Sonntag, 22. August 2010
Schimpfen.
In letzter Zeit wurde ich dafür angegriffen die Kritik an Merkel und Westerwelle zu unfair zu gestalten.
Persönliche Angriffe wären nicht zu rechtfertigen. Man müsse doch auch anerkennen, daß die Spitzenpolitiker hart arbeiteten und sicherlich versuchten das Beste zu tun.
Im Kommentarbereich hatte ich gleichzeitig immer das Gefühl noch zu freundlich zu sein, es wäre naiv überhaupt Rudimente von Anstand zu erwarten.
Vielleicht ist es gut von beiden Seiten angegriffen zu werden.
Tatsächlich gerate ich aber in troubled water.
Ist denn nicht alles zu Schwarzgelb gesagt? Und wird es nicht langweilig immer nur massiv über die Regierung zu schimpfen; immer einseitig von links zu kritisieren?
Nach gründlichem Nachdenken bin ich aber zu dem Schluß gekommen, daß es tatsächlich nicht übertrieben ist zu sagen „ich verachte diese Regierung“.
Wenn ich die letzten Dekaden zurück blicke, fällt mir auch bei größtmöglicher Objektivität keine annähernd so schlechte und destruktive Truppe ein, wie dieses Kabinett.
Bei Kohl gab es immerhin noch irgend so etwas wie einen Europa-Kurs und selbst die bleiernen Kiesiger-Jahre, als ein Ex-NSdAP-Mann der Bundeskanzler war, warteten wenigstens mit ein paar wirklich fähigen Ministern, wie Karl Schiller und Willy Brandt auf.
In der 2010er Truppe kann ich aber auch nach zehn Monaten absolut nichts finden, das nicht falsch wäre.
Reihenweise ließ Merkel ihre selbst gesteckten Ziele - Gesundheitsreform, Klimaschutz, oder Bildungsgipfel sang- und klanglos scheitern.
Nach dem zweiten Weltkrieg schlug Deutschland berechtigterweise enormes Misstrauen entgegen Aber alle Kanzler mit ihren jeweiligen Außenministern; die Mitglieder der CDU, der FDP, der Grünen und der SPD waren; einte ein konstruktiver Europa-Kurs, so daß Deutschland international in wirklich erstaunlichem Maße Anerkennung gewann.
Selbst diesen grundsätzlichsten aller Grundkonsense der letzten 60 Jahre haben Merkel und Westerwelle in atemberaubendem Tempo zerschlagen.
Der diesen Monat verstorbene Tony Judt schrieb unmittelbar vor seinem Tod noch einen im Spiegel veröffentlichten Essay.
Für die aktuelle Krise der EU ist dagegen Deutschland verantwortlich. In der Kurzsichtigkeit der gegenwärtigen deutschen Politiker und ihrer Beschränkung auf innenpolitische Fragen kommt eine verblüffende Provinzialität zum Ausdruck. Vor zehn Jahren wurde vielerorts noch befürchtet, die von den Hemmungen der Nachkriegszeit befreiten Deutschen würden unverhältnismäßigen Einfluss auf ihre europäischen Partner ausüben. Mittlerweile sind diese Befürchtungen der begründeten Nervosität gewichen, die Berlins zwanghafte und zu Lasten des Auslands gehende Fixierung auf die eigenen wirtschaftlichen Interessen hervorruft.
[…] Dass sich die EU bislang geweigert hat, die Türkei aufzunehmen, nehmen die USA dem Staatenbündnis besonders übel. Tatsächlich handelt es sich dabei womöglich um das kurzsichtigste und bezeichnendste Versäumnis von allen. Indem die EU der Türkei die kalte Schulter zeigte und damit einer französisch-deutschen Strategie folgte, die von vielen anderen Mitgliedstaaten stillschweigend gefördert wird, hat die EU eine historisch einzigartige Gelegenheit verspielt, Einfluss auf Nordafrika, den Nahen Osten und weite Teile Asiens auszuüben - dort wird sie als potentiell christlicher Club wahrgenommen. Noch schwerwiegendere Folgen hat das faktische Veto gegen den türkischen EU-Beitritt für Europas eigene Muslime: Brüssel hat Nationalpopulisten eine Vorlage geliefert, um muslimische Bürger als Dauerausländer zu behandeln - wobei der eigentliche Impuls dazu nicht aus Brüssel, sondern aus Berlin und Paris kam.
(Der Spiegel 16.08.10)
Anders als bei Gesundheit und Atomenergie, bei denen klar die Lobbymacht für den Deutschland schwer schadenden Kurs Merkels verantwortlich ist, fragt man sich wieso sie nicht selbst ein Interesse am Erfolg Europas hat.
