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Donnerstag, 30. September 2010

Tod als Nebenwirkung

"Dosis sola facit venenum"
(Paracelsus, dritte defensio, 1538.
Zu deutsch: All Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift;
allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist.)

Diese berühmte Erkenntnis des Schweizer Arztes, Alchemisten, Mystikers und Philosophen ist zwar schon ein halbes Jahrtausend alt, aber offensichtlich noch nicht ganz in unseren Gehirnen angekommen.
Ob Arsen, Schwefelsäure oder destilliertes Wasser - für uns ist alles giftig.
Der Unterschied ist lediglich die benötigte Menge. In einem Fall reichen wenige Milligramm, im anderen sind zwei Liter erforderlich.

Die Mehrzahl der Menschen ist aber nicht in der Lage sich diese grundsätzlichen Zusammenhänge zu vergegenwärtigen. Einige Substanzen werden als ungeheuer gesund angesehen, andere als fürchterlich ungesund.

Wenn es um Pharmaka geht, reagieren Menschen immer hysterisch und irrational.
So glauben 30 - 50 % felsenfest an die Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln in so hohen „D-Potenzen“, daß sie kein einziges Molekül des Wirkstoffs enthalten.
In anderen Fällen akzeptieren sie widerspruchslos, daß mit der ganz großen chemischen Keule zugeschlagen wird. Die entsetzlichen Nebenwirkungen einer Chemotherapie nehmen viele Krebspatienten auf sich, weil sie (zu recht) glauben auch an einer besonders entsetzlichen Krankheit zu leiden.
Viel hilft viel ist das Motto.
Wer mit einer Entzündung geschlagen ist, greift zu aggressiven Antibiotika - immerhin tobt ein schwerer biochemischer Bakterienkrieg im eigenen Körper.
Da werden Samthandschuhe als untauglich angesehen.
Ruinieren der Darmflora, Pilzinfektionen, Durchfall, Kopfschmerzen und Herzrasen werden als bekannte Nebenwirkungen locker in Kauf genommen.
Die körperinneren Kollateralschäden belegen gewissermaßen nur die Wirksamkeit des Antibiotikums. Ein meterlanger „Waschzettel“ wird klaglos hingenommen. Man weiß doch, daß die Pharmakonzerne da alles drauf schreiben, um juristisch auf der sicheren Seite zu sein, wenn ein Patient nach der Einnahme des Medikaments den Löffel abgibt.

Irrational wie der Mensch nun einmal ist, akzeptiert er bei einigen Krankheiten gar keine Nebenwirkungen.

Dabei ist das Prinzip immer das gleiche: Man hat ein Leiden, wirft ein spezielles Gift ein und wägt ab, ob es insgesamt mehr hilft oder mehr schadet.
Eigentümlicher weise akzeptiert man die unerwünschten Wirkungen beispielsweise bei Psychopharmaka wesentlich schlechter. Dabei wirken moderne Psychopharmaka nur indirekt und schonend.
Die chemische Entsprechung einer Depression oder Angststörung ist eine Unterversorgung der Hirnchemie mit Neurotransmittern wie Serotonin und Noradrenalin.
Moderne Pharmaka wie Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI = Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor) und Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NARI = NorAdrenalin-Reuptake-Inhibitor) verlangsamen lediglich den Prozess des Abbaus dieser Neurotransmitter, so daß eine höhere Konzentration dieser körpereigenen Stoffe in den Synapsen übrigbleibt.
Prima Sache. Eigentlich.
Wenn man aber auf der Packungsbeilage unter dem Punkt „Nebenwirkungen“ lapidar das Wort „Selbstmord“ findet, ist man nicht eben besonders animiert das Mittel einzunehmen.

Dabei ist der Zusammenhang recht einfach - eine Depression kann mit suizidalen Neigungen und einem extremen Antriebsmangel einhergehen. Wenn das Medikament wie erwünscht durch eine Erhöhung des Noradrenalinspiegels nun den Antriebsmangel beseitigt, kann der Patient möglicherweise gerade genug Energie zurück gewinnen, um den Suizidentschluß in die Tat umzusetzen. Keine beabsichtigte Nebenwirkung.

