TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Donnerstag, 2. April 2009

Zuvorgekommen.

Mir Notwehrmultitasker schwirren in meinen hinteren Hirnregionen immer ein Dutzend unausgegorene zu bebloggende Themen umher.
Als ich heute Morgen in die neueste Ausgabe der ZEIT sah, fiel mir ob der knackigen Überschrift „Wir sind Europameister“ (Wirtschaftsteil, s.26) ein, daß ich schon lange etwas zum wahnhaften Verhältnis der Deutschen zu Waffen schreiben wollte.

Wie kommt es eigentlich, daß der gemeine Teutone von heute so eine extrem verzerrte Wahrnehmung hat, wenn es ums Ballern geht?
Hartnäckig halten sich Merkels Untertanen für notorisch friedliebend und anti-bellizistisch.

Die Saga geht so:

Man habe aus gleich zwei angezettelten Weltkriegen schließlich seine Lektion gelernt und könne nun nur leise Verachtung für das erotisch-emotionale Verhältnis der Amerikaner zu ihren Knarren empfinden. Wenn ein Volk schon im privaten Rahmen unablässig Pistolen befummelt, Kleinkindern spätestens mit vier Jahren das erste mal auf dem Scheißstand ein Sturmgewehr in die Hand drückt, muß man sich auch nicht wundern, daß im Land des John Wayne und Rambo dieses Denken auch auf die Außenpolitik durchschlägt. Kein Wunder, daß die doofen Amis so eine Mega-Mord-rate haben. Es gruselt beim Blick über den großen Teich und umso wohliger wird es einem dann, wenn man daran denkt, daß in Deutschland keine Waffen frei käuflich sind und wir so ein ultrastrenges Waffenrecht haben!

Die Saga mag bezüglich der großen Brüder einen wahren Kern haben, aber über die Verhältnisse in Deutschland lügt der gemeine Michel alle seine Taschen voll.

Es stimmt nicht im Großen.

Deutsche Kaufleute des Todes exportieren jährlich Waffen im Wert von mindestens neun Milliarden Euro.
Weit vor den klassischen Waffenproduzenten England und Frankreich steht Deutschland als Lieferant für Tötungsutensilien aller Art in alle Krisengebiete der Welt zur Verfügung.
Krauss-Maffei Wegmann (Panzer), ThyssenKrupp (Kriegsschiffe), EADS (Kampfhubschrauber), Rheinmetall (Munition), Diehl (Rüstungselektronik) und natürlich die vom CDU-Fraktionschef Kauder persönlich protegierten Heckler & Koch (Gewehre, Pistolen) sind die Killerkonzerne Deutschlands, die weltweit für Tod, Grauen, Verletzungen, Verstümmelungen und Leid aller Art stehen.
Deutschland beliefert inzwischen 126 Staaten der Erde mit Hightech-Tötungsmaterial; das sind immerhin gut 10 % des globalen Waffengeschäfts.
Gut, eigentlich erlaubt die EU keine Rüstungsexporte in Krisengebiete, aber die Bundeskanzlerin drückt alle Augen, inkl Hühneraugen, zu, wenn sie dabei behilflich sein kann Terrorwerkzeug zu verteilen.
Die Regierung Merkel erteilte beispielsweise nicht nur eine Genehmigung für den Export von drei Kriegs-U-Booten nach Pakistan, sondern gab noch eine Hermes-Bürgschaft von einer Milliarde Euro dazu.
(Pakistan scheint offensichtlich kein Krisengebiet zu sein, wenn es nach Frau Merkel geht.)
Vielleicht verhilft ja auch dabei das „C“ im Namen ihrer Partei für eine besondere Sichtweise.
Deutsche Waffentechnik steckt auch in den israelischen Merkava-Kampfpanzern, die durch Gaza rollen.
(Ist Gaza nun etwa auch ein Krisengebiet? - hört man schon Frau Merkel rätseln.)
Georgische Truppen schossen letzten August mit deutschen G36-Gewehren auf die russische Armee.
Aber auch das scheint nach Ansicht der Bundesregierung kein Krisengebiet Kaukasus zu sein - ebenso wenig, wie das als besonders friedlich bekannte Somalia, in dem Mord-Milizen aus Darfur mit deutschen G3-Gewehren ballern.
Ja, das friedliche Deutschland mit seiner 79%-Zustimmungskanzlerin ist doch nach Gandhis Geschmack.

