TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Montag, 28. Februar 2011

Kopf-Fuß-Koordination.

Die römisch-katholische Kirche ist eine hierarchische Zweiklassengesellschaft.
Alle Frauen und alle Laien sind gewissermaßen Fußvolk und haben keinerlei Befugnis in Glaubensfragen ein Wort mitzureden. Sie, rund 1,2 Milliarden Ratzi-Epigonen, sind die Paria des Vatikans. Sie dürfen brav „Ja und Amen“ sagen, Mitgliedsbeiträge und Spenden entrichten und das tun, was man ihnen befiehlt.

Daneben gibt es die Herrscherklasse aus rund 400.000 Geistlichen, die aber ihrerseits straff hierarchisch gegliedert ist.
Der Kopf des ganzen, der Pontifex Maximus, ist Gottes Stellvertreter und hat die absolute Macht über seinen Apparat. Er ist Regierung, oberster Richter und Parlament in einer Person. Exekutive, Legislative und Judikative sind alle Papst. J.R muß sich auch nicht um seine Wiederwahl sorgen und kann daher frei von Rücksichtnahme auf sein Fußvolk schalten und walten wie er will.

Wie so ein Tripel-Chef tickt, kann man gut an seinen Personalentscheidungen ablesen.
Der gegenwärtige Bischof von Rom beispielsweise, liebt es rechtsradikal.
Seine Freundlichkeiten gegenüber der Piussekte und einzelnen rechtsradikalen antisemitischen Personen, wie Philippe Laguérie zeigen dies überdeutlich.

Selbstlose Philanthropen wie Jacques Jean Edmond Georges Gaillot, um Mitmenschen Besorgte wie Eugen Drewermann und Intellektuelle wie Uta Ranke-Heinemann oder Hans Küng kann Ratzi nicht leiden.

In der RKK gibt es aber viele Opfer Ratzingers.
Gerne senkte er als Panzerkardinal seinen Daumen und jagte systematisch die moralisch integeren Theologen davon.

Der Berühmteste ist sicherlich Leonardo Boff (* 1938), der ausgerechnet in dem Kontinent, wo die Amtskirche massiv Massenmörder, Autokraten und andere rechtsradikale Diktatoren unterstützt, die Befreiungstheologie entwickelte.

Er hat die absurde Ansicht die RKK solle die Menschenrechte verteidigen und den Armen helfen!

So geht’s natürlich nicht.
1985 belegte ihn Ratzinger mit einem Rede- und Lehrverbot. Er befahl Boff anschließend die Leitung der katholischen Zeitung Revista Vozes nieder zu legen und seinen Wohnsitz in Petrópolis zu verlassen.

Ebenso wie Boff trägt auch der spanisch-stämmige Jesuit Jon Sobrino zahlreiche Ehrentitel und Preise, die ihm für seinen Einsatz für die sozial Schwachen und die Achtung der Menschenrechte verliehen wurden.
Der in El Salvador lebende Befreiungstheologe Sobrino wurde 2007 mit einer „öffentlichen Notifikation“ des Vatikans zum Schweigen gebracht.

Der berühmte belgische Dominikaner und Teilnehmer am Zweiten vatikanischen Konzil, Prof. Dr. Edward Schillebeeckx O.P. (1914-2009), wurde ebenfalls in den 1980ern von J. R.s Glaubenskongregation mit „Vatikanischen Notifikationen“ überzogen.
Schillebeeckx hatte es unter anderem gewagt zu bezweifeln, daß sich aus der Bibel ein Zölibat zwingend ableitet.

Joseph R. möchte offensichtlich mit aller Macht verhindern, daß sich unter Theologen und Geistlichen sympathische Typen einschleichen, die es nicht den Irdenbürgern schwerer machen wollen.

Das Fußvolk der Kirche ist not amused und interessanterweise erreicht der Vatikan mit seinen drakonischen Schreib- und Sprechverboten eher das Gegenteil. So ein Komunikationsbann wirkt eben besser, wenn man den Beschuldigten anschließend auch wie Giordano Bruno verbrennt. Da J.R. das auch weißt, macht es ihn sicher ganz fuchsig, daß er seine Opfer heutzutage am Leben lassen muß.

Küng, Boff, Gaillot, Drewermann und Co sind, nachdem der Vatikan sie gemaßregelt hatte, noch viel berühmter und weltweit bekannt geworden.

Offensichtlich denkt das Fußvolk nicht so wie der Kopf des Vatikans.

Es ist aber auch nicht gefragt.

Es kann nur mit den Füßen abstimmen und dies geschieht auch. Zum Beispiel im Erzbistum des jüngsten Kardinals der Erde, der angesichts der Tausenden Mißbrauchsfälle katholischer Geistlicher im ZEIT-Interview erklärte, man solle sich fragen „was Jesus uns damit sagen will“.

Missbrauch, Prügel, Untreue: Die Skandale des vergangenen Jahres haben der katholischen Kirche schwerer geschadet, als bisher bekannt war. Alleine das Erzbistum München und Freising registrierte 2010 mehr als 23200 Austritte - gegenüber dem Vorjahr ein sprunghafter Anstieg um 30 Prozent.
[…] Die Austrittszahlen hat die Nachrichtenagentur dapd recherchiert. Bei einer Umfrage kamen allerdings nur sechs der sieben bayerischen Bistümer der Bitte um eine Auskunft nach. Diesen Angaben zufolge kehrten 53663 Christen der katholischen Kirche vergangenes Jahr den Rücken - ein Anstieg um satte 48,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Bistum Regensburg verweigerte die Auskunft; die Auswertung für 2010 liege noch nicht vollständig vor, hieß es. Schätzt man die Regensburger Zahlen allerdings anhand der durchschnittlichen Entwicklung in den übrigen Bistümern, dann dürfte es bayernweit um die 65000 Austritte gegeben haben - das wäre knapp ein Prozent der rund sieben Millionen Katholiken im Freistaat.
(SZ 28.02.2011)

SZ-Mann Andreas Roß, der den Exodus von einem Prozent der Bayerischen Katholiken eines Jahres offensichtlich beklagt, wundert sich über die Passivität der Bischöfe; er schreibt:

Umso mehr ist es erstaunlich, dass Bayerns Bischöfe dem Verlust von 65 000 Gläubigen nicht mehr entgegenzusetzen haben als ihr anhaltendes Schweigen.
(SZ 28.02.2011)

Herr Roß ist offensichtlich verwirrt.

Glaubt er, die Gläubigen blieben, wenn die Bischöfe mehr unternähmen?

Nein, die Bischöfe haben - aus ihrer Perspektive - endlich mal eine richtige Erkenntnis gewonnen: Sie sind derart unangenehme an-den-Menschen-vorbei-Redner, daß sie mit jedem öffentlichen Statement die Gläubigen aus der Kirche treiben.

Mit ihrem Dauerschweigen verlangsamen sie Austrittswelle auf die geringste Geschwindigkeit.

Wenn die Eminenzen und Exzellenzen öffentlich die Klappe aufreißen, wie es Mixa, Müller, Meisner, Marx und Overbeck getan haben, rasen ihre Mitglieder nur noch zahlreicher in die Ortsämter und erklären ihren Kirchenaustritt.

