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Dienstag, 5. August 2008

Ich werde alt

Wenn sich in einer Gesellschaft mühsam ein Erkenntnisprozess abspielt und nach Dekaden des Bohrens von dicksten Brettern endlich ein allgemeiner Wissenstand durchgesetzt hat, darf man es nicht schleifen lassen.
Manches bleibt hängen - wie zum Beispiel das von Kirche und Konservativen hart bekämpfte Frauenwahlrecht. Es steht inzwischen nicht mehr zur Disposition.

Andere Einsichten stehen auch nach Jahrzehnten noch auf der Kippe - zum Beispiel der Umweltschutz, der ebenfalls von der CDU und der Wirtschaft hart attackiert wurde, als die Grünen in den Bundestag kamen.
Das waren die Schmuddelkinder und Ökologie war einfach kein Thema für ernste Politik.
Heute haben alle Parteien die Ökologie auf der Agenda und niemand würde mehr öffentlich davon abrücken.
Besonders fest sitzen diese Überzeugungen aber nicht - kollidieren die Interessen der Industrie mit der Ökologie, sind die Umweltschutzbekenntnisse auch schnell mal zur Seite geschoben - da wird im Watt gebaggert, Flüsse werden begradigt und ausgehoben und mit der Autolobby legt sich auch niemand an - kein Tempolimit nirgends.
Nur als Beispiel eine Meldung aus Hamburg von heute; das Abendblatt schreibt:
Dem Hamburger Senat geht das Geld für sein Klimaschutzkonzept aus. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) muss die Fördergelder für Solaranlagen und Heizungssanierungen um 50 Prozent und mehr kürzen.
Die reichste Stadt Deutschland hat es nicht mehr so üppig und obwohl die Grünen an der Regierung sind, wird als erstes bei einer Umweltschutzmaßnahme gestrichen.

Richtig schlimm ist es aber beim Thema Atomkraft.
Es scheint, als ob jemand auf den großen „Reset“-Knopf der Gesellschaft gedrückt hätte und nun alle Argumente aus dem kollektiven Hirn der Deutschen entfleucht sind.
Kaum wird das Benzin ein bißchen teurer, kann die Atomlobby wieder den größten Unfug unter die Leute bringen, die das offensichtlich arglos und devot alles schlucken.
Negativbeispiel ist hier - mal wieder - Erwin Huber; sorry liebe Bayern.
Dieser niederbayerische Olm, der den Mund nicht zum Artikulieren aufmacht und offenbar bildungsmäßig nicht über den Abschluß der Realschule in Dingolfing (1963) hinauskam, haut zu der causa derzeit einen Klopfer nach dem nächsten raus.
Da biegen sich einem die Zehennägel hoch.
Im Interview mit dem Intelligenzblatt BILD am Sonntag jammerte er erst:
„Für mich ist es fast körperlich ein Schmerz, dass die Menschen nur noch so wenig Vertrauen in die Politik haben. Wir müssen wieder einen Vertrauensschatz aufbauen“
um dann sofort anschließend klar zu machen, wieso man IHM schon mal nicht vertrauen kann:
„Die Risiken der Kernkraft sind beherrschbar. Das ist CO2-freier Strom aus einer heimischen Energiequelle. Und Strom aus Kernkraftwerken ist der preisgünstigste, den es auf der Welt gibt.“
Selbst der atomfreudige SPIEGEL stürzte sich auf diesen Satz und vergab dafür Stufe 3 (Widersprüche und erhebliche faktische Fehler) auf der Münchhausen-Skala für den CSU-Vorsitzenden Erwin Huber.
Weder ist der Strom CO2-frei, noch bekommt man das Uran aus heimischer Produktion.
Beim Bau und Betrieb von Atomkraftwerken wird mehr Kohlendioxid produziert als bei Anlagen für Sonne oder Wind. Atomstrom ist also keineswegs CO2-frei. Beim Reaktoren-Rohstoff Uran ist Deutschland nicht weniger vom Ausland abhängig als bei Gas oder Öl.
Der erhebliche Energie - und CO2-Aufwand bei der Gewinnung von Uran-235 wurde erst gar nicht berücksichtigt und außerdem hat der Spiegel beide Augen und sämtliche Hühneraugen bei der angeblichen Beherrschbarkeit der Risiken zugedrückt.
Gleich noch mal willkürlich ins Springersche Abendblatt von heute gesehen:
In der Nacht zum Sonntag ist es in einem Labor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Österreich zum Austritt hochgiftigen Plutoniums gekommen.
Also die oberste Atomenergiekontrollbehörde der Welt hat mal eben selbst ein bißchen von dem tödlichsten Gift des Planeten freigesetzt.
Beherrschbar?
Angeblich hatte ja auch mal Schweden die sichersten Atomkraftwerke der Welt.
Der Staatskonzern Vattenfall sorgte dafür. Und vor zwei Jahren sind wir im Fall Forsmark haarscharf - es ging um 20 Minuten - an einem Gau wie in Tschernobyl vorbeigerauscht.
Vattenfall betreibt inzwischen auch im Norden Deutschlands Atomkraftwerke - leider stolpern Krümmel und Brunsbüttel von einer Panne zur nächsten und liegen still.
Dann haben wirmomentan die Zwischenfälle in Frankreich, am Dienstag schon den fünften in nur einem Monat.
Ein Platz für den Abfall ist auch noch nicht ansatzweise in Sichtweite.
Nach dem Fund von radioaktiver Salzlauge im Atommüllendlager Asse bei Wolfenbüttel im Juni hat isch auch dieses Forschungsbergwerk erledigt.
Huber predigt übrigens auch noch das St Floriansprinzip - obwohl immer schwarz regiert, Atomenergie-versessen und über die größte Fläche aller Bundesländer verfügend, will er in Bayern keinesfalls Atommüll endlagern.
Dazu sagt Bayerns SPD-Chef Stiegler:
"Typisch CSU. Mist produzieren, aber in Nachbars Gartenentsorgen. Wer seinen Mist nicht selber entsorgen will, der soll auch keinen machen.“

