Donnerstag, 20. Mai 2010
Wehmut ist das Wort der Woche.
Wehmut überkommt Wähler, Journalisten und Kanzlerin gleichzeitig.
Früher war alles besser. Zumindest wenn mit „früher“ die Zeit vor dem 27.09.09 gemeint ist.
Ach könnte man doch die Uhren zurückdrehen, denkt sich Frau Merkel offenbar den ganzen Tag.
Auffällig freundlich ist sie inzwischen zu den Sozen.
Sie erschien auf dem Geburtstag ihres ehemaligen Vize-Regierungssprechers Thomas Steg (SPD) und bedankte sich bei Steg für "unerwartete, aber wunderschöne vier Jahre".
Sie rief gar Peter Struck an, um mal zu plaudern. Wie es ihm denn so ginge im Ruhestand, wollte die mächtigste Frau der Welt von dem Klartext-Mann wissen, der noch vor einem Jahr klargestellt hatte „ich mag Frau Merkel nicht und sie mag mich nicht“.
Verglichen mit ihrem neuen K.O.alitionspartner sind Struck, Steg und Steinmeier aber pures Gold für die Kanzlerin.
Früher war alles besser - insbesondere für eine entscheidungsunfähige Präsidialregierungschefin, die gerne alles laufen läßt und a posteriori erklärt was gut gelaufen ist.
Unglücklicherweise hat sie jetzt keine fähigen Minister mehr, an die sie sich hängen kann.
Man erwartet jetzt auf einmal von der Chefin selbst klare Aussagen.
Das ist in etwa so zielführend, wie von Helmut Kohl Abspecktipps zu verlangen.
Beispiel Finanztransaktionssteuer; hier wechselt die Kanzlerin wöchentlich die Meinung, war schon genauso oft unbedingt dafür, wie auch kategorisch dagegen.
Hach, wie war das nett, als ein entscheidungsfreudiger Finanzminister Steinbrück sagte wo es längs geht!
Nachfolger Schäuble kommt bedauerlicherweise nicht in die Gänge. Nach acht Monaten Kataplexie fängt er JETZT an eine Sparliste zu überlegen, es könnte irgendwann im Juni soweit sein, daß man erfährt, wo gespart werden soll.
Angela Merkel wirkt in diesen Tagen, in denen sich die Nachrichten über immer neue Milliardenlöcher in den Haushalten der Euro-Staaten überschlagen, nicht wie die Lenkerin der mächtigsten Wirtschaftsnation in der Europäischen Union. Sie gibt eher den Zaungast, der aus der Ferne nach Bedarf Beifall spendet oder "Buh " ruft, während auf dem Spielfeld Länder wie Frankreich die Richtung vorgeben.
In der großen Koalition ist die Kanzlerin mit ihrer Strategie noch gut gefahren. Selbst Unionspolitiker erkennen inzwischen an, dass die SPD mit Finanzminister Peer Steinbrück die Krise nach der Lehman-Pleite fast im Alleingang gut gemanagt hat. Angela Merkel hat die Ideen der Sozialdemokraten nur noch als ihre eigenen verkaufen müssen, das hat gereicht für eine zweite Kanzlerschaft.
Jetzt aber ist da keiner, der Ideen liefert, der kreativ denkt.
Schäuble läge überwiegend im Krankenbett und seinem protokollarischen Stellvertreter Brüderle traue Merkel - ZU RECHT - gar nichts zu.
Vize-Kanzler Guido Westerwelle wiederum scheint sich ganz aus dem politischen Tagesgeschäft verabschiedet zu haben.
(Thorsten Denkler)
Fast so bitter wie der unvermeidliche demoskopische Absturz, ist für die einstige Außenpolitik-Queen, daß ihre schwarz-gelbe Regierungsmannschaft Deutschland innerhalb nur eines halben Jahres zum internationalen Paria gemacht hat.
Selten war sich Europa so einig, wie im derzeitigen Ärger über die debakulierenden Deutschen, die immer nur bremsen und die Situation verschlimmern.
Wenn es in Europa derzeit nicht voran geht, sind eigentlich immer Merkels destruktive Mannen daran schuld:
Am späten Montagabend ging wieder einmal nichts mehr im Brüsseler Ratsgebäude. 'Die Beratungen sind unterbrochen', rief ein niederländischer Diplomat den Journalisten zu. Die Finanzminister der 16 Euroländer hätten um eine Pause gebeten, um bilateral über die Details des milliardenschweren Rettungsschirms für die Euroländer zu verhandeln. Ursache der Verzögerungen seien wieder einmal die Deutschen. Anders als seine Kollegen aus der Währungsunion bestehe der deutsche Finanzminister darauf, dem Bundestag jedes Mal ein Vetorecht einzuräumen, wenn ein überschuldetes Land der Eurozone um Hilfe aus dem beschlossenen Finanzpaket bitte. 'Im Prinzip wollen die Deutschen über jede Tranche neu abstimmen', fügte ein Diplomat aus Belgien kopfschüttelnd hinzu. Das Verständnis der Finanzminister für die Berliner Sonderwünsche sei nahezu aufgebraucht.
