Das waren die Kernsätze in der vorgeschobenen Begründung, die Horst Köhler für seine Flucht aus dem Amt anführte.
Zimperliese Köhler denkt also, daß er über dem gemeinem Politikervolk stünde und versteht Kritik an ihm als Majestätsbeleidigung.
Tarek Al-Wazir, der hessische Grünen-Chef rückte die Aussage des Entrückten zurecht:
" Man kann Respekt vor einem Amt auch vermissen lasse, indem man es wegwirft."
„Lächerlich“ nennt Gerd Appenzeller im Tagesspiegel Köhlers Argumentation.
"Lächerlich" ist ein passender Ausdruck für die Amtsführung dieses Präsidenten insgesamt.
Helmut Kohls ehemaliger Staatssekretär hatte eine besondere Fähigkeit das Falsche zu sagen, wenn er besser geschwiegen hätte und komplett zu verstummen, wenn er dringend hätte etwas sagen müssen.
Gleich in seiner Antrittsrede deklamierte er „ich liebe dieses Land“; seine Frau und er würden beten für Deutschland.
Köhler frömmelte in einem für Konfessionslose unerträglichen Maße.
Ein Amt ohne große politische Macht, aber mit riesigem Renommee sollte tunlichst von einer Person ausgeübt werden, die reden kann.
Köhler ist aber ein miserabler Redner; zu schwierigen Themen sagte er daher besser gar nichts.
Er redete lieber Belangloses und gab dabei seinen eigenen Parodisten.
Liest man einmal nach, kommt einem sofort Matthias Riechling in den Sinn, der mit wirrem Blick von links nach rechts auf einem imaginären Telepromter die Köhlerschen Worte plappert.
Meine Frau und ich wünschen Ihnen frohe und gesegnete Weihnachten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Wir haben uns sehr auf Weihnachten gefreut. Die Familie kommt zusammen, wir gehen in die Kirche, dann singen und essen wir gemeinsam, und die Kinder, längst erwachsen, sind immer noch gespannt auf die Bescherung.
(O-Ton Köhler 24.12.2004)
Wir haben Abschied genommen von Papst Johannes Paul II., und wir haben uns mit Menschen in aller Welt gefreut über die Wahl seines Nachfolgers, unseres Landsmannes Papst Benedikt XVI. Wir haben die Dresdner Frauenkirche wieder, weil Bürger in aller Welt sich das so in den Kopf gesetzt hatten.
(O-Ton Köhler 24.12.2005)
Deutschland - das sind wir alle. Lassen Sie uns gemeinsam auf unsere freiheitliche Demokratie acht geben. Vergessen wir nicht unsere Verantwortung im Kleinen. Sie ist Teil der Verantwortung für das Ganze. Fühlen wir uns zuständig für Deutschland. Es ist unser Land; ein Land, in dem es sich zu leben lohnt. Ich kenne kein schöneres. Weihnachten ist das Fest der Familie. Ich möchte deshalb heute ganz besonders die Familien in unserem Land grüßen - vor allem diejenigen, die in diesem Jahr ein Kind bekommen haben oder eines erwarten.
(O-Ton Köhler 24.12.2006)
Immer mehr stehen Leute füreinander ein, die erst ein gemeinsames Ziel zusammengebracht hat, und sie finden darin etwas von dem Halt, den jeder von uns braucht. Das ist eine gute Nachricht. Wollen wir uns einmal ausmalen, was passierte, wenn Jung und Alt in Deutschland richtig entdecken, was sie gemeinsam möglich machen können?
(O-Ton Köhler 24.12.2007)
Für jeden von uns, ob Christ oder nicht, sind die Bilder von Weihnachten einleuchtend: Ein Kind wird geboren, in einem Stall in einer Futterkrippe – und mit ihm kommt Licht in die Welt. Menschen in Sorge und Angst hören den Ruf: "Fürchtet euch nicht!"
(O-Ton Köhler 24.12.2008)
Wir denken dankbar an die Geburt Jesu Christi, und wir freuen uns mit jedem, der Achtung davor hat, ganz unabhängig vom eigenen Glauben.
