TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Freitag, 8. Juli 2011

Killt den Boten!

Der jetzt schon berüchtigte von Merkel abgesegnete Saudi-Panzer-Deal hat das Zeug dazu zukünftigen Politologie-Studenten als Versinnbildlichung der Endphase der Regierung Merkel zu dienen.

Verglichen mit fast allen anderen politischen Entscheidungen - man denke nur an Gesetzesentwürfe zum Steuerrecht - ist die causa „Leoparden für den Wahabitenstaat“ extrem simpel.
Saudi Arabien, der vielleicht menschenrechtsfeindlichste Staat dieser Erde, möchte schon lange deutsches Hightech-Kriegsspielzeug haben, mit dem man so schön Demokratiebewegungen niederkämpfen kann.
Aus Sicht des Königshauses Saud ein verständliches Anliegen.

Ebenso leicht verständlich ist die bisherige Haltung deutscher Bundesregierungen; nämlich ein klares „Nein“.

Die Entscheidung trifft nicht das Parlament, sondern der geheim tagende Bundessicherheitsrat, BSR. Ihm gehören neun Mitglieder an: Merkel, Pofalla, de Maizière, Schäuble (alle CDU), Friedrich (CSU), Niebel, Leutheusser-Schnarrenberger, Westerwelle und Rösler (alle FDP).

In schwarzgelber Besetzung hat das Gremium nun plötzlich erlaubt 200 hypermoderne Leopard II-2A7+ an das ölreiche Land zu liefern, in dem jeder getötet wird, der beispielsweise eine Bibel liest.
Ein Leo 2A7+ ist das Flaggschiff der Leo-Reihe. Extra designed für den Einsatz in Städten. („MOUT-Einsätze“ - Military Operations in Urban Terrain). Er ist so extrem gepanzert, daß ihm Mienen nichts ausmachen und kann besonders leicht und schnell mit neuer Munition ausgestattet werden, so daß er pausenlos aus allen Rohren schießen kann.
Im Häuserkampf errichtete Barrikaden schiebt er mit einem speziellen Räumschild weg und ist durch umfangreiche Hightech-Wärmebild-Ausstattung (u.a. Nachtfahrsystem kombiniert aus Restlichtverstärker und Wärmebildgerät VIRTUS von Carl Zeiss Optronics) in der Nacht und in jeder erdenklichen Wetterlage genau wie bei Tageslicht einsetzbar.

Kurzum das „ideale“ Killerwerkzeug im asymmetrischen Krieg gegen Aufständische, Rebellen, Demonstranten und Zivilisten.

Die Sitzungen des BSR gelten zwar als geheim, aber nichts hindert einen Minister daran öffentlich zu erklären, ob er es für falsch oder richtig hält dem Saudi-Regime, welches schon mit Panzern die Demokratiebewegung in Bahrain plattwalzte, solch ein Waffensystem zur Verfügung zu stellen.

Was diesen Fall so exemplarisch für den Regierungsstil Merkel macht, ist aber ihr konsequentes Schweigen zu dem Thema.
Obwohl die Öffentlichkeit hochinteressiert an dem Fall ist, sitzt sie beleidigt darüber, daß der Panzerdeal überhaupt bekannt wurde im Bundestag und sagt nichts.

Man fragt sich, ob die Frau jemals weiter als bis zur eigenen Nasenspitze denkt.
Denn im nächsten Rüstungsexportbericht muß das Geschäft ohnehin bekannt gemacht werden und da bereits 44 Panzer ausgeliefert wurden, handelt es sich keineswegs um ein Thema aus ferner Zukunft.

Merkels Methode ist es generell in Hinterzimmern Bonbons an Bonzen zu verteilen und öffentlich mit vagen Blabla so zu tun, als ob sie nicht dazu gehöre.

