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Dienstag, 1. April 2008

Impudenz des Monats März 2008

Politikerbashing ist Volkssport.
Kaum eine Schandtat, die man dieser Kaste nicht prinzipiell zutrauen würde.
Kaum ein Autor, der nicht hauptsächlich die politische Klasse mit der Verbalkeule bearbeiten würde.
„Frieden ist eine zu ernste Angelegenheit, als dass man sie den Politikern allein überlassen könnte...“ befand perfide einst Peter Bamm (Essayist u. Feuilletonist 1897 – 1975). Auch diejenigen, die selbst Staatsmänner sind, teilen nur zu gerne kräftig aus, wie zum Beispiel Nikita Sergejewitsch Chruschtschow: „Politiker sind überall gleich... Sie versprechen sogar dann, eine Brücke zu bauen, wenn es gar keinen Fluss gibt...“
.Eine Schippe gemeiner als der Kreml-Mann warnt Dieter Hildebrandt:
Man soll auf Politiker nicht hören, sondern auf sie achten...“ und auch unser aller Lieblingskomiker Loriot ist gnadenlos, wenn er befindet: „Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen...“
Da tut es mir nun doch Leid ebenfalls schon das ein oder andere mal nicht nur pures Lob über unsere Parlamentarier und Weltregenten verbreitet zu haben und möchte mich a posteriori selbst mit einer neunschwänzigen Peitsche dafür geißeln, daß ich in diesem Blog bisher nur Politiker jeweils am ersten Tag des Monats zu den Arschgeigen des Monats erkoren habe.
Für die März-Krone nun also der Griff in ein anderes Reservoir. Immerhin gibt es allüberall finstere und untermenschliche Charaktermissgeburten – man denke nur an die große Schublade der Journalisten, Militärs, TV-Seppel usw.
Aber der erste Nichtpolitiker auf meinem Impudenz-Thron wird dann doch erst mal ein Kleriker und zwar in dem Fall natürlich der Oberste von allen, der mit den roten Prada-Schühchen und den fiesen Augenringen.
Ratzinger.
Wer hätte gedacht, daß man sich nach einem Viertel Jahrhundert Kopfschütteln über JP-II doch noch nach ihm zurücksehnen würde?
Immerhin hatte er doch in seinem Betonpontifikat gnadenlos ausgegrenzt, Gaillot und Küng gefeuert, die Befreiungstheologen geschasst, sich mit den rechtsradikalen südamerikanischen Machthabern in ein Bett gelegt und Myriaden Menschen in den AIDS-Tod getrieben, indem er selbst HIV-Positiven den sexuellen Verkehr mit Kondom untersagte.
Dazu empfehle ich doch gleich mal wieder ein Buch:
„Gott, AIDS, Afrika“ von Stefan Hippler und Bartholomäus Grill, Kiepenheuer & Witsch (Gebundene Ausgabe - 2007)
Die deutsche AIDS-Stiftung beschreibt:
Der katholischen Kirche die verheerenden Auswirkungen von AIDS auf dem afrikanischen Kontinent vor Augen führen und die katholische Morallehre hinterfragen, das wollen sie mit ihrer Streitschrift GOTT, AIDS, Afrika. Sie, das sind die Autoren Bartholomäus Grill, langjähriger Korrespondent der ZEIT in Afrika, sowie Stefan Hippler, Pfarrer und Gründer der AIDS-Hilfsorganisation HOPE in Kapstadt/ Südafrika. Warum sie dieses Buch geschrieben haben? „Weil wir ein dringliches Anliegen haben, mit dem wir den Vatikan erreichen wollen, die Machtzentrale unserer Kirche“, sagt Hippler, „wir werden Papst Benedikt XVI. ein Exemplar nach Rom senden, denn anders können wir ihn nicht erreichen. (...) In der Kirche spiegelt er als Stellvertreter Gottes dessen Allmacht wider. Er, und nur er, kann in diesen wirren Zeiten der Diskussion über HIV und AIDS eine grundstürzende Wende geben.“ Die Autoren beschränken sich nicht auf Kritik an der Realitätsverweigerung der Kirche, die Enthaltsamkeit über alles stellt und Kondome weiterhin verbietet.
Amnesty International sekundiert:
Alle sechs Sekunden eine Ansteckung mit dem tödlichen Virus. Jeden Tag 8.000 Aids-Tote. Im vergangenen Jahr fünf Millionen Neuinfektionen. Weltweit sind nahezu 42 Millionen Menschen HIV-positiv.« Mit diesen nüchternen Zahlen, die dennoch das furchterregende Ausmaß von Aids sichtbar machen, beginnt das erste Kapitel des neuen Buches »Gott Aids Afrika« der beiden deutschen Autoren Bartholomäus Grill und Stefan Hippler. Grill hat für die Wochenzeitung »Die Zeit« jahrelang aus Afrika berichtet. Hippler lebt seit 1997 als Pfarrer in Südafrika, wo er die Hilfsorganisation »Hope Cape Town« mitgegründet und viele Kampagnen zur Aufklärung über den HI-Virus gestartet hat. Genau damit rüttelt er, der katholische Priester, an den Fundamenten dessen, was die offiziellen Vertreter seiner Kirche zum Thema zu sagen haben. Grill und Hippler fassen diese Aussagen so zusammen: »Kondome? Teufelszeug! Die Seuche? Eine Strafe Gottes. Seid enthaltsam! Bleibt treu! Sündigt nicht! Aus solchen Empfehlungen spricht eine zeitlose Weltanschauung, die sich seit den Tagen der Kirchenväter nicht verändert hat.« Kirchenkritiker hätten schon über den Papst Johannes Paul II. gesagt, lieber nehme er die Verbreitung von Aids in Kauf als die Morallehre des Vatikans zu ändern. Wie es scheint, geht es Papst Benedikt XVI. bisher nicht anders.
Rom Reagierte wie zu erwarten: Da Hippler ein katholischer Priester ist, bekam er erst mal einen Maulkorb aus dem Vatikan und ihm wurde ausdrücklich verboten auf Lesereise zu gehen.
Das totale Redeverbot wurde ausgesprochen von der „Abteilung Weltkirche“ der deutschen Bischofskonferenz.
Besonders abstoßend verlief ein Besuch von vier deutschen Weihbischöfen in Hipplers Aidshilfe-Projekt im südafrikanischen Township Mfuleni. Sie beschworen, dass die katholische Morallehre nicht aufgeweicht werden dürfe und erklärten das Verbot von Kondomen für „definitiv und unabänderlich“!
Hauptsache man hält sich an die Moral und wenn deswegen Millionen Kinder und Frauen mit AIDS angesteckt werden und qualvoll sterben müssen, ist es dem Vatikan wurscht.
Soweit schon die Polit-Agenda von Karol Woytila, die aber Benedikt XVI tatsächlich noch an Bosheit übertrifft, indem er zudem noch explizit auf Moslems, Evangelen und Juden eindrischt.

Daher ist Ratzinger die Impudenz des Monats März.

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