(Weihnachtsansprache von Horst Köhler am 25.12.2009)
Der Bundespräsident erfüllte zunächst einmal Merkels Zweck:
Er verkündete während der Amtszeit Gerhard Schröders, daß „hoffentlich bald Angela Merkel Bundeskanzlerin sein wird“ und pfiff damit auf geforderte parteipolitische Neutralität.
Kurz danach beugte er noch die Verfassung, indem er Neuwahlen anberaumte.
Das hätte er nur tun dürfen, wenn die Bundesregierung nicht mehr handlungsfähig gewesen wäre. Das Gegenteil war aber der Fall - noch am letzten Tag setzte rot/grün mühelos und ohne einen einzigen Abweichler eine ganze Kaskade Gesetze durch.
Ob dieser Liebesdienste wollte Köhler vom politischen und medialen Berlin gelobt und anerkannt werden.
Der Mohr hatte aber seine Schuldigkeit getan.
Einmal im Amt, ignorierte Merkel ihr in Westerwelles Wohnzimmer geborenes Kind.
Der Mann, der für Kohl einst wider aller Vernunft die D-Mark 1:1 über die DDR brachte und damit die ostdeutsche Wirtschaft zum Ruin verurteilte*, schmollte fortan.
Er wollte bewundert werden.
Er bestand auf seinen Privilegien, Extrawürsten und Amtsinsignien.
Seine Wutanfälle fanden hinter den Kulissen statt.
Daß seine Mitarbeiter im Präsidialamt wie die Ratten das sinkende Schiff verließen, war ein Vorgeschmack auf Köhlers Launen.
"Null-Bock-Horst" nennt ihn ein sichtlich empörter Kurt Kister heute:
Horst Köhler schmeißt hin und fügt dem Amt des Bundespräsidenten großen Schaden zu. Der 67-Jährige tritt ab, weil er beleidigt ist und sich der öffentlichen Debatte über seine Afghanistan-Äußerungen nicht stellen will. Dies offenbart: Der hölzerne Köhler war stets bemüht - und überfordert. Es hat wohl noch nie jemand dem Amt des Bundespräsidenten so großen Schaden zugefügt, wie es Horst Köhler an diesem Montag getan hat. Köhler hat die Präsidentschaft dieses Landes nicht bedächtig niedergelegt, etwa weil ihn Krankheit oder ernste Umstände im Familienkreise dazu gezwungen hätten.
Nein, er hat das höchste Amt im Staate hingeworfen, weil er beleidigt ist. Er ist darüber beleidigt, dass ihm, der er immer auch ein politischer Bundespräsident sein wollte, politische Kritik entgegengeschlagen ist. Köhler, angeblich ein Mann mit festem konservativen Wertekanon und ausgeprägtem Pflichtgefühl, wirkt im Moment wie ein Sponti: der Null-Bock-Horst. Man war garstig zu ihm und jetzt mag er nicht mehr mitspielen. Leider ist das Ganze kein Spiel, sondern ein Fußtritt für jenes Amt, das alle Deutschen repräsentieren soll.
Jeder zweite Kommentator bemüht nun den Vergleich mit Oskar Lafontaines Rücktritt als SPD-Parteivorsitzender und Bundesfinanzminister.
Das stimmt aber nur soweit es den Überraschungsmoment betrifft.
Ebenso wie Gerd Schröder damals vor den Kopf gestoßen wurde, steht heute auch Merkel als die Blamierte da, der offensichtlich alle Frühwarnsysteme abhanden gekommen sind.
Ihr Verhältnis zu anderen Verfassungsorganen ist offensichtlich zerrüttet.
Lafontaine handelte aber impulsiver. Sein Frust lag darin begründet, daß er als Macher von einem anderen Macher als der kleinere Macher hingestellt wurde.
Zweifel an Lafontaines Kompetenz gab es wenig.
Köhler hingegen ist grundsätzlich ungeeignet für sein Amt.
Er kann den Job nicht und demonstrierte eine erstaunlich dreiste Arbeitsverweigerung.
Seit zwei Jahren ist er so gut wie verstummt. Außer gelegentlichen Schlagworten, um die sich kein Mensch schert, gibt er nichts mehr preis.
Zu seinem ureigenen Fachgebiet*, der Finanzökonomie, äußert er sich gar nicht.
