TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Montag, 18. Juli 2011

Weniger als Nichts.

Als Politiker ist man nicht notwendigerweise für alle Tätigkeiten gleich begabt.
Es gibt schließlich auch genug Disziplinen, die einem Spitzenvolksvertreter abverlangt werden:
Reden halten, parteipolitisches Kungeln, Hinterzimmer-Deals, der Kontakt zum gemeinen Volk, Talkshow-Kompatibilität, Lobbyistenpflege, Aktenstudium, Hintergrundwissen, Auslandsauftritte, Bierzelttauglichkeit, authentisch wirken, etc pp.

Günstigenfalls kann man alles, so wie zum Beispiel Helmut Schmidt, der in geschliffenem English Studenten an amerikanischen Eliteunis genauso beeindrucken kann, wie ein Bierzelt voller Ruhrpott-Gewerkschafter.

Gerd Schröder war gar nicht so schlecht und punktete in vielen Disziplinen.
Er ist ein ordentlicher Redner, kann phantastisch auf der Straße mit dem gemeinen Volk kommunizieren und soll nach allem was man so lesen konnte, in Hintergrundgesprächen als begnadeter Zuhörer brilliert haben, weil er stets neugierig Informationen aufgesaugt habe.

Helmut Kohl war sicher ein schlechter Redner und die Talkshow war bestimmt nicht sein Metier. Das Aktenlesen war ihm sowieso zuwider.
Daß er bei seinem Amtsantritt 1982 sämtliche Zuarbeiter Schmidts, die den Vorgänger unablässig mit Informationen versorgten abschaffte, ist wohlbekannt. Kohl hat sicherlich nie die Nächte hindurch das Kleingedruckte studiert, wie Kanzler Schmidt.
Dafür war er im Punkto kungeln, telefonieren und Parteiarbeit überlegen. Seine Fähigkeit ein dichtes Netz aus Abhängigkeiten zu weben ist legendär. Er hatte seine Partei 100% auf sich eingeschworen.

Echte Partei-Intellektuelle wie Peter Glotz oder Egon Bahr sind heute rar geworden.
Ein brillanter Kopf, der von allen als Vordenker gewürdigt wird, nutzt heute wenig.
Merkel, Westerwelle, Kohl, Kurt Beck, Klaus Ernst und Rudolf Scharping sind sogar als echte Gegenmodelle zum intellektuellen Vordenker Parteichefs geworden.
Sie sind alle geistig eher dürftig entwickelt.
Wenn die am Strand mit einem Buch entspannen, dürfte das vermutlich ein Konsalik oder Hedwig Courths-Mahler sein.

Bei Merkel fragt man sich inzwischen allerdings ob sie neben ihren bekannten Schwächen eigentlich überhaupt irgendwelche Stärken hat.
Ja, sie verfügt über leidlich erfolgreiche Methoden - abwarten, herauszögern, um den heißen Brei drum herum labern..
Aber das reicht natürlich nur, wenn gerade nichts Ernstes ansteht.

Auch Westerwelle ist so ein Fall, von dem man sagen könnte, er kann wirklich gar nichts!
Allerdings ist es ihm gelungen durch Sprücheklopfen und extremes Aufplustern über viele Jahre die FDP komplett auf ihn einzuschwören.
Das spricht aber eher gegen die FDP als für Westerwelle.
Gerne schrieben die Hauptstadtjournalisten Westerwelle wäre so ein begnadeter Redner. Eine mir nicht erklärliche Aussage. Ich befürchtete immer Ohrenkrebs zu bekommen und konnte weder seine flotten Reime ertragen, noch die ununterbrochen vorgetragenen Lügen.
Ja, sicher, das mag die FDP anders sehen, bei ihr kommt es nicht auf Tatsachen und Fakten an.
Aber nachdem ich die letzte Dreikönigstreffen-Rede Westerwelles vollständig gehört habe und dabei nicht einen einzigen wahren Satz ausmachen konnte, weiß ich eben sicher, daß ich nicht zur FDP passe.

