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Samstag, 20. Oktober 2007

Heucheln wie eine Große!

Das ALG länger auszuzahlen, wenn der Arbeitslose schon älter ist, findet die riesige Mehrheit der Deutschen erforderlich. Umfragen ermitteln Zustimmung zwischen 80 % und 85 %.
Genauso eindeutig ist die Meinung der Experten und Ökonomen – nur eben genau umgekehrt. In der Verkürzung der Auszahlung sehen sie den Kern des Erfolgs der Hartz-Reformen. Die Arbeitslosenzahlen gehen ja offenbar zurück, weil es den Menschen zurecht davor graut auf Hartz-IV zurück zu fallen.

Moralisch ist das ein wie ich finde kaum zu lösendes Dilemma:
Ich verstehe den Kleinverdiener, der 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und nun fürchtet sein Häuschen zu verlieren, für das er seit Dekaden gespart hat genauso gut wie die Überlegung der Politiker, die sagen, daß man nicht rechtfertigen kann, daß „die kleine Krankenschwester“ von ihrem geringen Lohn den Arbeitslosen mitbezahlen soll, der auf Lebensversicherungen und Immobilien sitzt, die er aber nicht gedenkt „zu verbrauchen“. Eine politische No Win – Situation.
Jemand in politischer Verantwortung kann schlecht sagen „Ach ich weiß ja auch nicht...“, sondern muß irgendeine Entscheidung treffen:
1.) Standhaft die ökonomische Vernunft vertreten und dafür in Umfragen abstürzen. Oder
2.) Populistisch dem Volke nach dem Munde reden – wider besseren Wissens.
Birgt aber die Gefahr, daß das Verhalten als unehrlich angesehen wird.
Wie schlüpft die CDU-Chefin eigentlich aus dem Dilemma? Sie steht in Umfragen bombig da, steht aber einer angeblich wirtschaftsfreundlichen Partei vor und wie man hört soll sie ja angeblich sogar auch noch irgendeinen Job in der Regierung haben.
Genaueres weiß ich dazu auch nicht – scheint aber ein eher unwichtiges Amt zu sein, da es sie offensichtlich nicht dazu nötigt sich politisch zu diesen Fragen zu äußern.
Wie schafft sie das also?
Dazu hat Niko Fried heute in der SZ die passende Antwort:
„Groteste Schönrederei, daß einem schwindelig werden kann!“
„Die Debatte ist von so viel Heuchelei geprägt, dass es mehr als einer Sonntagsrede bedarf, um den Glaubwürdigkeitsverlust wieder wett zu machen!“

Mann erinnere sich: 2006 hat der Bundesparteitag der größten Regierungspartei – der CDU nämlich - für die Verlängerung des ALG für Ältere gestimmt – mit Unterstützung Merkels. In einer beispiellosen neuen Ausprägung des Gummirücken-Verhaltens schlüpfte sie schleimig in die Ärsche der linken Volksseele.
Da der Uckermärkische Hosenanzug keine vollkommen unwichtige Rolle im politischen Betrieb darstellt und es zudem auch noch üppige Mehrheiten in beiden Parlamentskammern gibt, hätte sie die Umsetzung des Parteitagsbeschlusses im Koalitionsausschuss fordern können. Die CDU-Fraktion hätte dies pausenlos in Anträgen unterstützen können und die ganze Bande der CDU-Ministerpräsidenten hätte gleichlautende Forderungen in den Bundesrat einbringen sollen.
Gute Theorie – mit einer grundfalschen Prämisse – nämlich, daß die CDU eine ehrliche Partei wäre. So geschah das Gegenteil: Alle CDU-Exponenten kehrten das Thema schnell unter den Teppich.
Man höre und staune – Pofalla und Koch schoben sogar der SPD den schwarzen Peter zu. Wenn es nicht um etwas einigermaßen Relevantes ginge, wie die ökonomische Weichenstellung des Staates Deutschlands, würde ich ja zu gerne erleben, wie sich das glibbschige und amöbenartige Merkeltier, daß sich weniger festlegen lässt als ein man einen Pudding an die Wand nageln kann, wenn jetzt die SPD die CDU-Parteitagsbeschlüsse in den Bundestag und den Koalitionsausschuss einbringen würde.
Immerhin hat Beck ja eh schon die eigenen Minister blamiert. Dann müsste sich Merkel auf Strauß beziehen und dm Volke erklären: Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“ Aber das weiß und schätzt der Urnenpöbel doch eigentlich sowieso schon - denn wie sonst könnte die CDU mit dieser NICHT-Politik in allen Umfragen einen zweistelligen Abstand vor der SPD haben?
Das Volk ist schizophren: Es fordert von den Politikern Ehrlichkeit und beklagt sich über Lügen der Großkopferten.
Wird aber gewählt, belohnen sie die lügenden Parteien und strafen ehrliche Aussagen ab - davon weiß man spätestens seit 1990 als Lafontaine dem mikrogehirnigen Volke im schwarzrotgoldenen Jubelrausch und in posterektiler Fußball-WM-Verzückung erklärte, daß "Die Einheit" möglicherweise doch nicht "aus der Portokasse" zu bezahlen ist, wie es Finanzwitzbold Weigel von sich gab.
DAS wollte natürlich keiner hören und die SPD stürzte ab.

