Diese Klage führen gerade die, die am meisten von staatlichen Leistungen abhängig sind, am liebsten.
Tunnelgeblickte Anklagen dieser Art kontere ich gerne mit dem Satz: „Wenn dir DIE POLITIKER so gar nicht gefallen, werd‘ doch selbst Bundeskanzler.“
Das Beispiel Gerhard Schröder hat schließlich gezeigt, daß man es aus wirklich alleruntersten Verhältnissen so weit bringen kann.
Der Nachteil ist nur, daß das passiv-phlegmatische Leben festgewachsen vor dem Sat-1-Programm dann vorbei ist.
Die „Ochsentour“ heißt nicht ohne Grund so. Zwar freuen sich ALLE Parteien über jedes Mitglied, das aktiv werden möchte und sich in Distrikten, kommunalen Delegiertenausschüssen und bei Info-Ständen engagiert, aber es ist mit Arbeit verbunden.
Dafür bekommt man zunächst mal nicht nur kein Geld, sondern auch noch Nervenzusammenbrüche.
Einige Myriaden Stunden ehrenamtliche Arbeit; möglicherweise über Dekaden muß man investieren bis man es in ein Landesparlament bringt. Der Sprung von hinterbänklerischen Unwichtling zum Politpromi ist dann erst recht mit Fleiß verbunden - wobei offensichtlich noch persönliche Beziehungen, Familie und Gesundheit auch noch auf der Strecke bleiben.
Eigenartigerweise führt dieses Aussieben aber nicht dazu, daß nur altrusitische Gutmenschen mit hoher Intelligenz in Spitzenpositionen kommen, sondern offenbar schwimmen auch plattköpfige Unfähige wie Fettaugen auf der Suppe nach oben.
Wie kann es eigentlich angehen, daß hartnäckig an gescheiterten Konzepten festgehalten wird - auch wenn eine Studie nach der nächsten die Note „6“ ausstellt und man aus dem Ausland weiß, wie es besser gehen kann.
Die Rede ist von der deutschen Bildungspolitik, die nicht nur versagt hat, sondern auch den Karren zielstrebig immer mehr in den Dreck scheibt - als ob wir ein Land wären, das sich nicht um die Ausbildung seiner Jugend kümmern müßte, weil hier Ölquellen sprudelten oder die Äcker voller Diamanten lägen.
Aber deutsche Bildungspolitiker schaffen es, daß Hunderttausende Lehrstellen nicht besetzt werden können, obwohl es Hunderttausende Lehrstellensuchende gibt - aber was hier aus der Schule kommt, ist zum großen Teil leider zu verblödet, um eine normale Handwerkslehre zu beginnen.
70.000 Jugendliche verlassen jedes Jahr sogar ganz ohne Abschluß die Schule, Hauptschulabschluß ist quasi sinnlos und über 4 Millionen Analphabeten haben sich zusätzlich in Deutschland angesammelt.
Ingenieure müssen mühselig im Ausland angeworben werden, weil Deutschland eine der niedrigsten Studierendenquoten Europas hat und wer es dennoch auf eine Hochschule schafft, muß dann zum Beispiel in der Uni Hamburg in derart verrotteten Gebäuden auf der Suche nach den nur in homöopathischen Dosen vorhandenen Professoren irrlichtern, daß so ein Studium nur abschreckt und zu gigantischen Abbrecherraten führt.
Als ich vor über 20 Jahren in der reichsten Stadt Europas (Hamburg) ein Studium begann, erfuhr ich als erstes von meinem Tutor, daß ich möglichst nach dem Vordiplom an eine andere Uni wechseln solle, weil die Bedingungen in Hamburg bekanntermaßen dermaßen schlecht wären, daß kein Topforscher freiwillig hierher käme.
Mein Tutor war damals Direktor eines Instituts und konnte seit vielen Semestern zwei C4-Stellen nicht besetzten, weil kein anerkannter Professor freiwillig in so einen rückständigen Drecksladen wechseln würde.
Wir haben damals über Monate für bessere Studienbedingungen gestreikt.
Die Uni hat man einfach sehenden Auges weiter verfallen lassen, Studiengebühren eingeführt und kommt nun, 2008, zu dem erstaunlichen Schluß, daß die Gebäude derart verrottet sind, daß sich noch nicht mal mehr eine Sanierung lohnt.
Der Senat plant nun alles platt zu machen und die Uni mit ihren 40.000 Studenten an anderer Stelle wieder aufzubauen.
Also am Sanktnimmerleinstag.
In der Zwischenzeit können dann ja noch mal zehn oder zwanzig Schulabgängerjahrgänge gemütlich verblöden.
