TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Mittwoch, 30. Juni 2010

Nebelkerzen


Die aktuelle Ausgabe des Spiegels höhnt auf der Titelseite über die Bundespräsidentenwahl:
„Die Wahl, die keine ist“
Darunter wird aus dem „Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung“ der §7 zitiert - „Die Mitglieder sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“- aus dem eine zerknitterte, ins Bild montierte Angela Merkel das Wort „nicht“ durchstreicht.

Das ehemalige „Sturmgeschütz der Demokratie“ schwingt sich zum buchstabengetreuen Hüter der Verfassung auf und beklagt, daß kein Abweichen von der Parteilinie geduldet wird.

Inhaltlich stimmen die Anwürfe des Spiegels:

Es ist mal wieder Maskenball in Berlin. Kaum einer zeigt sein wahres Gesicht, die Schminke ist dick aufgetragen, das Gesagte und das Gedachte fallen weit auseinander. Nichts ist so richtig stimmig, der Schein regiert. Das gibt es häufiger in der Politik, aber diesmal geht es so wild und so unverfroren zu wie noch nie. Eigentlich ist es Aufgabe der Bundesversammlung, den besten Mann oder die beste Frau für das Amt des Staatsoberhaupts zu küren. Aber das spielt im Kalkül der Delegierten kaum eine Rolle.

Der erhobene Zeigefinger ist aber gänzlich fehl am Platze.
Die Jungs in der Hamburger Brandstwiete haben offensichtlich die letzten 60 Jahre verschlafen, wenn ihnen nun auffällt, daß bei Wahlen Parteidisziplin eine große Rolle spielt.

Seit 50 Jahren weist Hildegard Hamm-Brücher auf den § 38 hin, der überhaupt nur in absoluten Ausnahmefällen tatsächlich mal gilt, wenn die Parteigroßkopferten gönnerhaft den Fraktionszwang aufheben - wie beispielsweise bei der Entscheidung über die neue Hauptstadt.

Artikel 38 GG
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Das ist die Papierform, die in der Praxis aber ausgehebelt ist.
Willkommen in der Realität.
Natürlich schachern die Parteien IMMER bei der Besetzung des Präsidentenamtes.

Eine besonders unrühmliche Rolle spielte Strippenzieher Rudolf Scharping bei der Präsidentenwahl 1994.
Die CDU war schwer angeschlagen, nachdem Helmut Kohl seinen Kandidaten Steffen Heitmann in letzter Minute ob des rechtslastigen Geplappers Heitmanns zurück ziehen mußte.
Die FDP konnte sich nicht für den Notkandidaten Herzog erwärmen und ging mit einer der angesehensten Persönlichkeit der Bundesrepublik überhaupt ins Rennen - Hildegard Hamm-Brücher.
Allein hatte die CDU keine Mehrheit und so kam es folgerichtig zu einem dritten Wahlgang, da weder Herzog, noch SPD-Kandidat Rau, noch Hamm-Brücher die absolute Mehrheit hatten.
Die FDP hatte signalisiert im dritten Wahlgang ihre Kandidatin zurück zu ziehen und sich gemütlich im Rektum Helmut Kohls einzunisten.
In dieser Konstellation war Rau natürlich ein sinnloser Zählkandidat.

Hätte Scharping ihn zurück gezogen und die Unterstützung von Hamm-Brücher empfohlen, wäre sie zweifellos Präsidentin geworden.
Eine echte Liberale und die erste Frau.

Ausgerechnet der SPD-Chef verhinderte dies und hob den konservativen Kohl-Freund Herzog aus der CDU ins Amt. Tolle Taktik.

Ich habe gar nichts gegen Taktieren.
Als reine Spontan-Veranstaltung kann unsere parlamentarische Demokratie nicht funktionieren.

Es ist schon mit Fraktionseinpeitschern und Parteizuchtmeistern chaotisch genug.

Mit all der Mandatsdisziplin, die jetzt so sehr kritisiert wird, kommen ja ganz offensichtlich seit Jahren auch kaum sinnige Ergebnisse zustande.
Es sei nur an die seit zwei Jahren ertönenden Schwüre erinnert, die internationalen Finanzspekulanten in Regeln zu zwingen. Passiert ist aber nichts.

Taktik ist wichtig, um überhaupt etwas zu erreichen.