Die Kanzlerin ist dabei nicht etwa unfähig zu Emotionen.
Nein, sie ist sogar sehr sauer im Moment. Aber nicht, weil sie den Panzerdeal für falsch hält, sondern nur, weil ihr Anti-Demokratiebewegungs-Spiel öffentlich wurde.
Madame ist jetzt stinkig, wie der SPIEGEL nach der vorgestrigen Kabinettssitzung erfuhr:

Die Kanzlerin zeigte sich nach Teilnehmerangaben verärgert.
Grund für die Empörung: ein Bericht im SPIEGEL über das streng geheime Panzergeschäft mit Saudi- Arabien. Der Bundessicherheitsrat hatte in der vergangenen Woche grundsätzlich den Export von mehr als 200 "Leopard"-Kampfpanzern vom hochmodernen Typ 2A7+ gebilligt. Sie wundere sich doch sehr, dass aus solchen geheimen Gremien etwas nach außen dringe, sagte Merkel laut Teilnehmern.
Die Botschaft an die Minister war klar: Geheimnisverrat ist strafbewehrt, Pannen dieser Art sollten, bitte schön, vermieden werden und die Kabinettskollegen ihre Häuser in den Griff bekommen.

(Spon 08.07.11)

Die drei Oppositionsparteien brachten das Thema im Bundestag zur Sprache und ließen über das Thema abstimmen.

Die Panzer schützten ein "feudales Herrscherhaus" und könnten zur "Unterdrückung der Demokratiebewegung" eingesetzt werden, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel im Bundestag. "Stoppen Sie diese Irrfahrt!", forderte er.
Der Chef der Linksfraktion, Gregor Gysi, sprach von einem "einzigartigen Skandal". Das Parlament müsse ein "klares Stoppzeichen setzen". Sollte in Saudi-Arabien eine Demokratiebewegung entstehen, würde "auf die mit deutschen Panzern geschossen".
[…] Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte dabei allen voran Kanzlerin Merkel und ihre Minister Westerwelle und Rösler. Ihnen warf er vor, auf der falschen Seite zu stehen. So habe Saudi-Arabien die jüngsten Proteste im Nachbarland Bahrain blutig niedergeschlagen: "Alle drei stehen nicht auf der Seite der Bevölkerung von Bahrain. Sie stehen nicht auf der Seite der Demokratie. Schwarz-Gelb steht an der Seite der Despotie", sagte er.
(Tagesschau 08.07.11)

Aber die schwarzgelben Abgeordneten hielten zusammen und überstimmten rot, rot und grün.

Mehrheitlich lehnen die Koalitionäre die Anträge von SPD, Grünen und Linkspartei ab - dabei ist ihnen kein Argument zu abwegig, um das Rüstungsgeschäft zu verteidigen. Und die Kanzlerin? Die ist anwesend. Doch sie schweigt.
(Thorsten Denkler 08.07.11)

Die Panzer können also rollen.

Mehrere Oppositionpolitiker setzen inzwischen nicht mehr auf den politischen, sondern auf den juristischen Weg, um Informationen über den mutmaßlichen Deal zu bekommen: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck sagte der "Süddeutschen Zeitung", er habe Strafanzeige gegen unbekannte Verantwortliche des Panzerherstellers Krauss-Maffei Wegmann gestellt. Er wolle die Bundesregierung auf diesem Weg zwingen, Auskunft über die geplante Lieferung von "Leopard"-Panzern zu geben. Zur Begründung der Klage sagte Beck laut "Süddeutscher", er sehe einen Anfangsverdacht auf Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Dieses verbiete die Ausfuhr von Kriegswaffen ohne Genehmigung der Regierung.
[…] Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, will sich möglicherweise einer Verfassungsklage des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele gegen das Panzer-Geschäft anschließen. "Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass das Parlament hier nicht angemessen informiert wird", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Er fügte an: "Wenn alle Stricke reißen, muss man auch eine Klage in Betracht ziehen."
(Tagesschau 08.07.11)

Die Bundesregierung hingegen schweigt und stiehlt sich aus der Affäre.
Merkel gibt demonstrativ keine Meinung zu Protokoll. Sie droht lediglich den eigenen Koalitionären, ob der undichten Stelle.

Offensichtlich glaubt sie, daß jede noch so abartige Politschweinerei erlaubt ist, wenn es nur niemals bekannt wird.