Bischöfe sind die Westerwelles der Kirche - mit jeder Rede werden sie unsympathischer.
Ihre öffentliche Akzeptanz kann nur mit konsequenter Öffentlichkeitsabstinenz gesteigert werden.

In diesem Sinne freue ich mich über jeden TV-Auftritt eines dieser bizarren alten Männer im roten Kleidchen.

Sonntag, 27. Februar 2011

Übel prügeln in Mügeln Teil II

Zu den Meldungen, die kein Mensch mehr wahrnimmt, weil sie jedes Jahr wie Weihnachten vor der Tür stehen, gehört die Kriminalstatistik über rechtsextreme Gewalttaten.
Sie werden immer mehr.

Im vergangenen Jahr [2009] sind insgesamt 19.468 politisch rechts motivierte Straftaten in Deutschland polizeilich erfasst worden. Darunter waren 959 Gewalttaten und 13.295 Propagandadelikte, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/1319) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/1115) mitteilt.
(NPD-blog.info)

Seit den Horrorvorfällen in Mügeln 2007 ist es nicht nur nicht besser geworden, sondern schlimmer.

Die einzig wirklich effektive Methode, die den Landesregierungen bisher eingefallen ist, um die Quote ein wenig zu drücken, ist die bahnbrechende Idee des Sachsen-Anhaltinischen Innenministeriums die in der rechtsextremen Szene ermittelnden Beamten abzuziehen und zukünftig lieber Schnellfahrer auf den Landstraßen blitzen zu lassen.
Wenn die Polizei nicht so genau hinsieht, werden weniger Straftaten registriert, ergo geht die Verbrechensrate zurück.
Rechtsextremistische Gewalttaten sind schließlich keine schöne Sache.

Für den Tourismus!

Da leidet das Gastgewerbe.

Gut, zimperliche Leute mögen einwenden, daß auch die Opfer leiden, aber in Deutschland haben wir eine erfolgreiche Kultur des Ignorierens etabliert.

Natürlich, wenn türkischstämmige Jugendliche auf einem Bahnhof einen Deutschen mit weißer Haut überfallen, wird das lang und breit durch die Nachrichten geschleppt, aber gehört das Opfer zu einer Minderheit und befindet sich auch noch in der Provinz, wird gerne der Spieß umgedreht.

Als im April 2010 ein 17-Jähriger Junge einer aus Israel stammenden Mutter in Sachsen-Anhalt von Skinheads schwer verletzt wird, greifen sechs Passanten nicht ein.

Als Noam Kohen [Name geändert!] am 16. April mit dem Regionalzug aus Naumburg zurückkehrt, ist sein Leben in Deutschland noch in Ordnung. Es ist 18 Uhr, er kommt vom Friseur, alles sieht nach einem ganz gewöhnlichen Abend aus. Ein paar seiner Schulfreunde sitzen an der Bushaltestelle vor dem Bahnhof in Laucha, Sachsen-Anhalt. Noam setzt sich zu ihnen. Kurz darauf kommt Alexander P. vorbei. Er ist 20 und trägt Glatze. Ohne Warnung schlägt er Noam ins Gesicht und brüllt: »Geh zurück, wo du hergekommen bist. Du Judenschwein!«
(Zeit 14.6.2010)

Als die Tat später in Zeitungen auftaucht, stellt sich schnell ein besonderer Tenor ein - Noam sei ja auch selbst Schuld; denn wieso wollte er auch Fußball spielen, obwohl doch jeder wußte, daß der Fußballtrainer im Ort, »Lutz Battke«, der bekannteste und angesehenste Rechtsradikale ist.
Daß er seine Anhänger dazu bringen würde, das „Judenschwein platt zu machen“ sei abzusehen gewesen. Battke wäre zwar ein gewalttätiger Nazi, aber eben auch ein guter Fußballtrainer, da könne man ja auch nicht von der Stadt erwarten irgendetwas gegen ihn unternommen zu haben.

Lutz Battke ist Bezirksschornsteinfeger und sitzt als Parteiloser für die NPD im Stadtrat und im Kreistag. Die NPD kam bei den letzten Kommunalwahlen 2009 in Laucha auf 13,5 Prozent, das beste Ergebnis in ganz Sachsen-Anhalt. Außerdem trainiert Battke die Fünf- bis Siebenjährigen beim Lauchaer Fußballklub BSC 99, auch Alexander P. spielte für den Verein. […] Jeder in Laucha kennt Battke, als Schornsteinfeger kommt er in jedes Haus. Viele sind durch den Fußballverein mit ihm verbunden. Auch der Elektromeister sagt: »Ich komme mit dem klar. Zum Geburtstag ruft er mich an.« Und seine rechtsradikalen Ansichten? »Von dem Scheiß will ich nichts wissen.« Den Angriff auf Noam könne man Battke nicht anlasten. […] Der Präsident des BSC 99, Klaus Wege, will nicht mehr über Lutz Battke sprechen und redet dann doch über ihn. Wege und Battke kennen sich seit Langem. »Ich sehe menschlich und sportlich keinen Grund, ihn zu entlassen. Er hat die Gewalttat nicht begangen.«
(Zeit 14.6.2010)

Die Familie Noams ist auf extrem perfide Weise mit Deutschland „verbunden“.
Die Geschichte ist so haarsträubend, daß sie in ganz Israel bekannt wurde. In Deutschland hingegen besteht kein Interesse, Kein Politiker, der sich dazu geäußert hätte.

Der Angriff auf Noam erregt wegen ihrer Familiengeschichte besonders viel Aufmerksamkeit in Israel. Die Familie von Tsipi Levs Vater, Noams Großvater, wurde aus dem Warschauer Ghetto nach Auschwitz verschleppt und dort umgebracht. Nur der Vater konnte sich verstecken, überlebte als Einziger den Zweiten Weltkrieg und wanderte nach Palästina aus. Seiner Tochter hat er nie viel über seine Vergangenheit erzählt. Als ein amerikanisches Fernsehteam mit ihm über sein Leben sprechen wollte, bekam er einen Herzinfarkt, mit 47. Noams anderer Großvater war Trainer der israelischen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen in München 1972. Er wurde bei der Geiselnahme von palästinensischen Terroristen getötet. Er starb auch, weil ein Versuch der deutschen Polizei scheiterte, die Geiseln zu befreien. Und nun der Angriff auf Noam. »Es war ein Schock«, sagt Tsipi Lev. »Ich wurde hysterisch. Es kann nicht sein, dass die dritte jüdische Generation nach dem Holocaust in Deutschland nicht frei auf der Straße herumlaufen kann.«
(Zeit 14.6.2010)

Battke ist berüchtigt und immer noch geschätzt. Niemand stoppt den Mann.