Schlechte Taktiker sind das Problem, wie Scharping und Kohl 1994 oder Merkel 2010.
Trittin und Gabriel haben gut taktiert.
Die Linke hat miserabel taktiert und sich in den letzten Wochen nach dem NRW-Koalitionsbildungsdebakel und der Anti-Gauck-Hysterie ins Aus geschossen.

Die großen Medien haben nicht nur schlecht taktiert, sondern so viel Nebel versprüht, daß Realdeutschland teilweise komplett verdeckt wurde.

Noch heute haben Nachrichtensender wie NTV Telephonumfragen gestartet, wen die Bevölkerung zum Präsidenten wählen würde.

Unerträgliche Volksverdummung!

Das Volk hat dazu nichts zu sagen und das war auch schon immer so.

Nach plebiszitäreren Verfahren zu schreien ist immer wohlfeil.
Das macht man immer dann, wenn man sich zufälligerweise ohnehin auf der Seite der Mehrheit befindet.

Köhler regte genau dann eine Direktwahl an, als er selbst enorme Beliebtheitswerte angesammelt hatte.
Gäbe es eine solche Regelung, wäre Köhler allerdings nie ins Amt gelangt.
Am 23. Mai 2004 wurde Köhler zwar im Ersten Wahlgang gewählt (trotz zahlreicher Abweichler! Er bekam nur eine einzige Stimme mehr als die absolute Mehrheit), aber damals lag er in Beliebtheitsumfragen meilenweit hinter Gesine Schwan zurück, die „beim Volk“ deutlich besser ankam.

Köhlers Taktik hätte nicht geklappt.


Gerade kommt das Ergebnis des ersten Wahlganges rein:

Wulff kam nur auf 600 Stimmen - bei 644 Stimmenmehrheit für FDP und Union.
Frau Merkels Taktik war also miserabel. What else is new?

Man wünscht sich eine Bundeskanzlerin, die besser taktieren kann - aber das ist auch nicht neu.

9 Kommentare:

Tammo Oxhoft hat gesagt…

...irgendwie hakt die Website im Moment - ich komme nicht mehr in mein eigenes Posting und kann keine Veränderungen vornehmen. Daher hier als Kommentar:

Update 23.00 Uhr:
Das war unprofessionell dieses Posting vor dem Ende der Wahl raus zu jagen. Unglücklicherweise konnte ich nicht anders einrichten.
Zur Vollständigkeit sei das erst viel später feststehende Ergebnis nachgereicht:
Endlich, im dritten Wahlgang, nach fast zehn Stunden brachte Merkel ihren Kandidaten durch. Man kann das Ergebnis nur als schwere Schlappe für sie bezeichnen.

Noch schwerer ist die Schlappe allerdings für die extrem verblödet agierende LINKE, die sich nach 20 Jahren deutscher Vereinigung als Ewiggestrig manifestierte und partout das politische Deutschland an ihre SED-Wurzeln erinnern wollte. Nun werden die „nicht regierungsfähig“-Rufe wieder lauter werden.
Verantwortung für den rechtslastigen CDU-Apparatschik im Bundespräsidentenamt tragen nun Wagenknecht, Lötzsch, Gysi, Lafontaine und Co.
Nach dem ersten Wahlgang war mehr als offensichtlich, daß Schwarz-Gelb die Mehrheit nicht zusammen bekommt.
Die Linke wandte sich ausdrücklich gegen den Wunschkandidaten der Mehrheit der Bevölkerung, die unbedingt einen Partei-unabhängigen Mann im Schloß Bellevue wollte.
Die Linke entschied sich de facto für Wulff und rettete Schwarz/Gelb den Arsch.
Obwohl Luc Jochimsen im dritten Wahlgang zurück zog und es somit nur die Wahl Wulff oder Gauck in einfacher Mehrheit gab, entschieden sich die über 120 Linken-Abgeordneten der Bundesversammlung letztendlich für Wulff. Damit stabilisierten sie die Bundesregierung, die gerade erheblich wackelte.
Nun ist die Linke mitverantwortlich für Sozialkürzungen, Hotelsteuerermäßigung und Lohndumping!