Joschka Fischer, dem man ebenfalls nachsagt brillant reden zu können, muß ich in diesem Punkt Respekt zollen. Ich habe sehr viele Reden von ihm im TV gesehen und ihn auch zweimal live im Publikum bei Wahlkampfveranstaltungen erlebt (1998 und 2002).
Obwohl ich ein Sozi bin, muß ich aber zugeben, daß Fischer tatsächlich ein extrem unterhaltsamer Redner war und ist. Außerdem scheint er mir intellektuell inzwischen extrem viel Wissen angesammelt zu haben.
Ab den frühen 1990er Jahren hatte er sich systematisch auf das Außenamt vorbereitet (das diametrale Gegenteil von Flachpfeife Guido) und als Profi-Autodidakt sagenhafte Detailkenntnisse erworben.
Dafür hapert es bei ihm bekanntlich im persönlichen Umfeld. Offensichtlich hassen ihn alle seine Mitarbeiter und bei den deutschen Botschaftsangehörigen herrschte alles andere als Freude, wenn ihr oberster Dienstherr sich über Nacht bei ihnen einquartierte.

Zum Schluß ein paar Worte zu Christian Wulff.

Ein Politiker, von dem ich ehrlichen Herzens sagen möchte, daß er gar keine Begabungen hat und komplett unfähig ist.
Als mehrfach gescheiterter Spitzenkandidat in Niedersachsen hatte er niemals auch nur den Hauch einer Chance gegen Gerd Schröder.
Ministerpräsident wurde er schließlich nur durch die ganz besonderen Umstände, wie sich die SPD dort selbst zerlegte und profitierte von der der extremen anti-rotgrünen Bundesstimmung.
Politik hat er nicht gemacht.
Ihn interessiert nichts und er konnte auch nichts durchsetzen.
Machttaktisch war er Angela Merkel hoffnungslos unterlegen und konnte in der Bundes-CDU niemals eine Rolle spielen.
Sein Wort galt im CDU-Präsidium so viel wie meins; nämlich nichts.

Sein nächster Karriereschritt erfolgte wieder durch besondere externe Umstände. Der Bundeshorst hatte einfach keinen Bock mehr.
Zum Bundespräsident prädestinierte Wulff rein gar nichts - außer daß er so ein politisches Leichtgewicht ohne eigene Meinung ist, daß ihn Angie gefahrlos als Staatsoberhaupt installieren konnte.
Wulff würde ihr garantiert keinen Ärger machen.
Trotz riesiger schwarzgelber Mehrheit in der Bundesversammlung gelang es Christian Wulff allerdings doch seine Wahl fast noch zu vermasseln und trieb viele Dutzend seiner eigenen Wahlleute zum rotgrünen Kandidaten.

Als Bundespräsident-elect tut Wulff das, was seine CDU-Chefin von ihm erwartet: Nämlich nichts.
Zu keinem der augenblicklichen Megaprobleme, zu keiner der Weltkrisen hat Wulff irgendetwas verlautbaren lassen.
Wie auch? Die politische Macht des Präsidenten von Deutschlands ist extrem beschränkt.
Er kann nur durch öffentliche Reden etwas bewirken. Aber Wulff ist eben ein geradezu legendär schlechter Redner, der nicht nur nichts zu sagen hat, sondern dies auch noch in einem Duktus tut, daß nach wenigen Minuten das gesamte Auditorium gegen das Einschlafen kämpft.

Was Wulff den anderen schwarzgelben Luschen voraus hat, ist die Fähigkeit, selbst wenn er nichts zu tun hat, weil er nämlich im Urlaub ist, noch zu versagen.
Der Präsident kann sich noch nicht mal in Berlin ausklinken, ohne das auch noch zu vermasseln.

Anfang 2010 ließ sich das Ehepaar auf hartnäckiges Hinterherhaken von Bettina Wulff kostenlos einen Flug in die USA upgraden - Wert 3056 Euro.
Später mußte die raffgierige Billigheimerin allerdings das Geld zurückzahlen.

