefeuert wurde.
Das ergab eine Sonderprüfung durch das Oberrechnungsamt der EKD.

Nun, nachdem er ertappt wurde, wird der Mann, der zuvor noch die viel zu hohen Gehälter der Altenpflegerinnen beklagt hatte, ziemlich kleinlaut:

Von der Osten hatte am 23. Juni sein Fehlverhalten eingeräumt und ein notarielles Schuldeingeständnis abgelegt, nachdem er mit den Vorwürfen konfrontiert worden war, sagte Feld. Dabei sei von der Osten sehr beschämt gewesen.
«Es gibt da einen deutlichen Konflikt zwischen seinem inneren Wertesystem und seinem tatsächlichen Handeln.»

(Kirche Oldenburg.de)

Das Geld wieder heraus zu rücken und womöglich die Pflegerinnen tariflich zu bezahlen, ist nicht geplant.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Hilfe - ich brauche eine Rekalibrierung.

Bisher habe ich doch wirklich immer eine klare Ansicht zu CDU, CSU und FDP vertreten und die rot/rot/grüne Werbetrommel gerührt.
Aber bei der Frage „Ausbau der direkten Demokratie - ja oder nein“ bin ich unversehens auf CDU-Linie und finde es kurzsichtig, dämlich und populistisch was Gabriel und Roth verlangen.

Die rotgrünen Phantasien von der Einführung von Plebisziten auf Bundesebene erscheinen mir extrem undurchdacht.
So ein Plebiszit ist ja ganz schön, wenn es zufällig um ein Thema geht, bei dem das Volk liberalere Ansichten hat als schwarz-gelb.
Hamburg hatte bekanntlich bei einem Volksentscheid mit über 3/4-Mehrheit der Stimmen gegen den Verkauf der landeseigenen Krankenhäuser gestimmt.

29.2.2004: Beim Volksentscheid stimmen 76,8 Prozent der Wähler gegen den LBK-Verkauf.

7.9.2004: Ole denkt sich „scheiß auf die Demokratie - Finanzsenator Peiner hat doch da diesen netten Vetter bei Asklepios“ und so beschließt der Senat den Verkauf des LBK an den privaten Betreiber Asklepios.
Inzwischen besitzt der Konzern 74,9 Prozent.
Asplepios-Eigentümer Bernhard Broerman blies sein Privatvermögen inzwischen auf 1,8 Millarden Euro = 1800 Millionen Euro = 1 800 000 000 Euro auf.
Offensichtlich lohnt es sich die Kranken und Pflegebedürftigen auszupressen.

Ein Treppenwitz der Kommunalgeschichte, daß die Abstimmung damals nicht für den Senat bindend war und sich Ole von Beust darüber hinwegsetzte und doch alles an die dubiose Asklepios verscheuerte.
So wie er vorher auch schon die stadteigenen Hamburger Elektrizitätswerke (HEW) an die Atom-Chaoten von Vattenfall verscherbelte, die nun in Krümmel und Forsmark zeigen was sie können.

Nun stimmen die Hamburger von dem Millionen-schweren Herrn Bescheuertle eingeschüchtert falsch ab - und diesmal ist die Entscheidung bindend.

Jede Partei hat natürlich so ihre Lieblingsprojekte, bei der sie ganz gerne mit der Keule des Souveräns dem politischen Gegner platt machen würde.
Die Grünen phantasieren von einem Volksentscheid über den Atomausstieg, die Linke will über die Rente mit 67 abstimmen lassen und die SPD erträumt sich ein ultimatives Mindestlohn-Bürgervotum, um der FDP eins auszuwischen.

Klar; es gefiele mir natürlich auch, wenn per Volksentscheid unverrückbar Dumpinglöhne verboten wären und die Atommafia endgültig erledigt werden könnte.
Das Instrumentarium ist durchaus verlockend.
ABER es ist eben ein zweischneidiges Schwert.

Ich glaube keineswegs daran, daß das Volk immer vernünftig entscheiden würde.

Wir kennen das aus Umfragen - die bekanntlich sehr stimmungsabhängig sind.

Da müssen nur zwei, drei Kindersexfälle ordentlich aufgebauscht werden und Hauruck hätten wir per Bundesvolksentscheid wieder Folter im Strafvollzug und die Guillotine eingeführt.
Jenes ach so humane Tötungsinstrument, ist übrigens erst in Deutschland exzessiv zur Anwendung gekommen. Die Nazis haben sie allein 15.000 mal verwendet.
Es mangelt also dem Volk an moralischer und ethischer Vernunft.

Es mangelt ihm aber auch an ökonomischer Vernunft.
Das würde Populisten alle Türen öffnen, wenn wir anfingen über Steuersätze, Freibeträge und Rentenerhöhungen abzustimmen.

Volksbefragungen sind inzwischen auch erschreckend professionalisiert und alles andere als graswurzelig.
Die Hamburger Anti-Primarschulen-Schlacht, der sogenannte Gucci-Protest wurde hochprofessionell und mit reichlich Geld geführt.
Woher Herr Scheuerl eigentlich all das Geld für seine Werbekampagne bekommen hat, ist bis heute vollkommen unklar.

Gegen so eine mächtige PR-Maschine hat es die Gegenseite, die nicht von der Oberschicht getragen wird, natürlich schwer.

Bürgerentschiede sind sogar auf Bezirksebene in der Regel untauglich.
Natürlich, ja, ich freue mich auch, wenn irgendwo ein paar Bäume per Bürgerinitiative vor Immobilienspekulanten gerettet werden.
Aber auch hier gilt, daß das Bürgerinteresse nicht immer nur altruistisch-floraler Natur ist.