Dieser Denkzettel ist mit fetten Lettern beschrieben. Dass es knapp werden könnte im ersten Wahlgang, war klar. Aber dass Christian Wulff als Kandidat der Regierungskoalition dann auch beim zweiten Wahlgang so klar nicht gewählt wurde - das ist viel mehr als ein Warnschuss an Angela Merkel. Dieser Mittwoch bestätigt: Die Vorsitzende hat sich innerparteilich totgesiegt. Ihre bis dato machtpolitisch außerordentlich erfolgreiche Strategie, hat sich ins Gegenteil verkehrt.
[…]

Großer, vielleicht der größte Verlierer ist allerdings der Linkspartei. Sie hatte es in ihren Händen, einem rot-rot-grünen Bündnis eine realpolitische Perspektive und mit Joachim Gauck ein kluges und glaubwürdiges Gesicht zu geben. Diese Chance hat die Linkspartei vertan. Damit verantwortet auch sie fünf Jahre Wulff als ersten Mann im Staate.

(Ines Pohl. Taz)

http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/merkel-totgesiegt/

LGT

altautonomer hat gesagt…

Roman Herzog war der juristisch wissenschaftliche Ziehsohn von Maunz, beide Mitautoren und Herausgeber des Standard-GG-Komentars Maunz,Dürig, Herzog, die Grundgesetzbiebel für Generationen von Jura-Studenten. Maunz hatte engste Kontakte zu Gerhard Frey, DVU. Herzogs dubiose Rolle indem ganzen Spiel wurde von Otto Köhler in einer konkret-Ausgabe erläutert.

Zu dem Volksliebling Gauck hat konkret ebenfalls etwas recherchiert. Dazu noch einmal dieser Link:http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=a5

Alles Ehrenmänner!!!!!

Was fällt Dir denn jetzt noch dazu ein? Ausser, dass die Linke an der Wahl von Wulff verantwortlich sein soll, wie ich als Nichtwähler an den Erfolgen der NPD. Das ist bürgerliche Medien-Logik und entbehrt jeder Kausalität.

Übrigens bin ich kein Sympathisant der Linken, denn zwischen der Partei die "Linken" und den Linken in Deutschland besteht ein enormer Unterschied.

Anonym hat gesagt…

@altautonomer:

Ich erinnere mich noch gut an Roman Herzog als Richter und Innenminister von Baden-Württemberg. Ein gnadenloser Kommunistenfresser und "Auge um Auge"-Hardliner. Als der als Bundespräsident später den Menschenfreund und Humanisten herausgehängt hat, ist mir das Kotzen gekommen. (Heiner Geisler ist das Pendant dazu, ein schlimmer Scharfmacher, der jetzt verlogen für Attac den "linker CDUler und Bürgerrechtler" gibt.)

Die Connections dieser Generation Juristen zu den Rechtsextremen wiederum (zeige mir einen "klassischen" Grundgesetzkommentar und ich zeige Dir einen Altnazi) war nie ein Geheimnis.

Die Oettinger-Rede war insofern auch kein einmaliger "Ausrutscher" sondern entspricht durchaus dem Standard der Konservativen und Kleinbürger in Süddeutschland. (Den Zuspruch für die Oettinger-Rede in Kommentaren und Leserbriefen der Regionalzeitungen hat die Presse leider nicht aufgegriffen, es hätte sich 10 Mal mehr gelohnt!)

"Ausser, dass die Linke an der Wahl von Wulff verantwortlich sein soll, wie ich als Nichtwähler an den Erfolgen der NPD. Das ist bürgerliche Medien-Logik und entbehrt jeder Kausalität."

"Medienpolitik ist Machtpolitik" - Motto von Helmut Kohl.

Solche Lügenmärchen verbreiten hat sich bisher ja auch immer ausgezahlt.

Und das Weltbild der Konservativen hat mit Glauben zu tun und nicht mit Wissen oder der Wahrheit, darum auch heute noch der starke Bezug zur Religion.

"denn zwischen der Partei die "Linken" und den Linken in Deutschland besteht ein enormer Unterschied."

Die "Linke" ist genauso bürgerlich wie der Rest der Parteien - USPD 2.0.

Der Nordstern.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Sogar Dieter Dehm hat sich heute für seinen Schwachsinn entschuldigt.
Gestern hatte er in der Bundesversammlung gesagt:

"Was würden Sie denn machen, sie hätten die Wahl zwischen Stalin und Hitler? Was würden Sie denn machen, wenn Sie die Wahl zwischen Pest und Cholera haben?". Das Interview endete mit der Aussage: "Warum soll ich mich zwischen etwas entscheiden, was beides Krieg und sehr viel Leid für Hartz IV-Empfänger (...) bedeutet?"