Bizarr auch wie sich die Presse dieses sozialen Megathemas annimmt. Gestern gab es dazu nämlich ein Politbarometer dazu.
Das Springer’sche Abendblatt meldet dazu verächtlich: Diskussion um ALG I nützt Beck in Umfragen nichts Die Diskussion über das Arbeitslosengeld hat der Popularität von SPD-Chef Kurt Beck nicht auf die Sprünge geholfen.
Die Süddeutsche meldet mit der AP, daß die SPD von der Diskussion profitiere und hält fest, daß sie in der politischen Stimmung um 2 % auf 34 % zugelegt habe, während die CDU 3 % verloren habe: Auf der Liste der zehn wichtigsten Politiker machte Müntefering zwei Plätze gut und liegt mit einer Bewertung von 0,9 ganz knapp vor seinem Rivalen Beck. Beide legten binnen zwei Wochen um 0,2 Punkte zu. Vor den beiden Sozialdemokraten erreichten die beiden SPD-Minister Frank-Walter Steinmeier (1,7) und Peer Steinbrück (1,4) die Plätze zwei und drei.


Ergänzung (22.10.07):
Ein paar passende Zitate:

CDU-Parteitag Nov 2006: Rüttgers-Antrag auf mehr ALG-I für langjährige Beitragszahler wird angenommen; Pofall dazu: „Der Antrag aus NRW wird in der Koalition von uns auf die Tagesordnung gesetzt“.
Pofalla empört, im Sep 2007 nachdem Beck dieselbe Überlegung öffentlich macht: „Die SPD fällt damit der Schröderschen Agendapolitik in den Rücken!“

Rüttgers als Oppositionschef im NRW-Landtag 2002: „Sie fragen immer die Opposition: Was würden sie denn machen? Sie können das in dn 20 Punkten der Empfehlung der 5 Weisen nachlesen: (...)Sechstens: Arbeitslosengeld auf 12 Monate befristen, um Anreize zur Arbeitsaufnahme zu erhöhen!“

2003 beschließt die rot-grüne Bundesregierung genau dies.

Rüttgers als NRW-Ministerpräsident im Okt 2006: „Hartz IV hat einen Kardinalfehler: Es hat ganze Arbeitsbiographien dadurch entwertet, dass die Leistungen nicht mehr daran geknüpft sind, wie lange jemand in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Deshalb muß die Hartz-Gesetzgebung geändert werden – nach dem Prinzip: Wer mehr einzahlt, muß auch mehr bekommen.

Rüttgers Okt 2007: „Wer hier nicht handelt, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem und verspielt das Vertrauen der Menschen!"

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