Und ist da nicht spätestens seit 2008 die ein oder andere Orientierung überfällig?
Köhlers Rücktritt erinnert mich daher eher an den von Gerda Hasselfeldt im Jahr 1992.
Nur 16 Monate zuvor war sie überraschend Bundesgesundheitsministerin geworden und warf hin, weil sie den Job einfach nicht konnte.
Es war ihr zu kompliziert; sie begriff die Zusammenhänge nicht.
Köhler hat ebenfalls nicht begriffen wie sein Amt funktionierte.
Es mangelte ihm außerdem an rhetorischem Talent und sittlicher Reife.
Er ist ein politisches Scheingewicht, der wie der Scheinriese bei Michael Ende aus der Entfernung gigantisch aussieht - mit seinem hohen Amt.
Je näher man ihm kommt und desto genauer man sich seine Positionen inhaltlich ansieht, desto kleiner wird er. Im direkten Kontakt ist er winzig.
Wir brauchen ihm nicht hinterher zu weinen.
Wenn nun nicht gerade Roland Koch sein Nachfolger wird, kann es nur besser werden.
Bei Angela Merkel ist es umgekehrt - sie wirkt trotz ihres Amtes harmlos und schwach.
Je näher man ihren Kreisen kommt, desto größer wird sie aber.
Selbst die ewig spöttelnden, katholischen, westdeutsch-männlichen Andenpakt-Christdemokraten unterschätzen sie nicht mehr.
Reihenweise wurden sie schon von der Taktikerin ausmanövriert.
Aber auch sie baut offensichtlich auf Sand.
Ihr politisches Meisterstück, die Installation IHRES schwarz-gelben Bundespräsidenten als Initialzündung für ihre Reformkanzlerschaft 2005, erweist sich inzwischen als das rein parteitaktische Strohfeuer, das es von Anfang an war.
Er war ein überraschender Kandidat.
Dritte Wahl und von ihr gängelbar, da er kein eigenes parteipolitisches Gewicht hatte.
Es reichte nicht zu schwarzgelb 2005.
Erst nach vier Jahren Merkelscher Passivität im Kanzleramt, rückte Westerwelle nach.
Das Duo baute genauso auf Treibsand wie die zweite Amtszeit Köhlers - gegen die SPD durchgedrückt von Gaga-Guido und der Kanzlerin.
Schall und Rauch - das bleibt übrig nach Merkels Einflussnahme auf das Bundespräsidentenamt.
Wie viel besser wären wir dran gewesen mit Gesine Schwan!
*Köhler gestaltete außerdem die Währungsunion, die das totale ökonomische Desaster der Ex-DDR zementierte. Sicher ist, dass die Akteure damals der DDR-Wirtschaft den Rest gaben und die Bundesrepublik auf ungewisse Zeit hinaus mit gigantischen Schulden belasteten. Es geht um 200 Milliarden Euro. Für Köhlers Bankenfreunde waren das jahrelange Festspiele.
Der Tagesspiegel zitiert den Bundesrechnungshof:
Daß Köhler bei Bankern sehr beliebt war, verwundert nicht und so stieg er weiter auf.
1993 bis 1998:
Präsident den Deutschen Sparkassen- und Giroverband.
1998 bis 2000:
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE)
2000 bis 2004
Geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF)
Nachtrag:
Best of Köhler (Danke dafür Skydaddy!)