Heute nun:

"Es ist grotesk, mir zu unterstellen, ich würde Gauck oder Wulff auch nur in die mindeste Nähe zu diesen Massenmördern rücken", sagte Dehm am Donnerstag in Berlin. "Wenn Herr Wulff oder Herr Gauck sich von mir in die Nähe von Hitler und Stalin gerückt fühlen sollten, entschuldige ich mich ausdrücklich bei ihnen", erklärte Dehm am Donnerstag. "Ich respektiere beide als Demokraten."

Wie kann einem aber sowas rausrutschen???

Die Dehm-Formulierung war indiskutable Scheiße; schön, daß er das erkannt hat.
Aber das Denken - Gauck und Wulff sind irgendwie gleich schlimm - da machen wir uns einen schlanken Fuß und halten und raus - steckte eben doch dahinter.
Das ist aber grundfalsch. Mal abgesehen davon, daß die immer noch Ost-Partei „Linke“ nun den ersten ostdeutschen Präsidenten verhindert hat und tout Deutschland noch mal eindringlich an die eigene SED-Vergangenheit erinnerte, haben sie eben auch Merkel stabilisiert und damit den sozialpolitischen FDP-Kurs gestärkt! Schande über sie! Dabei hätten sie mit ein bißchen weniger Eitelkeit schon im erste Wahlgang Merkel und Westerwelle den Todesstoß versetzen können. (Da waren Gauck und Jochimsen-Stimmen zusammen über der absoluten Mehrheit)
Das haben sie aber bewußt NICHT getan und Wulff den Sitz warm gehalten.
Das verzeihe ich denen nicht so schnell.

LGT

Tammo Oxhoft hat gesagt…

@ Nordstern.

Bundespräsidenten und Außenminister haben echte Strahle-Ämter. Da muß man schon eine besondere Pfeife sein, um in so einem Diplo-Amt voller Edelmännern in Maßanzügen nicht von der Bevölkerung geliebt zu werden.

Man kann sich nämlich sowohl mit dem Schickimicki als auch gegen das Schickimicki beliebt machen. So wie Herzog, der nach seinem Amtsantritt die erste Reise „in die DDR“ per Zug antrag und auf dem Bahnsteig ankommend, ob der großen Hitze erst mal sein Sakko auszog, sich die Hemdärmel hochkrempelte und coram publico auf bayerische Art ein große Bier auf einen Zug aussoff.
Da haben ihn sofort alle ganz toll gefunden - „der ist ja sowie wir - und so unprätentiös!“
Ab dem Moment war es eh egal, was er denkt.
Und welche Positionen er früher bezog, fand sich ab und an zwischen den Zeilen im SPIEGEL aber nicht im breiten Bewußtsein des Volkes.

Also: WER nun letztendlich BuPrä wird, ist herzlich egal.
Die parteipolitische Perspektive ist interessant. Es ist interessant, daß FDPCDUCSU im ersten Wahlgang 44 Abweichler hatten und es ist interessant, wie Merkel nun die ganzen CDU-Vizevorsitzenden neu besetzt, die ihr in letzter Zeit abhanden gekommen sind.
Wulff gilt ja jetzt schon als nett und nur nett - bevor er sich im Amt in Szene gesetzt hat.
Dabei ist er natürlich ein mieser Typ.

Nur am Rande dazu:

http://schwul-gay-satire.blogspot.com/2010/06/chapeau-der-schwule-westerwelle-wahlt.html

LGT

Anonym hat gesagt…

@tammox:

Sorry, aber das ist die Fortsetzung der SPD-Linie, die Linke für die eigenen Niederlagen und Fehler verantwortlich zu machen!

Die SPD schlägt einen Neo-"Liberal"-Konservativen - nicht mal mit einem Hauch von Links - vor um der Herrscherin im Kanzlerinnenamt eine Nase zu drehen ("Guck mal, der ist doch auch für Euch genau der Richtige!"), und beklagt sich am Ende noch darüber, dass die Linke einen Befürworters des (weiteren) sozialen Kahlschlags nicht für wählbar hält und nicht statt der Pest die Cholera wählt.

So gerne ich Deinen Blog lese - manchmal merkt man schon Dein Parteibuch...