Die Saga stimmt auch nicht im Kleinen:

Zehn Millionen legale Schußwaffen liegen in den Wohnzimmern der Deutschen umher.
Der Ministerialrat Jürgen Brennecke a. D. geht nach Angaben der SZ davon aus, daß es in Deutschland inklusive der illegalen Waffen, sogar 30 Millionen sind.
Das schöne deutsche Waffengesetz, das Innenminister Schäuble so dermaßen scharf findet, daß er es vor ein paar Jahren schon dringend lockern wollte, erlaubt nämlich den Millionen Mitgliedern von Schützenvereinen sich nach Herzenslust mit Sturmgewehren und großkaliberigen Monsterknarren aller Art einzudecken.
Das sind alles Wähler und so gibt es unter den Politikern der Altparteien selbst im Augenblick der maximalen post-Winnenden-Betroffenheits-Heuchelei keinerlei Anstalten den Waffenbesitz ein wenig einzuschränken.
Bevor da also ein Regierungspolitiker erst umständlich nach seinem Rückgrat sucht, ist es alle mal einfacher eben ab und an mal einen Amoklauf abzuwickeln.
Da macht man die Waffenlobby glücklich und hat obendrein noch eine wunderbare Gelegenheit sich wie der der Trauerfeier der Winnenden-Opfer öffentlich als mitfühlend in Szene zu setzen.

An dieser Stelle komme ich auf meine Überschrift zurück.

Einen Einblick in die Szene der deutschen Waffenfans gab es in der letzten PANORAMA-Sendung.
Der Bericht ist sowohl als Video, als auch als pdf-Skript im Internet zu sehen.
Das TV-Magazin muß man mit Lob überschütten; ich kann mich nicht erinnern, daß die in den letzten Jahren einen einzigen uninteressanten Bericht gezeigt hätten; ein schönes Beispiel für den zweiten Teil des Spruchs „Fernsehen macht Dumme dümmer und Kluge klüger“.

Panorama hat mit Anja Reschke zudem auch noch die GENIALSTE Moderatorin im deutschen Fernsehen.
Es ist zwar selten - aber in dem Fall muß ich uneingeschränkt jubeln und mich als Fan outen!
Reschkes Humor finde ich dermaßen brillant, daß ich schon seit einiger in Angst lebe, ihr könne eine Attacke, wie sie gerade Roland Koch auf Brender reitet, drohen.

Immerhin gehören zum NDR-Sendegebiet nun schon drei CDU-Ministerpräsidenten und die dürften eher weniger amused über PANORAMA sein, da das Politmagazin so gar nicht bei der von der CDU angestrebten kompletten Volksverdummung behilflich ist.


O-Ton Silke Stokar, Bündnis 90/Die Grünen-Bundestagsabgeordnete:
„Vom Innenminister bis hin zur SPD, CDU sind alle eifrig bemüht, ja nicht über das Waffenrecht zu reden, und das ist immer ein Ergebnis von Lobbydruck, wenn man sich gar nicht mehr traut, ein Thema öffentlich anzufassen, weil man Angst hat vor der Reaktion der Lobbyisten. Dann ist das schon ein sehr trauriges Beispiel in der Politik.“

O-Ton Wolfang Schäuble, CDU, Bundesinnenminister:
„Wir haben ein sehr strenges Waffenrecht und insofern glaube ich nicht, daß da kurzfristig etwas zu machen ist.“

O-Ton Ernst Bahr, SPD-Bundestagsabgeordneter:
„Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, das Waffenrechtgesetz erneut zu verschärfen.“

O-Ton Georg Nüßlein, CSU-Bundestagsabgeordneter:
„Es macht momentan keinen Sinn, am Waffengesetz zu rütteln.
Das Waffengesetz ist scharf.“

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