Ist das Dummheit, Kalkül oder Unfähigkeit?
Das peinliche Bild, das Europa 2009 auf der Uno-Klimakonferenz in Kopenhagen abgegeben hat, als das Staatenbündnis von Chinesen und Amerikanern gleichermaßen ignoriert und gedemütigt wurde, könnte sich als Vorbote der Zukunft erweisen.
(Noch einmal Prof Judt)
Merkels Absichten sind mir vollkommen unklar - wieso leitet sie diese fatalen Entwicklungen ein? Wenn man ihr nicht fehlende Intelligenz unterstellen möchte, bleibt nur die Annahme, daß sie eine verantwortungslose „nach mir die Sintflut“-Frau ist, die den Ruin der Zukunft in Kauf nimmt, um selbst im Sattel sitzen zu bleiben. Bloß nichts riskieren.
Von wirklich INTERNATIONALEN Anstößen, wie sie frühere Bundeskanzler, wie Brandt, Schmidt und Schröder, gegeben haben, will ich erst gar nicht reden.
Zu den ganz großen Weltpolitikthemen - Irak, Iran, Nahost, Hunger, Dritte Welt,.. schweigt Merkel sich sowieso aus. Gar nicht dran zu denken, daß Deutschland, als immerhin dritt- oder viertgrößte Wirtschaftsmacht des Planeten in irgendeiner Weise Anstöße gäbe.
Bei Guido Westerwelle und Horst Seehofer ist der Fall etwas einfacher.
Inzwischen bin ich davon überzeugt, daß beide eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung haben und als Psychopathen besser auf die Couch als in Regierungsämter gehörten.
Gestandenen seriösen Journalisten der großen und wichtigen Printorgane wird insbesondere der Vizekanzler zunehmend unheimlich.
Dennoch geht es um die beunruhigende psychische Verfassung der beiden Männer, um die Auswirkungen ihres irrationalen Verhaltens auf die Regierung.
Ein echtes Gespräch mit Westerwelle scheint kaum mehr möglich zu sein.
Guido Westerwelle befindet sich seit einiger Zeit in einem bedenklichen Zustand. Wann immer man ihn trifft, wirkt er überspannt; selbst wenn er Seriosität zeigen will, übertreibt er. Sein Verhältnis zu vielen Medien ist weitgehend ruiniert, zu Beginn des Jahres hat er der ganzen Medienschar den Kampf angesagt: »Ihr kauft mir den Schneid nicht ab!« Kein regierender Politiker verhält sich in so vielen Interviews derart aggressiv wie er, ein echtes Gespräch scheint kaum mehr möglich zu sein. Das jedoch gilt nicht nur für jene, die er offenbar als seine Feinde ansieht, auch mit Parteifreunden, mit denen er eng zusammenarbeiten müsste, kommuniziert er kaum. Mindestens einmal in seiner kurzen Regierungszeit hat er die populistische Karte gezogen (»spätrömische Dekadenz«). Auch von seiner Fixierung auf Steuersenkungen vermag er sich bis heute nicht zu verabschieden. Erst hat er damit die ganze Regierung in eine Schieflage gebracht, dann hat er nach der Wahlniederlage in NRW für kurze Zeit davon abgelassen, nur um beim ersten Anzeichen eines Aufschwungs erneut damit zu kommen.
(Bernd Ulrich 20.8.2010)
Seehofers psychischer Zustand ist mindestens genauso bedenklich, läutet Ulrich mit Hinweis auf ein SPIEGEL-Portrait ein.
Der CSU-Chef erschiene als „wankelmütiger Willkürherrscher, als einer, der gern mit Menschen spielt, unberechenbar und verantwortungslos. […] Zigfach ist belegt, dass Horst Seehofer mit seinen häufig wechselnden Positionen die Politik der Bundesregierung, ja sogar die seiner eigenen CSU-Landesgruppe, immer wieder chaotisiert."
(Zeit 20.08.2010)
Das Psychogramm des Oberbayern erinnert in der Tat weniger an einen deutschen Politiker, als an eine neroeske Persönlichkeit aus der Feder eines Stephen King.
In Berlin regiert demnach ein Mensch als einer der großen Drei mit, dessen innere Antriebskräfte zutiefst von Bosheit und Destruktivität bestimmt sind.
Einem Psychopathen, der sich längst komplett von der Sachpolitik verabschiedet hat und seine einzige Befriedigung nur noch in Sadismus und Manipulation findet.
