(Wolfgang Grupp)
Nachdem Merkel ihren „Everybodys Darling“-Kurs nicht mehr durchhalten konnte, ziehen sich viele Menschen warm an. Es kann jeden treffen; Stuttgart-21-Gegner, Hartz-IV-Abhängige, Geringverdiener, Schüler, Betreiber von erneuerbarer Energie; überall saust das finanzielle Fallbeil der Kanzlerin nieder.
Es gibt aber Ausnahmen! Die großen Wirtschaftsbosse können sich nach wie vor voll auf den Gehorsam der schwarzgelben Regierung verlassen.
Brüderle, Rösler, Röttgen und Schäuble setzen brav die Maximalwünsche der Industrielobbyisten um.
Subventionsabbau ist endgültig vom Tisch.
Je heftiger sich Merkel jedoch mit Gewerkschaften, AKW-Gegnern und Sozialverbänden anlegt, desto mehr fällt auf, wie stark sie eine einzelne Gruppe von allen Widrigkeiten verschont: die Wirtschaft. Die Kernbrennstoffsteuer wird befristet, der Beitrag der Pharmaindustrie zur Kostensenkung im Gesundheitswesen fällt geringer aus als geplant, die Banken kommen aller Voraussicht nach ohne Finanztransaktionsteuer davon.
(Claus Hulverscheidt 29.9.2010)
Sparen sollen die anderen - aber niemals die Großindustrie.
Beispiel Griechenland.
Während Deutsche Politiker wild mit den erhobenen Zeigefingern fuchtelnd drastische Einsparungen der Hellenen einfordern, soll der Militärhaushalt unbedingt unangetastet bleiben.
In Brüssel wurde beschlossen, Griechenland bekommt die 110 Milliarden-Hilfe nur, wenn das Land drastisch spart. Einzige Ausnahme: Die Militärausgaben. Über die wurde offiziell nicht gesprochen. Ging es doch um Wirtschaftsinteressen.
O-Ton Odfried Nassauer, Militärexperte:
Griechenland hat eine hohe Bedeutung für die deutsche Rüstungsindustrie, insbesondere deswegen, weil der griechisch-türkische Konflikt und die Rüstungsexporte in beide Länder ja von der Existenz dieses Konfliktes mit abhängig sind. Und da die Bundeswehr beispielsweise immer weniger kauft bei der deutschen Rüstungsindustrie, werden die Exporte in beide Länder natürlich für die Stellung der deutschen Rüstungsindustrie zunehmend bedeutsamer. Da ist das EU-Rettungspaket ausgesprochen hilfreich. Denn seit Jahren schon fordert der deutsche Rüstungskonzern Thyssen- Krupp die Bezahlung bereits ausgelieferter U-Boote. Mithilfe der EU-Gelder kann Athen seine Schulden nun begleichen. Und nicht nur das. Griechenland bestellt noch zwei neue U-Boote, ein Milliardenauftrag. Unterstützt hat den ganzen Deal die Bundesregierung, wie sie in einer kleinen Anfrage selbst einräumt.
(Frontal 21, 28. September 2010)
Beispiel Großbanken.
140 Milliarden Euro Staatshilfe kassierte die HRE, die UNS, den Steuerzahlern gehört. 25 Millionen Boni für die Mitarbeiter waren aber noch drin - ausgezahlt unmittelbar nachdem die HRE einen erneuten Finanzbedarf von 40 Milliarden Euro angemeldet hatte.
„Die jetzige Bundesregierung, die jetzigen Gremien können entscheiden, dass keine Boni gezahlt werden. So einfach ist das.“
(Peer Steinbrück)
Beispiel Gaspreise.
Um etwa 20 % höher als marktüblich sind die Gaspreise in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer absurden reglementierten oligopolischen Lobbymacht zuungunsten des Verbrauchers. Dank Brüderle und Co werden die Hochpreise der Gasgiganten festgezurrt. Marktwirtschaft nein danke.
Die Liberalisierung des deutschen Gasmarkts verläuft nach Einschätzung von Robert Busch, Geschäftsführer Bundesverband Neuer Energieanbieter, "in Zeitlupe". Das sei Folge "einer Kette von Lobbyerfolgen der alten Gaswirtschaft, eine Kette von Erfolgen des Verzögerns, Verwässerns und Verhinderns".
(Frontal 21, 21. September 2010)
Beispiel Bahn
Sinnlosinvestitionen in Milliardenhöhe verpulvert der Bund jedes Jahr. Während zwei Millionen Kinder in Deutschland keine warme Mahlzeit bekommen können und Grundschullehrer von ihrem eigenen Gehalt Frühstück für Sechsjährige austeilen, weil die hungrigen Kinder sonst nicht mitarbeiten können.
Berühmt sind einige „So da-Brücken“, die einfach nur „so da“ stehen und keinerlei Sinn haben.
Zum Beispiel die für 18 Millionen Euro errichtete Eisenbahnbrücke bei Rödental in Oberfranken.
30 m hoch, 870 m lang; so imposant wurde sie 2004 erbaut.
Im Jahr 2040 könnte womöglich dann auch der erste Zug darüber rollen. Allerdings muß sie vorher erst mal wieder saniert werden.
Beispiel „Minijobs“
Gewaltige Lohnsubventionen zahlt der Bund, damit die Unternehmer größere Gewinne machen können - auf Kosten der Allgemeinheit, die aufstocken muß.
Gruselige Zahlen nannte die letzte Panorama-Sendung.
Über sieben Millionen McJobs (20 % aller Jobs in Deutschland) finanziert Ursula von der Leyen zur Freude der Unternehmer, die ihre Lohnkosten durch die systematische Umwandlung von regulären Jobs in Minijobs radikal reduzieren können.
„Der Minijob ist eindeutig ein Instrument, das im Interesse der Arbeitgeber liegt, insbesondere eben in Dienstleistungsbereichen, weil sie dadurch günstiger Arbeitskräfte bekommen als ohne diese Regelung, sie müssten ohne Minijob deutlich mehr bezahlen, um die Arbeitskräfte dann auch zur Beschäftigung zu bekommen.“
(Prof. Peter Bofinger)
„Wir haben die höchsten Wachstumsraten an schlecht bezahlter Beschäftigung in der ganzen Europäischen Gemeinschaft. Und die Politik hat eine riesige Verantwortung dafür. Sie hat mit den Minijobs und anderen Regulierungen etwa zur Leiharbeit, hat sie den Unternehmen neue Fenster aufgemacht für schlechte Bezahlung, für die Verletzung von Standards. Und diese Gelegenheit haben bestimmte Unternehmer mit Freude aufgegriffen.“
(Prof. Gerhard Bosch)
Sogar 2,3 Millionen Zweitjobs, also Minijobs, die Arbeitnehmer zusätzlich zu einer gutbezahlten regulären Beschäftigung haben, finanziert die Arbeitsministerin.
„Der 400-Euro-Job ist die unsinnigste Subvention, die man sich vorstellen kann, denn es wird damit Teilzeitarbeit anstelle von Vollzeitarbeit gefördert und es werden davon vor allem Menschen mit höhererm Einkommen gefördert und nicht Menschen mit niedrigem Einkommen.“
(Prof. Peter Bofinger)
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