Dabei muß es sich offensichtlich um eine Form der überlegenen „christlichen Leitkultur“ handeln. Der christlichen Richtschnur fühlt sich die „C“-Parteivorsitzende doch so verpflichtet, wie sie immer wieder betont.

Lästige Fakten werden ignoriert und politische Zusammenhänge geleugnet. Das ist das Geschäft der schwarzgelben Baron-Münchhausen-Parlamentsmehrheit.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat das Thema offenbar zur Chefsache gemacht. Zum zweiten Mal spricht er in dieser Woche zu dem Panzer-Deal. Das Israel-Argument will er nicht gelten lassen. Den Koalitionären erklärt er mal kurz die geostrategische Lage: "Es gibt keine direkte Landverbindung zwischen Saudi-Arabien und Iran. Dazwischen liegt der Irak." Das mache doch klar, dass Saudi-Arabien die Panzer brauche, um im Zweifel Demokratiebewegungen im Inland oder benachbarten Ausland in Schach zu halten.
Und somit bleibt nicht viel, mit dem die Koalitionäre den Panzerdeal noch verteidigen könnten. Was sie allerdings nicht daran hindert, später die drei Anträge, mit denen die Opposition die Panzerlieferung stoppen wollte, mehrheitlich abzulehnen.
[...] Die Sache mit der Geheimhaltung - das macht Gabriel fuchsig. Auf eine Zwischenbemerkung der Grünen-Politikerin Britta Haßelmann, sie finde es "unerträglich", dass das Kanzleramt in der Debatte überhaupt nicht vertreten sei, ergänzte Gabriel: Das Auswärtige Amt glänze nicht nur durch Abwesenheit des Außenministers, sondern lasse den zuständigen Staatssekretär auch noch durch die Staatsministerin für auswärtige Kulturpolitik vertreten. Er zeigt dabei auf die FDP-Politikerin Cornelia Pieper. Die schüttelt entnervt den Kopf. Doch als Gabriel fragt, ob jemand in der Runde sei, der qualifiziert etwas zu dem Panzer-Deal mit Saudi-Arabien sagen könne, da hebt auch sie nicht ihre Hand.
Irgendwann gegen Ende der Debatte setzt sich dann doch Kanzlerin Angela Merkel auf ihren Platz. Doch sie schweigt. Und schweigt und schweigt.

(Thorsten Denkler 08.07.11)

Immerhin ein Schwarzgelber, CSU-Mann Georg Nüßlein, weiß die Panzerfrage einzuordnen. Man müsse an die deutschen Arbeitsplätze denken.
Nur noch 80.000, statt einstmals 280.000 Deutsche arbeiteten in der Rüstungsindustrie.
Und diese lästigen Menschrechte, an die sich Saudi-Arabien nicht halten will....hach..!
Nun ja, für diese weicheierigen Luschen, denen es nicht gefällt, wenn im Wüstenkönigreich jeden Freitag Schwule und Ehebrecherinnen zu Tode gesteinigt werden, weiß der Christsoziale einen Rat:

Dass man nämlich mit einem Staat "besser reden kann, wenn man ihm auf Augenhöhe begegnet". Als Beispiel nennt er gute wirtschaftliche Beziehungen.
Mit mehr Panzern zu mehr Menschenrechten - das war die mit Abstand interessanteste These in dieser Debatte.
(Thorsten Denkler 08.07.11)

6 Kommentare:

Homer Simpson hat gesagt…

Über die Regierenden muss man klagen. Lügenminister, politisches Richtungschaos, finanzielle Rettungsschirme usw. Man ist auf dem westerwellschen Beliebtheitsniveau angekommen. Mit der FDP, regiert zudem eine Partei, die ihren Wählerauftrag längst verloren hat. Da kann man nur auf baldige Neuwahlen hoffen.

Apropos Wahlen. Kaum beginnt die Legislaturperiode in die zweite Hälfte zu gehen, da besinnt man sich auf die Meinung des Urnenpöbels und brennt ein paar Strohmänner ab. Steuern senken, Freibeträge erhöhen, mehr Netto vom Brutto blabla...

Da wünscht man sich fast die RAF zurück.

