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Donnerstag, 13. August 2009

Der Held des Tages.

Kleriker sind schon lustig.
Sie pochen auf „Verstand“ und „Vernunft“, gerieren sich als Gelehrte und sobald ihre Theorien unvereinbar auf die schnöde Realität prallen, sind auf einmal „Vernunft“ und „gesunder Menschenverstand“ irrelevant.
Dann muß man eben „glauben“.

Einer, der besonderen Wert auf die Rolle der „Vernunft“ legt, ist der derzeitige Platzhalter auf dem Stuhle Petris.
Über Benedikts Schrift «Vorpolitische moralische Grundlagen eines freiheitlichen Staates». berichtete die NZZ:
Nicht nur in diesem Text laufen die Gedanken und Argumente anscheinend gut katholisch auf eine Ausbalancierung von Vernunft und Glaube hinaus. Beide, heisst es, «brauchen» einander. - Wozu aber braucht die freie Vernunft den gehorsamen Glauben? Wozu der sich zu Gott bekennende Glaube die Vernunft, die jede Autorität in Frage zu stellen weiss? Die Antwort in theologisch-medizinischer Diktion: zu «gegenseitiger Heilung und Reinigung». Zu solcher wechselseitigen Stützung seien Vernunft und Glaube «berufen», schreibt Ratzinger.

So weltlich kann ein religiöser Gelehrter klingen.

Wenn also unserer Vernunft etwas zuwider läuft, erfahren wir die „Heilung und Reinigung“ durch den Glauben.
Maria empfing „unbefleckt“ und hatte sogar NACH der Geburt ihres Kindes ein intaktes Hymen?
Das mag medizinisch unvernünftig klingen - aber der GLAUBE überstimmt dann eben auch mal die Vernunft.
So kann der Pontifex Maximus schon mal das ein oder andere Jahrhundert auf sehr unvernünftigen Positionen wie dem Geozentrismus sitzenbleiben, auch wenn jeder vernünftige Mensch längst weiß, daß die Erde nicht in der Mitte des Sonnensystems stehen kann.

Vernunft und Glaube stehen oft im diametralen Widerspruch - welcher Antagonist sich durchsetzt, weiß aber nur der Papst.

Ganz analog verhält es sich beim Antagonismus zwischen kirchlichem und weltlichem Recht.

Die Kirchen in Deutschland respektieren die Deutschen Gesetze und verlangen sogar Gesetzeskonformität.
Außer wenn die Befolgung der bundesrepublikanischen Gesetze zufällig im Widerspruch zum Kirchenrecht steht.
Dann gelten die weltlichen Gesetze eben nicht.
Macht ja nichts.
Aus dieser Logik heraus wäre zu folgern, daß deutsche Bischöfe generell das Befolgen der Kirchenregeln verlangten und den Atheisten überließen am weltlichen Recht zu hängen.

Dann wären aus kirchlicher Sicht Regelungen zur Homoehe, §218 und Forschung an embryonalen Stammzellen irrelevant, da all dies ohnehin für ihre Schäfchen Tabu ist.

Dies wäre logisch - aber Logik; ich komme auf den Anfang zurück; ist nun einmal dem Glauben widersprechend.

Also mischen sich die Bischöfe fleißig in die Gesetzesgebung ein und verlangen die Umsetzung ihrer Ansichten in deutsches Recht, damit sich jeder daran hält, obwohl sie selbst aber in Anspruch nehmen, daß man sich eigentlich doch nicht nach den Deutschen Gesetzen richten muß - logisch, oder?

In der Praxis überkreuzen sich Kirchenrecht und staatliches Recht gelegentlich.

Das betrifft insbesondere den Bereich der Kirchensteuer.

Hier agiert der Staat als Inkassounternehmen für den Verein Kirche, um dessen Mitgliedsbeiträge einzutreiben.

Dieses weltweit fast einmalige Verfahren ist bekanntlich aus staatlicher Sicht äußerst problematisch, da unser GG vorschreibt, daß Staat und Kirche getrennt zu sein haben.

Aus Kirchenrechtlicher Sicht ist dies aber auch mehr als kompliziert, wie der Held des Tages, nämlich Kirchenrechtler Hartmut Zapp, vorführte.

Er stieß auf den vertrackten Zustand, daß es einen Automatismus zwischen einem schlichten weltlichen Verwaltungsakt - nämlich dem Nichtbezahlen des „Mitgliedsbeitrages“ - und der höchsten kirchlichen Strafe - nämlich dem Bann, der Exkommunikation gibt.