Battke wohnt an einer der Hauptstraßen von Laucha, im Hof parkt sein Motorroller, eine braune Schwalbe, darauf kleben Sticker: Ein Herz für Kinder , Ein Herz für Deutschland und Unsere Soldaten sind keine Verbrecher. Die beste Truppe der Welt . Vor der Wohnungstür im ersten Stock stehen Turnschuhe, ordentlich aufgereiht. Battke öffnet die Tür, er ist groß, Anfang 50, trägt schwarze Jogginghosen, eine Vokuhila-Frisur und Hitlerbärtchen. Er grinst, wird schnell sehr laut und sagt nur, dass er nichts sagen werde. Dabei grinst er noch immer, als trete er in einer Theaterkomödie auf. Was sagt er zu dem Vorfall mit dem jüdischen Jugendlichen? Battke knallt die Tür zu, macht sie wieder auf, ruft: »Was für ein Vorfall? Was gerade in Palästina passiert, das ist ein Vorfall. Als der Fotograf der ZEIT den Fußballplatz des BSC 99 fotografieren will, übt Battke dort gerade mit den Kindern. Er verweist den Fotografen des Platzes. Zuvor holt er sich Hilfe, er ruft den amtierenden Bürgermeister der Kleinstadt an. Der ist auch Vizepräsident des Klubs. Zur Bestätigung reicht Battke sein Handy an den Fotografen weiter. Als der das Gespräch beendet, erscheint auf dem Display als Bildschirmschoner: ein Porträt von Adolf Hitler.
(Zeit 14.6.2010)

Nein, die Finger sind auf die Familie des Opfers gerichtet.
Aus ISRAEL! Was kommen die auch nach Deutschland?
Michael Bilstein, der Bürgermeister von Lauche ist genervt.

»Dieser Vorfall ist nicht gut für die Stadt Laucha«, sagt er. Der Bürgermeister meint den Angriff auf Noam. Es klingt, als sorge er sich vor allem um den Ruf seiner Stadt. Was ist mit Lutz Battke? »Fragen Sie doch mal die Leute auf der Straße, was die über Battke denken. Die halten ihn für einen Schornsteinfeger, der ordentlich seinen Job macht und sich als Trainer nichts zuschulden kommen lässt.« Bilsteins eigener Sohn spielt auch in diesem Verein. Dann hat der Bürgermeister genug von dem Gespräch, dreht sich um und eilt davon.
(Zeit 14.6.2010)

Laucha ist aber überall.
Es berichtet nur kaum einer darüber. Das Thema ist unsexy und schwer zu recherchieren.
Eine löbliche Ausnahme bildet - MAL WIEDER - das NDR-Magazin Panorama, welches in der letzten Ausgabe über Limbach-Oberfrohna aufklärte.
Lohnenswert und dankenswert ist die Arbeit.

Allein, auch das wird niemanden interessieren und auch diesmal werden keine Konsequenzen folgen. Die Lokalpolitiker tun alles, um die Nazis nicht zu stören.

Irgendwie sind sie in den letzten Jahren ein wenig aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden: die Neonazis. Obwohl das Problem Rechtsextremismus nach wie vor höchst aktuell ist. Zum Beispiel im sächsischen Limbach-Oberfrohna: Überfälle auf Jugendliche, Brandanschläge und NPD-Veranstaltungen - in der Kleinstadt treten die Rechtsextremen bei zahlreichen Gelegenheit völlig offen auf. Während es früher teilweise sehr schwer war, Rechtsextremismus zu dokumentieren zeigen die Neonazis heute den Hitlergruß vor laufender Kamera. Der Bürgermeister redet das Problem aber lieber klein: Er schätzt die "Erscheinungen" nach eigenen Angaben "anders" ein als die Opfer der rechten Gewalt, die nun schon seit mindestens zwei Jahren anhält. Panorama über eine Kleinstadt in Sachsen, in der Neonazis inzwischen zum alltäglichen Stadtbild gehören und einen Bürgermeister, der offenbar nicht genug unternimmt.
(Panorama vom 10. Februar 2011)

Samstag, 26. Februar 2011

Ein bißchen Spaß muß sein…

Was war denn so los in der letzten Woche?

Läßt man die Nachrichten Revue passieren, waren da Guttenberg, Guttenberg, Libyen, Guttenberg, Guttenberg, die Hamburg-Wahl, Guttenberg, Guttenberg und Guttenberg.

Landtagswahlen und große parteipolitische Affären setzen üblicherweise Wahltrends und so ist es interessant nach Baden Württemberg zu blicken, wo die ganz wichtige Wahl dieses Jahres stattfindet.
Es ist offensichtlich, daß Merkel dem Machterhalt in den Ländern alles andere unterordnet.
Wie schon 2010, als sie volle fünf Monate auf Tauchstation ging, um erst nach der NRW-Wahl Entscheidungen zu treffen, will sie auch diesmal überfällig anstehende Dinge aussitzen.

Die Hamburg-Wahl war ein schwerer Schlag ins CDU-Kontor.


Die Professorenschaft ist in Aufruhr und wirft der Bundesregierung „dreisten Betrug“ vor.

Der CDU-Ministerpräsident Böhmer hat sich vom Guttenberg-Kurs der Kanzlerin abgesetzt.

Keine guten Vorzeichen für das Ländle.

Und wie sieht es in der Landespolitik aus?

Bei den beiden ganz großen Themen - Stuttgart21 und EnBW-Rückkauf sah der Herr Mappus ganz schlecht aus.

Ein Freund, ein guter Freund, ist das beste, das es gibt auf der Welt - wird sich Mappus-Kumpel Notheis angesichts der 200 Mio Euro „Gebühren“ denken, die er so kurz vor der Wahl noch auf Kosten des Steuerzahlers rübergeschoben bekommt.

Hinzu kommt nun noch eine Tanja Gönner, ihres Zeichens CDU-Umweltministerin, die schon bei Stuttgart21 als Mauschlerin aufgefallen war und nun mit der Sicherheit ihrer Landsleute spielt.
Für das neue landeseigene Spielzeug EnBW sollen keine Kosten anfallen.

Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) soll die Genehmigung dringend notwendiger Nachrüstungen beim Atomkraftwerk Neckarwestheim I unterlassen oder verzögert haben. Das berichtete gestern die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Gönner liege seit 2007 ein Antrag des Reaktorbetreibers EnBW für Nachrüstungen des 34 Jahre alten Atommeilers vor, die das Unternehmen selbst als "zwingend erforderlich" und zur "sofortigen Vollziehung" eingestuft habe. Geschehen sei seither nichts. Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl: "Das EnBW-Papier zeigt klar, dass es seit Jahren erhebliche Sicherheitsmängel in Neckarwestheim gibt. Die Ministerin muss jetzt begründen, warum sie eine verbesserte Sicherheit verhindert hat und das Papier in der Schublade verschwinden ließ." In dem Schreiben vom 5. September 2007 hatte EnBW Sofortvollzug für die Sicherheitsmaßnahmen beantragt.
(HH Abendblatt 24.02.2011)

Das muß man sich vorstellen - ein Atomkraftwerkbetreiber MÖCHTE die Sicherheit verbessern; das Schreiben ist im Internet veröffentlicht; aber die Umweltministerin sagt „nein.“

Nicht daß es irgendeine Schlechtigkeit gäbe, die man der Süd-West-CDU nicht zutraute, aber in einem Landtagswahlkampf, in dem es erstmals eine Chance auf einen grünen MP gibt, verblüfft selbst mich noch die Dreistigkeit der Frau Gönner.

Mappus Mannen also in schwerer See?

Hilfe naht aber von ganz rechts-außen.