Wie eine finstere Gestalt aus einem Psychokrimi hat er sich seine Politwelt im heimischen Keller als Miniaturwelt nachgebaut und dirigiert dort kleine Voodoo-Modelle seiner Politik-Kollegen, als ob er Gott wäre.
Es gibt den Nachbau des Bahnhofs von Bonn, der Stadt, in der Seehofers Karriere begann. Nach dem Jahr 2004, als er wegen des Streits um die Gesundheitspolitik sein wichtigstes Amt verlor, baute er einen "Schattenbahnhof", so nennt er ihn, ein Gleis, das hinab ins Dunkel führt.
Seit neuestem hat auch Angela Merkel einen Platz in Seehofers Keller. Er hat lange überlegt, wohin er die Kanzlerin stellen soll. Vor ein paar Monaten dann schnitt er ihr Porträtfoto aus und kopierte es klein, dann klebte er es auf eine Plastikfigur und setzte sie in eine Diesellok. Seither dreht auch die Kanzlerin auf Seehofers Eisenbahn ihre Runden.
(Spiegel 16.08.10)
Seehofer Wahn trug schon vor Jahren gar seltsame Blüten.
Während eines Karriereknicks im Jahr 2004 ging er mit einem selbstgeschriebenen Kabarettstück auf ein paar kleine Bühnen.
Er selbst spielte Walter Mixa (!!!), der die Beichte eines imaginären Seehofers anhört.
Sein alter ego Beichtvater Mixa fragt darin den Sünder Seehofer unter anderem, ob er unkeusche Gedanken habe, wenn er an Angela Merkel denke. Der antwortet: "Vater, ich habe schon vieles angestellt, aber Wunder kann ich nicht vollbringen."
Noch lieber als die CDU-Kollegen macht er allerdings seine eigenen CSU-Untertanen nieder.
Übel erging es beispielsweise seiner einstigen Politfreundin Christina Haderthauer, die wie er aus Ingolstadt kommt und die er einst als „größtes Talent der CSU“ lobte.
Dann entschied sie sich, Generalsekretärin unter Erwin Huber zu werden, Seehofers Erzfeind. Plötzlich fiel Seehofer nur Schlechtes zu Haderthauer ein. Die Christine könne das nicht, sagte er, wenn Journalisten um ihn herumstanden. Als Seehofer die Macht in der CSU übernahm, dachte Haderthauer, ihre letzte Stunde habe geschlagen. Die Ministerien wurden verteilt, und am Ende klingelte doch noch Haderthauers Handy. Seehofer bot ihr das Sozialministerium an, aber er fand kaum freundliche Worte. "Du warst schon unter der Erde, jetzt habe ich dich noch mal aus dem Sarg geholt", sagte er. Er lachte dabei, es war das Lachen eines Mannes, der weiß, dass er nun Karrieren mit einem Anruf beflügeln oder beenden kann.
(Spiegel 16.08.10)
Das Nachtreten und Rächen ist die Sache des Süd-Zampanos der Bundesregierung.
Das Interessante ist, wie Seehofer mit den Feinden von gestern umgeht. Er versucht nicht, sich mit ihnen zu versöhnen. Es wäre einfach, denn er hat jetzt die Macht, und sie liegen am Wegesrand. Aber Seehofer blickt auf sie wie ein siegreicher Feldherr, er nennt sie "mein Lazarett" und kichert. Man muss unwillkürlich an einen Saal mit Versehrten denken, die blutige Binden um den Kopf tragen.
(Spiegel 16.08.10)
Zusammenfassend komme ich zu dem Schluß, daß von dieser Regierung keinerlei Besserung zu erwarten ist.
Selbst wenn sie es KÖNNTEN - und schon das spreche ich ihnen ab - gelänge es ob der seelischen Zerrüttung nicht das Steuer herum zu reißen.
Man kann das nur entgeistert beobachten und hoffen, daß die nächste Bundesregierung, die vermutlich SPD-geführt sein wird überhaupt noch etwas besser machen kann.
Hoffentlich ist dann der Karren Deutschland nicht so weit im schwarzgelben Dreck, daß nur noch der Gnadenschuß hilft.
Bis es soweit ist, stehen noch ein paar Landtagswahlen an, so daß eine kleine Chance auf Politkorrektur aus dem Bundesrat besteht.
Nur aus Hamburg darf man keine Hilfe erwarten - hier haben sich die Grünen soeben komplett selbst kastriert und verkünden den rechten Hardliner Ahlhaus zu wählen.