„Meinen Amtseid verstehe ich als Verpflichtung, zur Erneuerung Deutschlands beizutragen. Als Präsident werde ich zuhören, hinschauen und auch hinterfragen. Persönlicher Kompass ist mir dabei mein christliches Menschenbild und das Bewusstsein, dass menschliches Tun am Ende immer vorläufiges Tun ist.“
Horst Köhler in seiner Antrittsrede als Bundespräsident 2004
„Wenn wir uns wieder bewusst als Deutsche fühlen, auch wissen, warum wir Christen sind, dann können wir doch wunderbar beispielsweise mit einem Türken zusammenleben, der in Deutschland bleiben will.“
Horst Köhler 2004 in der Tageszeitung „Die Welt“
„Persönlich hat mir mein Konfirmationsspruch immer wieder geholfen: ‚Gott lädt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch’ … Dieser Leitspruch hat schon oft in meinem Leben gepasst und mich auf so mancher Etappe begleitet …“
Horst Köhler 2004
„Der christliche Glaube ist ein Geschenk für uns Menschen, etwas, das uns Sicherheit, ein Fundament, festen Boden unter den Füßen geben kann und das uns erkennen lässt: Nicht wir selbst sind der Mittelpunkt der Welt!“
Horst Köhler 2005 im Kalender des CVJM Neureut (bei Karlsruhe)
„,Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden‘, heißt es im 90. Psalm. Manchmal glaube ich, wir sind noch nicht klug genug.“
Horst Köhler 2005 bei der Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz in Würzburg
„Der Kunde kauft gern die billigsten Fernseher aus Fernost, aber gleichzeitig hat er Angst, dass ihm die Chinesen im Zuge der Globalisierung den Arbeitsplatz (in Deutschland) wegnehmen.“
Horst Köhler 2007
3 Kommentare:
Für mich hat dieser Ex-Präsident wie die Faust auf's Auge gepasst.
Ein Interessenvertreter des Grosskapitals, politisch (zumindest was seine eigene Meinung angeht) völlig unauffällig und ansonsten stramm auf Linie.
Bei Roman Herzog und dessen moralischen Ausführungen habe ich immer Zahnweh bekommen, denn seine Sprüche und das Auftreten als Innenminister waren mir noch sehr gut in Erinnerung. Die Kehrtwende vom "Auge um Auge"-Hartliner zum "Menschenfreund und Philosophen" habe ich dem nie abgekauft.
Bei Köhler hingegen war von Anfang an klar, dass diese Marionette nur dann zappelt und den Mund öffnet, wenn einer an der Strippe zieht.
Dass der Mann jetzt gehen musste liegt in erster Linie an politischem Druck. Er hat die Wahrheit über den Kriegseinsatz in Afghanistan gesagt und deshalb schickt man ihn in die Wüste. Und natürlich muss er bei seinem Rücktritt so dämlich wie nur möglich auftreten, denn sonst kann man ihn (und das was er gesagt hat) nicht effektiv demontieren.
Der Nordstern.
Sehr guter Kommentar, gewürzt mit gut belegten Fakten, die bei vielen schon aus der Erinnerung getilgt waren. Mitleid ist bei weitem nicht angesagt. Köhler ist die Leberwurst, die vor lauter Beleidigtsein jetzt aus der Pelle platzt.
@ Nordstern, gerdos:
Es ist eigentlich schwer als Bundespräsident NICHT beliebt zu sein. Für den Außenminister gilt Ähnliches.
Die Menschen mißtrauen überwiegend „den Politikern“ und wenden sich sofort gelangweilt ab, wenn es Streit gibt. Jede Partei weiß, daß innerparteilicher oder innerkoalitionärer Streit Gift für die demoskopischen Werte ist.
Da ein Präsident qua Amt über diesen Niederungen schwebt, mögen ihn die Leute eigentlich immer.
Aus genau diesem Grunde versuchen ja auch Merkel und einige Landespolitiker wie zum Beispiel Beust, sich einen präsidialen Stil anzueignen und sich aus dem tagespolitischen Kleinklein heraus zu halten.
Blöd natürlich, wenn diese Passivität allzu sehr mit den Entscheidungszwängen kollidieren; weil offensichtlich etwas schief läuft und Handeln erforderlich ist.
Unterm Strich: Wer nicht gerade ganz so widerlich wie Westerwelle ist, wird ein beliebter BP sein.
Wirklich ernst genommen wird ohnehin keiner. Rau hat zum Beispiel inhaltlich einige wirklich ordentliche Reden gehalten - aber sein Image als frömmelnde Laberbacke ist er nie losgeworden. Und erinnert sich irgendeiner an irgendeinen Satz von Herzog - außer dem in der Mainstreampresse ewig wiederholten „Ruck“? Scheel hat „hoch auf dem gelben Wagen“ gesungen und Carstens ist andauernd gewandert.
Ähnliches hätten auch Verona Poth oder Florian Silbereisen leisten können.
LGT
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