Religiöse Fanatiker, denen üblicherweise die CDU viel zu linksextrem ist, gründeten aus purer Panik vor einer Landesregierung mit Grüner Beteiligung die Aktion „STOPP DIE GRÜNEN“, die in eigenwilliger Grammatik und hysterischem Ton dazu auffordert doch die CDU zu wählen - trotz Bauschmerzen.
Es bestünden "berechtigterweise Vorbehalte“ gegen Frau Merkels Union. Dennoch, die aktuelle „Gefahr“ sei so groß, daß man über seinen Schatten springen solle.

„Unsere geliebte Heimat ist in Gefahr: Die Gefahr heißt BÜNDNIS 90 / Die Grünen. Diese im Volksmund als "Umweltschützer" bekannte Partei ist in Wirklichkeit ein Sammelbecken für Alt-68er-Revolutionäre. Die Grünen versuchen mit aller Kraft, die christlichen Werte unserer Heimat zu zerstören.
[…] Es geht darum, die GRÜNE Gefahr zu stoppen! Deutschland ist eine Demokratie und braucht christliche Bürger, welche auf diese Demokratie Einfluss nehmen. Daher rufen wir alle Wähler auf, die bisher aus Protest nicht mehr gewählt oder nicht mehr CDU gewählt haben: Wählen Sie CDU, um die GRÜNEN zu stoppen.“

Freudig erregt springt auch das rechtsradikale Hetzportal Kreuznet auf den Zug auf und erklärt seinen Lesern noch einmal eindringlich worum es in Baden Württemberg geht.

Natürlich werden die ultrakatholischen Grundsätze
1.) unter keinen Umständen jemals die Wahrheit zu sagen und
2.) seine Nächsten aggressiv zu bedrohen,
strikt eingehalten.

In der Weimarer Republik kam der Todesstoß von rechts. Die morsche Bundesrepublik wird gegenwärtig von politischen Abenteurern des linksextremen Spektrums liquidiert.

Wer genau dem „linksextremen Spektrum“ zuzuordnen sei, wird klar ausgedrückt:

Die grüne Partei ist ein Sammelbecken für unbelehrbare menschenfeindliche und gewaltbereite Marxisten.

Sammelbecken des politischen Abschaums!
[…] Die grünen Genossen sind maßgeblich schuld an der Ausbreitung der Pädo-Kriminalität in Deutschland. […] Eine besonders dekadente Figur in dem grünen Sammelbecken des politischen Abschaums ist Genosse Volker Beck.
Er ist der erste parlamentarische Geschäftsführer der Grün-Fanatiker.
Seit Jahren arbeitet er an einer Sodomisierung der Gesellschaft.
Die Grün-Genossen kämpfen auch für die Gleichschaltung der Geschlechter, die mit dem englischen Wort Gender Mainstreaming vertuscht wird.
Es geht dabei um einen infamen Angriff auf die Natur des Menschen.
(KN 26.02.2011 - ich setze absichtlich keinen Link - aber den Originalartikel kann jeder leicht ergoogeln)


Hinter der Initiative stehen mehr oder minder bekannte radikale Christen, wie zum Beispiel die manische David Berger-Hasserein Felizitas Küble, der FSSPX-Medienbeauftragte Pater Andreas Steiner, Friedrich Wilhelm Siebeke (Aktion "Linkstrend stoppen"), der 82-Jähirge Missionar Peter Paul Johannes Beyerhaus (Ehrenmitglied der 2006 gegründeten Deutsch-Vatikanischen Gesellschaft), der 82-Jähirge Walter Hoeres (selbsternannter „Verteidiger des katholischen Glaubens und der tridentinischen Liturgie“ und Autor der Zeitschrift „Theologisches“), FSSPX-Verleger Rafael Hüntelmann (hat „sich wiederholt dafür eingesetzt, zentrale Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit oder die Gleichbehandlungsvorschriften des Grundgesetzes aufzuheben.“) und die „Christdemokraten für das Leben“-Aktivistin Helga Schulze-Frey.

Höchste Zeit einen Blick auf die aktuellen Umfragen aus BW zu werfen.

Und es wirkt! Vom demoskopischen CDU-Tiefpunkt im Oktober 2010, 28%, hat sich Mappus‘ Verein kontinuierlich auf aktuell 41,1 % (Umfrage der Uni Freiburg 31.01.–22.02) hochgearbeitet.

Die Grünen, die vor vier Monaten noch bei 36 % (!) in BW geortet wurden, sind auf 23% (Emnid 20.02.2011) weggeschrumpft.

Es sieht wieder gut aus für Mappus, Gönner, Merkel und Co.

Willkommen in Schilda.

Freitag, 25. Februar 2011

Merkels goes Busch. Wilhelm Busch.

Ist die Moral erst ruiniert, regiert es sich ganz ungeniert.
(frei nach W. Busch)


Herr Guttenberg ist in einer komfortablen Position.
Für normale Politiker ist es immer peinlich, wenn sie bei einer offensichtlichen Lüge ertappt werden. Der CSU-Münchhausen hat aber schon das erste Dutzend Lügen voll - da kommt es nun wirklich nicht mehr drauf an, wenn weitere Plagiate auftauchen.

2004 hatte der damalige Bundestagsabgeordnete Guttenberg für die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung eine schmale 29-Seiten-Analyse zu den "Beziehungen zwischen der Türkei und der EU" verfasst. Die Veröffentlichung ist in einer Reihe mit politischen Analysen der Stiftung erschienen und steht unter der Signatur 00/ML 9384 G985 auch in der Universitätsbibliothek Bayreuth.
(Armin Himmelrath 25.02.11)

Bisher wurden 47% des Aufsatzes als abgeguttenbergt identifiziert.

Guttenberg hat geistiges Eigentum anderer gestohlen und dies dann als seine Leistung ausgegeben? What else is new?

Da Merkel jeglicher Regierungsmoral offiziell abgeschworen hat, ist sie nun ebenfalls in der glücklichen Lage sich nicht mehr schämen zu müssen.

Zum Beispiel für ihren Vize, der zum internationalen Paria Achmadinedschad fuhr und sich beim Shake-hands mit dem Holocausteugner filmen ließ.



Zur Kritik des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Loening, an der Vorgehensweise der iranischen Regierung gegen die Opposition im eigenen Land, erklaert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:
Herr Loening hat Recht. Das Vorgehen der iranischen Behoerden gegen die eigenen Buergerinnen und Buerger, die nichts weiter als ihre demokratischen Grundrechte in Anspruch nehmen wollen, ist nicht hinnehmbar. Unertraeglich sind auch die Todesdrohungen gegen bekannte Persoenlichkeiten wie Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi. Von Karrubi gibt es offenbar seit Tagen kein Lebenszeichen mehr.
Seine Kritik waere jedoch glaubwuerdiger, haette nicht sein eigener Dienstherr, Aussenminister Westerwelle, am vergangenen Wochenende dem Hauptverantwortlichen fuer die brutale Unterdrueckung der iranischen Oppositionsbewegung, Praesident Ahmadinedschad, seine persoenliche Aufwartung gemacht und ihn damit aus der internationalen politischen Isolation herausgeholt. Seitdem schlachtet die iranische Regierung den Besuch Westerwelles als grossen diplomatischen Erfolg aus und fuehlt sich in ihrem Vorgehen bestaerkt.
[…] Vielleicht haette Herr Westerwelle vor seinem Teheran-Besuch auch ein Gespraech mit seinem Menschenrechtsbeauftragten fuehren sollen. Er haette ihm vermutlich davon abgeraten, Ahmadinedschad vor laufenden Kameras die Haende zu schuetteln.
(SPD-PM 220 vom 25.02.2011)

Den Irren von Tripolis, der jetzt sein eigenes Volk, "wie Ratten" abknallen lassen will, trat Westerwave erst vor ein paar Monaten voller Herzlichkeit gegenüber.


