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Sonntag, 11. Juli 2010

Man hilft sich

„Ein paar schöne Jahre im Außenministerium“ - damit wollte sich Guido Westerwelle, der schönste und bedeutendste FDP-Chef aller Zeiten, nicht abfinden.
Nein, er nahm sich vor den prestigeträchtigen Diplomatenposten lediglich als Abschußrampe für seine Deutschlandpolitische Agenda („spätrömische Dekadenz, Leistung muß sich wieder lohnen, Steuersenkungen, weniger bretto vom nutto,..“) zu nutzen.

Im Handstreich zeigte er damit den weltweit über 10.000 Beschäftigten des Auswärtigen Amtes was er von ihnen hält - nämlich wenig.
Da läge man offensichtlich in der Hängematte und könne nebenher noch „richtige Politik“ betreiben.
So macht sich ein neuer Chef intern richtig beliebt.
Wie sich das Auftreten des Außenministers extern, also demoskopisch, auswirkt ist bekannt.

Westerwelle hat glücklicherweise schon vor seinem Amtsantritt die finanziellen Schäfchen ins Trockene gebracht und braucht sich nicht auf amtliche Protektion zu verlassen, wenn er dereinst einmal einen neuen Job suchen sollte.

Großguidos finanzielle Errungenschaften sind durchaus bemerkenswert, denn anders als beispielsweise Ursula von der Leyen oder KT von und zu Guttenberg kommt er aus kleinen Verhältnissen.
Nun ist es normal, daß man in einem Regierungsamt - insbesondere, wenn man es lange ausübte, jede Menge Wirtschaftskontakte sammelt, so daß man anschließend lukrative Jobs bekommt.
Dafür gibt es zahllose Beispiele; z.B. Otto Wiesheu, Lothar Späth, Werner Müller, Bodo Hombach.
Es wäre auch verwunderlich, wenn man erworbene Kenntnisse nicht nutzen würde.

Mehr als nur ein Geschmäckle haben allerdings Beschäftigungen bei Firmen, die man als Politiker aktiv gefördert und mit Aufträgen versorgt hat - so hatte Wiesheu, der Amokfahrer und Ex-Superminister von Bayern in Koalitionsverhandlungen dafür gesorgt, daß die Bahn mit Staatsmilliarden übergossen wird und wurde dann - wir ahnen es schon - Bahnvorstand.

Den Vogel schoss der Großmeister der Mauschelei und der schwarzen Kassen, Helmut Kohl, ab.
Er erhielt nach seiner Abwahl 600.000 DM jährlich von dem Mann, den er zuvor reich gemacht hatte - Leo Kirch.


Westerwelles Leistung besteht darin diese Netzwerke mit finanziell außerordentlich lukrativen Wirkungen für all seine Buddys - darunter auch „Herr Mronz“ und Kai Westerwelle - geknüpft zu haben, ohne daß er jemals ein Regierungsamt hatte.

Da war nichts.
Unser Guido hatte bis September 2009 nie einer Administration oder einer Regierung - egal auf welcher Ebene, angehört.
Er mauschelte sich alles aus der Opposition zusammen.

Da kann man es sich bei Eintritt in die Bundesregierung auch leisten dem eigenen Apparat kräftig an den Kopf zu treten und das Ansehen des Amtes im Rapidtempo zu ruinieren.

Westerwelle braucht diese Leute nicht.

Andere Expolitiker verstanden es nicht nur verbrannte Erde zu hinterlassen und rutschten sanft in finanziell sehr reizvolle Positionen.

Paradebeispiel ist Cornelia Yzer.
Sie zog schon mit 29 Jahren in den Bundestag ein. Das war 1990.
Mit 30 wurde die Staatsekretärin im Kabinett Kohl.
Fünf Jahre später, im Januar 1997, wechselte sie direkt von der Regierungsbank auf den Posten der Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V, vfa.
Mit gerade mal 35 Jahren sah es finanziell ganz nett aus für die Parl. Staatssekretärin vom 13.5.1992 bis 22.1.1997. Nach damaligem Recht stand Yzer bis Januar 2000 monatlich 4375,50 Mark Übergangsgeld (brutto) zu. Bis April waren es zunächst sogar 11 852 Mark im Monat – alles zusätzlich zu ihren Abgeordnetendiäten von 11 300 Mark. Obwohl sie sofort bei ihrem Pharmaverband Gehalt bezog, erhielt sie bis Ende 1999 179 947 Mark ÜBERGANGSGELD vom Steuerzahler.)