Aber was sollte die Alternative sein? Den Depressiven einfach im Stupor lassen?
Nein, medinzinisch betrachtet, muß das chemische Gleichgewicht im Hirn wieder hergestellt werden. Aber eine intensive Betreuung ist außerdem notwendig.
Einfach die Pillenpackung in die Hand zu drücken, ist keine adäquate Therapie.
Der allein gelassene Patient wird durch so einen „Waschzettel“ allein kaum von der Therapie überzeugt.
Die Pillen landen dann eher im Mülleimer, als im Patientenmagen.

Beispiel:
Das Rauchentwöhnungsmedikament “Champix”.

Der Hersteller Pfizer hat vorsorglich den Beipackzettel um die Angabe ergänzt, dass Selbstmord eine mögliche Nebenwirkung sei.
(Quelle: Spiegel 49/3.12.2007, S. 141)

Psychiatric Disorders: Frequent: Anxiety, Depression, Emotional disorder, Irritability, Restlessness. Infrequent: Aggression, Agitation, Disorientation, Dissociation, Mood swings, Panic reaction, Bradyphrenia, Thinking abnormal. Rare: Euphoric mood, Hallucination, Psychotic disorder, Suicidal ideation, Suicide.
(Herstellerangaben Pfizer)


Der Patient muß also bei Medikamenten genau abwägen und durch kompetente Ärzte aufgeklärt werden.

Tatsächlich geschieht das Gegenteil - die Gesprächszeit mit einem Arzt wird extrem niedrig vergütet - Geld wird mit der Apparatemedizin und Mediekamenten gemacht.

Die Pharmaindustrie ist fein raus - besonders in Deutschland.

Hier werden Großpackungen mit mehreren Streifen eines Medikaments ausgegeben und bezahlt. Allgemeine Dosierungsanleitung inklusive.
Ob der Patient sie nimmt, oder nicht, weiß man nicht - Medikamente für Millionen Euro landen auf dem Müll.
Die Pharmaindustrie frohlockt.
In Amerika werden die Tabletten einzeln für den Patienten abgefüllt, mit Namen und individueller Dosierungsempfehlung versehen. Statt gigantischer Überproduktionen, werden nur die Medikamente ausgegeben, die auch benötigt werden.
Das ist gut für die Kassen der Patienten, aber ein geringerer Verdienst für die Pharmaindustrie.

So läuft es im Großindustrie-hörigen Wegwerf- und Überproduktionsland Deutschland natürlich nicht.

Immerhin werden hierzulande auch Lebensmittel für 15 Milliarden Euro direkt für den Müll produziert. Daß tagtäglich 30.000 Kinder weltweit verhungern ist den christlichen EU-Politikern vollkommen gleichgültig.

Die Hälfte unserer Lebensmittel werfen wir gleich weg. Eine Studie der Uni Wien hat herausgefunden, dass zehn Prozent der verpackten Lebensmittel ungeöffnet in den Hausmüll wandern. Der Grund: Wir kaufen zu viel auf einmal. Essen für die Tonne. Nahrung für 390 Euro schmeißt jeder Haushalt pro Jahr in den Müll. Das bedeutet, dass in Deutschland jedes Jahr gut 15 Milliarden Euro weggeschmissen werden.
Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Viele der Lebensmittel schaffen es gar nicht erst bis in unseren Kühlschrank. Bis zu 40 Prozent der angebauten Kartoffeln landen nicht im Handel. "Aussortiert werden alle Kartoffeln, die zu klein, zu groß oder verkatscht sind. Sie sind absolut essbar, aber der Bauer muss sie wegschmeißen oder zu Tierfutter verarbeiten", sagt Valentin Thurn, der für die ARD gerade eine Dokumentation zu dem Thema gedreht hat ("Frisch auf den Müll", ARD, 20. Oktober, 20.30 Uhr).
20 Millionen Tonnen Nahrungsmittel landen so auf dem Müll – obwohl sie noch genießbar wären. Gleichzeitig verhungern jährlich acht Millionen Menschen.