Es ist ausgerechnet dieser Westerwelle, der im aktuellen Politbarometer des ZDFs den höchsten Popularitätszuwachs erzielt.

Bei der Einschätzung der zehn wichtigsten Politiker nach Sympathie und Leistung auf einer Skala von +5 bis -5 hat Karl-Theodor zu Guttenberg in dieser Woche allerdings starke Einbußen, liegt mit einem Durchschnittswert von 1,4 (Feb. I: 2,0) aber knapp weiter an der Spitze der Top Ten. Auf Platz zwei kommt, punktgleich und mit Unterschieden nur im Hundertstelbereich, Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 1,4 (Feb. I: 1,1), auf Platz drei Frank-Walter Steinmeier mit unveränderten 1,1. Danach folgen Ursula von der Leyen mit 0,8 (Feb. I: 0,7), Wolfgang Schäuble ebenfalls mit 0,8 (Feb. I: 0,5), Sigmar Gabriel mit 0,4 (Feb. I: 0,2), Horst Seehofer mit 0,4 (Feb. I: 0,2) und Renate Künast mit unveränderten 0,1 (Feb. I: 0,1). Im Negativbereich der Skala bleiben Gregor Gysi mit minus 0,8 (Feb. I: minus 1,0) und Guido Westerwelle, der mit minus 1,0 (Feb. I: minus 1,6) deutlich zulegt und auf seinen besten Wert seit fast einem Jahr kommt.
(ZDF.de)

Überhaupt, die FDP, die Partei, die nach eigener Darstellung „die Rechtsstaatpartei“ repräsentiert.
Bei der Frage, ob Guttenberg im Amt bleiben soll, obwohl er hundertfach plagiiert und dutzendfach die Öffentlichkeit belogen und betrogen hat, sind es die FDP-Anhänger, die mit 95% (sic!) für das sanktionslose Betrügen als Minister stimmen.

Legal, illegal? Scheißliberal!

Frau Merkel, die nun wieder an der Spitze der Charts steht, hat als überzeugte Christin keinerlei Probleme mehr damit, daß es ihre Bundesregierung ist, die die schlimmsten Diktatoren mit Waffen und Logistik ausrüstet - auf daß sie ihr Volk noch effktiver foltern und töten können.

In Saudi-Arabien werden „Bürgerrechtler werden willkürlich verhaftet, Gefangene systematisch gefoltert. Es gibt kaum rechtstaatliche Verfahren.“ (wdr.de/tv/monitor) Frauen dürfen fast nichts, Schwule und Ehebrecher werden öffentlich gesteinigt und wer eine Bibel liest, dem wird die Hand abgehackt.

Sehr begeistert ist das arabische Volk nicht mehr vom eigenen Regime. Aber das Regime ist hochgerüstet. Dank gebührt Merkel und Westerwelle.
„Deutschland lieferte Saudi-Arabien Rüstungsgüter im Wert von mehreren hundert Millionen Euro und baut dort derzeit eine komplette Fabrik für deutsche Sturmgewehre ...“ (wdr.de/tv/monitor)

Die miese Methode Merkel ist erprobt.


Donnerstag, 24. Februar 2011

Sorry, tut mir leid!

Heute hatte ich mir endlich ein anderes Thema zu Recht gelegt. Ich kann ja selbst die Causa Guttenberg nicht mehr hören.
An einem der Kommentare zu meinem gestrigen Posting - „geschadet hat er nur sich selbst“ - konnte ich aber ablesen, daß ich nicht etwa zu viel über den CSU-Star geschrieben habe, sondern offenbar ZU WENIG, wenn immer noch nicht verständlich geworden ist, wo eigentlich das Problem liegt.

Konsens ist: Guttenberg hat plagiiert, gelogen und sich einen Titel erschlichen.
Inzwischen hat ihm die Uni den Titel aberkannt und der überführte Dieb geistigen Eigentums hat sich für „Fehler“ entschuldigt.

Zu meinen, das Thema sei damit erledigt; schließlich wolle Guttenberg den Titel nicht mehr tragen, ist aber ein Trugschluß.

Aus folgenden Gründen:

1.)
Jeder überführte Dieb hat Sanktionen zu fürchten, die selbstverständlich über die Zurückgabe des (geistigen oder materiellen) Eigentums hinausgehen. Wenn ich den Mercedes von meinem Nachbarn stehle, drei Jahre damit herum fahre, schließlich erwischt werde, dann zunächst abstreite den Mercedes geklaut zu haben und erst bei Vorlage des KFZ-Briefs meines Nachbarns zugebe „einen Fehler gemacht zu haben“, ist das Thema nicht damit erledigt, daß ich ihm den Wagen schließlich zurück gebe.
Schon gar nicht ist die Rückgabe eine großzügige Tat von mir. So auch bei Guttenberg, der gar nicht zu entscheiden hatte, ob er den Titel behält, oder nicht.

2.)
Guttenberg hat vielen Leuten konkret geschadet. Zunächst einmal all den Autoren, denen er die Erkenntnisse gestohlen hat und sie als seine ausgegeben hat.

3.)
Guttenberg hat dem Steuerzahler geschadet, weil er widerrechtlich auf Kosten des Bundestags sechs Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes in Auftrag gegeben und für seine privaten Zwecke missbraucht hat.
„Diese Zahl habe Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Donnerstag im Ältestenrat des Parlaments genannt, berichteten Teilnehmer. In keinem Fall habe eine Genehmigung der Bundestagsverwaltung zur Veröffentlichung vorgelegen. Das ist den Regularien zufolge eigentlich erforderlich. Lammert habe die Übernahme der Texte in die Doktorarbeit als "deprimierend klar" bezeichnet. Guttenberg hatte am Mittwoch vor dem Bundestag erklärt, es seien "vier Ausarbeitungen" der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages "als Primärquelle in die Arbeit eingeflossen".
(Spon 24.02.2011)

4.)
Guttenberg hat seiner alten Uni und insbesondere seinem Doktorvater Peter Häberle massiv geschadet, indem er ihr Renommee schwer beschädigt hat - das oberste Gut einer Universität überhaupt.