Da war zum Beispiel der 150%-Katholik Dieter Althaus, der eine Frau fahrlässig tötete, sich anschließend unter Aufbietung eines Höchstmaßes an Heuchelei und Lügengeschichten als bedauernswertes, frommes Opfer darstellte und der CDU in Thüringen bei der Landtagswahl am 30. August 2009 einen Rekord-Verlust von 11,8 Prozentpunkten bescherte.

Anfang 2010 ging Althaus „in die Wirtschaft“; an Bord der Firma, für die er sich zuvor schon als MP massiv eingesetzt hatte: Magna.

"Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit, zumal ich Magna aus meiner Zeit als Ministerpräsident gut kenne und seitdem von der außergewöhnlichen Firmenkultur und der Erfolgsgeschichte beeindruckt bin. Mein Landtagsmandat werde ich Ende April niederlegen."


Arbeiten im traditionellen Sinne muß er nicht.
Er wird einfach dafür bezahlt seine Kontakte in die allerhöchsten CDU-Kreise zur Verfügung zu stellen.
(Keine wirklich neue Situation - als Erfurter MP war er auch monatelang inaktiv und sprach ausschließlich mit BILD-Redakteuren)

Da ist ein Ex-Minister Volker Hoff, der in Hessen seinem Chef nacheiferte, mehrfach der Lüge vor dem Parlament überführt wurde und dafür neuer Cheflobbyist bei Opel wurde.

Da ist ein Ulrich Wilhelm, Noch-Regierungssprecher der Kanzlerin, der ohne Zwischenstopp BR-Intendant wird.

Da ist eine Hildegard Müller, 43, Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, einst engste Vertraute Merkels, von 2005 bis 2008 Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin.
Sie wurde ohne Anstandspause am 25. Juli 2008 zur Vorsitzenden der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und damit zu einer Topp-Lobbyisten.
Ihr Draht zur Kanzlerin ist der Energiewirtschaft einiges wert.
Es zahlt sich aus, wie man an der Atompolitik Merkels ablesen kann.

Ein Fluchtpolitiker ist besonders glücklich über seine stabilen Seilschaften.
Michael Freytag, der Ex-Kronprinz meines Lieblingsbürgermeisters Ole von Beust hatte sich im März dieses Jahres aus dem Hamburger Senat abgesetzt.
Der Hamburger CDU-Chef und Finanzsenator Freytag, der den Hamburger Haushalt für Generationen ruinierte, ging vollkommen überraschend ebenfalls „in die Wirtschaft“

Der Aufseher der HSH-Nordbank nickte bereitwillig all die Entscheidungen ab, die der Stadt Hamburg finanzielle Belastungen von 13 Milliarden Euro aufhalsten.

Zur Halbzeit der Schwarz-Grünen Regierung bekam Debakel-Freytag einhellig die schlechteste Bewertung aller Senatoren.
Die HH Morgenpost verpasste ihm eine glatte „5“.

In Freytags Fall ist es also nur zu verständlich, daß er nicht mehr Senator bleiben wollte.
Zu groß erschien ihm die Gefahr die selbst eingebrockte Suppe womöglich auslöffeln zu müssen. Auch drei Monate nach seiner Amtsflucht, fühlt sich Privatier nicht ganz sicher.
Ob ihm doch noch mal jemand einen Strick daraus dreht, daß unter seiner Aufsicht die ein oder andere Milliarde abhanden kam, für die jetzt die Hamburger aufkommen müssen?
Seine Angst vor der Rache der Geschädigten - der Hamburger - ist so groß, daß er sich prophylaktisch umfassenden anwaltlichen Beistand einholt.
Gewiefte Anwälte, die sich nicht in den Fallstricken des Investmentbankings und der politischen Zuständigkeiten verheddern sind allerdings nicht billig.

Selbst zahlen mag Freytag die Advokaten nicht.

Nein, ob man es glaubt, oder nicht - die Anwaltskosten werden dank der CDU-Freunde im Senat ebenfalls dem Geschädigten, dem Hamburger Steuerzahler auferlegt.

Er erhalte "aktuell anwaltliche Beratung im Hinblick auf seine Zeugenstellung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss HSH Nordbank". Das teilt der Senat auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Britta Ernst mit. "Der Senat unterstützt die Vertuschungsversuche von Ex-Senator Freytag auch noch aus öffentlichen Mitteln", kritisiert sie.
(HH Abendblatt 30. Juni 2010)

Wie gut, wenn man mächtige Freunde hat!

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