TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Donnerstag, 30. April 2009

Picky

Einmal führte ich eine Amerikanerin auf Europabesuch durch Hamburg.
Zum Essen mußten wir in ein Diner, weil die gute Frau sich weigerte „ausländisch“ zu essen.
Glücklicherweise konnte ich mir wenigstens bei den Salatdressings das Übersetzen sparen, da mein Gegenüber mit Adleraugen sofort das „american dressing“ entdeckte.
Ich war so glücklich - endlich würde sie zufrieden sein und einen Salat nach ihrem Geschmack genießen.
Doch zu früh gefreut - denn sie war ein schlaues Mädchen, tauchte die äußerste Forke ihrer Gabel ca 2 mm in das Dressing, spitzte die Lippen, rollte die Augen, rang nach Atem und hauchte angewidert hervor: „NO! That’s not the way we eat in America!“

Echte Amerikaner können zuweilen etwas strapaziös sein - was soll man auch dem freundlichen Mann in der „Fromagerie Francaise“ sagen, wenn der amerikanische Gast mit auf Untertellergröße geweiteten Augen und zugehaltener Nase vor ca 300 Käsesorten steht und radebrechend verkündet „I eat only american cheese“ und man sich selber nicht traut zu übersetzen, daß „american cheese“ in dem Fall einzeln in Cellophan verschweißte Schmelzkäsepresslinge; vulgo Scheibletten, bedeutet?

Man soll aber nicht dieses wählerische Verhalten verdammen - auch wenn die Geschmäcker der Publikümmer bekanntlich verschieden sind.

Auf anderen Gebieten sind gerade die Europäer erstaunlich genügsam und nicht im Geringsten an Vielfalt interessiert.
Obwohl es tausende von religiösen Sekten gibt und für beinahe jeden Topf ein Deckel geboten wird, begnügt man sich hierzulande weitgehend mit Katholizismus und zwei, drei protestantischen Strömungen.
Konvertiten sind selten und abgesehen von Kirchenaustritten gibt es kaum Wechsel.

Ganz anders in Amerika: Nach einer Umfrage des "Pew Forum on Religion and Public Life" haben nur 47 % der Amerikaner noch nie ihre Kirchenzugehörigkeit gewechselt.

Man nennt das "Church-shopping".

Ja, doch, es ist möglich - wenn man den Priester beim Griff in die Kasse entdeckt, kann man neben der deutschen Methode (wegsehen, schweigen und beschönigen) auch zackig amerikanisch reagieren und sagen“ In Zukunft ohne mich! Geh doch pleite mit Deiner Kirche!“

Gefällt einem die gepredigte Theologie nicht mehr, kann man statt des deutschen achselzuckenden Ignorierens auch auf sein Rückgrat zurück greifen und wechseln.
Die ehemals episkopale Mrs Case sagte ihrem Pfaffen beispielsweise, daß sie diese ganze Jenseitsfixierung satt hatte und wurde Quäkerin.

("I began to see there were some things I wasn't able to get on board with fully. I don't like the traditional Episcopalian focus on the afterlife".)

Das ist doch mal ein vernünftiges Verhalten der Amis - wenn man schon religiös sein muß.
Verblüffung tritt erst beim zweiten Blick in die Pew-Studie auf, wenn man sich die Gründe für Religionswechsel ansieht.
Es wechseln viel mehr evangelisch Erzogene als katholisch Erzogene ihre Religion!

Ausgerechnet der vermeidlich größte Image-Schaden für eine Kirche - nämlich, daß tausende von katholischen Priestern in Amerika kleine Jungs begattet haben, stört die Gläubigen nur marginal:

Some factors that might be expected to drive people away from religion -- such as sex abuse scandals in the Catholic Church, or a belief that science "disproves" religion -- actually play a very small role, the study suggests.

OK, Petitessen wie Lügen und Kinderficken sind also keine Austrittsgründe für Religiöse - wohl aber Umzüge, Sympathie für einen Pastor oder sogar auch Differenzen über die Jenseitsvorstellungen.

2 Kommentare:

Jakester hat gesagt…

Da koennt ich endlos plaudern.
War mir in Deutschland davor noch nicht passiert, in Amerika wurde ich dafuer unzaehlige Male belaestigt/genoetigt.