5.)
Guttenberg hat dem Wissenschaftsstandort Deutschland geschadet.
Zurück aber bleiben nicht nur ein etwas angesengter Minister, sondern eine verheerte akademische Landschaft. Das liegt nicht nur daran, dass sich nun Hunderttausende Prüfer fragen müssen, welche Standards von Selbständigkeit und Originalität sie an die Arbeiten ihrer Kandidaten anzulegen haben. Es liegt noch weniger daran, dass die Kluft zwischen einem "summa cum laude" und einem aberkannten Doktorgrad ein erhebliches Maß an Willkür im Umgang mit Qualifikationsarbeiten auf Seiten der Universität offenbart.
Das liegt vor allem daran, dass in dieser Affäre deutlich wurde, was das regierende Personal tatsächlich über die Universität denkt. Es gebe in Deutschland andere Probleme als Fußnoten, sagte Volker Bouffier, der hessische Ministerpräsident (als ob Plagiate gleich Fußnoten wären). Und die Bundeskanzlerin erklärte, sie haben einen Verteidigungsminister und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter berufen (als ob ein Täuscher und Blender dasselbe wäre wie ein Assistent). Die beiden wissen sich einig mit einem Großteil der Bevölkerung, der Betrügereien im akademischen Betrieb offenbar für eine lässliche Sünde hält - im Unterschied zu Betrügereien im Sport, zum Doping, das in den Augen derselben Menschen unnachsichtig geahndet gehört.
(Thomas Steinfeld 24.02.2011)

6.)
Guttenberg hat dem Frieden im Parlament geschadet und die Fronten zwischen Regierung und Opposition extrem verhärtet.

CDU und CSU sind abhängig von Guttenbergs Beliebtheit.
Also muss er gerettet werden – um jeden Preis. Und der ist: Gift und Bitterkeit im Parlament. Guttenberg hat den Frieden im Parlament geschadet und die Fronten zwischen Regierung und Opposition extrem verhärtet. Barbara Hendricks weint fast vor Wut. Eine halbe Stunde ist Karl-Theodor zu Guttenberg gerade im Bundestag über seine Doktorarbeit befragt worden. Jetzt steht die SPD-Schatzmeisterin im Foyer des Reichstags und hört mit an, wie der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach sich über die Opposition mokiert. Schwache Vorstellung sei das gewesen, spottet Michelbach, "es ist halt so, dass Abgeordnete nicht fragen können". Hendricks kocht noch mehr. Eine Ehrenwort-Erklärung hat der Doktorand zu Guttenberg bei seiner alte Uni damals unterzeichnet, dass er korrekt gearbeitet habe. Und jetzt, Entschuldigung, und das war’s? "Ihr nehmt das wahrscheinlich billigend in Kauf, dass die bürgerliche Kultur in Bruch geht", ruft Hendricks. Plötzlich steht Volker Kauder vor ihr. "Bei mir zu Hause sagt man: Bleiben Sie chremig", sagt der Unionsfraktionschef. Es soll wohl besänftigend wirken. Hendricks explodiert: "... und schmieren Sie weiter Ihren Lügner und Heuchler!" Wenn es so weit gekommen ist im Reichstag, dann ist es weit gekommen.
(Robert Birnbaum 24.02.2011)

7.)
Guttenberg hat schließlich durch sein Verhalten der Demokratie insgesamt schwer geschadet, weil nun ganz offiziell das schwerste Vorurteil gegen unsere Staatsform bestätigt ist:
Es gilt eben nicht „gleiches Recht für alle.“

Erst 2010 wurde ein fast gleicher Fall - der CDU-Kommunalpolitiker Andreas Kasper hatte sich genau wie Googleberg seinen Dr.-Titel durch Plagiate erschummelt - ganz anders gehandhabt.
Der junge, aufstrebende Unions-Politiker muss sich verteidigen, seit Wochen schon. Ein Wissenschaftler ist darauf aufmerksam geworden, dass der Mann abgekupfert hat. Die Universität untersucht, es beginnt ein Streit. "Nach bestem Wissen und Gewissen" habe er die Promotion angefertigt, verteidigt sich der Unions-Politiker. Doch es reicht nicht. Am Ende muss Andreas Kasper gehen. Er verliert seinen Doktortitel, er verliert seinen Job, er verliert seine Existenz. Absätzeweise hatte er aus Texten abgekupfert, ohne die Quellen korrekt zu zitieren. Kasper spürt das Strafrecht: Im Januar 2010 verhängt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl mit 90 Tagessätzen à 100 Euro wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht. Kasper zahlt.

(Gordon Repinsk 23.02.2011)
Selbstverständlich verliert Herr Kasper seinen Job, sein Amt und seine Funktion in der Partei.

8.)
Guttenberg desavouiert die Bundeswehr, da er sich nun ein spezielles Recht heraus nimmt, das an den beiden Bundeswehrhochschulen in Hamburg und München, die unter seiner obersten Aufsicht stehen, undenkbar wäre. Dort werden Plagiatoren hart bestraft.

Teilweise habe es Geldstrafen gegeben, sagte ein Sprecher der Universität. Nach einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" wurde an der Universität München vor zwei Jahren ein Bundeswehr-Offizier degradiert, weil er eine teilweise abgeschriebene Examens-Arbeit eingereicht habe. Die Bundeswehr-Universität in Hamburg betonte, hart gegen Täuscher vorzugehen.
(FTD.de)

9.)
Guttenberg trägt die Moral insgesamt zu Grabe, da die Kanzlerin ihm kriminelles Verhalten ohne Konsequenzen zugesteht.

„Und Merkel steht vor zwei kristallklaren Alternativen: Entweder sie feuert Guttenberg sofort und beendet dessen zusehends groteske Versuche, sich zum Opfer einer Kampagne zu stilisieren. Oder sie hält an ihm, dem Schwindler, fest. Und das heißt, dass Fälschen, Betrügen und Plagiieren plus nachträgliches Schönreden künftig unter "nicht schlimm" fallen. Ein Fehler, mehr nicht. Wer populär ist, darf das. Was eigentlich All das spricht jener Rechtschaffenheit, die die Union so gerne für sich reklamiert, Hohn.
(Stefan Reinecke 23.02.2011)

10.)
Guttenberg hat der Professorenschaft insgesamt geschadet, da sie zukünftig ausgelacht werden dürfen, wenn sie auf die Einhaltung wissenschaftlicher Standarts pochen. Dementsprechend sauer sind sie auch. 70 Bayerische Professoren haben einen offenen Beschwerdebrief an das Wissenschaftsministerium verfasst.

Im offenen Brief heißt es dazu: "Leider vertreten manche Politiker dabei die Position, es habe sich bei dem Verhalten des Promovenden um ein Kavaliersdelikt wie Falschparken gehandelt, das im Wissenschaftsbetrieb allerorten üblich sei, so dass dieser spezielle Fall überhaupt nur aufgedeckt worden sei, um eine 'Schmutzkampagne' oder gar einen 'politisch motivierten Angriff von ganz Linksaußen' gegen einen Regierungspolitiker zu führen."
Ein fataler Eindruck, finden die Unterzeichner des Briefs. Sie möchten, schreiben sie, "weiterhin in der Lage sein, mit großer Strenge die Standards wissenschaftlichen Arbeitens" den Studenten zu vermitteln. Das gehe aber nicht, "wenn der Eindruck verbreitet wird, Plagiate im Wissenschaftsbetrieb seien ganz üblich und würden nur ausnahmsweise von Linksradikalen aufgedeckt".
Wolfgang Heubisch, bayerischer FDP-Wissenschaftsminister, hat mittlerweile auf die öffentliche Aufforderung der Münchner Professoren reagiert. "Plagiate in wissenschaftlichen Arbeiten sind keine Bagatelle", erklärte Heubisch. Zur unverzichtbaren Basis allen wissenschaftlichen Handelns zählten strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die Beiträge von Partnern, Konkurrenten und Vorgängern, also auch die Pflicht zum Nachweis von Zitaten.
(Spon 24.02.2011)

11.)
Guttenberg steht eben NICHT unter Beschuß, weil er 2007 beim Einreichen der Dr.-Arbeit bei der ehrenwörtlichen Erklärung gelogen hat, sondern weil er seitdem immer wieder gelogen hat und bis jetzt lügt.
Er ist ein notorischer Lügner, der an x Stellen seinen Lebenslauf frisiert hat, er log ganz offensichtlich in der Auseinandersetzung mit Wiechert und Schneiderhahn und er log in der letzten Woche fast jeden Tag, indem er erst sagte, es sei „abstrus“ seine Doktorarbeit zu kritisieren, dann festhielt, die Arbeit sei kein Plagiat und noch gestern vorm Bundestag erklärte NICHT getäuscht zu haben.