Omnibus56
___

Und wo Du es ansprichst: Man erinnere sich nur an die dümmliche McCarthy-artige Befragung der Linken zur DDR in NRW von Hannelore Kraftlos, aber dem Ausbleiben analoger Befragungen der CDU und FDP zur "Ent-DDR-isierung" der gerne aufgenommenen DDR-Mitträger der Blockparteien (deren Mitschuld an den DDR-Verhältnissen gerne unterschlagen wird) vor den Sondierungsgesprächen mit jenen...

Was soll das? WASG und PDS (aka Linke) sind wegen ihrer aufrichtigen (IMO nicht unbedingt richtigen!) Postition "pfui", wer aber vom Rest-Block nur schnell genug "gewendet", jede geforderte und auch nicht geforderte Distanzierung vorauseilend gehorsam unterschreibt und in CDU und FDP sein Unterkommen fand, ist "hui"?

Das ist dumm und verhindert nur weiter eine linke Mehrheit! Ihr habt einfach Schiss vor der gleichgeschalteten Presse...

Tammo Oxhoft hat gesagt…

@Omnibus.

Punkt 1:

Gerade WENN man beide Kandidaten, Gauck und Wulff, schlecht findet - und das sagst Du doch auch, wenn Du das als eine Wahl zwischen „Pest und Cholera“ bezeichnest - dann muß man doch gucken, welche weiteren Wirkungen der Typ im Amt hat.
Wenn es egal ist ob Gauck oder Wulff - dann könnte man ja auch genauso gut DEN nehmen, der Merkel womöglich stürzt, statt den, der Merkel UNTERSTÜTZT!

Im Übrigen habe ich ja auch klar gemacht, daß ich von Gauck überhaupt nicht begeistert bin und ausdrücklich geschrieben, daß ich, wenn ich das zu entscheiden gehabt hätte, Luc Jochimsen als Bundespräsidentin genommen hätte.
Sie ist mir ganz klar am liebsten von den Dreien.

Aber in der echten Welt hat sie nun mal keine Chance gehabt. Da blieben nur G und W. In einem Fall ein Votum für Merkel, in einem Fall ein Votum gegen Merkel.
Also hätte ich gegen Merkel gestimmt. Also für Gauck.

Punkt 2:

Wie sich SPD UND Grüne in NRW die Linke vorgeknöpft haben und sie mit Fragen zu ihrer historischen Bewertung von Uraltvorgängen traktiert haben, fand ich genauso bekloppt wie Du.
Da haben wir keinen Dissens.

Ich kann nur mutmaßen, daß sie einfach zu viel Angst vor der Presse - WAZ-Konzern, Springer etc - hatten.
Unglücklicherweise sind gerade in NRW die Linken Abgeordneten auch besonders presse-inkompatibel. Bezeichnenderweise sieht das ja auch die LINKE-Parteispitze so und hat sich immer wieder über den Düsseldorfer Chaotenhaufen beschwert.

Die SPD ist aber generell gegenüber der Linkspartei auf dem Holzweg. Deswegen habe ich es ja auch knallhart kritisiert was sie in Thüringen und Hessen veranstaltet haben! Unverzeihlich so was. Auf Matschie bin ich immer noch sauer.

Nur haben diejenigen in der SPD, die die Linken schon immer „bähbäh“ fanden und dafür plädierten mit denen nicht zu spielen, seit gestern noch mal mehr Gewicht bekommen, weil sich die Linken eben auch komplett bekloppt verhalten.

Ein Glück für Guido und Angie!

LGT

gerdos hat gesagt…

Tammox: "Die Dehm-Formulierung war indiskutable Scheiße; schön, daß er das erkannt hat." Dehm ist abgehakt. Aber wann, lieber Tammox, entschuldigt sich Herr Gauck dafür, dass er die DDR mit dem dritten Reich auf eine Stufe gestellt hat? Und auch von Dir immer wieder die Stalinismzuskeule: Die Linke eine Ostpartei. Klar: Alles Stasi- Mauer- und Schiessbefehl-Befürworter. Dass ich nicht lache.

Dieses Sozen-Gen wirst Du wohl hoffentlich nicht vererben!(Scherz.)

Tammo Oxhoft hat gesagt…

@ Gerdos!

