Freitag, 8. Oktober 2010
Ein echtes CDU-Gewächs.
Frauen gelten allgemein als sehr schön, wenn sie jung sind und mit dem Altern werden sie angeblich immer häßlicher, so daß die XX-Chromosonträger allerlei Aufwand betreiben, um die Zeichen der Jahre zu vertuschen. Falten im Gesicht sind dabei meistens die Hauptkampflinie. Gegen Lachfältchen ist jedes Kampfmittel recht, wenn es auch nur die geringste Aussicht auf glattere, jugendlichere Haut gibt.
Das männliche Schönheitsideal geht inzwischen ein wenig in dieselbe Richtung. Auch die Herren der Schöpfung hadern nun mit grauem Haar und Krähenfüßen. Es gibt allerdings einige Männer, die gerade im hohen Alter eindeutig attraktiver werden.
Willy Brandt als Berliner Bürgermeister war alles andere als „schön“, aber als über 80-Jähriger bekam er einen echten „Charakterschädel“.
Ein besonders extremer Fall ist der Ex-CDU-Generalsekretär, Ex-Stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzende, Ex-CDU-Präside, Ex-CDU-Vorständler, Ex-CDU-Landesminister, Ex-CDU-Bundesminister, Ex-CDU-Abgeordnete und Ex-JU-Vorsitzende in Baden-Württemberg Dr. jur. Heiner Geißler.
Über Dekaden passte sich der Wahl-Rheinland-Pfälzer seinem Idol Helmut Kohl an und wurde insbesondere in den 12 Jahren als Kohls Scharfmacher in der Person der CDU-Generalsekretärs (1977-1989) extrem bekannt.
Geißler sah damals genauso widerlich aus, wie er redete.
Die Grenzen des Anstands und der Moral galten für ihn nicht.
So warf er beim konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt 1982 der Abgeordneten Hildegard Hamm-Brücher vor sie sei eine Gefahr für die Demokratie, weil sie sich weigerte ihre Stimme Helmut Kohl zu geben - nur weil sie im letzten Wahlkampf versprochen hatte Helmut Schmidt zum Kanzler zu wählen.
Die Grünen hasste Geißler sowieso; legendär seine Hasstiraden gegen die Gegner der Atomraketenrüstung, die er in ein Boot mit denjenigen setzte, die Hitler zum Kanzler gemacht haben.
"Der Pazifismus der dreißiger Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem heutigen unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“
(H.G., 15. Juni 1983)
Der Spiegel schrieb damals halb bewundernd und halb empört: „Keiner kann so hart holzen wie der CDU-Minister.“
(S 20.06.1983)
Empört wollte der SPD-Abgeordnete Ernst Waltemathe wissen, ob Geißler etwa "meinen Verwandten, einschließlich Großvater, die in Auschwitz vergast worden sind und Pazifisten waren", vorwerfe, "daß sie selbst daran schuld sind, daß sie in Auschwitz umgebracht wurden".
"Ossietzky ist im KZ gestorben", rief der Grüne Otto Schily, "und Sie wagen es, so etwas zu sagen!"
Den Tränen nah fragte die FDP-Abgeordnete Hildegard Hamm-Brücher, was "denn der Pazifismus mit dem Judenhaß in Deutschland zu tun" habe. Und eindringlich bat sie den Christdemokraten: "Überlegen Sie das noch einmal, weil ich es für unerträglich halte."
So wurde Geißler 1980 vor die Wahlkampf-Schiedskommission zitiert, weil er den damaligen Kanzler Helmut Schmidt einen "politischen Rentenbetrüger" genannt hatte. Nachdem der CDU-General versichert hatte, er habe das keinesfalls "im strafrechtlichen Sinne" gemeint - wie hätte das gehen sollen? -, sprach ihn die Schiedsstelle von dem Vorwurf frei, gegen das Fairneß-Abkommen verstoßen zu haben. Wenige Stunden später verlautbarte Geißler, er sehe sich bestätigt, daß der Sachverhalt des Rentenbetrugs nur gerichtlich geklärt werden könne.
Ähnlich verfuhr er im Wahlkampf dieses Jahres. Als die SPD-Kampagne gegen die Mietgesetzgebung der Kohl-Koalition gefährlich zu werden drohte, schlug Geißler mit großem Hammer zurück. Er bezichtigte die Sozis der "Mietenlüge" und setzte, Bertolt Brecht zitierend, noch eines drauf: "Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher."