Die Grünen stimmten auf einer Landes-Mitgliederversammlung an diesem Sonntag mit überwältigender Mehrheit für die Wahl des CDU-Politikers Christoph Ahlhaus zum Bürgermeister.
(SPON 22.08.10)
Der designierte Bürgermeister („Er galt …als farbloser Parteisoldat, als konservativer Spießer.“ - Mathias Iken im Springerschen Abendblatt 21.08.10) steht für eine endlose Kette der Fehlleistungen.
Der neue Kultursenator wurde schon einmal wegen kompletter Unfähigkeit entlassen.
Reinhard Stuth ist als Staatsrat in der Kulturbehörde gescheitert und kehrt nun als Senator dorthin zurück - eine seltsame Karriere.
(Mathias Iken im Springerschen Abendblatt 21.08.10)
Der Finanzsenator Frigge steht unter Anklage wegen Untreue, der designierte Innensenator hat ein Problem mit rechten Studentenverbindungen und der neue Wirtschaftssenator Karan war einst ein glühender und finanzieller Unterstützer des kriminellen, rechtslastigen Drogensüchtigen Ronald Schill.
Die Grünen finden es prima und nicken den Senat ab!
Wie biegsam sind die Grünen geworden, wenn es um die Macht geht? Allen Bedenken zum Trotz haben sie sich jetzt in Hamburg für ein Weiter-so mit der CDU entschieden - für die Gegner der Beweis: Die einst rebellische Partei ist zum Club der Jasager verkommen. […]Für mich gibt es keinen objektiven Grund, die Koalition zu verlassen", sagt die grüne Landeschefin Katharina Fegebank. Begeisterung für den Bürgermeisterkandidaten hört sich anders an. Dennoch wirbt sie bei der Basis zum Weitermachen mit der CDU. Denn Ahlhaus habe sich zum Koalitionsvertrag bekannt. "
[…] Die Partei sei in einer richtigen Krisensituation, sagt Landeschefin Fegebank. Laut aktuellen Umfragen hat Schwarz-Grün in Hamburg deutlich bei den Wählern an Vertrauen verloren. Während die Grünen in bundesweiten Umfragen auf 15 bis 20 Prozent kommen, sind es in Hamburg nur gut zehn Prozent.
Zentrale Erfolge kann die Partei in der Hansestadt nicht vorweisen, im Gegenteil, wichtige Projekte sind gescheitert:
Das zentrale grüne Projekt, die von Senatorin Goetsch vorangetriebene Schulreform, fiel bei einem Volksentscheid im Juli durch. Bitter für die Grünen: Sie hatten der CDU Zugeständnisse in Umweltfragen gemacht, um im Gegenzug die Zustimmung zur Schulreform abzuringen.
Der Kampf um einen Baustopp für das Kohlekraftwerk Moorburg - verloren.
Ihr Nein zur seit Jahren geplanten Elbvertiefung mussten die Grünen mit der Unterschrift unter den schwarz-grünen Koalitionsvertrag aufgeben.
Dazu kommen die gemeinsamen Baustellen der Koalition:
Hamburg ist hochverschuldet.
Der Neubau des Prestige-Opernhauses Elbphilharmonie wird immer teurer.
Schwarz-Grün hat Eltern mit der Erhöhung der Kita-Gebühren aufgebracht.
[…] Ahlhaus' Wahl zum Bürgermeister am Mittwoch dürfte nun nichts im Wege stehen. In gewissem Sinne passen er und die Grünen gut zusammen. Der CDU-Politiker aus Heidelberg hat es mit Anpassungsfähigkeit in Hamburg weit gebracht. Auch die Grünen haben gelernt, dass man trotz Zumutungen weit kommen kann - gehässige Blogger sprechen schon von der "Birkenstock-FDP".
(Maria Marquart 22.08.10)
Ja, doch, ich bin immer noch ein Fan der Grünen. Generell jedenfalls.
In Hamburg würde mir allerdings eher die Hand verdorren, bevor ich bei der GAL ein Kreuz machte.
Zum Glück für meine Hand habe ich als Ausländer kein Wahlrecht.
Den Ausdruck "Birkenstock-FDP" finde ich noch zu nett für die Hamburger GAL unter Landeschefin Fegebank.
Ich würde zu harten Verfluchungen greifen und sie gleich als „Westerwelle 2.0“ bezeichnen.
Persönliche Angriffe wären nicht zu rechtfertigen. Man müsse doch auch anerkennen, daß die Spitzenpolitiker hart arbeiteten und sicherlich versuchten das Beste zu tun.
