Umweltfreundliche Autos zu bauen, Erdbeeren und Spargel selbst zu ernten, Mobiltelephone herzustellen, Ingenieure und IT-Techniker auszubilden oder international akzeptable Fernsehserien zu drehen sind Beispiele dafür.
Aber wozu gibt es denn die Globalisierung?
Da kann man sich die Arbeit aufteilen. So wird in Deutschland seit mindestens einer Dekade gejammert, daß wir viel zu wenig Ingenieure und IT-Fachkräfte haben, während Polen und Indien genau diese Hochqualifizierten im Übermaß produzieren, so daß wir sie importieren können. Die Idee selbst Fachkäfte auszubilden, lehnen CDU-Bildungspolitiker strikt ab.
Bildungsfeindlichkeit ist eine der neuen Kernkompetenzen des 82-Millionenvolks in der Mitte Europas.
Frau Merkel fuhr gleich drei Bildungsgipfel gegen die Wand, die deutschen Schulen sind mit die schlechtesten und miserabelsten der OECD-Zone, Bürgerinitiativen, wie der Hamburger Gucci-Protest verhindern, daß Schulformen verbessert werden und eine neu n ins Amt gewählte schwarz-gelbe Landesregierung (die von Carstensen) beschließt als erste Amtshandlung gleich mal eine Universität abzuschaffen.
Dieser allgemein-edukative Antagonismus hat seinen Ausdruck darin, daß der Bundesbildungsminister nicht nur von Merkel im Jahr 2005 komplett entmachtet („Föderalismusreform“) wurde, sondern daß die Stelle auch noch faktisch vakant ist.
Oder kann sich etwa irgendjemand erinnern, daß Anette Schavan jemals aktiv geworden wäre?
An dieser Stelle sei eingeflochten, daß sich der Autor dieser Zeilen auch in englischsprachigen Plattformen mit Amerikanern streitet. Eine Meinungsverschiedenheit wurde zuletzt recht effektiv beendet:
First of all, the German people have about another 200 years before they can have an opinion about how the world should work. The German's have been responsible for so much horror in this world! To be safe in this world, is to destroy our enemies, just like we destroyed the Nazis, had to be done.
Frei übersetzt heißt das:
Die Scheiß Deutschen sollen gefälligst noch 200 Jahre die Klappen halten, bevor sie es wagen dürfen uns Amerikanern reinzureden.
In so einer Situation kann ich auch anders von Deutschland sprechen, das soziale System loben, betonen, daß man weitgehend kostenlos studieren kann, daß das Zusammenleben friedlicher und weniger fanatisch als in den USA funktioniert, daß die Kriminalität niedriger ist und daß die Deutschen offensichtlich so viele technische Fertigkeiten haben, daß sie der zweitgrößte Exporteur der Welt sind.
In Deutschland gibt es immerhin überhaupt ein ökologisches Bewußtsein und ein dementsprechend großes Knowhow in den grünen Zukunftsindustrien.
Angestoßen von der zukunftsweisenden Politik eines Jürgen Trittin haben wir mittlerweile 1,2 Millionen Jobs in der Öko-Industrie.
Anders als Herr Brüderle denkt, ist damit die „Greentech“ bezogen auf die Arbeitsplätze inzwischen der wichtigste Wirtschaftszweig.
Hier arbeiten mehr Menschen als im Maschinenbau oder der Automobilindustrie. Man kann von einem dreifachen Glückfall sprechen.
Hier ist 1.) ein starker ökonomischer Motor im Gange, der 2.) die Ökologie fördert und der 3.) weltweit zukunftsweisend ist.
Energieeffizienz und Energiegewinnung werden mit Sicherheit die Top-Themen der Zukunft sein.
Rund um den Globus hängt man derzeit noch weitgehend an extrem umweltschädlichen auf Kohlenwasserstoff-Verbrennung basierenden und nuklearen Methoden.
Beides ist wegen der Gefahren nicht zu rechtfertigen.
Ob der Doofheit der Menschen ist es möglicherweise ein Glück, daß die Ressourcen dieser tödlichen Techniken allesamt zu Ende gehen.
Nicht nur Erdgas, Kohle und Öl sind knapp - auch der Kernbrennstoff Uran wird maximal noch ein paar Dekaden reichen.
Es gibt gar keinen anderen Weg, als den in Richtung Greentech.
Und gerade da hat Deutschland einen Vorsprung!
Bevor man deswegen Luftsprünge macht, sei an die Merkel-Regierung erinnert, die genau hier auf die Bremse tritt und mit aller Macht die Energiekonzerne daran hindert in Ökotechniken zu investieren, die den regenerativen Energien den Markt zerstört, die die Netze mit Atomstrom vollstopft.