Und: Die "anständigen" Deutschen müßten sich von dieser Politik distanzieren. Wiederum nahm er seinen Vorwurf nur scheinbar zurück: "Wer wie die SPD zum drittenmal vor einer Wahl die Unwahrheit sagt, ist natürlich nicht kriminell, begeht aber sozusagen ein politisches Verbrechen an dem Wähler."
(S 20.06.1983)
Der gute Mann war die meiste Zeit seines Lebens ein echter Scharfmacher.
Ich erinnere mich immer noch mit Grausen an einen Auftritt des sichtlich betrunkenen CDU-Generals in einer NDR-Talkshow mit der Moderatorin Elke Heidenreich.
Als der ebenfalls geladene Gast Niklas Frank über die Gräueltaten seines Kriegsverbrecher-Vaters Hans Frank* berichtete, hielt es Geißler nicht mehr auf seinem Stuhl.
Er bezweifelte plötzlich die Zahl „sechs Millionen Juden“ und gab zu bedenken, ob es nicht auch weniger, vielleicht „nur fünf Millionen“ gewesen sein könnten.
(Wäre ja dann nicht ganz so schlimm...)
Der gewohnheitsmäßige Lügner Helmut Kohl wurde von seinem Sekretär stets verteidigt.
Als der Kanzler 1984 klipp und klar einer glatten Lüge überführt wurde - er hatte im Parteispenden-Untersuchungsausschuss über die 25 Millionen DM, die über Flicks „Staatsbürgerliche Vereinigung“ an die Parteien flossen gelogen, daß sich die Balken bogen - befand Heiner Geißler, Kohl habe eben einen „Blackout“ gehabt.
1986 erschien Reimar Oltmanns Geißler-Buch „Der Intrigant oder Die Machtgier der christlichen Regenten“ (Eichborn, Frankfurt am Main)
Jegliche Moral hatte er Jesuit Geißler in den Generalsekretärs-Jahren fahren lassen.
Die Sozialdemokraten hasste er nicht bloß, nein, er benutzte sie, um ganze Kaskaden von absurden Vergleichen loszulassen.
Die SPD fungiere „als fünfte, Moskau-hörige Kolonne, als Spionage- und Sabotage-Trupp der Kommunisten“.
Die Sozialdemokraten würden „im Stil der Nazis gegen die Juden Kampagnen gegen die Union entfachen“, sie wären „politische Verbrecher“, deren Widerstand gegen Ronald Reagans Krieg-der-Sterne-Programm SDI „unmoralisch“ sei und die eine „Volksfront-Friedensbewegung“ bildeten.
Das von der SPD erfundene „Schlagwort von der neuen Armut“ sei „der größte Schwindel, den wir in der Nachkriegszeit je erlebt haben“.
Sozis betrieben „hemmungslose und wahrheitswidrige Demagogie und Volksfront-Opposition.“
Einmal in Rage wetterte Geißler auch gleich noch gegen die Gewerkschaften, deren Eintreten für Arbeitnehmer er zutiefst verabscheute.
„Die stärkste Hilfstruppe der SozialDEMAGOGIE hat die SPD im Deutschen Gewerkschaftsbund“.
Der Friedensnobelpreisträger Willy Brandt, der unehelich geboren wurde, erzürnte den Beinahe-Priester Geißler naturgemäß ganz besonders:
„Die SPD verharmlost die Sowjetunion, verschweigt ihre Verbrechen und betreibt politische Kriminalisierung der USA. Die maßlosen Ausfälle Willy Brandts vor dem Millionenpublikum im Fernsehen zeigen seine Wut darüber, daß die neutralistischen Ziele der SPD von uns frühzeitig aufgedeckt wurden“
Man könnte die Geißlerschen Hassattacken endlos weiter zitieren.
Ab seinem 70. Lebensjahr aber geschah das Wunder; Heiner Geißler, der Intrigant und Scharfmacher wurde nicht nur selbst Kapitalismuskritiker und CDU-kritisch; auch sein alterndes Gesicht verlieh ihm von Jahr zu Jahr mehr Charme.
Lachfalten lassen ihn heute weise und gelassen aussehen.
Was ist da wohl passiert? Ist ihm beim Bergsteigen ein Stein auf den Kopf gefallen und hat seine Synapsen neu verdrahtet?
Inzwischen hat sich der einstige Kohl-Intimus scharf vom Ex-Kanzler distanziert und streitet für Arbeitnehmerrechte.