Als Frau Merkel 2005 mit ihrer großen Mehrheit in beiden Parlamentskammern antrat, gab es zunächst einmal die Neuauflage der Föderalismuskommission.
Gut so, der Föderalismus ist vollkommen ausgeartet.
Das Ergebnis war dann - man glaubt es kaum - eine weitere Verschlechterung der Situation. CDU-Landespolitiker konnten sich auf ganzer Linie durchsetzen und die Bildungshoheit der Länder festschreiben.
Diejenigen, die also bewiesenermaßen komplett versagt hatten, bekamen das Plazet „weiter so“.
2008 sieht es schlimmer aus denn je - der Spartrieb hat die Restschulen (Hauptschulen) endgültig als vergammelte Müllhalden enden lassen und das ALLERWICHTIGSTE - mehr qualifizierte Lehrer - wurde in Gegenteil verkehrt:
Nach Angaben des Deutschen Philologenverbandes fehlen
20 000 Pädagogen an den Schulen.
Bis 2013 könnten bis zu 40 000 Lehrer fehlen. Bis 2015 scheidet rund die Hälfte der im internationalen Vergleich völlig überalterten deutschen Lehrerschaft aus.
Von den Hochschulen kommt aber selbst nach überholten Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2003 maximal die Hälfte dessen, was nötig wäre, um die Lücke zu füllen.
Noch schlimmer: Die Misere an den Schulen ist so groß, daß viele der Lehramtsstudenten in die Wirtschaft wechseln.
Es gibt deutliche Mehrheiten in der Bevölkerung (60 %), die für eine Reform des dreigliedrigen Schulsystems und eine längere Grundschulzeit votieren. Eine Umfrage der Bertelsmannstiftung führt weiter aus:
Fast die Hälfte der Deutschen hält das aktuelle Bildungssystem für ungerecht (45 Prozent der Befragten insgesamt; 48 Prozent der Eltern). In Ostdeutschland sagen sogar 60 Prozent der Befragten, dass sie das Bildungssystem für nicht gerecht halten. Besonders skeptisch äußern sich die Menschen in Deutschland zur Chancengleichheit: Drei Viertel der Bevölkerung und sogar 86 Prozent der Eltern sind der Ansicht, dass Jugendliche aus allen Schichten beziehungsweise aus allen Kulturkreisen nicht die gleichen beruflichen Chancen haben.
Anstatt aber mal ihrer Hintern in Bewegung zu setzen, beschäftigte sich die in der Verfassung gar nicht vorgesehene KMK aber mit Sinnlosigkeiten à la Rechtschreibreform, die ungewollt, unnötig und teuer war.
Jetzt kommt der konstruktive Teil dieses Postings - wie rettet man das deutsche Volk vor der endgültigen Verdummung?
1.) Bundestag und Bundesrat werden mit Waffengewalt dazu gezwungen sich erneut zusammen zu setzen, um die zweckfreien Föderalismuskommissionsergebnisse zu kassieren.
2.) Die 16 Bildungsminister der Länder werden mit Daumenschrauben versehen und dazu verurteilt für immer und ewig ihre eigene Doofheit als Kandidaten in nächtlichen 9Live-Quizsendungen zu demonstrieren. Ihre Ministerien werden aufgelöst.
3.) Frau Schavan muß mit einer Eselsmütze versehen vor dem Reichstag in Berlin 500.000 mal aufschreiben „ich darf nie wieder für Bildung in Deutschland verantwortlich sein!“
4.) Ein durchschnittlich begabter Redakteur einer mittelmäßigen Zeitung wird beauftragt all die Studien zusammenzutragen, die en detail in den letzten Jahren aufgelistet haben, was in der deutschen Bildungspolitik alles schief ging.
5.) Jedes Wahlkampfversprechen, das irgendeinem Politiker rausrutscht, wird einkassiert und die versprochenen Summen (Pendlerpauschale, Billigstrom,…) werden stattdessen zur Sanierung von Schulen benutzt.
6.) Hauptschulen werden abgeschafft.
7.) Alle Förder-, Sonder- und Spezialschulen, die dazu dienen lästige Schüler aus dem Blickfeld zu schieben, werden ebenfalls abgeschafft. In Zukunft haben sich die Schulen SELBST um ihre Problemschüler zu kümmern.