12.)
Das Thema ist keineswegs damit ausgestanden, daß die Uni den Dr.-Titel kassiert hat.

Es geht um den rechtlich relevanten Vorwurf der „vorsätzlichen Täuschung“, den Bayreuth erst noch untersucht, obwohl auch in diesem Punkt schon so gut wie klar ist, daß Guttenberg - mal wieder - lügt, wenn er sagt, ihm seien die „Fehler“ nur versehentlich untergekommen.
Neu indes ist die Dreistigkeit, mit der der Beschuldigte versucht, die Affäre als Fortsetzung der eigenen Heldengeschichte umzudeuten. Karl-Theodor zu Guttenberg brachte es fertig, sich im Bundestag als Vorbild darzustellen. Seine Behauptung: Würden alle Wissenschaftler so selbstkritisch mit sich umgehen, wie er es getan habe, wäre die akademische Welt eine bessere. Das sagt der Mann, der seine Universität, seinen Doktorvater und die Wissenschaft geleimt hat wie kein Spitzenpolitiker zuvor. Der aus Eitelkeit und Karrierismus andere Autoren bestohlen hat. Der sich eine Sondergenehmigung ausstellen ließ, um den Doktortitel zum frühest möglichen Zeitpunkt in den Briefkopf schreiben zu können und die erschwindelte Auszeichnung dann jahrelang trug. Das ist schon atemberaubend.
(Lutz Kinkel 24.02.2011)

13.)
Guttenberg ist ganz offensichtlich einer groben Form der Bestechung zugetan. Er nimmt die massive PR-Hilfe der BILD-Zeitung in Anspruch, die sich für Springer sehr lukrativ auszahlen wird, indem das Verteidigungsministerium eine große Rekrutierungswerbekampagne in der BILD angekündigt hat.
Der Steuerzahler wird als die Rechnung für Guttenbergs Eigenlobkampagne finanzieren.
Die BILD hatte auch schon die Fäden bei der Entlassung des Kapitäns Schatz gezogen. Der BILD-Chef hielt das Stöckchen; Guttenberg sprang brav.

14.)
Schließlich hat Guttenberg natürlich der Kanzlerin schwer geschadet, die jetzt vor der gesamten Presse als amoralisch dasteht und künftig kaum noch irgendwo auf der Welt für die Einhaltung ethischer Werte eintreten kann.
Kanzlerin Merkel weiß um die Popularität Guttenbergs, und sie weiß auch, dass sie ihre eigene Popularität aufs Spiel gesetzt hätte, wenn sie Guttenberg zum Rücktritt gedrängt hätte. Also ließ sie ihn gewähren. Der Schaden, der ihr daraus mittel- und langfristig erwachsen wird, ist noch nicht zu ermessen, aber seine Konturen sind bereits zu erkennen. Wenn ein Schwindler Minister bleiben darf, lässt sich mit konservativen Werten wie Ehre, Aufrichtigkeit und Anstand nicht mehr glaubwürdig werben. Und wenn ein Schwindler Minister bleiben darf, werden auch andere ein sanftes Urteil einfordern, wenn sie einen Skandal an den Hacken haben. Für die von Merkel oft beschworene Bildungsrepublik ist der Fall Guttenberg ein Menetekel und jeder Produktpirat in China wird sich ins Fäustchen lachen. Und, nicht zu vergessen: Wenn Guttenberg zu solchen Aktionen wie dem Zusammenschustern einer Doktorarbeit fähig ist, was hat er noch angestellt - und was wird er anstellen? Merkel hat sich auf einen Spieler eingelassen.
(Lutz Kinkel 24.02.2011)

Zum Schluß will ich allerdings auch einen „Fehler“ einräumen, den ich gemacht habe.
Nicht hier, aber in einem Kommentar auf einer anderen Website hatte ich Guttenberg Geiz unterstellt.
Wenn man schon einen mittelmäßigen Ghostwriter für 10.000 Euro bekäme, sei es doch sehr knauserig, daß Guttenberg keine ordentliche Summe für einen viel besseren Ghostwriter ausgeben wollte und stattdessen sogar auf die für ihn kostenlose Variante des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zugriff.

Das ist falsch!

Guttenberg war gar nicht so knauserig, sondern hat für sein „summa cum laude“ eine Dreiviertel Million Euro an die Uni Bayreuth „gespendet.“

750 000 Euro für die Uni Bayreuth.
Während der Arbeit an seiner Dissertation hat sich der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg an der Universität Bayreuth über seinen Familienbesitz auch als Sponsor betätigt. Zwischen 1999 und 2006 seien für einen neuen Lehrstuhl an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth insgesamt 747 764,36 Euro überwiesen worden, bestätigte die Rhön-Klinikum AG dem Tagesspiegel. Guttenberg saß von 1996 bis 2002 im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG, seine Familie hielt dort bis 2002 ein dickes Aktienpaket. Der CSU-Politiker studierte von 1992 bis 1999 in Bayreuth Rechtswissenschaften und promovierte dort 2007 mit der Bestnote „summa cum laude“.
(Rainer Woratschka 24.02.2011)

Die € 750.000 sind offenbar gut angelegt, denn das Wohlwollen der Universität braucht Guttenberg noch dringend, um nicht am Ende als Krimineller („schuldig der vorsätzlichen Täuschung") da zustehen.

Da Guttenberg selbst um die Aberkennung seines Doktortitels gebeten habe, habe die Universität das schnelle Verfahren wählen können, sagte Uni-Präsident Bormann - und hatte damit viel Unverständnis ausgelöst.
Der Bremer Juraprofessor und Entdecker der Mängel der Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg, Andreas Fischer-Lescano, beklagte im "Tagesspiegel", der Promotionsausschuss der Universität Bayreuth habe sich bei der Aberkennung des Doktortitels "um die Wertung der Täuschung herumgedrückt".
Und SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz kritisierte im "Kölner Stadt-Anzeiger": "Die Universität Bayreuth kneift, denn sie verzichtet darauf zu prüfen, ob eine bewusste Täuschung vorliegt - und das trotz massivster Anhaltspunkte."
(Tagesschau.de 24.02.2011)

Die Universität Bayreuth hat Karl-Theodor zu Guttenberg den Doktorgrad entzogen.
Minister aber bleibt er, jedenfalls bis auf weiteres. Er habe "nicht bewusst getäuscht", sagt er. Wer immer in seiner Dissertation gelesen hat, wird ihm das nicht glauben - bei weit mehr als hundert, vielleicht sogar mehreren hundert nicht ausgewiesenen Übernahmen aus Werken anderer Autoren, von denen viele zudem gegenüber den Originalen leicht verändert sind.
(Thomas Steinfeld 24.02.2011)

Mittwoch, 23. Februar 2011

Mehr Plagiate.