"Ob ich am Sonntag mit in 'ihre Kirche komme"
'Ihre ist auch immer die Beste, alle Anderen taugen nix.
Da gibts auch Bowling und 'n Pool, ist gut fuers Geschaeft and there are always some nice Chicks, ....

Das hatte schon nach kurzer Zeit einen recht anwidernden Effekt und man erzaehlt sich in meiner ehemaligen Sub. immer noch die Maehr vom blasphemischen Deutschen, der eines Sonntag Morgen eine Gruppe Jeovas an seiner Haustuer mit der Schrottflinte begruesste und anfing zu zaehlen, ....was natuerlich gar nich stimmt :-)

Und noch ein Candy vom Popo:
"Papst bittet Kanadas Ureinwohner um Vergebung"

"Ein Jahrhundert lang waren Indianerkinder in katholischen Schulen schweren psychischen und sexuellen Misshandlungen ausgesetzt."

Typisch Popo: "«Trauer und Entsetzen» über «das bedauernswerte Verhalten einiger Kirchenvertreter» ....."

"Zahlreiche Schüler wurden fernab von ihren Reservaten und ohne Schutz der Eltern in den Internaten auch sexuell missbraucht."
Popo: " «Derartiger Missbrauch darf nicht toleriert werden»"
usw..... http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1342319.html

Was nicht fehlen darf:
"Die kanadische Regierung hatte die Ureinwohner vor wenigen Jahren mit zwei Milliarden Dollar für die Misshandlungen in den Schulen entschädigt."

"Nach Angaben der kanadischen Bischofskonferenz beteiligte sich die katholische Kirche mit 79 Millionen Dollar (etwa 60 Millionen Euro) an den Zahlungen.

Während die Anglikanische und die Presbyterianische Kirche sowie die United Church die Betroffenen offiziell um Verzeihung baten, hatte die Katholische Kirche, die etwa 75 Prozent der Internate führte, bisher nicht reagiert."

75% Schaden, -- 4% Tilgung
Sieht das mit kirchlichen Einrichtungen in zB. Deutschland nicht aehnlich aus?

Da kann man der Kirche nichts vormachen/werfen, .... profitorientiert ist Sie wohl kaum zu schlagen.

Gruss

J.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Hallo Jake!

Ja, hier ist das auch immer lustig mit Besuch aus Amiland, wenn die ganz selbstverständlich fragen, wo man sonntags zur Kirche geht und man antwortet GAR NICHT.

Wobei ich auch mal eine Lanze für die Amis brechen muß - die Auslandsamis sind oft erstaunlich unamerikanisch.
Jedenfalls die, die für längere Zeit in Europa leben. Die werden meistens irreversibel entamerikanisiert und müssen sich dann in ihrer Heimat vorhalten lassen durch und durch Europäer zu sein.
Ich habe hier auch wirklich NOCH NIE einen Amerikaner getroffen, der Bush gewählt hat.
Im Gegenteil - es ist ganz selbstverständlicher Konsens, daß man sich für GWB geschämt hat und wenn man wie mein Vater zum Beispiel noch einen starken Akzent hat, behauptet man aus Kanada zu stammen.
Und so wenig Amis sind es gar nicht mal - man trifft doch regelmäßig mal ein Exemplar - allein in Hamburg sollen angeblich dauerhaft an die 20.000 US-Amerikaner hausen.

Manchmal habe ich schon den Eindruck, daß es in Wahrheit gar keine GWB-Wähler gibt.
Naja, wie viele tatsächlich da ihr Kreuz gemacht haben, wird man nie erfahren - aber einige fanden den Typ ja offensichtlich tatsächlich gut.

Aber bevor man sich selbst vor Gram ob des US-Passes mit einem Holzhammer auf den Kopf schlägt:
Viel besser ist es anderswo auch nicht.
Wozu war es denn gut, daß die Deutschen 16 Jahre immer bloß Kohl gewählt haben?
Gibt es in Italien keine Alternative zu Berlusconi? Von der frz Front National, der BZÖ oder dem Vlaams Block, oder, oder, oder… will ich erst gar nicht anfangen.


Schon schlimm, was Demokratie für Folgen haben kann.

LG
T