Die Bezirke müssen nuneinmal dafür sorgen, daß es auch Gefängnisse, Anlaufstellen für Junkies, Heime für Behinderte und Kitas gibt. Irgendwo müssen solche Einrichtungen hin.

Befragt man die Nachbarn dazu, regiert aber stets St. Florian.
Niemand will einen Kindergarten oder ein Pflegeheim nebenan.

Vor einigen Jahren wollte eine Gruppe wohlhabender Schwuler in einer gutbürgerlichen Gegend Hamburgs (Alte Landstraße - um genau zu sein) ein Seniorenwohnsitz für Homosexuelle bauen.
Da war aber was los. Die lieben liberalen Hamburger, die im Umkreis wohnten, wußten sofort, daß dann Aids, Prostitution und die Verschwulung ihrer Kinder drohte.
Der Bau wurde verhindert.

In Hamburg-Altona wurde gerade vor einer Woche ein Bürgerbegehren gegen den Umzug der Suchtberatungsstelle „Stay Alive“ gestartet.
Bisher werden täglich rund 100 Schwerstabhängige medizinisch in ein paar winzigen Kellerräumen der Davidsstraße (St. Pauli) betreut. Die Zustände sind aber inzwischen unzumutbar; es ist maximal Platz für 40 Personen. Der Bezirk mußte also eine neue Anlaufstelle finden, die mit dem Andrang fertig werden kann.
Vernünftigerweise werden die Schwerstsüchtigen dort auch mit pharmazeutischem Heroin versorgt, um endlich aus dem Kreislauf der Kriminalisierung und Prostitution befreit zu werden.

Sollte das nicht jeden Hamburger freuen?
Freude für die Süchtigen, die wieder eine Chance auf ein normales Leben bekommen und nicht mehr gefahrlaufen sich mit allerlei Krankheiten anzustecken.
Freude auch für alle anderen - da die erhebliche Beschaffungskriminalität, die potentiell jeden trifft, auf Null reduziert wird.

Doch in Altona regt sich Widerstand gegen den Umzug. Viele Anwohner fürchten eine offene Drogenszene, weil in den Konsumräumen des „Stay Alive“ unter ärztlicher Aufsicht auch Heroin gespritzt werden darf. „Mit den Konsumenten kommen auch die Dealer in unseren Stadtteil, um ihre illegalen Drogen hier zu verkaufen“, sagt Achim Pettera, einer der Initiatoren des Protestes. Die ruhige Gegend mit den vielen Hinterhöfen und Freiflächen begünstige die Entstehung einer nicht zu kontrollierenden Drogenszene.
(Abla)

(Wer ist schon ein guter Mensch?
Gegenüber von meiner Wohnung ist ein betreuter Kinderspielplatz. Ich habe festgestellt, daß 80 % der Mütter nicht in der Lage sind frühmorgens ihre Blagen da abzuliefern, ohne vorsorglich noch die ganze Gegend zusammenzugrölen und laut hupend davon zu fahren.
Kleinstkinder sind auch nicht so intelligent. Morgens schreien sie wie am Spieß, weil sie nicht auf den Spielplatz gebracht werden wollen und nachmittags geht das Geschreie wieder los, weil sie nicht wieder weg wollen.
Ich bin froh darüber, daß ich als Anwohner NICHT gefragt werde, ob ich den Kinderspielplatz da haben möchte. Ich weiß ja, daß Kinderspielplätze irgendwo hin müssen, aber andererseits nervt mich der Lärm derartig, daß ich nicht garantieren könnte mit "Nein" zu stimmen, wenn man mich fragte, ob mir das gefällt.
)

Ich habe echtes Mitleid für Bezirkspolitiker - wie sollen sie unter diesen Umständen überhaupt arbeiten, wenn ständig Bürgerentscheide die Planung umwerfen?

Nun sehe ich auch ein, daß es kaum möglich sein wird die bisher eingeführten plebiszitären Instrumente wieder abzuschaffen (obwohl ich mir das wünsche).

Aber ich schließe mich in dieser Frage dem Hamburger Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD, war von 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister in Hamburg) an.
Er ist wie so häufig in den letzten Jahren weit von seiner Partei entfernt und sympathisiert mit CDU und FDP.
Erschreckend.
Aber in der Frage der Volksentschiede gibt er zu bedenken, daß das Quorum zu niedrig ist.

Das meine ich auch - denn sonst hätten es ein paar reiche Anwälte nicht geschafft mit gerade mal gut 20 % der Wahlberechtigten die Schulreform zu kippen.
Meiner Ansicht nach sollte das Quorum mindestens auf 40 % Ja-Stimmen aller Wahlberechtigten verdoppelt werden.

Und schon wieder bin ich auf Linie mit dem konservativen Bürgerlichen.


Die wohlhabenden Elbvororte im Westen sowie die schicken Innenstadtviertel wie Rotherbaum oder Eppendorf zeigen ... eine Wahlbeteiligung zwischen 50 und 60 Prozent. In Vierteln wie Hamm und Horn (eben die wirtschaftlich benachteiligten, Dohnanyi) dagegen ... beteiligte sich nur ein Viertel der Menschen." Klar: Dort wussten die Menschen nämlich kaum, worum es geht - so fern sind ihnen seit Generationen die Chancen eines Gymnasiums! Nun ist der Volksentscheid gefallen, er gilt. Allerdings sollten wir nachdenken über die offenbar sehr niedrige Hürde (das Quorum) für Volksbegehren und Volksentscheide in Hamburg. Denn mit dem Organisationstalent von Herrn Scheuerl ließen sich vermutlich noch ganz andere Bewegungen in Gang setzen. Wie, wenn es einmal um Elbvertiefung, Kohlekraftwerke oder eine Erhöhung der Grundsteuer oder Gewerbesteuer ginge?
(Dohnanyi)