Unmittelbar nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten, im Juli 2010, machten sie Luxus-Urlaub in der Maschmeyer-Supervilla auf Mallorca. Ausgerechnet also bei der niedersächsischen Superkrake, die mit dem Finanzdienstleister AWD zehntausende Kleinsparer ruiniert hatte.
Die Villa "Paradise Castle" ist ein zig Millionen teures Anwesen nahe dem Hafenort Port d'Andratx.

Schade, daß der Urlaub früher abgebrochen werden mußte, um zum Duisburger Loveparade-Gottesdienst zu kommen.

Bettina Wulff rächte sich auf ihre Weise - sie imitierte Brigitte Seebacher und erschien in einem derart kurzen Minirock in der Kirche, daß man eher von breitem Gürtel sprechen sollte.

Und nun das nächste Urlaubsdebakel.
Für das ihm sehr gewogenen ZDF ließ er sich zum Sommerinterview bitten.
Nach all dem Ärger um seine gesponserten Luxusreisen wollte er diesmal ganz bodenständig sein und urlaubte auf der deutschen Insel Norderney.
Wie sich jetzt herausstellt war das allerdings komplett gefakt. Wulff verarscht sein Volk.

Stattdessen flog Wulff eigens für das Gespräch per Helikopter (etwa 2500 Euro je Flugstunde laut "Bild am Sonntag") von Berlin auf die Insel und danach zurück. Einen entsprechenden Bericht der "Bild am Sonntag" bestätigten ZDF und Bundespräsidialamt.
(Welt 17.07.11)

Noch nicht mal pannenfrei in den Urlaub schafft es der Präsident.
Ich frage mich, ob er es schafft sich die Schuhe zuzubinden oder allein auf’s Klo zu gehen.

Die Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios, Bettina Schausten, verwies in ihrer Anmoderation darauf, dass Norderney "seit langem eines der bevorzugten Urlaubsziele" Wulffs sei. Und der antwortete auf die Frage, ob er nach seinen jüngsten Reisestrapazen "reif für die Insel" sei: "Ja, ich freue mich sehr auf die Tage jetzt mit der Familie, mit den Kindern, und es ist auch immer eine gute Gelegenheit, mal innezuhalten."
[…] Bundespräsident Christian Wulff sorgt mit seinem ZDF-Sommerinterview vor einer Woche auf Norderney für Schlagzeilen. Obwohl bei den Zuschauern der Eindruck entstehen konnte, dass das Staatsoberhaupt auf der beliebten Nordseeinsel Urlaub macht, war das nicht der Fall. Stattdessen flog Wulff eigens für das Gespräch per Helikopter von Berlin auf die Insel und danach zurück.
(SZ 17.07.11)

5 Kommentare:

jakebaby hat gesagt…

Ich hab das mit dem Wulff bis jetzt noch nicht so recht verstanden. ... schon irgendwie, aber nicht so Richtig. ...

Fuer ein Interview ueber sein kommendes Urlaubsziel .. und die Freude darueber, laesst er sich an den kommenden Urlaubsort/Strand fliegen um von dort ueber sein kommendes Urlaubsziel/Ort ein Interview zu geben um dann natuerlich wieder von dem kommenden Urlaubsort/ziel zurueckzufliegen, da er ja noch keinen Urlaub macht ... oder So? ..

Kindlich werde ich wiederholt auf jeglichste Erklaerung Warum? blubbern, bis jemand das Ganze, einzig zutreffend, als Total Retardation bezeichnet.

Sicherlich gibts Schlimmeres, aber total Verbloedet isses Allemal!!

Gruss
Jake

Anonym hat gesagt…

Auch hier, wie schon unzählige Male zuvor, ist einmal wieder bewiesen dass die Mehrheit der Politiker absolut unterste Schublade ist und so lange wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten nicht wehren, wird sich daran auch nichts ändern.