Ich weiß gar nicht was Ihr alle von mir wollt - ich habe doch nun wirklich nichts mit Gauck am Hut. ICH und ein Pfaffe???
Ich mag den gar nicht und hätte den niemals ausgesucht. Daher bin ich auch wirklich nicht verantwortlich dafür was er wann sagt.
Ich spreche immer nur davon, daß man bei den einzigen beiden realistischen Kandidaten - und die hießen nun einmal Gauck und Wulff - zwischen zwei Übeln das Geringere aussuchen sollte und das ist eindeutig nicht Wulff, da der gleichzeitig eine Unterstützung für den Merkel-Westerwelle-Politikkurs ist, während Gauck dem möglicherweise ein Ende bereitet hätte, indem er die Regierung zu Fall gebracht hätte.

Nun sitzt Merkel also doch noch im Sattel und kann schön weiter damit machen in der gesundheits- Sozial- und Steuer- und Atompolitik Unheil anzurichten - DANK der Linken!!!!

Satlinismuskeule:
Ich habe das IMMER für Schwachsinn gehalten und daher bei jeder Gelegenheit für rot-rote Bündnisse geworben.

Tatsache ist aber, daß CDU und FDP das Argument immer noch benutzen und es auch immer noch begeistert von der Presse aufgenommen wird.

Dem hätte die Linke wirkungsvoll ein Ende setzen können, indem sie ausdrücklich einen Aufklärer und Bürgerrechtler unterstützt. Das hätte ja gerade dieser bekloppten Stalinismuskeule den Wind aus den Segeln genommen.

Umso DÜMMER, daß die Linke nun selbst wieder Öl ins Feuer gegossen hat und damit erneut dafür sorgt, daß wir die „keine Macht den Kommunisten!“-Keule in allen Variationen hören werden!!
DESWEGEN bin ich ja so stinksauer auf die Linke, weil ich die Stalinismuskeule einfach nicht mehr hören kann - und nun wird es wieder losgehen.

Ich habe heute Dutzende Zeitungs-Kommentare gelesen - die sind von FAZ bis taz alle gleich. Das war auch absolut vorauszusehen und die Linke tappt voll in die Falle.
Vollidioten!!
LGT

Als Beispiel ein Stück aus dem Abla:

Auch die Wahlnacht zum 1. Juli barg den Hauch des Historischen, bewies sie doch, dass die Linkspartei noch immer Probleme hat, im vereinten Deutschland anzukommen. Obwohl ihre Präsidentschaftskandidatin Luc Jochimsen im entscheidenden Wahlgang nicht mehr antrat, wechselte nicht einmal eine Handvoll der linken Wahlmänner in das Lager des rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck.
Für SPD und Grüne ist das der maximale Affront. Ausgerechnet das Bündnis, das in Nordrhein-Westfalen auf Unterstützung durch die Linke hofft, wird in der Bundesversammlung von dieser Partei ausgebremst. Und die abenteuerlichen Begründungen streuen noch Salz in die Wunde. Geschichtsvergessen betont der Linken-Parteichef Klaus Ernst, Gauck vertrete "diametral" andere Positionen als die Linke. So ein Satz gegenüber einem Bürgerrechtler, der als "Mann der Freiheit" fast überall geschätzt wird, lässt tief blicken. Und damit nicht genug: Der Abgeordnete Diether Dehm fühlte sich bei der Wahl zwischen Wulff und Gauck an eine Wahl gar "zwischen Hitler und Stalin" erinnert. Mit einer derartigen Weltsicht erinnert die Linkspartei des Jahres 2010 fatal an die PDS des Jahres 1990.
Doch das Verhalten der Linkspartei bekommt noch ein weiteres Geschmäckle durch ihr Abstimmungsgebaren. Das Grundgesetz betont in Artikel 38, dass das Mandat frei und eben nicht an eine Partei gebunden ist. Der Auftritt des Linken-Fraktionschefs Gregor Gysi sah anders aus. Der erklärte munter, weder Wulff noch Gauck seien für die Partei wählbar. Deshalb gehe er davon aus, dass die meisten sich der Stimme enthalten werden. Als gäbe es noch ein imperatives Mandat wie in der Volkskammer, folgte die Partei Gysi.
Die Wahl war der Test für den Veränderungswillen der Ex-Sozialisten; die Partei ist krachend durchgefallen. Selten waren sich Rot-Grün und Linkspartei so fremd. Selten schien ein rot-rot-grünes Bündnis so unrealistisch wie heute.