[…] Auch bei anderen europäischen Projekten steht die Bundesregierung zunehmend isoliert da, etwa im Streit um die europäische Wirtschaftsregierung.
[…] Isoliert ist Deutschland auch im Streit, wie die Banken an den Kosten beteiligt werden könnten. Auf Initiative vor allem kleinerer Länder zeichnet sich ein Konsens dafür ab, eine Steuer auf Finanztransaktionen einzuführen. Das würde bedeuten, dass bei jeder Überweisung eine prozentuale Abgabe an den Staat anfiele. Dass die Europäer eine solche Steuer für sich noch nicht beschlossen haben, liegt vor allem daran, dass sich die Deutschen sperren.
(SZ, 19. Mai. 10)
Es scheint ein Jahrhundert zurück zu liegen, daß Deutschland und Frankreich unter Schröder und Chirac derart eng abgestimmt international auftraten, daß sie sich bei Abwesenheit des einen sogar gegenseitig vertraten.
Schröder, dessen Anwesenheit im Bundestag am 20. November 2003 unbedingt erforderlich war, ließ sich beim EU-Gipfel in Brüssel durch Chirac vertreten.
Dieses bis dahin in der Geschichte der Europäischen Union einmalige Vorgehen unterstrich die Übereinstimmung der politischen Führung beider Länder.
Die deutschen Zeitungen titelten an diesem Tag vergnügt mit einem Bild des französischen Präsidenten Jacques Chirac und unterschrieben es mit „Er ist heute deutscher Bundeskanzler“.
Später wurde auch Schröder einmal bevollmächtigt für Frankreich zu stimmen.
So eng und so fruchtbar arbeitete Deutschland unter Schröder mit seinen Nachbarn zusammen.
Nach acht Monaten Westerwelle und Schäuble herrscht in Paris nur noch blankes Entsetzen über die irrlichternden Kollegen in Berlin:
Frankreich ist verunsichert über das "neue Deutschland", das angeblich "ohne Komplexe" auftritt, einen "Sonderweg" einschlägt oder sogar "näher an den Ural" rückt. Deutschland braucht Europa nicht mehr, klagen die Kommentatoren. Als x-tes Beispiel ziehen sie das deutsche Verbot für ungedeckte Leerverkäufe heran. Die französische Finanzministerin zeigte sich "irritiert" über den "deutschen Alleingang".
(Michael Kläsgen)
Das Europa der fast 30 Staaten; darunter 16 mit dem Euro als Währung, ist ein komplexes und schwerfälliges Konstrukt, das nur unter schmerzhaften Wehen zu Entscheidungen fähig ist.
Umso wichtiger ist es, daß die wichtigsten Länder sich abstimmen und voran gehen.
Unglücklicherweise haben wir weder eine Kanzlerin, noch einen Vizekanzler, noch einen Finanzminister, der das könnte.
Die Zauderkönige schaffen es noch nicht einmal national irgendeine Initiative zu ergreifen.
Wie sollten da aus Berlin positive Impulse für Europa ausgehen?
Dank Frau Merkel ist Europa zu einem abschreckenden Gebilde geworden.
Statt dem Euro beizutreten, sind die Briten im Moment heilfroh ihr Pfund zu haben.
Wohlhabende Deutsche flüchten in Franken und Gold.
Ach wenn man nur die Uhr zurückdrehen könnte zum 27.09.09.
Vielleicht würde dann die FDP statt der 14,6 % angemessenere 4,9 % bekommen.
Vielleicht hätten wir dann längst internationale Finanzmarktregelungen.
Vielleicht wären wir nicht in der Krise, in der wir jetzt sind.
Früher war alles besser. Zumindest wenn mit „früher“ die Zeit vor dem 27.09.09 gemeint ist.
Ach könnte man doch die Uhren zurückdrehen, denkt sich Frau Merkel offenbar den ganzen Tag.
Auffällig freundlich ist sie inzwischen zu den Sozen.
Sie erschien auf dem Geburtstag ihres ehemaligen Vize-Regierungssprechers Thomas Steg (SPD) und bedankte sich bei Steg für "unerwartete, aber wunderschöne vier Jahre".
Sie rief gar Peter Struck an, um mal zu plaudern. Wie es ihm denn so ginge im Ruhestand, wollte die mächtigste Frau der Welt von dem Klartext-Mann wissen, der noch vor einem Jahr klargestellt hatte „ich mag Frau Merkel nicht und sie mag mich nicht“.