Brüderle, der Wirtschaftsminister drängt mit Gewalt Deutsche Unternehmen von zukunftsträchtigen Technologien des 21. Jahrhundert zurück auf eine gescheiterte Uraltechnik aus den 1940er Jahren, die brandgefährlich ist und auch in einem halben Jahrhundert noch nicht mal ansatzweise ihre Hauptprobleme lösen konnte.
Die Endlagerfrage wird in Deutschland mit jedem Jahr drängender. Mehr als 40 Jahre nach Inbetriebnahme des ersten deutschen Kernkraftwerks fehlt noch immer ein geeignetes Lager für die ständig wachsende Menge an Nuklearmüll. Fast 14000 Tonnen stark strahlenden Abfalls haben Deutschlands Reaktoren bislang produziert. Kommen zehn bis 15 Jahre dazu, dürften es mehr als 20000 Tonnen werden. Dabei wissen die Betreiber schon heute kaum noch, wohin mit den Brennstäben. An den bayerischen Kernkraftwerken Ohu, Gundremmingen und Grafenrheinfeld lagern schon jetzt große Mengen abgebrannter Brennstäbe.
(Markus Balser, SZ, 31.08.10)
Klar ist nur eins; die Haupt-Atomlobbyisten Mappus und Seehofer, in dessen Bundesländern die meisten AKWs stehen, setzten massiv auf St Florian:
Atomkraft unbedingt ja - aber der Müll darf unter keinen Umständen in Baden Württemberg oder Bayern gelagert werden.
Auch in der Atomfrage ist die CDU keineswegs mehr geschlossen. Greentech bringt auch Geld in die Steuerkassen.
Böhmer, Carstensen und McAllister wissen, daß Merkels und Brüderles Atom-Kotau ihren Bundesländern ökonomisch schadet:
Insbesondere Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister hat sich auf die Seite von Röttgen geschlagen. Der Grund ist einfach: Niedersachsen mit seinen vielen fertigen und geplanten Windparks fürchtet bei großen Laufzeitverlängerungen ein weiteres Hinauszögern nötiger Investitionen.
(Stefan Braun, SZ, 31.08.10)
Merkel ist eben nicht die Kanzlerin aller Deutschen, sondern die devote Atom-Beglückerin, die dem öligen Oligopol Milliarden zuschustern will.
Milliarden, die nicht etwa Herr Schäuble selbst druckt, sondern die aus den Taschen der Verbraucher in die Vorstandsetagen der Millionäre von E.on und Co fließen.
Heute gehörten E.ON und RWE zu den größten Gewinnern am Frankfurter Parkett. Das ist verständlich, lassen die angedachten 10 bis 15 Jahre Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke die Kassen der Strommonopolisten doch klingeln. Eine 15jährige Laufzeitverlängerung würde den Betreibern nach Berechnungen des DIW Zusatzeinkünfte von mehr als 96 Milliarden Euro bescheren. Selbst wenn die Regierung ihre Drohung wahrmachen und einen Teil der Mehreinnahmen über eine „Brennelementesteuer“ abschöpfen würde, blieben den Stromkonzernen noch rund 62 Milliarden Euro Mehreinnahmen
(Spiegelfechter 30.08.10)
Um diesen völligen Irrsinn zu rechtfertigen setzt die Lobby-Kanzlerin nun auf ein Gefälligkeitsgutachten, das von glühenden Atomenergiefreunden erstellt, mit so vagen Annahmen rechnet, daß man darüber nur lachen kann.
Jedes Jahr erleben wir, wie sich Wirtschaftsweise extrem korrigieren müssen, weil sie noch nicht einmal die ökonomischen Kerndaten in den nächsten 12 Monaten vorhersagen können. Großdesaster wie die Banken- und Wirtschaftskrise 2008 hat überhaupt keiner der zertifizierten Schlauköpfe erahnt.