In Talkshows ist er ein so wortgewandter CDU-Widersacher, daß ihn nun sogar die Grünen in BW als Stuttgart21-Vermittler vorschlugen.
Geißler, „der Fuchs“, sei ein ausgebuffter Verhandlungsprofi, der geborene Schlichter; im Grunde der einzige Deutsche, dem überhaupt noch zuzutrauen wäre die Wogen zu glätten.
Da Mappus inzwischen vor Angst die Knie schlottern, wenn er an die Landtagswahl denkt, beauftragte er Mittwoch tatsächlich den 80-Jährigen CDU-Mann mit der Schlichtung.
Die hochgradig hysterisierte Presse hat inzwischen durch die Bank weg vergessen, wie Geißler über viele Dekaden getickt hat und verklärt ihn ebenfalls zum Politmessias, der Baden-Württemberg den Frieden bringen wird.
Bis jetzt ist das allerdings gründlich schief gelaufen.
Der Start des CDU-Rebellen als Vermittler im Stuttgart-21-Streit ist misslungen. Nach seinem Kommunikationspatzer zum angeblichen Baustopp wächst bei Union und FDP der Unmut. Die Schlichtung steht auf der Kippe. […] Vor Journalisten verkündete der CDU-Politiker überraschend einen Baustopp für die Dauer der Verhandlungen. Kaum war Geißler verschwunden, meldeten sich Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube zu Wort: kein Baustopp. Am späten Abend versuchte Geißler dann, seine Worte zu relativieren. Baustopp hin oder her - auf jeden Fall gelte während der Schlichtung Friedenspflicht. Was auch immer das heißt. Die Verwirrung war komplett. Wer wen missverstanden hat, ob absichtlich oder unfreiwillig, war am Freitag nicht zu klären. Fakt aber ist: Die Schlichtung, die die erhitzten Gemüter endlich beruhigen sollte, ist so schlecht gestartet, wie nur irgendwie vorstellbar. Von Annäherung keine Spur. Stattdessen wirft die Opposition Landesregierung und Bahn vor, den Schlichter binnen weniger Stunden demontiert zu haben
(Philipp Wittrock und Severin Weiland 08.10.10)
Mappus überfährt Geißler
[…] Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hatte kurz zuvor erklärt, die Bauarbeiten an dem Milliarden-Bahnprojekt würden voraussichtlich bis Ende des Jahres gestoppt. Bahnchef Rüdiger Grube und Mappus hätten dies zugesagt. "Es gibt keinen Baustopp", sagte jedoch Mappus am Donnerstagabend. Auch Grube stellte den von Geißler verkündeten Baustopp infrage. "Wir kennen keinen Baustopp", sagte Grube den "Stuttgarter Nachrichten"
(taz 07.10.10)
* Der Vater. Eine Abrechnung. C. Bertelsmann, München 1987
Das männliche Schönheitsideal geht inzwischen ein wenig in dieselbe Richtung. Auch die Herren der Schöpfung hadern nun mit grauem Haar und Krähenfüßen. Es gibt allerdings einige Männer, die gerade im hohen Alter eindeutig attraktiver werden.
Willy Brandt als Berliner Bürgermeister war alles andere als „schön“, aber als über 80-Jähriger bekam er einen echten „Charakterschädel“.
Ein besonders extremer Fall ist der Ex-CDU-Generalsekretär, Ex-Stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzende, Ex-CDU-Präside, Ex-CDU-Vorständler, Ex-CDU-Landesminister, Ex-CDU-Bundesminister, Ex-CDU-Abgeordnete und Ex-JU-Vorsitzende in Baden-Württemberg Dr. jur. Heiner Geißler.
Über Dekaden passte sich der Wahl-Rheinland-Pfälzer seinem Idol Helmut Kohl an und wurde insbesondere in den 12 Jahren als Kohls Scharfmacher in der Person der CDU-Generalsekretärs (1977-1989) extrem bekannt.
Geißler sah damals genauso widerlich aus, wie er redete.
Die Grenzen des Anstands und der Moral galten für ihn nicht.
So warf er beim konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt 1982 der Abgeordneten Hildegard Hamm-Brücher vor sie sei eine Gefahr für die Demokratie, weil sie sich weigerte ihre Stimme Helmut Kohl zu geben - nur weil sie im letzten Wahlkampf versprochen hatte Helmut Schmidt zum Kanzler zu wählen.
Die Grünen hasste Geißler sowieso; legendär seine Hasstiraden gegen die Gegner der Atomraketenrüstung, die er in ein Boot mit denjenigen setzte, die Hitler zum Kanzler gemacht haben.