Verglichen mit ihrem neuen K.O.alitionspartner sind Struck, Steg und Steinmeier aber pures Gold für die Kanzlerin.
Früher war alles besser - insbesondere für eine entscheidungsunfähige Präsidialregierungschefin, die gerne alles laufen läßt und a posteriori erklärt was gut gelaufen ist.
Unglücklicherweise hat sie jetzt keine fähigen Minister mehr, an die sie sich hängen kann.
Man erwartet jetzt auf einmal von der Chefin selbst klare Aussagen.
Das ist in etwa so zielführend, wie von Helmut Kohl Abspecktipps zu verlangen.
Beispiel Finanztransaktionssteuer; hier wechselt die Kanzlerin wöchentlich die Meinung, war schon genauso oft unbedingt dafür, wie auch kategorisch dagegen.
Hach, wie war das nett, als ein entscheidungsfreudiger Finanzminister Steinbrück sagte wo es längs geht!
Nachfolger Schäuble kommt bedauerlicherweise nicht in die Gänge. Nach acht Monaten Kataplexie fängt er JETZT an eine Sparliste zu überlegen, es könnte irgendwann im Juni soweit sein, daß man erfährt, wo gespart werden soll.
Angela Merkel wirkt in diesen Tagen, in denen sich die Nachrichten über immer neue Milliardenlöcher in den Haushalten der Euro-Staaten überschlagen, nicht wie die Lenkerin der mächtigsten Wirtschaftsnation in der Europäischen Union. Sie gibt eher den Zaungast, der aus der Ferne nach Bedarf Beifall spendet oder "Buh " ruft, während auf dem Spielfeld Länder wie Frankreich die Richtung vorgeben.
In der großen Koalition ist die Kanzlerin mit ihrer Strategie noch gut gefahren. Selbst Unionspolitiker erkennen inzwischen an, dass die SPD mit Finanzminister Peer Steinbrück die Krise nach der Lehman-Pleite fast im Alleingang gut gemanagt hat. Angela Merkel hat die Ideen der Sozialdemokraten nur noch als ihre eigenen verkaufen müssen, das hat gereicht für eine zweite Kanzlerschaft.
Jetzt aber ist da keiner, der Ideen liefert, der kreativ denkt.
Schäuble läge überwiegend im Krankenbett und seinem protokollarischen Stellvertreter Brüderle traue Merkel - ZU RECHT - gar nichts zu.
Vize-Kanzler Guido Westerwelle wiederum scheint sich ganz aus dem politischen Tagesgeschäft verabschiedet zu haben.
(Thorsten Denkler)
Fast so bitter wie der unvermeidliche demoskopische Absturz, ist für die einstige Außenpolitik-Queen, daß ihre schwarz-gelbe Regierungsmannschaft Deutschland innerhalb nur eines halben Jahres zum internationalen Paria gemacht hat.
Selten war sich Europa so einig, wie im derzeitigen Ärger über die debakulierenden Deutschen, die immer nur bremsen und die Situation verschlimmern.
Wenn es in Europa derzeit nicht voran geht, sind eigentlich immer Merkels destruktive Mannen daran schuld:
Am späten Montagabend ging wieder einmal nichts mehr im Brüsseler Ratsgebäude. 'Die Beratungen sind unterbrochen', rief ein niederländischer Diplomat den Journalisten zu. Die Finanzminister der 16 Euroländer hätten um eine Pause gebeten, um bilateral über die Details des milliardenschweren Rettungsschirms für die Euroländer zu verhandeln. Ursache der Verzögerungen seien wieder einmal die Deutschen. Anders als seine Kollegen aus der Währungsunion bestehe der deutsche Finanzminister darauf, dem Bundestag jedes Mal ein Vetorecht einzuräumen, wenn ein überschuldetes Land der Eurozone um Hilfe aus dem beschlossenen Finanzpaket bitte. 'Im Prinzip wollen die Deutschen über jede Tranche neu abstimmen', fügte ein Diplomat aus Belgien kopfschüttelnd hinzu. Das Verständnis der Finanzminister für die Berliner Sonderwünsche sei nahezu aufgebraucht.
[…] Auch bei anderen europäischen Projekten steht die Bundesregierung zunehmend isoliert da, etwa im Streit um die europäische Wirtschaftsregierung.
[…] Isoliert ist Deutschland auch im Streit, wie die Banken an den Kosten beteiligt werden könnten. Auf Initiative vor allem kleinerer Länder zeichnet sich ein Konsens dafür ab, eine Steuer auf Finanztransaktionen einzuführen. Das würde bedeuten, dass bei jeder Überweisung eine prozentuale Abgabe an den Staat anfiele. Dass die Europäer eine solche Steuer für sich noch nicht beschlossen haben, liegt vor allem daran, dass sich die Deutschen sperren.