(Berliner Kurier, 30.09.10)

Noch besser als der Lebensmittelindustrie geht es aber der Pharmaindustrie seitdem der wichtigste Pharmalobbyverband (FDP) direkt an der Bundesregierung beteiligt ist.

Lästige Wirksamkeitsprüfungen - womöglich gar durchgeführt von unabhängigen Wissenschaftlern - hat Gesundheitsminister Rösler von der Mövenpickpartei als erstes abgeschafft.
Rabatten zugunsten der Krankenkassen schoben die FDP’ler ebenfalls einen Riegel vor.

Gestern wurde ein neuer Tiefpunkt der deutschen Gesundheitspolitik erreicht.

Nicht nur Mittel mit zweifelhafter Wirkung, sondern auch vollkommen nutzlose und schädliche Mittel soll die Pharmaindustrie leichter auf den Markt bringen - es zahlen die Kassen und der Steuerzahler.

Großindustriesubvention zu Lasten der Patienten à la FDP:

Um den wichtigen Unterschied zwischen Wirkung und Nutzen geht es auch bei den Plänen von CDU/CSU und FDP. Sollten ihre 'Änderungsanträge zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes' Erfolg haben, darf sich die Pharmaindustrie über ein dickes Geschenk freuen. Die Koalition will Arzneiherstellern die Vermarktung neuer Medikamente erleichtern - ob die Mittel den Patienten nutzen, soll künftig kaum eine Rolle spielen. Am Mittwoch fand im Gesundheitsausschuss die Anhörung statt. 'Man hat den Eindruck, dass die Lobbyverbände viel erreicht haben', sagt Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. 'Da bahnen sich eklatante Fehlentscheidungen an.'
In der Kritik steht der Vorschlag, dass der Nutzen von Mitteln gegen angeblich seltene Leiden nicht mehr bewiesen werden muss. Viele dieser Leiden sind Krebserkrankungen und keineswegs selten. Die Mittel sind erst recht nicht selten, oft werden sie auch gegen andere Leiden eingesetzt. Als Taschenspielertrick bezeichnen Kritiker daher den Vorstoß, diese teuren Mittel zu bevorzugen. Ihr Zusatznutzen sei schon 'durch die Zulassung belegt', heißt es im Entwurf. 'Das geht an der Realität vorbei', sagt Ludwig. 'Für die Zulassung sind viele Substanzen schlecht geprüft, sodass von einem Nutzen oft nicht die Rede sein kann.'
(Werner Bartens, SZ, 30.09.10)

Auch wenn die Europäische Arzneimittelbehörde „Nutzlosigkeit“ bescheinigt, sollen Pharmaerzeuger damit Gewinn machen dürfen.
Die Hersteller müssen nach Schwarzgelber Vorstellung nicht mehr die Sinnhaftigkeit eines Medikaments beweisen.
Nein, nun sollen die Pharmafirmen erst einmal verkaufen bis einer die Nutzlosigkeit bewiesen hat - im Zweifelsfall ist das das IQWiG, dessen Phrama-kritischen Chef die Koalition als erstes durch einen Industriefreund ersetzt hatte.

Jetzt sollen Prüfstellen wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die 'Unzweckmäßigkeit' beweisen. Neben erkenntnistheoretischen Problemen - man kann nicht beweisen, dass es keine roten Elefanten gibt - schwächt das die unabhängige Nutzenbewertung zusätzlich. 'Patienten müssen wissen, ob die Mittel, die sie nehmen, etwas nutzen', sagt Klaus Koch vom IQWiG. Michael Clarke vom britischen Cochrane-Zentrum in Oxford sieht die Folgen einer Gesetzesänderung noch drastischer: 'Das wäre ein Desaster und würde Menschen umbringen.'
(Werner Bartens, SZ, 30.09.10)

Willkommen in Schilda.

In jüngsten Umfragen zieht die CDU übrigens an - die Menschen finden die Kanzlerinnenpartei jetzt wieder erheblich besser als die SPD.

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