8.) Ein allmächtiges Bundesschul- und Bundeshochschulministerium = Omniministerium wird geschaffen, das vom Finanzminister zuerst berücksichtigt werden muß. Es kann direkt an den Landesregierungen vorbei Entscheidungen treffen, Unterrichtsinhalte festlegen, Prüfungen zentralisieren und Gelder und Materialien zur Verfügung stellen. Das Fach „Allgemeine Lebenskunde“ wird Pflicht. Hier werden Fertigkeiten gelehrt, die offenbar nicht mehr selbstverständlich sind: Welche Nahrung ist gesund? Brauche ich tägliche neue Handyringtonabos? Wozu „Danke“ und „Bitte“? Hygiene, Umgangsformen, Pünktlichkeit, Verhütung, etc.
9.) Neben 50.000 neuen Lehrern, werden sie Schulen außerdem mit ganzen Kohorten von Pädagogen, Sozialarbeitern und Psychologen ausgestattet, die bei Bedarf auch die Schüler zu hause abholen, die Familien beraten, für Lehrmittel sorgen und Problemschüler gegebenenfalls rund um die Uhr betreuen.
10.) Personalvorschlag für das Omniministerium: Minister Sarrazin, Staatssekretäre Buschkowsky, Clement und andere, die sich nicht umpusten lassen, wenn die zu erwartenden Proteste einsetzen.
NACHTRAG:
Meine Zahlen kann ich noch ein bißchen aktualisieren:
Tausende Schüler scheitern an Barrieren im deutschen Bildungssystem. Fast 80 000 junge Menschen verlassen die Schule jedes Jahr ohne einen Abschluss, das sind fast acht Prozent eines Jahrgangs. Jeder fünfte 15-Jährige kapituliert vor einfachen Lese- und Mathematikaufgaben. Migrantenkinder stehen auf allen Bildungsstufen schlechter da - auch wenn sie gute Leistungen bringen. Schulabbrecher und Hauptschüler haben große Mühe, eine Ausbildung zu beginnen. Die Länder wollen beim Bildungsgipfel zum wiederholten Mal versprechen, die Zahl der Schulabbrecher zu halbieren und die Durchlässigkeit zwischen den Bildungswegen zu verbessern. Bisher blieb das jedoch folgenlos. Auch ist es nicht gelungen, die Ausbildung der Lehrer bundesweit zu vereinheitlichen und genügend Nachwuchs zu gewinnen. Die Hälfte der Lehrer ist bereits älter als 50 Jahre.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.195, Freitag, den 22. August 2008 , Seite 6
2 Kommentare:
Selbst so eine "Superbehörde" kann den Karren nicht so schnell aus dem Dreck ziehen, wie es nötig wäre, nachdem man ihn 20 Jahre lang aktiv versumpft hat. Die Kernkompetenz Deutschlands liegt nun mal nicht darin Millionen unqualifizierter Arbeitnehmer einen Job zu bieten (das kann die 2. und 3. Welt auf Kosten von Menschen und Umwelt billiger), sondern technologisch und innovativ führend zu sein. Dafür benötigt man aber ein gewisses Maß an Grütze. Wird dies in der (Hoch)Schule nicht mehr ausreichend vermittelt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis man sich verabschieden kann.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass teilweise auf Grund von seltsamen Glaubensvorstellungen Gebiete wie die Stammzellenforschung nicht vernünftig vorangetrieben werden können - ein angetäuschter Schritt nach vorn, dafür aber gleich zwei wieder zurück.
Die Kernkompetenz Deutschlands liegt nun mal nicht darin Millionen unqualifizierter Arbeitnehmer einen Job zu bieten...
Genau DAS ist aber unser Aufschwung und unser Jobwunder: Billigjobber, Ein-Euro-Arbeiter, Multijobber, Geringverdiener und natürlich AUFSTOCKER, die in ganz regulären Verhältnissen derartig wenig verdienen, da es nie zum Leben reichen kann und die dann den Rest bei Olaf Scholz abholen müssen - um auf eben so viel Geld wie ein Hartz-Empfänger zu kommen.
Darüber freuen sich doch Merkel, Scholz und Glos so furchtbar - offenbar sehen sie das ja als Deutschlands Zukunft.
Ich dagegen fände ja, daß man das mal ändern sollte - klar dauert das noch ewig - selbst WENN jetzt meine Vorschläge umgesetzt würden - was ja auch schon eine Wahrscheinlichkeit NULL hat. Vom abwarten wird es aber offenbar auch nicht besser.
GUTER Hinweis mit der Stammzellenforschung!
Ja, das ist eine ganz erbärmliche Koalition aus Grünen, Kirche und CDU - Deutschland als Lowtech-Insel, während sich die Forscher in Israel, GB und USA totlachen.
Das wollte ich auch schon erwähnt haben.
Oder es in meinen nächsten Post über die Gesundheitspolitik stopfen - aber das ist auch schon so elendig ausgeufert - ich wollte doch nur was Komisches über den Morbi-RSA schreiben…….Mist.
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