"Der Pazifismus der dreißiger Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem heutigen unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“
(H.G., 15. Juni 1983)
Der Spiegel schrieb damals halb bewundernd und halb empört: „Keiner kann so hart holzen wie der CDU-Minister.“
(S 20.06.1983)
Empört wollte der SPD-Abgeordnete Ernst Waltemathe wissen, ob Geißler etwa "meinen Verwandten, einschließlich Großvater, die in Auschwitz vergast worden sind und Pazifisten waren", vorwerfe, "daß sie selbst daran schuld sind, daß sie in Auschwitz umgebracht wurden".
"Ossietzky ist im KZ gestorben", rief der Grüne Otto Schily, "und Sie wagen es, so etwas zu sagen!"
Den Tränen nah fragte die FDP-Abgeordnete Hildegard Hamm-Brücher, was "denn der Pazifismus mit dem Judenhaß in Deutschland zu tun" habe. Und eindringlich bat sie den Christdemokraten: "Überlegen Sie das noch einmal, weil ich es für unerträglich halte."
So wurde Geißler 1980 vor die Wahlkampf-Schiedskommission zitiert, weil er den damaligen Kanzler Helmut Schmidt einen "politischen Rentenbetrüger" genannt hatte. Nachdem der CDU-General versichert hatte, er habe das keinesfalls "im strafrechtlichen Sinne" gemeint - wie hätte das gehen sollen? -, sprach ihn die Schiedsstelle von dem Vorwurf frei, gegen das Fairneß-Abkommen verstoßen zu haben. Wenige Stunden später verlautbarte Geißler, er sehe sich bestätigt, daß der Sachverhalt des Rentenbetrugs nur gerichtlich geklärt werden könne.
Ähnlich verfuhr er im Wahlkampf dieses Jahres. Als die SPD-Kampagne gegen die Mietgesetzgebung der Kohl-Koalition gefährlich zu werden drohte, schlug Geißler mit großem Hammer zurück. Er bezichtigte die Sozis der "Mietenlüge" und setzte, Bertolt Brecht zitierend, noch eines drauf: "Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher."
Und: Die "anständigen" Deutschen müßten sich von dieser Politik distanzieren. Wiederum nahm er seinen Vorwurf nur scheinbar zurück: "Wer wie die SPD zum drittenmal vor einer Wahl die Unwahrheit sagt, ist natürlich nicht kriminell, begeht aber sozusagen ein politisches Verbrechen an dem Wähler."
(S 20.06.1983)
Der gute Mann war die meiste Zeit seines Lebens ein echter Scharfmacher.
Ich erinnere mich immer noch mit Grausen an einen Auftritt des sichtlich betrunkenen CDU-Generals in einer NDR-Talkshow mit der Moderatorin Elke Heidenreich.
Als der ebenfalls geladene Gast Niklas Frank über die Gräueltaten seines Kriegsverbrecher-Vaters Hans Frank* berichtete, hielt es Geißler nicht mehr auf seinem Stuhl.
Er bezweifelte plötzlich die Zahl „sechs Millionen Juden“ und gab zu bedenken, ob es nicht auch weniger, vielleicht „nur fünf Millionen“ gewesen sein könnten.
(Wäre ja dann nicht ganz so schlimm...)
Der gewohnheitsmäßige Lügner Helmut Kohl wurde von seinem Sekretär stets verteidigt.
Als der Kanzler 1984 klipp und klar einer glatten Lüge überführt wurde - er hatte im Parteispenden-Untersuchungsausschuss über die 25 Millionen DM, die über Flicks „Staatsbürgerliche Vereinigung“ an die Parteien flossen gelogen, daß sich die Balken bogen - befand Heiner Geißler, Kohl habe eben einen „Blackout“ gehabt.
1986 erschien Reimar Oltmanns Geißler-Buch „Der Intrigant oder Die Machtgier der christlichen Regenten“ (Eichborn, Frankfurt am Main)
Jegliche Moral hatte er Jesuit Geißler in den Generalsekretärs-Jahren fahren lassen.
Die Sozialdemokraten hasste er nicht bloß, nein, er benutzte sie, um ganze Kaskaden von absurden Vergleichen loszulassen.
Die SPD fungiere „als fünfte, Moskau-hörige Kolonne, als Spionage- und Sabotage-Trupp der Kommunisten“.