Im Kommentarbereich hatte ich gleichzeitig immer das Gefühl noch zu freundlich zu sein, es wäre naiv überhaupt Rudimente von Anstand zu erwarten.
Vielleicht ist es gut von beiden Seiten angegriffen zu werden.
Tatsächlich gerate ich aber in troubled water.
Ist denn nicht alles zu Schwarzgelb gesagt? Und wird es nicht langweilig immer nur massiv über die Regierung zu schimpfen; immer einseitig von links zu kritisieren?
Nach gründlichem Nachdenken bin ich aber zu dem Schluß gekommen, daß es tatsächlich nicht übertrieben ist zu sagen „ich verachte diese Regierung“.
Wenn ich die letzten Dekaden zurück blicke, fällt mir auch bei größtmöglicher Objektivität keine annähernd so schlechte und destruktive Truppe ein, wie dieses Kabinett.
Bei Kohl gab es immerhin noch irgend so etwas wie einen Europa-Kurs und selbst die bleiernen Kiesiger-Jahre, als ein Ex-NSdAP-Mann der Bundeskanzler war, warteten wenigstens mit ein paar wirklich fähigen Ministern, wie Karl Schiller und Willy Brandt auf.
In der 2010er Truppe kann ich aber auch nach zehn Monaten absolut nichts finden, das nicht falsch wäre.
Reihenweise ließ Merkel ihre selbst gesteckten Ziele - Gesundheitsreform, Klimaschutz, oder Bildungsgipfel sang- und klanglos scheitern.
Nach dem zweiten Weltkrieg schlug Deutschland berechtigterweise enormes Misstrauen entgegen Aber alle Kanzler mit ihren jeweiligen Außenministern; die Mitglieder der CDU, der FDP, der Grünen und der SPD waren; einte ein konstruktiver Europa-Kurs, so daß Deutschland international in wirklich erstaunlichem Maße Anerkennung gewann.
Selbst diesen grundsätzlichsten aller Grundkonsense der letzten 60 Jahre haben Merkel und Westerwelle in atemberaubendem Tempo zerschlagen.
Der diesen Monat verstorbene Tony Judt schrieb unmittelbar vor seinem Tod noch einen im Spiegel veröffentlichten Essay.
Für die aktuelle Krise der EU ist dagegen Deutschland verantwortlich. In der Kurzsichtigkeit der gegenwärtigen deutschen Politiker und ihrer Beschränkung auf innenpolitische Fragen kommt eine verblüffende Provinzialität zum Ausdruck. Vor zehn Jahren wurde vielerorts noch befürchtet, die von den Hemmungen der Nachkriegszeit befreiten Deutschen würden unverhältnismäßigen Einfluss auf ihre europäischen Partner ausüben. Mittlerweile sind diese Befürchtungen der begründeten Nervosität gewichen, die Berlins zwanghafte und zu Lasten des Auslands gehende Fixierung auf die eigenen wirtschaftlichen Interessen hervorruft.
[…] Dass sich die EU bislang geweigert hat, die Türkei aufzunehmen, nehmen die USA dem Staatenbündnis besonders übel. Tatsächlich handelt es sich dabei womöglich um das kurzsichtigste und bezeichnendste Versäumnis von allen. Indem die EU der Türkei die kalte Schulter zeigte und damit einer französisch-deutschen Strategie folgte, die von vielen anderen Mitgliedstaaten stillschweigend gefördert wird, hat die EU eine historisch einzigartige Gelegenheit verspielt, Einfluss auf Nordafrika, den Nahen Osten und weite Teile Asiens auszuüben - dort wird sie als potentiell christlicher Club wahrgenommen. Noch schwerwiegendere Folgen hat das faktische Veto gegen den türkischen EU-Beitritt für Europas eigene Muslime: Brüssel hat Nationalpopulisten eine Vorlage geliefert, um muslimische Bürger als Dauerausländer zu behandeln - wobei der eigentliche Impuls dazu nicht aus Brüssel, sondern aus Berlin und Paris kam.
(Der Spiegel 16.08.10)
Anders als bei Gesundheit und Atomenergie, bei denen klar die Lobbymacht für den Deutschland schwer schadenden Kurs Merkels verantwortlich ist, fragt man sich wieso sie nicht selbst ein Interesse am Erfolg Europas hat.
Ist das Dummheit, Kalkül oder Unfähigkeit?
Das peinliche Bild, das Europa 2009 auf der Uno-Klimakonferenz in Kopenhagen abgegeben hat, als das Staatenbündnis von Chinesen und Amerikanern gleichermaßen ignoriert und gedemütigt wurde, könnte sich als Vorbote der Zukunft erweisen.