Desparada-News hat gesagt…

Wir haben keine Demokratie. Das wurde laut und deutlich vor dem Verfassungsgericht anlässlich der Verfassungbeschwerde wegen der Griechenlandhilfe verdeutlicht. Ich zitiere:

Der Prozessbevollmächtigte des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Franz Mayer von der Universität Bielefeld, unterstrich einleitend, dass schon erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden bestünden, sie jedenfalls aber unbegründet seien. Die Beschwerdeführer würden sich auf ein neuartiges Recht berufen, das bisher gar nicht existiere, nämlich ein umfassendes Grundrecht auf Demokratie.

Neuartiges Recht das nicht existiert - das Recht auf Demokratie...
Hm...
Also, wenn das so ist, sind wir ja nicht so entfernt von den Saudis, als wir das immer denken.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

@ Homer:

Die RAF hilft ja nun gar nichts, wenn doch die Wähler freiwillig so gerne CDU wählen. Die ist ja schließlich immer noch in allen Umfragen mit Abstand stärkste Partei.

Sosehr ich auch Merkel und Co verabscheue: man muß doch konstatieren, daß sie immerhin erkannt hat, wie man es mit dem deutschen Volk machen kann.
Wie mit den Champions: Im Dunkeln halten und mit Scheiße füttern. Das mag das Volk und läßt die Merkels und Guidos gedeihen.

Die Methode „reinen Wein einschenken“ und „Klartext sprechen“ wird hingegen abgestraft. Das wissen wir spätestens seit 1990 als Lafontaine sagte, die Dt Einheit gibt es nicht umsonst.
Das wollte keiner hören.
Und so war es auch 2009, als die SPD es als absurd entlarvte Steuern zu senken.

Nein, Fakten und Wahrheiten vergraueln die Wähler.

@Desparada-News

Ist doch gut. Demokratie wird ohnehin überschätzt. Ich glaube auch nicht, daß Merkel viel von Demokratie hält.
Die ist doch Toppgenervt davon, daß der Pöbel auf der Straße es wagt auch eine Meinung zu haben und an Stuttgart21 und den AKWs rumkritisiert.
Und zwar so massiv rumkritisiert, daß die CDU in BW aus der Regierung fliegt und Merkel Schluß mit der Atomkungelei machen mußte.
Und so ist das auch mit dem Panzerdeal. Das fädelt sie lieber im Geheimen ein - ohne lästige Beteiligung des Parlamentes.

LGT

Tammo Oxhoft hat gesagt…

PS:

@ Homer:


http://www.sueddeutsche.de/politik/fdp-versprechen-steuersenkungen-auf-zur-pommes-bude-1.1118056

http://programm.daserste.de/pages/programm/detail.aspx?id=1AB4A2B43519FC9971033CFC9297654D

LGT

Homer Simpson hat gesagt…

Nein, Fakten und Wahrheiten vergraueln die Wähler.

Nur auf den ersten Blick vielleicht. Langfristig aber, sorgt das für Vertrauen. Sie dir nur die Unzufriedenheit der CDU/FDP-Wähler an.

Leider ist deren Grundhaltung zu Politik so ganz anders als die von SPD/Linkswählern. Das sind die besseren Sklaven, die mit ihrer Gefangenschaft gut zurecht kommen. Die sind mit einem guten Lohn zufrieden. Echte gemeinschaftsfähige Politik, wollen die nicht. Wozu auch!? Denen geht es doch gut.

Deren Träume unterscheiden sich stark von Linkswählern. Die wollen ein Deutschland mit einer starken Wirtschaft, die deren Wohlstand sichert. Die denken egoistisch: "Deuzschland gehört mir!" und "Was schert mich die Welt!".

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Daß Lafontaine die richtigen Dinge über die Kosten der dt. Einheit gesagt hat, ist jetzt aber schon 21 Jahre her!
Das nenne ich aber ziemlich langfristig und immer noch steht die CDU, die den Wählern dazu das Blaue vom Himmel runter gelogen hat ("Dt. Einheit auis der Portikasse...") viel besser als die SPD da.

LGT