Kann eine rein weltliche Aktion zwischen dem säkularen Staat und einem seiner Bürger zu so einer extremen kirchlichen Konsequenz führen, ohne daß überhaupt ein Geistlicher damit befasst ist?

Alexander Kissler beschreibt das Vorgehen:

Es war ein leiser Klang, doch er war unüberhörbar: Mitte Juli schlug das Sterbeglöcklein für die deutsche Kirchensteuer. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied, es sei zulässig, sich der Steuer zu verweigern, gleichzeitig aber auf der fortgesetzten Mitgliedschaft in der Kirche zu beharren. Sollte in den kommenden Instanzen und schließlich auch in der kirchlichen Gerichtsbarkeit das Urteil Bestand haben, müssten die Fundamente des heiklen Verhältnisses von Staat und Kirche völlig neu gegossen werden.
Auslöser war ein Austritt der besonderen Art.
Im Juli 2007 erklärte der Freiburger Kirchenrechtler Hartmut Zapp vor dem Standesamt seine Abkehr von der Kirche, hielt aber in einer Zusatzerklärung fest, sein Schritt beziehe sich ausschließlich auf die Körperschaft öffentlichen Rechts. Der Glaubensgemeinschaft fühle er sich weiter zugehörig. Aus durchaus frommen Gründen wagte er die rebellische Tat.
Weder pekuniäre noch kirchenkritische Motive gaben den Ausschlag.
Nicht länger aber soll mit Exkommunikation bestraft werden, wer die Kirchensteuer ablehnt, ohne auch den Glauben zu negieren.
Der Körperschaftsaustritt sollte einen Präzedenzfall schaffen.
In der bisherigen Praxis, die Ausfluss ist des Kooperationsmodells von Volkskirche und Staat, sieht Zapp einen Verstoß gegen weltkirchliche Bestimmungen.
In der Tat mutet es seltsam an, dass eine Willenserklärung vor einer weltlichen Behörde automatisch den Kirchenbann nach sich zieht.
Darf der säkulare Staat mitwirken bei einem Vorgang mit so gewaltigen religiösen Konsequenzen? Dürfen die Kirchen es dem Staat überlassen, einen solchen fundamentalen Schritt zu beglaubigen? Und warum soll überhaupt die Taufe eine Steuerpflicht begründen? Zapp wirft den deutschen Bischöfen in dieser Hinsicht einen strukturellen Ungehorsam vor. Anfang 2006 nämlich erklärte der Vatikan detailliert und auf Anordnung Benedikts XVI., wie der "formale Akt" auszusehen habe, damit ein Kirchenaustritt gültig ist.
Im Schreiben des "Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte" heißt es, der Wille zur Trennung aus Glaubensgründen müsse klar ersichtlich sein, er müsse schriftlich niedergelegt und von der "zuständigen Autorität" entgegengenommen und geprüft werden.
Der Staat ist hierfür inkompetent.
Ergo folgert der Kirchenjurist Gero P. Weishaupt, Mitarbeiter am besagten Päpstlichen Rat:
"Die Austrittserklärung vor einer staatlichen Behörde ist kein Kirchenaustritt im kirchenrechtlichen Sinn. Damit hat sie auch keine Rechtsfolgen in der Kirche."
Die einzige, allerdings rein weltliche Konsequenz sei die Steuerbefreiung.


Tja - dazu sage ich nur: Welch ein Dilemma liebe Kirchen.

Um den päpstlichen Vorschriften über einen Kirchenaustritt Genüge zu tun, müßtest Ihr schon selbst um Eure Mitgliedsbeiträge kümmern und nicht so erbärmlich am Rockzipfel des säkularen Staates baumeln, der Euch unentgeltlich in schöner Regelmäßigkeit die Milliarden zuschiebt.

Schlimm genug, daß dann in Deutschland immer noch „das Heil“ - also das Aufgenommensein im Schoß der Mutter Kirche, die Erlösung der Seele, von der Zahlungswilligkeit der Schäfchen abhängt.
Wie ließe es sich sonst theologisch - womöglich auf der Bibel basierend - rechtfertigen, daß ein frommer Mensch, der Mitglied der Kirche sein möchte, ausgeschlossen wird, weil er nicht zahlen möchte für eine Organisation, deren Bischöfe auf € 9.000 Monatsgehalt [ohnehin aus dem allgemeinen Steuertopf ; NICHT etwa der "Kirchensteuer" finanziert - aufgebracht auch von Atheisten, Moslems etc ] sitzen und deren Binnenverwaltung 30% der „Kirchensteuer“ verbraucht?