Ich kann hier nicht die endlose Kette von Argumenten gegen die Kernenergie (Tschernobyl, Terrorgefahr, ..) wiederholen - das kann man aber leicht überall nachlesen.
Aber da Huber von „preisgünstig“ spricht, lasse ich dazu Frau Höhn zu Wort kommen, die in dem Interview auch die angebliche „Stromlücke“ als Lüge entlarvt:
Innerhalb Deutschlands haben Sie in Baden-Württemberg den höchsten Anteil an Atomstrom – und mit die höchsten Stromkosten. Atomstrom ist doch nicht billiger! Da sind - nach Studien von Greenpeace - rund 80 bis 100 Milliarden Euro an Subventionen reingeflossen. Dazu kommt, dass die großen Konzerne ihre Rücklagen für die Endlagerung bis heute nicht versteuern müssen, das macht jährlich ungefähr 800 Millionen Euro aus. Und wenn sie die Meiler versichern müssten, könnten sie das gar nicht bezahlen. Die E.on, RWE, EnBW und Vattenfall bekommen über 80 Prozent ihrer Verschmutzungsrechte umsonst, rechnen die Emissionszertifikate jedoch ein und verlangen sie vom Verbraucher. Da kommen jedes Jahr sieben Milliarden Euro zusammen! Anstatt die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern, sollten wir lieber zusehen, dass wir dieses Geld, das den Konzernen gar nicht zusteht, zurückholen. Wenn Sie die Atomkraftwerke länger am Netz lassen, stärken Sie die Marktmacht der vier Großen nur noch weiter und erhöhen damit die Preise.

Es ist doch unfassbar wie verblödet die Deutschen sind - statt Erwin Huber für seine dreisten Lügen zu lynchen, wird bei den Wahlen in zwei Monaten eine absolute Mehrheit der Partei, der er vorsteht, erwartet.

Herr, wirf Hirn vom Himmel.

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