Die Sozialdemokraten würden „im Stil der Nazis gegen die Juden Kampagnen gegen die Union entfachen“, sie wären „politische Verbrecher“, deren Widerstand gegen Ronald Reagans Krieg-der-Sterne-Programm SDI „unmoralisch“ sei und die eine „Volksfront-Friedensbewegung“ bildeten.
Das von der SPD erfundene „Schlagwort von der neuen Armut“ sei „der größte Schwindel, den wir in der Nachkriegszeit je erlebt haben“.
Sozis betrieben „hemmungslose und wahrheitswidrige Demagogie und Volksfront-Opposition.“
Einmal in Rage wetterte Geißler auch gleich noch gegen die Gewerkschaften, deren Eintreten für Arbeitnehmer er zutiefst verabscheute.
„Die stärkste Hilfstruppe der SozialDEMAGOGIE hat die SPD im Deutschen Gewerkschaftsbund“.
Der Friedensnobelpreisträger Willy Brandt, der unehelich geboren wurde, erzürnte den Beinahe-Priester Geißler naturgemäß ganz besonders:
„Die SPD verharmlost die Sowjetunion, verschweigt ihre Verbrechen und betreibt politische Kriminalisierung der USA. Die maßlosen Ausfälle Willy Brandts vor dem Millionenpublikum im Fernsehen zeigen seine Wut darüber, daß die neutralistischen Ziele der SPD von uns frühzeitig aufgedeckt wurden“
Man könnte die Geißlerschen Hassattacken endlos weiter zitieren.
Ab seinem 70. Lebensjahr aber geschah das Wunder; Heiner Geißler, der Intrigant und Scharfmacher wurde nicht nur selbst Kapitalismuskritiker und CDU-kritisch; auch sein alterndes Gesicht verlieh ihm von Jahr zu Jahr mehr Charme.
Lachfalten lassen ihn heute weise und gelassen aussehen.
Was ist da wohl passiert? Ist ihm beim Bergsteigen ein Stein auf den Kopf gefallen und hat seine Synapsen neu verdrahtet?
Inzwischen hat sich der einstige Kohl-Intimus scharf vom Ex-Kanzler distanziert und streitet für Arbeitnehmerrechte.
In Talkshows ist er ein so wortgewandter CDU-Widersacher, daß ihn nun sogar die Grünen in BW als Stuttgart21-Vermittler vorschlugen.
Geißler, „der Fuchs“, sei ein ausgebuffter Verhandlungsprofi, der geborene Schlichter; im Grunde der einzige Deutsche, dem überhaupt noch zuzutrauen wäre die Wogen zu glätten.
Da Mappus inzwischen vor Angst die Knie schlottern, wenn er an die Landtagswahl denkt, beauftragte er Mittwoch tatsächlich den 80-Jährigen CDU-Mann mit der Schlichtung.
Die hochgradig hysterisierte Presse hat inzwischen durch die Bank weg vergessen, wie Geißler über viele Dekaden getickt hat und verklärt ihn ebenfalls zum Politmessias, der Baden-Württemberg den Frieden bringen wird.
Bis jetzt ist das allerdings gründlich schief gelaufen.
Der Start des CDU-Rebellen als Vermittler im Stuttgart-21-Streit ist misslungen. Nach seinem Kommunikationspatzer zum angeblichen Baustopp wächst bei Union und FDP der Unmut. Die Schlichtung steht auf der Kippe. […] Vor Journalisten verkündete der CDU-Politiker überraschend einen Baustopp für die Dauer der Verhandlungen. Kaum war Geißler verschwunden, meldeten sich Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube zu Wort: kein Baustopp. Am späten Abend versuchte Geißler dann, seine Worte zu relativieren. Baustopp hin oder her - auf jeden Fall gelte während der Schlichtung Friedenspflicht. Was auch immer das heißt. Die Verwirrung war komplett. Wer wen missverstanden hat, ob absichtlich oder unfreiwillig, war am Freitag nicht zu klären. Fakt aber ist: Die Schlichtung, die die erhitzten Gemüter endlich beruhigen sollte, ist so schlecht gestartet, wie nur irgendwie vorstellbar. Von Annäherung keine Spur. Stattdessen wirft die Opposition Landesregierung und Bahn vor, den Schlichter binnen weniger Stunden demontiert zu haben
(Philipp Wittrock und Severin Weiland 08.10.10)
Mappus überfährt Geißler
[…] Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hatte kurz zuvor erklärt, die Bauarbeiten an dem Milliarden-Bahnprojekt würden voraussichtlich bis Ende des Jahres gestoppt. Bahnchef Rüdiger Grube und Mappus hätten dies zugesagt. "Es gibt keinen Baustopp", sagte jedoch Mappus am Donnerstagabend. Auch Grube stellte den von Geißler verkündeten Baustopp infrage. "Wir kennen keinen Baustopp", sagte Grube den "Stuttgarter Nachrichten"
(taz 07.10.10)
* Der Vater. Eine Abrechnung. C. Bertelsmann, München 1987
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
Hallo Tammox
Auch wenn es nicht 100%ig zu deinem Posting passt, hoffe ich doch, Du kannst mir vielleicht bei folgender Frage weiterhelfen:
Was genau erwartet man eigentlich von der Geißler-Vermittkung?