Wäre es nicht auch GOTT-gefällig sich an die Bibelverse mit den Reichen und dem Kamel und dem Himmelreich zu erinnern?

Vielleicht würde ein Gläubiger lieber seine „Beiträge“ an ein SOS-Kinderdorf oder die Welthungerhilfe spenden, statt sie den Herren Mixa, Müller und Meisner zu überweisen?

Darf so ein Gläubiger mit der Maximal-Kirchenstrafe belegt werden und zur ewigen Verdammnis (=Exkommunikation) verurteilt werden?

Eigenartig auch, daß sich die RKK nur hier an so ein Verfahren klammert - in anderen Ländern sind die Mitgliedsbeiträge freiwillig und niemand wird automatisch verdammt, weil er nicht zahlt.

Ist Euch Bischöfen das Geld im Klingelbeutel also immer noch wichtiger als das Seelenheil eines Menschen?

Zeigt sich so die überlegene Moral, die es angeblich ohne Gott gar nicht geben kann?

Na, wie sieht in diesem Fall wohl die vernünftige Antwort aus, Herr Ratzinger??

2 Kommentare:

Oberclown hat gesagt…

Naja ob das wirklich ein Dilemma ist? Weil streng genommen ist das nur ein Dilemma, wenn man die Logik im Sinne von Aristoteles zugrunde legt mit solchen Dingen, wie dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten, dem Prinzip der Zweiwertigkeit, oder dem Satz vom Widerspruch.
Das sind aber streng genommen nur Axiome, also Annahmen, die irgendwie richtig klingen, aber nicht beweisbar sind. Wenn man jetzt glaubt (hier kommt der Glauben als reinigendes Element ins Spiel), dass sagen wir mal der Satz vom Widerspruch, also die Aussage, dass eine Aussage und ihr Gegenteil nicht gleichzeitig richtig sein können, nicht glaubt, dann kann man die drolligsten Dinge behaupten, ohne, dass man damit mit dem Gegenteil ein Problem hätte. Wir sehen also wie reinigend der Effekt ist, alles unbequeme kann man schlicht eliminieren, oder ignorieren. Nur so ist Vernunft wirklich bequem.
Dann ist auch Kirchenmitgliedschaft und Exkommunikation kein Widerspruch mehr.

Wenn man ein böser tortenwerfender Clown ist könnte mana uch vermuten, dass die Kirche einfach nur klarstellen will, dass man ihr auf keinen Fall entkommt, wenn man einmal drin ist. Dass sie übersehen haben, dass sie sich dabei finanziell ins Knie schießen widerspricht ja nur bei verwendung aristotelischer Logik der Päpstlichen Unfehlbarkeit.
Aber Aristoteles war nciht katholisch, also muss er ja irren.


Nicht nur für die Kirchen ist soetwas praktisch. Auch in der Politik trifft man immer wieder auf nicht aristotelische Logik. Mein liebstes Beispiel ist Westerwelle und sein Satz vom Staatsversagen.
In der FDP war Aristoteles ja auch nicht, also ist er ja per Definitionem links der Mitte und also im Irrtum.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Ui - welch überragendes Beispiel von Clownologik.
Kirchenrechtlich ist es ja auch so, daß man - einmal getauft - der Kirche sowieso nicht entkommt und für immer Mitglied ist - obwohl man offensichtlich kaum bewußt zugestimmt hat, wenn die Taufe im Säuglingsalter geschah.
In Spanien kann man beispielsweise gar nicht aus der Kirche austreten. Es sei denn man findet einen Priester, der den Eintrag in das Kirchenbuch streicht. Das muß er aber nicht tun - gesetzlich hat man keine Handhabe dagegen dort aufgeführt zu sein.
Um Kirchenaustritte zu legalisieren, müßte man also in Spanien die Kirchensteuer einführen, dann vom Staat ein Steuerhinterziehungsverfahren aufgebrummt bekommen und auf dem Wege zwangsausgetreten zu werden.
Hmmm, dazu fällt mir Po8s Frage vom letzten WE ein:

Wenn jemand ein Armutsgelübde abgelegt hat, sollte man ihn dann wirklich mit dem Zusenden von Spenden auf die Nerven gehen?

http://po8sblog.blogspot.com/2009/08/neulich-bei-den-offenen-fragen.html

Fragen über Fragen……