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Samstag, 2. August 2008

Vorurteilscheck - Teil I

Vorurteile sind nicht auf Fakten basierende wenig reflektierte Allgemeinmeinungen, die ob der fehlenden empirischen Basis nicht bewiesen sind.

Vorbemerkung:

Eine Widerlegung scheint mir daher auch irrelevant - vielmehr suche ich ähnlich griffige aber nicht verallgemeinerungsfähige Fäktchen.
Ein anschauliches Beispiel für so ein Denken erlebte ich vor 20 Jahren, als wir die Sandoz-Katastrophe erlebten:
Mit dem Löschwasser zur Brandbekämpfung waren bei dem Unfall am 1. November 1986 in Schweizerhalle bei Basel etwa 20 Tonnen giftiger Chemikalien (Phosphorsäureester und Quecksilberverbindungen) in den Rhein gelangt. Die akute Vergiftung führte zu einem massiven Fischsterben über Hunderte von Kilometern.
Willy Brandt sprach vom „Bhopal am Rhein“, der Fluß war derartig kontaminiert, daß die Holländer das ganze Rhein-Maas-Delta ausbaggern mußten. In einem Gemüseladen geriet ich in ein Streitgespräch darüber, wie die Folgekosten verteilt werden sollten und erhielt von dem Chef dort die interessante Aussage, er gönne den Holländern den Schlamassel im Rhein-Maas-Delta, da er nämlich zu Weihnachten erstmals eine holländische, statt einer deutschen Gans gegessen habe und die sei ja sowas von zäh gewesen…..


Vorurteil:

Kanadier sind wahnsinnig höflich - viel freundlicher als US-Amerikaner.

Vorkommen:

Breit gestreut - unter anderem als Basis-Idee manifestiert in der recht netten US-kanadische-Drama-Serie „Ein Mountie in Chicago/Ausgerechnet Chicago“ (Originaltitel: Due South )1994-1998.
Benton Fraser ist der Inbegriff eines kanadischen Mounties: ehrlich, aufrichtig, von hoher Moral. Sein Partner Ray Vecchio ist ein zynischer Großstadtpolizist aus Chicago, der allerlei Mafiosi kennt.

Beweise:

Die waffenvernarrte Nation USA gilt als kriminellster westlicher Staat überhaupt. Die Mordrate beträgt ~ 6,4 Morde pro Jahr und pro 100.000 Einwohner ( ~ 19.000 pro Jahr), zum Vergleich EU = 1,4.
In Kanada wird die Anzahl der Morde 2001 mit 554 angegeben (nimmt man für das Jahr 2001 eine Bevölkerungszahl von 32 Millionen an, kommt man auf einen Mordrate von 1,7)

Gegenbeweis:

Der 22-jährige Tim McLean dachte vielleicht wie seine rund 40 Mitfahrer auf der Busreise von Edmonton nach Manitoba auch, daß die Kanadier ein gar freundlich Volk wären.
Er wollte heim zu Mama und Papa nach Winnipeg, nachdem er auf einer Messe gejobbt hatte. Das Benehmen seines Sitznachbars Vince Weiguang Li kann man jedoch nicht als die freundliche englische Art bezeichnen.
Dieser nämlich verfiel auf den recht unkanadischen Gedanken Mr McLean mal ebenso zwischendurch den Kopf abzuschneiden.
Was ja eher nicht unter die Kategorie „höflich“ fällt.
Eine Augenzeuge erzählt, der Bus habe angehalten, und die Fahrgäste hätten in panischer Angst versucht, das Fahrzeug zu verlassen. In dieser Zeit habe der Mörder die Leiche systematisch aufgeschnitten und den Kopf abgetrennt. Er habe den Kopf dann aus der Bustür gehalten, um ihn den Fahrgästen zu zeigen.“
Ein weiterer Passagier sagte, der Mann habe die Polizisten verhöhnt, die später den Bus umstellt hätten, und ihnen den Kopf seines Opfers vor die Füße geworfen.
Ich finde, daß es sich nicht gehört sowas im Bus zu tun und kann dem Kanadischen Minister Stockwell Day nur zustimmen, der die Tat als „grauenhaft“ bezeichnete.
Die inzwischen bekanntgewordenen Mitschnitte des Polizeifunks - "Der Mörder ist im Heck des Busses, hackt Fleisch-Stücke heraus und isst sie" - lassen auch auf eigentümliche Essensvorlieben Li's schließen. Mag der Arbeitgeber des mutmaßlichen Täters Li ihn auch menschlich noch so sehr loben - er sei ein "Modellangestellter" gewesen, einer seiner zuverlässigsten Zeitungsausträger in Edmonton - "Er war immer pünktlich und sauber gekleidet", sagte Vincent Augert. "Er war ein sehr netter, höflicher Bursche." - ich finde dennoch, daß sich so ein Benehmen nicht gehört.

Ja, doch, als Imagekampagne für kanadische Überlandbusse ist dieses Vorkommen ungeeignet.

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