Anonym hat gesagt…

Auch wenn es nur Nebensache ist:
Wie kommt eigentlich Frau Schausten nach Norderney?
Ein Hauptstadtsrudio hätte ich jetzt irgendwie näher an der Hauptstadt vermutet.

Der Guido scheint übrigens gerade medial wieder im Aufschwung zu sein;
gestern:

http://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelle-in-amerika-sehr-gut-herr-guido-westerwelle-1.1121251

bejubelte ihn die sueddeutsche dadür, dass er einen Tucan streichelt und sich eine Schlange auf die Schultern legt (if only that snake had balls)

Schöne Grüße

QuakediQuak

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Tja Jake, das ist ein bißchen schwierig zu verstehen. Wulff hat wohl mit aller Anstrengung und Verkrampftheit versucht locker zu sein.
Der Flug hin und zurück hat übrigens (inkl Wartung) 15.000 Euro gekostet.

@Anonym - wir wehren uns ja damit, daß wir das nicht mehr alles ungefragt abkaufen.

@ QuakediQuak; Schausten und Walde sind mit dem Auto gefahren. Also keine überdurchschnittlichen Kosten.

Was das Ganze soll?
Nun, laut SZ hat sich das ZDF eben auch mal in „scripted reality“ versucht, weil das auf den Privatsendern so erfolgreich läuft.


http://www.sueddeutsche.de/medien/wulff-im-zdf-sommerinterview-hinter-ihm-die-see-1.1121811

Man sollte unbedingt darüber reden, wer hier wen inszeniert. Die Öffentlich-Rechtlichen werfen den Privatsendern gerne vor, sie inszenierten die Realität - Scripted Reality nennt man das. Den Vorwurf muss sich jetzt auch das ZDF anhören. Politiker lieben die Sommerinterviews, weil sie da den Menschen in sich zeigen können.

[…]

Man sieht: Segelboote, Surfer, Schaumkronen, später dann auch einen roten Drachen überm Strand von Norderney. Und man sieht das Gesicht von Bundespräsident Christian Wulff. Er bemüht sich, entspannt zu lächeln. Kann sein, dass ihn die Sonne auf der Terrasse der Milchbar geblendet hat und er lieber eine Sonnenbrille getragen hätte.
[…]
Die erste Frage im Sommerinterview mit dem Bundespräsidenten, das vor einer Woche den Auftakt bildete und jetzt für Irritation sorgt, galt dann auch dem Urlauber Wulff, der, passend zum Anlass, eine beige Hose und keine Krawatte trug. Ob er reif für die Insel sei, fragte keck die ZDF-Hauptstadtstudioleiterin Bettina Schausten. Wulff, der eine anstrengende Woche hinter sich hatte (Monaco, Durban, Italien), antwortete mit besagtem Lächeln: "Ich freue mich sehr auf die Tage jetzt mit der Familie und den Kindern. Es ist auch immer eine gute Gelegenheit, innezuhalten."
Der Bundespräsident hätte sagen können, ich freue mich, wenn ich demnächst auf Norderney Urlaub machen werde. Das hätte der Realität entsprochen.


Köhler wurde auch schon mal „aufgehübscht:

Nach SZ-Informationen hat das ZDF bei mindestens einem Urlaubsinterview der Realität schon einmal auf die Sprünge geholfen: Bei einem Sommerinterview mit Wulffs Amtsvorgänger Horst Köhler auf der Insel Usedom. Damals sollen Surfer engagiert worden sein, die durchs Bild glitten - der Hintergrund musste wohl lebendiger gestaltet sein.

LGT

Anonym hat gesagt…

Danke, Tammox, für die Info.
Mein "Wie" bezog sich in der Tat mehr auf die Beweggründe als auf die Ausgaben des ZDF. Irgendwie macht das die Ganze Sache nur noch absurder.
Ist dem ZDF eine etwas höhere Beliebtheit von Wulff es tatsächlich wert, die Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen?
Anscheinend.

Schöne Grüße

QuakediQuak