Dass man bei Tarifkonfikten externe Schlichter anruft, kann ich verstehen. Erstens sind beide Parteien legitimiert jeden (nicht sittenwidrigen) Vertrag für die von Ihnen Vertretenen zu unterzeichnen und zweitens gibt es in Tarfverträgen diverse unterschiedliche Posten über die verhandelt werden kann.
Bei Stuttgart 21 bin ich bis jetzt davon ausgegangen, dass wenn das Projekt nicht 1:1 wie geplant umgesetzt wird, es neu ausgeschrieben werden muss. Wenn dem so ist, dann ist doch jede Einigung entweder ein kompletter Sieg für die Bahnhofsgegner (denen ja für alle neuen Bauvorhaben auch wieder das normale und nur aus 'Verjährungsgründen' zur Zeit nicht machbare Instrument Bürgerbegehren zur Verfügung stünde) oder eben der Bahnhofsbefürworter(eben weil der Bahnhof gebaut wird). Eine für beide Seiten halbwegs akzeptable Lösung kann ich mir unter diesen Umständen nicht einmal vorstellen.
Deine Verwunderung, dass Geißler schon im Vorfeld als geradezu Salomonischer Schiedsrichter gepriesen wird teile ich, eigentlich gibt gerade sein letztes Projekt DB-GDL keinen Anlass dazu.
Schöne Grüße
QuakediQuak
Lieber QuakediQuak,
die Frage kann ich Dir nicht beantworten; ich habe darüber auch schon gerätselt.
Nach meiner Ansicht ist es die Aufgabe Geißlers ENTWEDER Bahn, Merkel, Mappus und Co dazu zu bringen, daß sie S21 komplett fallen lassen und sich den gegnerischen Argumenten anschließen, ODER daß alle S21-Gegner urplötzlich davon überzeugt werden, daß S21 doch eine tolle Sache ist, die sie ab jetzt auch unterstützen.
Dazwischen sehe ich irgendwie auch nichts.
Deswegen werden wohl die Kommentatoren auch von „mission impossible“ oder „Quadratur des Kreises“ sprechen.
Daß Geißler das überhaupt macht, kann ich mir nur mit seiner Eitelkeit erklären.
Vielleicht hofft der ein oder andere bei Schwarzgelb, daß sich die Demonstranten beruhigen, wenn man ein paar kleine Zugeständnisse (weniger Bäume fällen? Veränderte Streckenführung?) macht.
Vorstellen kann ich es mir aber nicht. Die Situation ist zu verfahren. Gerade die CDU hat verbal so aufgerüstet, daß jedes noch so kleine Zugeständnis von ihnen als totale Niederlage vor dem Mob angesehen würde.
Merkel selbst hat doch getönt, daß die CDU „stehe“ und nicht wie die Grünen „einknicke!“
Wenn also die CDU doch einknickte, wäre das auch ein Desaster für sie.
Daß die S21-Gegner, die offenbar ja auch bundesweit eine große Mehrheit haben zu Befürwortern werden, kann ich mir nicht vorstellen - dafür sind die Argumente zu gewichtig.
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/4247/stuttgart-21-der-bahnhof-den-niemand-will-und-niemand-braucht
Außerdem sind die neuen Umfragen ein derartiges Desaster für CDU und FDP, daß die S21-Gegner eigentlich nur abwarten müssen.
Ein Grüner MP von BW ist inzwischen sehr wahrscheinlich!
http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/baden-wuerttemberg.htm
auch ohne die Linke, reicht es demnach für eine dicke rotgrüne Mehrheit.
Weshalb sollten sie sich also von Mappus zum Einlenken bewegen lassen?
LGT
Kommentar veröffentlichen