TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Sonntag, 8. August 2010

Der Sonntagssympath.

Vor vier Wochen hatten die oberen Zehntausend ihren großen Moment in Hamburg.
Walter Scheuerl, der Advokat der Reichen und Mächtigen, siegte über Vernunft und Prekariat.

Die Hamburger Anti-Primarschulen-Schlacht, der sogenannte Gucci-Protest wurde hochprofessionell und mit reichlich Geld geführt.
Woher Herr Scheuerl eigentlich all das Geld für seine Werbekampagne bekommen hat, ist bis heute vollkommen unklar.

Womit der Edel-Anwalt seine Brötchen verdient, ist allerdings mehr als offensichtlich.

Immerhin gibt es Mandanten, die auf der Sympathieskala genau auf dem Niveau des Sonntagssympathen angesiedelt sind.

Zum Beispiel Herr Jost-Stefan Heinig, 48, „kik“-Chef.
Kik ist nun nicht gerade dafür bekannt seine Mitarbeiter besonders großzügig zu bezahlen oder seine Lieferanten mit übergroßer Fürsorge zu überschütten.
Da kommt es schon hin und wieder vor, daß so ein nörgelnder kleinlicher Journalist anfängt an dem Konzern herum zu kritteln.
Unerhört - dabei spricht doch schon die Auswahl der Werbe-Ikonen des Milliarden-Imperiums für Seriosität und Anstand!

Das zehnjährige Kik-Jubiläum intonierte Jürgen Drews mit einer PR-DVD und das Fernsehgesicht des Superbilligfilialisten ist Verona Pooth.

Mein Lieblingsanwalt mag es gar nicht kritisiert zu werden und genauso wenig akzeptiert er es, wenn man schlecht über seine Mandanten redet.

So wurde der Blogger krueps.de sofort von Scheuerl abgemahnt, als er es wagte ein Youtube-Video eines Panorama-Beitrags, „die kik-story“, aus dem April 2010 zu verlinken.

Dieses Video enthielte „zahlreiche falsche und herabsetzende Tatsachenbehauptungen“.
Der Blogger habe eine Frist von einem Tag, um Link und Video zu entfernen bis Scheuerl ihn verklagen würde.

Als Privatblogger ist man einem Großanwalt mit einem Milliardenkonzern im Rücken nicht gewachsen.

Frech widersetzte sich aber die Hamburger Panorama-Redaktion dem Druck des Edelanwalts und recherchierte weiter an dem Thema.
In der Tat waren einige Behauptungen des Kik-Beitrages aus dem April 2010 nicht ganz richtig, sondern in Wahrheit noch viel schlimmer.

Das ergaben zwei Recherche-Reisen des NDR-Teams nach Bangladesch.

Wie zu erwarten gefiel weder Scheuerl noch kik die Aussicht, daß Panorama ein zweites Mal einen Bericht über die Machenschaften bei des Mega-Discounter ausstrahlen wollte und zogen den Sender vor Gericht, da sie Lügen verbreiteten.

Etwas unglücklich lief dann allerdings der Termin beim Richter, als Christoph Lütgert (NDR) seine Darstellung umfassend belegen und beweisen konnte.

Vor der Ausstrahlung hatte der NDR allerdings bereits eine umfangreiche gerichtliche Auseinandersetzung mit KiK, in der sich der Sender in fast allen relevanten Punkten durchsetzen konnte. Zunächst hatte das Hamburger Landgericht im Mai untersagt, in Bangladesch interviewte Näherinnen als "KiK-Näherinnen" zu bezeichnen, weil deutsche KiK-Mitarbeiter an Eides statt erklärt hatten, dies entspräche nicht der Wahrheit. Diese eidesstattlichen Versicherungen beruhten auf bloßem Hörensagen, reichten dem Gericht aber damals dennoch aus. Im Juli hob das Gericht diese Entscheidung nun wieder auf, weil Christoph Lütgert neues Bildmaterial und Belege, etwa eidesstattliche Versicherungen der Näherinnen, aus Bangladesch präsentieren konnte, die die Beschäftigung der Frauen im Auftrag von KiK weiter belegen.
Mit derartigen juristischen Tricks versucht der Textil-Discounter offenbar, kritische Berichterstattung in Deutschland zu verhindern. Die vier Frauen aus Bangladesch dürfen nun weiter als "KiK-Näherinnen" bezeichnet werden. Auch dass die Heizungen in einer Filiale sechs Jahre lang defekt waren, dass Aushilfen je nach Bedarf zwischen sechs Filialen hin- und herspringen und von morgens 9.00 bis abends 20.00 Uhr bereitstehen müssen und dass mit dem Ergee-Label Billigsocken aus Billigländern zu Markenware veredelt werden, wollte KiK mithilfe der Gerichte vertuschen – ohne Erfolg.

(NDR)

Der Bericht wurde daraufhin doch ausgestrahlt.

Herr Scheuerl is not amused, zumal er sich nun auch noch von Boulevard-Medien fragen lassen muß, was er eigentlich für Mandanten hat.

Scheuerl: Wie sich KiK dort engagiert, ist nicht nur angebracht, sondern lobenswert. Tiefgreifende Verbesserungen des Arbeitsstandards herbeizuführen ist aber nicht Aufgabe von Unternehmen, sondern der deutschen Politik.

MOPO: KiK ist nicht der einzige umstrittene Konzern, den Sie vertreten. Auch die Firma Landkost“, die mit einem Tierschutz-Skandal für Aufsehen sorgte, gehört zu Ihren Klienten. Schalten Sie als Anwalt Ihr Gewissen aus?

Scheuerl: Nein. Bei bestimmten Unternehmen würde ich mich weigern, ein Mandat anzunehmen. Bei KiK bin ich allerdings davon überzeugt, dass hier falsche Skandale in der Öffentlichkeit heraufbeschworen werden. Die Konzernführung ist glaubwürdig und ehrlich.
(MoPo 05.08.10)

Da ich nicht auch morgen Post von meinem Lieblingsanwalt Walter Scheuerl bekommen möchte - der arme Mann soll sich schließlich nicht überarbeiten - werde ich an dieser Stelle nicht das Video „Neue Vorwürfe: Die KiK-Story 2“ einfügen.

Wenn allerdings jemand zufällig von allein auf die Idee käme nach „panorama“, „ndr“ und „kik story“ zu googeln und dann fündig würde, kann ich schließlich nichts dafür.

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