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Sonntag, 12. September 2010

Stuttgart 21

Dieses Thema drängt sich für einen Politblogger natürlich auf.

Allerdings sind die Argumente inzwischen so weit ausgewalzt worden, daß es sicher unnötig ist an dieser Stelle noch in die inhaltliche Debatte einzusteigen.

Es sei nur kurz rekapituliert, daß eine ganz große Koalition aus Bahn, Bund, Land und den meisten Parteien (außer den Grünen und Linken; die SPD beginnt sich abzusetzen) einen innerstädtischen Kopfbahnhof in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof mit weniger Gleisen umbauen will.

Der Sinn ist eine schnellere Anbindung an die Weltstadt Ulm.
Die Fahrzeit verkürzt sich um 18 Minuten.

Die bisherige Strecke über die Geislinger Steige ist mit 22,5 Promille zu steil für Güterzüge.
Die neue Strecke wird mitten durch den Berg führen und dann noch steiler sein - nämlich 35 Promille.
Das ist ungefähr so sinnvoll, wie die Jeans zwei Nummern kleiner zu kaufen, nachdem man gerade für die Alte schon zu fett geworden ist.

Es gibt reichlich Argumente diesen Irrsinn nicht zu befürworten.

Insbesondere ökonomisch und ökologisch orientiert sich Baden Württembergs Landesregierung an den Schildbürgern.

Unterm Strich stehen für mich folgende Fragen:

Wird die Regierung Mappus Stuttgart 21 überleben?
Nach augenblicklichen demoskopischen Erkenntnissen, wäre alles andere als ein schwarzgelbes Desaster in der Heimat Schäubles, Kauders, Oettingers, Homburgers, Schavans und Niebels außerordentlich verwunderlich.

Aber kann die SüdWest-SPD noch rechtzeitig den Hals aus der Stuttgart-21-Befürworter-Schlinge ziehen?
Oder wird sie so gedemütigt, daß sie ab März 2011 Juniorpartner eines Ministerpräsidenten Özdemir werden muß?

Wird vor dem Wahltermin im Frühling 2011 noch jemand auf die Idee kommen mal bei Frau Merkel nachzufragen, ob sie eigentlich eine Meinung zu dem Thema hat?
Schafft es die Wischiwaschi-Kanzlerin auch diesmal wieder so zu tun, als ob sie nicht dazu gehört?

Immerhin geht es hier um ganz gewaltige Summen, die für zwei Dekaden sämtliche Infrastrukturprojekte Deutschlands lahmlegen könnten.

Realistischer allerdings, sagen die Gutachter Vieregg & Rößler laut stern, seien Baukosten von 10 Milliarden Euro - also fast das Vierfache der offiziellen Bahnzahlen. Die Bauzeit sei nahezu unkalkulierbar, da durch porösen, feuchten Karst gebohrt werden müsse. Gutachter Karlheinz Rößler zum stern: "Das geht an die Grenze des technisch Machbaren." […] Vor zwei Jahren berechneten die Münchner die Kosten für Stuttgarts Tiefbahnhof. Addiert man diese Zahlen zur Neubaustrecke, kommt das Gesamtprojekt S 21 auf Kosten von 12,2 Milliarden Euro - im günstigsten Fall. Im realistischeren Fall rechnen Vieregg & Rößler mit 18,7 Milliarden Euro. Und das alles, um ein paar Minuten schneller in München zu sein. Karlheinz Rößler sagte dem Magazin: "Ökologisch, ökonomisch, vom Nutzen für den Verkehr her ist die Trasse schlichtweg nicht zu vertreten." Auch deshalb nicht, weil die Strecke Stuttgart - Ulm im deutschen und europäischen Schienenetz eine Art bessere Nebenstrecke sei, über die bloß noch halb so viele Züge fahren wie noch vor 20 Jahren. Außerdem werde sie so steil gebaut, dass Güterzüge sie nicht benutzen können.
(Stern)

Fast 19 Milliarden für 12 Minuten - denn wenn die ICEs zukünftig auch am neuen Bahnhof Stuttgart-Flughafen halten, verliert man noch einmal sechs Minuten von den grandiosen 18 Minuten.

Finanzminister Schäuble wird das fehlende Geld übrigens nicht im Keller selbst drucken.
Stattdessen wird dem Bürger weiterhin ordentlich in die Tasche gegriffen werden - vermutlich bleibt es letztendlich an den Kommunen hängen, die dann gewaltig an der Gebührenschraube drehen müssen.

Finge man an sich vorzustellen was Deutschland mit 19 Milliarden Euro besseres anfangen könnte, statt sie gegen den Willen der Schwaben in Stuttgart zu versenken, bekäme man arge Kopfschmerzen.

Es handelt sich dabei eben nicht um ein regionales Thema, sondern um eine gesamtbundesrepublikanische Apotheose des Irrsinns.

Merkel, Schäuble und Brüderle sollten dafür gefälligst in Haftung genommen werden.

Was haben wir eigentlich für Journalisten in diesem Lande?
Müßte nicht längst jede Zeitung und jeder TV-Sender nachgebohrt haben und groß titeln „Frau Merkel ist zu feige, um ihre Meinung zu Stuttgart 21 zu sagen!“

In der aktuellen Kanzlerfrage (Forsa; Befragung vom 30.08.2010 bis 03.09.2010) würden sich 24% für Gabriel entscheiden und 48% für Merkel.

48%!

So viele Menschen können doch nicht Pharma- oder Atom, oder Bahn-Lobbyisten sein.

Ich verstehe es nicht.

4 Kommentare:

rauskucker hat gesagt…

Aber immerhin hat Wulff ja heute deutlich Stellung bezogen:

http://rauskucker.wordpress.com/2010/09/12/bundesprasident-unterstutzt-stuttgarter-bahnhofsretter/

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Tja, ein typischer Wulff. Der plappert eben gerne mal los und merkt dann erst viel später, was er gesagt hat.

Er legte ja der Bundesbank nahe Sarrazin rauzuwerfen, bis ihm dann eine Woche später einfiel - uppps - ich bin ja Bundespräsident und habe selbst über den Rauswurf zu entscheiden.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,717037,00.html

Bei Özkan hat er sie auch erst mal eingestellt, um dann später zurück zu rudern, als Özkan ihre Meinung zu Kruzifixen laut sagte.

LGT

Anonym hat gesagt…

Mein Gott, welche Holzköpfe wir uns doch ins Kreuz gewählt haben! - Aber wenn man bedenkt welche Summen guten Geldes für dieses Projekt aufgebracht werden muss, dann drängt sich ja einem geradezu ein nicht unbedingt neuer Aspekt auf warum es so viele Befürworter dieses Schilda Streiches gibt denen die Geislinger Steige anderweitig ziemlich egal sein sollte.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Nun ja - die vielen Milliarden werden zwar zweckfrei rausgeworfen, aber sie landen nicht einfach im Müll. In irgendwelche Taschen fließt das Geld. Da machen jetzt jede Menge Werbeagenturen, PR-Berater, Bauunternehmen, Tiefbaufirmen, Architekten, Baustoffhersteller, Gutachter, Planungsbüros, etc pp eine richtigen Reibach.

LGT