(Noch einmal Prof Judt)
Merkels Absichten sind mir vollkommen unklar - wieso leitet sie diese fatalen Entwicklungen ein? Wenn man ihr nicht fehlende Intelligenz unterstellen möchte, bleibt nur die Annahme, daß sie eine verantwortungslose „nach mir die Sintflut“-Frau ist, die den Ruin der Zukunft in Kauf nimmt, um selbst im Sattel sitzen zu bleiben. Bloß nichts riskieren.
Von wirklich INTERNATIONALEN Anstößen, wie sie frühere Bundeskanzler, wie Brandt, Schmidt und Schröder, gegeben haben, will ich erst gar nicht reden.
Zu den ganz großen Weltpolitikthemen - Irak, Iran, Nahost, Hunger, Dritte Welt,.. schweigt Merkel sich sowieso aus. Gar nicht dran zu denken, daß Deutschland, als immerhin dritt- oder viertgrößte Wirtschaftsmacht des Planeten in irgendeiner Weise Anstöße gäbe.
Bei Guido Westerwelle und Horst Seehofer ist der Fall etwas einfacher.
Inzwischen bin ich davon überzeugt, daß beide eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung haben und als Psychopathen besser auf die Couch als in Regierungsämter gehörten.
Gestandenen seriösen Journalisten der großen und wichtigen Printorgane wird insbesondere der Vizekanzler zunehmend unheimlich.
Dennoch geht es um die beunruhigende psychische Verfassung der beiden Männer, um die Auswirkungen ihres irrationalen Verhaltens auf die Regierung.
Ein echtes Gespräch mit Westerwelle scheint kaum mehr möglich zu sein.
Guido Westerwelle befindet sich seit einiger Zeit in einem bedenklichen Zustand. Wann immer man ihn trifft, wirkt er überspannt; selbst wenn er Seriosität zeigen will, übertreibt er. Sein Verhältnis zu vielen Medien ist weitgehend ruiniert, zu Beginn des Jahres hat er der ganzen Medienschar den Kampf angesagt: »Ihr kauft mir den Schneid nicht ab!« Kein regierender Politiker verhält sich in so vielen Interviews derart aggressiv wie er, ein echtes Gespräch scheint kaum mehr möglich zu sein. Das jedoch gilt nicht nur für jene, die er offenbar als seine Feinde ansieht, auch mit Parteifreunden, mit denen er eng zusammenarbeiten müsste, kommuniziert er kaum. Mindestens einmal in seiner kurzen Regierungszeit hat er die populistische Karte gezogen (»spätrömische Dekadenz«). Auch von seiner Fixierung auf Steuersenkungen vermag er sich bis heute nicht zu verabschieden. Erst hat er damit die ganze Regierung in eine Schieflage gebracht, dann hat er nach der Wahlniederlage in NRW für kurze Zeit davon abgelassen, nur um beim ersten Anzeichen eines Aufschwungs erneut damit zu kommen.
(Bernd Ulrich 20.8.2010)
Seehofers psychischer Zustand ist mindestens genauso bedenklich, läutet Ulrich mit Hinweis auf ein SPIEGEL-Portrait ein.
Der CSU-Chef erschiene als „wankelmütiger Willkürherrscher, als einer, der gern mit Menschen spielt, unberechenbar und verantwortungslos. […] Zigfach ist belegt, dass Horst Seehofer mit seinen häufig wechselnden Positionen die Politik der Bundesregierung, ja sogar die seiner eigenen CSU-Landesgruppe, immer wieder chaotisiert."
(Zeit 20.08.2010)
Das Psychogramm des Oberbayern erinnert in der Tat weniger an einen deutschen Politiker, als an eine neroeske Persönlichkeit aus der Feder eines Stephen King.
In Berlin regiert demnach ein Mensch als einer der großen Drei mit, dessen innere Antriebskräfte zutiefst von Bosheit und Destruktivität bestimmt sind.
Einem Psychopathen, der sich längst komplett von der Sachpolitik verabschiedet hat und seine einzige Befriedigung nur noch in Sadismus und Manipulation findet.
Wie eine finstere Gestalt aus einem Psychokrimi hat er sich seine Politwelt im heimischen Keller als Miniaturwelt nachgebaut und dirigiert dort kleine Voodoo-Modelle seiner Politik-Kollegen, als ob er Gott wäre.
Es gibt den Nachbau des Bahnhofs von Bonn, der Stadt, in der Seehofers Karriere begann. Nach dem Jahr 2004, als er wegen des Streits um die Gesundheitspolitik sein wichtigstes Amt verlor, baute er einen "Schattenbahnhof", so nennt er ihn, ein Gleis, das hinab ins Dunkel führt.
Seit neuestem hat auch Angela Merkel einen Platz in Seehofers Keller. Er hat lange überlegt, wohin er die Kanzlerin stellen soll. Vor ein paar Monaten dann schnitt er ihr Porträtfoto aus und kopierte es klein, dann klebte er es auf eine Plastikfigur und setzte sie in eine Diesellok. Seither dreht auch die Kanzlerin auf Seehofers Eisenbahn ihre Runden.
(Spiegel 16.08.10)
Seehofer Wahn trug schon vor Jahren gar seltsame Blüten.
Während eines Karriereknicks im Jahr 2004 ging er mit einem selbstgeschriebenen Kabarettstück auf ein paar kleine Bühnen.
Er selbst spielte Walter Mixa (!!!), der die Beichte eines imaginären Seehofers anhört.
Sein alter ego Beichtvater Mixa fragt darin den Sünder Seehofer unter anderem, ob er unkeusche Gedanken habe, wenn er an Angela Merkel denke. Der antwortet: "Vater, ich habe schon vieles angestellt, aber Wunder kann ich nicht vollbringen."
Noch lieber als die CDU-Kollegen macht er allerdings seine eigenen CSU-Untertanen nieder.
Übel erging es beispielsweise seiner einstigen Politfreundin Christina Haderthauer, die wie er aus Ingolstadt kommt und die er einst als „größtes Talent der CSU“ lobte.
Dann entschied sie sich, Generalsekretärin unter Erwin Huber zu werden, Seehofers Erzfeind. Plötzlich fiel Seehofer nur Schlechtes zu Haderthauer ein. Die Christine könne das nicht, sagte er, wenn Journalisten um ihn herumstanden. Als Seehofer die Macht in der CSU übernahm, dachte Haderthauer, ihre letzte Stunde habe geschlagen. Die Ministerien wurden verteilt, und am Ende klingelte doch noch Haderthauers Handy. Seehofer bot ihr das Sozialministerium an, aber er fand kaum freundliche Worte. "Du warst schon unter der Erde, jetzt habe ich dich noch mal aus dem Sarg geholt", sagte er. Er lachte dabei, es war das Lachen eines Mannes, der weiß, dass er nun Karrieren mit einem Anruf beflügeln oder beenden kann.
(Spiegel 16.08.10)
Das Nachtreten und Rächen ist die Sache des Süd-Zampanos der Bundesregierung.
Das Interessante ist, wie Seehofer mit den Feinden von gestern umgeht. Er versucht nicht, sich mit ihnen zu versöhnen. Es wäre einfach, denn er hat jetzt die Macht, und sie liegen am Wegesrand. Aber Seehofer blickt auf sie wie ein siegreicher Feldherr, er nennt sie "mein Lazarett" und kichert. Man muss unwillkürlich an einen Saal mit Versehrten denken, die blutige Binden um den Kopf tragen.
(Spiegel 16.08.10)
Zusammenfassend komme ich zu dem Schluß, daß von dieser Regierung keinerlei Besserung zu erwarten ist.
Selbst wenn sie es KÖNNTEN - und schon das spreche ich ihnen ab - gelänge es ob der seelischen Zerrüttung nicht das Steuer herum zu reißen.
Man kann das nur entgeistert beobachten und hoffen, daß die nächste Bundesregierung, die vermutlich SPD-geführt sein wird überhaupt noch etwas besser machen kann.
Hoffentlich ist dann der Karren Deutschland nicht so weit im schwarzgelben Dreck, daß nur noch der Gnadenschuß hilft.
Bis es soweit ist, stehen noch ein paar Landtagswahlen an, so daß eine kleine Chance auf Politkorrektur aus dem Bundesrat besteht.
Nur aus Hamburg darf man keine Hilfe erwarten - hier haben sich die Grünen soeben komplett selbst kastriert und verkünden den rechten Hardliner Ahlhaus zu wählen.
Die Grünen stimmten auf einer Landes-Mitgliederversammlung an diesem Sonntag mit überwältigender Mehrheit für die Wahl des CDU-Politikers Christoph Ahlhaus zum Bürgermeister.
(SPON 22.08.10)
Der designierte Bürgermeister („Er galt …als farbloser Parteisoldat, als konservativer Spießer.“ - Mathias Iken im Springerschen Abendblatt 21.08.10) steht für eine endlose Kette der Fehlleistungen.
Der neue Kultursenator wurde schon einmal wegen kompletter Unfähigkeit entlassen.
Reinhard Stuth ist als Staatsrat in der Kulturbehörde gescheitert und kehrt nun als Senator dorthin zurück - eine seltsame Karriere.
(Mathias Iken im Springerschen Abendblatt 21.08.10)
Der Finanzsenator Frigge steht unter Anklage wegen Untreue, der designierte Innensenator hat ein Problem mit rechten Studentenverbindungen und der neue Wirtschaftssenator Karan war einst ein glühender und finanzieller Unterstützer des kriminellen, rechtslastigen Drogensüchtigen Ronald Schill.
Die Grünen finden es prima und nicken den Senat ab!
Wie biegsam sind die Grünen geworden, wenn es um die Macht geht? Allen Bedenken zum Trotz haben sie sich jetzt in Hamburg für ein Weiter-so mit der CDU entschieden - für die Gegner der Beweis: Die einst rebellische Partei ist zum Club der Jasager verkommen. […]Für mich gibt es keinen objektiven Grund, die Koalition zu verlassen", sagt die grüne Landeschefin Katharina Fegebank. Begeisterung für den Bürgermeisterkandidaten hört sich anders an. Dennoch wirbt sie bei der Basis zum Weitermachen mit der CDU. Denn Ahlhaus habe sich zum Koalitionsvertrag bekannt. "
[…] Die Partei sei in einer richtigen Krisensituation, sagt Landeschefin Fegebank. Laut aktuellen Umfragen hat Schwarz-Grün in Hamburg deutlich bei den Wählern an Vertrauen verloren. Während die Grünen in bundesweiten Umfragen auf 15 bis 20 Prozent kommen, sind es in Hamburg nur gut zehn Prozent.
Zentrale Erfolge kann die Partei in der Hansestadt nicht vorweisen, im Gegenteil, wichtige Projekte sind gescheitert:
Das zentrale grüne Projekt, die von Senatorin Goetsch vorangetriebene Schulreform, fiel bei einem Volksentscheid im Juli durch. Bitter für die Grünen: Sie hatten der CDU Zugeständnisse in Umweltfragen gemacht, um im Gegenzug die Zustimmung zur Schulreform abzuringen.
Der Kampf um einen Baustopp für das Kohlekraftwerk Moorburg - verloren.
Ihr Nein zur seit Jahren geplanten Elbvertiefung mussten die Grünen mit der Unterschrift unter den schwarz-grünen Koalitionsvertrag aufgeben.
Dazu kommen die gemeinsamen Baustellen der Koalition:
Hamburg ist hochverschuldet.
Der Neubau des Prestige-Opernhauses Elbphilharmonie wird immer teurer.
Schwarz-Grün hat Eltern mit der Erhöhung der Kita-Gebühren aufgebracht.
[…] Ahlhaus' Wahl zum Bürgermeister am Mittwoch dürfte nun nichts im Wege stehen. In gewissem Sinne passen er und die Grünen gut zusammen. Der CDU-Politiker aus Heidelberg hat es mit Anpassungsfähigkeit in Hamburg weit gebracht. Auch die Grünen haben gelernt, dass man trotz Zumutungen weit kommen kann - gehässige Blogger sprechen schon von der "Birkenstock-FDP".
(Maria Marquart 22.08.10)
Ja, doch, ich bin immer noch ein Fan der Grünen. Generell jedenfalls.
In Hamburg würde mir allerdings eher die Hand verdorren, bevor ich bei der GAL ein Kreuz machte.
Zum Glück für meine Hand habe ich als Ausländer kein Wahlrecht.
Den Ausdruck "Birkenstock-FDP" finde ich noch zu nett für die Hamburger GAL unter Landeschefin Fegebank.
Ich würde zu harten Verfluchungen greifen und sie gleich als „Westerwelle 2.0“ bezeichnen.
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Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
'Man müsse doch auch anerkennen, daß die Spitzenpolitiker hart arbeiteten und sicherlich versuchten das Beste zu tun.'
Das Erstere sollte man doch eigentlich erwarten dürfen, da es ja keine Erzherzogtümer mehr gibt, und was das Letztere betrifft, 'das Beste' unserer Politiker ist erwiesenermaßen nicht gut genug!
@ anonym - offensichtlich ist auch "das Beste" durch die Politikerbrille gesehen nicht unbedingt auch wirklich "das Beste".
LGT
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