(SZ, 19. Mai. 10)
Es scheint ein Jahrhundert zurück zu liegen, daß Deutschland und Frankreich unter Schröder und Chirac derart eng abgestimmt international auftraten, daß sie sich bei Abwesenheit des einen sogar gegenseitig vertraten.
Schröder, dessen Anwesenheit im Bundestag am 20. November 2003 unbedingt erforderlich war, ließ sich beim EU-Gipfel in Brüssel durch Chirac vertreten.
Dieses bis dahin in der Geschichte der Europäischen Union einmalige Vorgehen unterstrich die Übereinstimmung der politischen Führung beider Länder.
Die deutschen Zeitungen titelten an diesem Tag vergnügt mit einem Bild des französischen Präsidenten Jacques Chirac und unterschrieben es mit „Er ist heute deutscher Bundeskanzler“.
Später wurde auch Schröder einmal bevollmächtigt für Frankreich zu stimmen.
So eng und so fruchtbar arbeitete Deutschland unter Schröder mit seinen Nachbarn zusammen.
Nach acht Monaten Westerwelle und Schäuble herrscht in Paris nur noch blankes Entsetzen über die irrlichternden Kollegen in Berlin:
Frankreich ist verunsichert über das "neue Deutschland", das angeblich "ohne Komplexe" auftritt, einen "Sonderweg" einschlägt oder sogar "näher an den Ural" rückt. Deutschland braucht Europa nicht mehr, klagen die Kommentatoren. Als x-tes Beispiel ziehen sie das deutsche Verbot für ungedeckte Leerverkäufe heran. Die französische Finanzministerin zeigte sich "irritiert" über den "deutschen Alleingang".
(Michael Kläsgen)
Das Europa der fast 30 Staaten; darunter 16 mit dem Euro als Währung, ist ein komplexes und schwerfälliges Konstrukt, das nur unter schmerzhaften Wehen zu Entscheidungen fähig ist.
Umso wichtiger ist es, daß die wichtigsten Länder sich abstimmen und voran gehen.
Unglücklicherweise haben wir weder eine Kanzlerin, noch einen Vizekanzler, noch einen Finanzminister, der das könnte.
Die Zauderkönige schaffen es noch nicht einmal national irgendeine Initiative zu ergreifen.
Wie sollten da aus Berlin positive Impulse für Europa ausgehen?
Dank Frau Merkel ist Europa zu einem abschreckenden Gebilde geworden.
Statt dem Euro beizutreten, sind die Briten im Moment heilfroh ihr Pfund zu haben.
Wohlhabende Deutsche flüchten in Franken und Gold.
Ach wenn man nur die Uhr zurückdrehen könnte zum 27.09.09.
Vielleicht würde dann die FDP statt der 14,6 % angemessenere 4,9 % bekommen.
Vielleicht hätten wir dann längst internationale Finanzmarktregelungen.
Vielleicht wären wir nicht in der Krise, in der wir jetzt sind.
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2 Kommentare:
Natuerlich sind/waren inter/nationale Beliebtheitsspitzen fuer das gefaehrlich'verklemmte Merkel ein selbstglorifizierender Bonus.
'Es wird diesbezueglich aber ganz sicherlich auch Abstriche hinnehmen, da Es sich noch satte 3Jahre als Kanzler und maechtigste Frau der Welt suhlen darf.
Den willkommenen, unerheblichen Verlust von Mehrheiten, wird Es als positiv zu verwerten wissen. Da sind dann, an der Verhinderung ihrer, so positiven Absichten, die Anderen Schuld.
3Jahre provoziertes Chaos.
Gruss
Jake
Irgendwie ist diese Merkel manchmal doch noch rätselhaft.
Ein bißchen spielt sie ja schon mit ihrer totalen Polit-Abstinenz mit dem Feuer.
Das kann demoskopisch noch arg in die Hose gehen. Allerdings sind auch nach der heutigen aktuellen Politumfrage noch Guttenberg und Merkel mit großem Abstand die beliebtesten deutschen Politiker.
http://wahltool.zdf.de/Politbarometer/mediathekflash.shtml?2010_05_21
Wenn man nach derartigen Vollversagen und Lügen, daß sich die Balken biegen immer noch so positiv beurteilt wird, hat Merkel wohl Grund zur Hoffnung auf die überragende Doofheit des deutschen Wählers. Die bringen es fertig sie 2013 gleich noch mal zu wählen - auch wenn sie dann schon wieder in Erdlöchern hausen und die staatliche Grundversorgung zum Erliegen gekommen ist….
LGT
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