Aber Merkel und Brüderle stützen sich jetzt auch ein Gutachten, das genau wissen will, wie es im Jahr 2050 aussieht. Eine Scheinexpertise strotzend vor „unsicherer Annahmen: Ölpreis, Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftswachstum fließen ein. Nur: Liegt der Ölpreis im Jahr 2050 tatsächlich nur bei 130 Dollar je Barrel? Gibt es wirklich nur noch 73 Millionen Menschen in Deutschland? Wird es gelingen, den Energieverbrauch pro Kopf zu halbieren? 'Das rechnerische Ergebnis', so führen auch die Gutachter aus, 'sagt noch nichts darüber aus, wie realistisch die Zielerreichung in der Praxis ist.' Vor allem sei unsicher, ob es ein neues, anspruchsvolles Abkommen im Klimaschutz gibt. Gäbe es keines, wären auch die deutschen Klimaziele in Gefahr. 'Dahinter steht aus heutiger Sicht das größte Fragezeichen', räumen die Gutachter ein.“
(Michael Bauchmüller, SZ, 31.08.10)
Warum Angela Merkel sich ohne Not aus dem Fenster lehnt und eine Laufzeitverlängerung von zehn bis fünfzehn Jahren als „fachlich vernünftig“ bezeichnet, entzieht sich nicht nur der fachlichen, sondern auch der politischen Logik. Noch nicht einmal das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gefälligkeitsgutachten des von E.ON und RWE finanzierten Kölner EWI konnte sich dazu durchringen, eine solche Laufzeitverlängerung in Hinblick auf die Punkte Strompreis, Versorgungssicherheit und CO2-Bilanz als „fachlich vernünftig“ darzustellen. Der einzige Grund, warum die EWI-Studie überhaupt marginale volkswirtschaftliche Vorzüge bei einer Laufzeitverlängerung sieht, ist der Umstand, dass Alternativinvestitionen und ungeklärte Probleme, wie beispielsweise die Zwischen- und Endlagerfrage, gar nicht betrachtet werden.
(Jens Berger 30.08.10)
Diese Bundesregierung ist nicht nur ein Witz und die Inkarnation der Lobbyhörigkeit, nein, sie ruiniert auch Deutschlands Zukunft.
Die Opposition ist in Rage und will parlamentarisch nachbohren.
Aber viel Erfolg werden sie nicht haben - denn FDP, CSU und CDU haben eine satte Mehrheit. Danke lieber Urnenpöbel!
Das gestern der Öffentlichkeit vorgestellte Gutachten von EWI, GWS und Prognos muss ein parlamentarisches Nachspiel haben. Viele Annahmen im Gutachten sind ebenso willkürlich wie politisch gesetzt. Hier sollte ein bestimmtes Ergebnis von vornherein sichergestellt sein.
In einem wirtschaftlich so wichtigen Feld wie der Energiepolitik und einem für das Leben und die Sicherheit der Bevölkerung so entscheidenden Politikbereich darf nicht der Eindruck entstehen, dass politische Entscheidungen vor dem Hintergrund von Gefälligkeitsgutachten getroffen werden. Die Öffentlichkeit und das Parlament haben ein Recht darauf zu erfahren, wer wie bestimmte Annahmen vorgegeben hat.
Deswegen werden wir in der nächsten Sitzungswoche eine Sondersitzung der zuständigen Ausschüsse beantragen, um uns von den Gutachtern erklären zu lassen, wie sie zu ihren Ergebnissen gekommen sind.
Völlig unklar ist – um nur zwei Beispiele zu nennen - warum im Referenzszenario der Energieendverbrauch nur um 25 Prozent zurückgeht, in den Szenarien mit Laufzeitverlängerung aber mal um 45 Prozent, mal um 49 Prozent. Kauft die Bevölkerung zum Dank für Laufzeitverlängerung effizientere Elektrogeräte? Oder: Mit Laufzeitverlängerung sinkt der Energieverbrauch in der Industrie um 37 bis 38 Prozent bis 2050. Im Referenzszenario ohne Laufzeitverlängerung sind es nur 18 Prozent. Gemauschel und Getrickse bei den Annahmen zugunsten der Atomenergie wo man hinschaut – vom Stromverbrauch bis zur Energieeffizienz.
Gleichzeitig dementiert die Regierung eigene Zusagen. Hatte sie sich Mitte August 2010 gegenüber der EU noch verpflichtet, bis 2020 über 111.000 MW erneuerbarer Energiekapazität bereit zu stellen, sollen es mit Laufzeitverlängerung nur noch 88.000 MW sein - ein Minus von 21 Prozent. Die vorhandenen Biogasanlagen sollen gegenüber dem heutigen Stand sogar zurückgebaut werden. Offensichtlich sollen Laufzeitverlängerungen keine Brücke ins Solarzeitalter bilden, sondern den Ausbau erneuerbarer Energien im Inland ausbremsen. Nach dem Willen von Röttgen und Brüderle soll Deutschland durch Laufzeitverlängerungen zu einem Stromimportland werden, das dann 2050 – so das Gutachten – bis zu einem Drittel seines Stroms aus dem Ausland importiert. Heute exportiert Deutschland Strom.
Im Ergebnis bestätigt das Gutachten die Geschäftsstrategien von RWE, E.ON und Co. Die Verlängerung von Laufzeiten für AKW soll durch jede Menge willkürlich gesetzter Sonderannahmen untermauert werden.
(Pressemitteilung NR. 1020 vom 31. August 2010. Jürgen Trittin, Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen)