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Dienstag, 17. August 2010

Die Christin des Tages - Teil XXX

Als Abonnent des „Hamburger Abendblattes“, bezieht man zwar eine halbwegs (sehr wohlwollende Formulierung) seriöse regionale Hamburger Zeitung, die nicht so schlimm ist wie die „WELT“, aber es ist immer noch Springer und es ist immer noch sehr CDU-freundlich.

Was Chefredakteur Claus Strunz unter „dem Versuch eine bürgerliche Zeitung zu machen“ versteht, merkt man unter anderen an den in rauen Mengen kolumnierenden Pfaffen und Bischöfen.
Kaum ein Thema, zu dem nicht der über alle Maßen selbstverliebte Promi-Pfarrer Helge Adolphson oder Medienjunkie Bischof Jaschke ihre Deutungen via Abla verbreiteten.

Groß aufgemachte Kirchenprogramme und endlose Listen über Gottesdienste zu kirchlichen Feiertagen sind eine Selbstverständlichkeit.

So ist das in der Glaubensdiaspora Hamburg.
Die Kirchen taugen lediglich als lärmendes Ärgernis, das gegen die sonntägliche gähnende Leere auf den Kirchenbänken durch besonders lautes Geläute protestiert.

Dicht bei mir gibt es beispielsweise die evangelisch-lutherische „Heilandskirche“.
Ich habe über Dekaden noch keine einzige Person kennengelernt, die jemals in der Kirche gewesen wäre.
Die Kirchengemeinde quittiert das mit dem Verhalten eines beleidigten Kleinkindes, das im Supermarkt aufstampft und alle anderen Kunden zusammenbrüllt, weil es seinen Willen nicht bekommt.
Gnadenlos werden die Ungläubigen und Unwilligen ringsum sonntags aus dem Schlaf gebimmelt.

Vor circa zehn Jahren wagte es eine fanatisch Gläubige einmal am Sonntagmorgen ab Halbneun an sämtlichen Wohnungen mit einem Kirchenflyer zu klingeln, um die Bewohner zum Gottesdienst „abzuholen“.
Die überwiegend nachtschwärmerischen Singles waren so begeistert davon aus dem Schlaf gerissen zu werden, daß die einzige Gottesdienstbesucherin aus der Hamburger Innenstadt es nie wieder wagte zu klingeln.
Ich bin ein ruhiger Typ und habe sehr gern meine Ruhe, also überhaupt Ruhe um mich.
Kirchenglocken empfinde ich als extreme Ruhestörung.
Zugegebenermaßen nerven mich aber auch Kindergartenlärm, CSD-Umzugsgegröle, Straßenfeste oder Hansemarathongebrüll.
Aber so ist es nun mal, wenn man mitten in der Stadt wohnt - was ich freiwillig tue, da für mich die Vorteile bei Weitem überwiegen. Absolute Ruhe gibt es woanders.
Auf einer Hallig zum Beispiel, oder einer Almhütte.

Ein zweites Argument ist die Religionsfreiheit, die ich voll und ganz unterstütze - jeder soll nach seiner Façon selig werden - unter anderem auch durch Freiheit VON Religion.
Eine gewisse Toleranz ist dazu erforderlich; einige religiöse Gebräuche muß man schon akzeptieren, wenn sie nicht gegen die Menschenrechte verstoßen.
Ein großer Teil der religiösen Symbolik ist für mein Empfinden dekorativer Popanz - seien es Kopftücher, abgedrehte Korkenzieherschläfenzöpfe, orange Sannyasin-Pyjamas, Buddhistische Glatzen, oder meinetwegen auch alberne rote Kleider mit weißen Spitzenunterrock drüber, wie sie Mixa, Müller und Meisner tragen.

Für meinen Geschmack wäre ein Muezzin in der Nachbarschaft erheblich weniger nerv-tötend, als das das ohrenbetäubende Kirchengebimmel, aber offensichtlich sind die Hamburger Moslems erheblich rücksichtsvoller als ihre christlichen Kollegen.

Das ist die Kehrseite der Medaille: In ihrem Alleinseligmachungsanspruch und der daraus resultierenden übermäßigen Arroganz merken es Pfarrer gar nicht, wie sehr sie 95% der Bürger mit ihrer Bimmelei auf die Nerven gehen.

Einen Gefallen tun sie ihrer Sache damit sicherlich nicht.

Aber sie haben immerhin auch in der atheistischen Hochburg Hamburg die CDU und Springer auf ihrer Seite.
Der designierte Bürgermeister Ahlhaus, einst Unterstützer von rechtslastigen Studentenverbindungen, findet Kirchen super, sogar absolut „unverzichtbar“.

Die Kirche erfülle nicht nur jene Aufgaben, die der Staat nicht mehr erledigen könne, sondern gebe der Gesellschaft darüber hinaus Halt. "Das ist gerade in der Anonymität von Großstädten sehr wichtig", sagte der Hamburger Politiker. "Unsere Gesellschaft krankt daran, dass wir das tägliche Leben sehr professionell bewältigen, aber der Sinn des Lebens immer weniger Thema ist. Doch ohne diesen roten Faden klappt irgendwann das Alltagsgeschäft nicht mehr."
[…] Ahlhaus ermutigte die Kirchen, sich in gesellschaftlichen Fragen aktiver einzubringen. Für ihn als Katholik sei der Glaube "ein wichtiger Teil meines privaten Lebens, den ich pflege", sagte er der KNA. Das Gebet gebe ihm "Ruhe und Gelassenheit und die Gewissheit: Selbst bei Fehlern hat man einen Halt, der einen über das aktuelle Geschehen hinweg trägt".
(pro)

Und meine Lieblingszeitung „Hamburger Abendblatt“ beglückt mich heute mit einem 16-seitigen (!!!) Sonderteil „Himmel & Elbe“ - Eine Beilage des HHAbla, der Evangelisch-Lutherischen Kirche, der Diakonie, der Katholischen Kirche und der Caritas in Hamburg.

Hier wird das Weltbild wieder zurecht gerückt.
„Hamburg, deine Perlen“ prangt es auf der Titelseite: Gemeint sind die Kirchen.

Im Editorial erklärt Redakteurin Sabine Tesche, die Christin des Tages, die Kirchen hätten seit Jahrhunderten den Hamburgern Orientierung gegeben.

Nach 15 Seiten massiver Kirchismuspropaganda konterkariert sich die Jubelbeilage allerdings selbst. Tesche erstellt einen Verhaltenskodex für Kirchen - „der kleine Kirchen-Knigge“.

Gemeint sind wohlgemerkt nicht die Vorbeter!
Die Regel „Du sollst keine Messdiener befummeln“ sucht man also vergeblich.

Nein, das Abendblatt sorgt sich paradoxerweise um die Kirchenbesucher, die möglicherweise gar nicht wüßten, was in einem Gottesdienst passiert.

Erstaunlich - die Kirchen sind also „unverzichtbar“ und geben den Hamburger "Orientierung" - aber Kirchenbesucher gibt es offenbar nicht?

Ganz so lebendig ist der Glaube wohl doch nicht mehr in Hamburg - auch wenn beispielsweise Autorin Ann-Britt Petersen in ihrer Rubrik „Der Gottesdienst-Test“ den Eindruck erweckt, als ob Massen von Hamburgern auf der Suche nach Christus wären.

Heute erfahre ich beispielsweise über die Thomas-Gemeinde von Pastor Outzen, daß seine Predigt von Frauen jenseits der 60 besucht wird, die durchweg bunte Kopftücher tragen, weil alle aus Russland stammen.
Klassische Hanseaten also.

Nichts gegen kopftücherige Russinnen-Geronten, aber die scheint Frau Tesche nicht gemeint zu haben, als sie mit imaginär erhobenen Zeigefinger ihren Kirchen-Knigge ankündigte:

Denn im Laufe der Jahre haben sich auch dort Regeln und Traditionen verändert
(Stimmt! Sexuell übergriffige Pfarrer werden nicht mehr grundsätzlich von der Kirche vor ihren Opfern und der Justiz geschützt)

Natürlich ist jeder Besucher willkommen, aber manchmal muss man an ihr Fingerspitzengefühl appellieren.
(Also kein Rudelbumsen in der ersten Reihe?)

Es hilft, wenn man sich vorstellt, daß die Kirche ein ganz besonderer Raum ist…
(Oh ja - der Meinung bin ich schon lange! Aber „besonders“ ist ein hübscher Euphemismus!)

…der nicht nur Schönheit und Kulturerbe widerspiegelt,….
(Das will ich doch hoffen, bei all den Steuermilliarden, die von Atheisten aufgebracht in die Erhaltung und Bezahlung von Kirchen geflossen sind)

…sondern Menschen auch als Ort der Ruhe und der Zwiegespräche mit Gott dient.
(Ruhe? Wieso läuten dann die Glocken noch einen Kilometer so höllisch laut?)

Helge Adolphsons Nachfolger als Michel-Chef, Alexander Röder hilft beim Kirchen-Knigge mit.
Kinder und Hunde sind erlaubt, kurze Hosen und Miniröcke sehr ungern, Essen und Trinken ist eine „Unsitte“. Soso, aha.

Nur eine Sache ist vollkommen verboten in der Kirche. (Knigge-Regel No. 2).

Was könnte so schlimm sein, daß Pastoren vollkommen rot sehen, fragte ich mich an dieser Stelle.
Kopulation auf dem Altar?
An den Tabernakel urinieren?
Den Klingelbeutel mitgehen lassen?
Den Pfarrer vergewaltigen?
Auf Kirchenbänke koten?
Nein, diese Dinge nennt Hauptpastor Röder gar nicht.
Das absolute Tabu sind HÜTE!!*

( Wie gut, daß mir die Kirche diese "Orientierung" gibt!)
Da liegt also die Achillesferse Gottes.
Er hat eine schwere Hutphobie.
Kein Gläubiger darf seinen Deckel aufbehalten!

Der Grund ist, daß man sich von den Juden abgrenzen will, die wiederum nicht ohne Hut in die Synagoge gehen dürfen. Kein Wunder, daß es bei den Abrahamiten mit dem interreligiösen Dialog etwas hapert.

*2. Warum dürfen Männer in der Kirche keinen Hut tragen?
Dahinter steckt eine Mischung aus Bibel und Tradition. Paulus schreibt im 1. Kor 11, dass es für den Mann unziemlich sei, mit einer Kopfbedeckung vor Gott zu treten und zu beten. Traditionell wollte man sich gegen das Judentum abgrenzen, denn ein jüdischer Mann tritt nicht unbedeckten Hauptes vor Gott. Der Ritter im Mittelalter trat immer ungeschützt ohne Helm und Visier in die Kirche ein, um seine Demut vor Gott zu bezeugen.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

²Als Abonnent des „Hamburger Abendblattes“, bezieht man zwar eine halbwegs (sehr wohlwollende Formulierung) seriöse regionale Hamburger Zeitung, die nicht so schlimm ist wie die „WELT“, aber es ist immer noch Springer und es ist immer noch sehr CDU-freundlich.«

Optimist.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

...schon klar.

Aber gestern hatte ich gerade eine BILD in der Hand und konnte mal wieder feststellen: "Schlimemr geht immer!"

LGT

Desparada-News hat gesagt…

Hüte! - Aha. Also, ich gehe im Winter immer mit Hut in die Kirche, falls ich dazu genötigt bin. Das kam aber in den letzten Jahren nicht mehr vor. Naja ich bin eine Frau...
Mal sehen, wie lange das Frauen noch dürfen, falls es noch eine macht, ausser mir.
Bin ja nicht mehr auf dem Laufenden.
Sonst haben die aber keine Sorgen, oder?...

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Ist ja auch nicht weiter schlimm. Wenn Du mal wieder in ein Gotteshaus mußt und den Hut nicht absetzen möchtest, könntest Du ja zum Judentum konvertieren.
In einer Synagoge MUSS man sogar einen Hut aufhaben.
Jüdische Frauen dürfen überhaupt nicht ohne Kopfbedeckung aus dem Haus. Genauer gesagt dürfen die keine Haare zeigen.

In moderneren Gegenden, wo es aber viele Juden gibt, z.B. in NY, gibt es daher eine Menge spezielle Perückenmacher, die einem eine Perücke anfertigen, die HAARgenau so aussieht, wie die echten Haare und die echte Frisur.
Die setzt man dann auf, wenn man raus geht und kann sie wieder abnehmen, wenn man in der eigenen Wohnung ist - ohne, daß jemand den Unterschied merkt.

Gott ist aber gedient worden, weil kein Fremder die echten Haare gesehen hat.

Wenn das mal keine praktische Religion ist!!!!!!
Das Konzept überzeugt mich total!


LGT

Anonym hat gesagt…

Hallo Tammox,

zur Hutregel.
In jüdischen Gemeinden hat es sich so eingebürgert, dass Männer und verheiratete Frauen den Kopf/das Haar symbolisch bedekcne müssen. Unverheiratete Frauen sind da ausgenommen. In progressiven und liberalen jüdischen Gemeinden tragen alle Mitglieder eine Kippa (=jüdische Kopfbedeckung) egal welches Geschelcht sie haben.
Im übrigen ist das Huttragen in der Synagoge kein Gebot aus der Thora, sondern ist einfach eine übernahme orientalischer Gebräuche, was allerdings sehr spät geschah, da z.B. französische Juden im Mittelalter oft barhäuptig gebetet haben.
Das Absetzen der Kopfbedeckung ist eine westliche Geste, um Respekt zu bezeugen, da sich das Christentum vor allem im Westen etabliert hat, ist diese Geste so übernommen worden (wie gesagt früher beteten einige jüdischen gemeinden im Westen auch barhäuptig). Frauen müssen in anglikansichen kirchen auch ihren Hut nicht abnehmen, da sich vor allen in Gb noch di Mode der festgesteckten Damenhüte in ist. Inwieweit mittlerweile in der Neuzeit eine Abgreznung zu orientalischen Religionen beabsichtigt ist, kann ich nicht sagen und ob deutsche Geistliche Verständniss für festgesteckte Damenhüte der britischen Mode haben weiß ich nicht.
Die Union der progressiven Juden informiert im übrigen auf ihrer HP umfassend zur Bedeutung der Kippa.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Danke für die Aufklärung.

Ich hatte auch nicht pauschalisieren wollen.
Es gibt ja sehr liberale und säkulare Juden.
Die Geschichte mit den Perücken stimmt aber auch.


LGT