Oppermann verglich Guttenberg mit einem Kleinkriminellen. Auch ein erwischter Ladendieb könne sich nicht damit herausreden: "Das war mein zweites Ich, das gerade schlampig eingekauft hat", sagte Oppermann. Der Sozialdemokrat spielte damit auf Äußerungen Guttenbergs an, der "handwerkliche Fehler" beim Verfassen seiner Arbeit eingeräumt hatte.
"Wenn Guttenberg als Lügner im Kabinett bleiben kann, dann würde sich das demokratische System in Deutschland verändern", sagte Oppermann. Jeder Schüler, Student oder Soldat hätte bei ähnlichen Vorfällen mit ernsten Konsequenzen zu rechnen. "Es darf keine Sonderrechte für Minister in Deutschland geben."
(SZ 23.02.2011)


Da glaubt man schon alles gesehen zu haben und nicht mehr zu überraschen zu sein und dann kommt es gleich im Doppelpack.

Da ist zunächst die Facebook-Nachricht von meinem lieben US-Cousin, der immerhin schon mitbekommen hat, daß ich - OBWOHL ICH AMERIKANER BIN - trotzdem nicht George Bush verehre. Er reicht mir jetzt gewissermaßen die Hand, indem er unter großer Zustimmung seiner FB-Freunde schreibt:

“XY”: No matter what you think about G.W.Bush, he has had the most impact , and is the reason for this unrest and the fallen dictatorships that we are witnessing. With his leadership, he showed that oppression can be overcome in Iraq and Afghanistan, a fire was started... Our soldiers are the best of us. Enjoy filling your tank, unrest is expensive….

Die zweite Überraschung erlebte ich, als ich den Fernseher einschaltete, um die parlamentarische “Aktuelle Stunde” zur Causa „Dr. Guttenberg“ anzuhören.

Der Mimikri-Minister schauspielerte gut; das ist es schließlich, was ihn so beliebt macht:
Er hat die Fähigkeit sich völlig der Gruppe, zu der er spricht anzupassen.
Kein Wunder, schließlich wird seine Formbarkeit nicht durch ein sperriges Rückgrat oder Gewissen beeinträchtigt.

Das war ein Lehrstück in Sachen "Mimikry", also in der Kunst, sich seiner Umgebung anzupassen. Am Montag vor seinen hessischen CDU-Fans noch auf forsche Attacke gepolt, rief Doktor a. D. zu Guttenberg im Bundestag die höchste Stufe seines Demuts-Programms ab. Er räumte schlechte Signale in die Welt der Wissenschaft ein, entschuldigte sich bei seinen Lehrern für eine offensichtlich miserable Doktorarbeit. Und er zeigte sich darüber zerknirscht, hochmütig die Quadratur des Kreises versucht zu haben, daran aber wegen Überforderung als junger Familienvater, Politiker und Wissenschaftler gescheitert zu sein. Und er ließ jede Provokation seiner politischen Gegner einfach ins Leere laufen. Ernst und kontrolliert, selbstsicher bis hin zur Selbstgefälligkeit. Aber: So geschmeidig Guttenberg im Ton war, so hart blieb er in der Sache. Die Strategie war am Montag von der Kanzlerin vorgegeben worden: Hier der menschliche, weil fehlbare Doktorand, da der untadelige, weil verantwortungsbewusste Minister. Kurz: Der doppelte Guttenberg. Oder: Wer in der Studierstube den Überblick verloren und als Akademiker geschlampt hat, darf Mitglied der Regierung Merkel bleiben und sich weiterhin an Großtaten wie der Bundeswehrreform versuchen. Dieser Mann denkt nicht an Rückzug.
(Stephan Ueberbach, SWR, 23.02.2011)

Das eigentlich Beeindruckende an der Debatte war aber, wie dynamisch die Redner der Koalition jeden bisherigen Tiefpunkt deutscher Debattenkultur unterboten.
Die Schuldigen an der Affäre Guttenberg machten die Rabauken CSU-Generalsekretär Dobrindt und CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich in den Reihen der SPD aus.
Wie kämen sie dazu den ach so beliebten Minister zu kritisieren?
Das sei zutiefst unanständig von der Opposition. Gerade Guttenberg zeige Anstand, in dem er Fehler eingestehe!
Der Bayern-General Dobrindt bringt es gar nicht mehr zu ganzen Sätzen und feuert nur eine Schimpfwortkanonade gen Links ab: "Selbstentlarvung der Opposition", "unwürdig", „schäbig", "Rufmord."

Das ist wieder das Argumentationsmuster meines Cousins, der erkannte, daß George Bush Frieden und Demokratie in die arabische Welt gebracht habe.
Solche Hirnwindungen muß man offenbar haben, um zu erkennen, daß mit Guttenberg der Anstand in die Politik kam!

Auch die Kollegen der Schwesterpartei CDU rasten geradezu aus vor Empörung über die Opposition und forderten Entschuldigungen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Guttenberg kürzlich indirekt mit Italiens Premier Silvio Berlusconi verglichen. "Infam" sei das, und "maßlos", verletze alle parlamentarischen Spielregeln, wettert Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff. Schließlich sei Berlusconi ein "alter Mann, der Sex mit Minderjährigen" habe. Gabriel müsse sich beim Verteidigungsminister entschuldigen, ruft Schockenhoff.
(Spon 23.02.2011)

Die FDP-Kleinen Stephan Thomae und Burkhard Müller-Sönksen machten sich über die Opposition lustig, die nichts anderes zu tun hätte, als über ein paar Jahre alte Fußnoten zu reden.
Eine glatte Lüge auch dies, denn natürlich ist nicht die damalige Dissertation des „Baron Lügenbergs“ das Thema der Fragestunde, sondern daß er JETZT und innerhalb der letzten Woche immer wieder gelogen hat.

Die Frage ist, ob jemand, der so eklatant gegen seine eigenen Maßstäbe verstößt und jede Glaubwürdigkeit verloren hat, ein Verteidigungsminister sein kann.
Wie jeder Verteidigungsminister wird auch Guttenberg noch oft in schwierige politische Situationen kommen, aber man wird ihm niemals wieder vorbehaltlos glauben.
Diese Beschädigung zu goutieren, zieht natürlich die gesamte Bundesregierung in den Sumpf der Unehrlichkeit.
Was kann man Frau Merkel noch glauben, wenn sie offensiv und demonstrativ einen notorischen Lügner in ihren Reihen für einen „hervorragenden Minister“ hält?
Was ist der Bundesregierung die Bildungsrepublik und der Wissenschaftsstandort Deutschland wert? Offensichtlich gar nichts.
Und schließlich haben Merkel und Co jede Autorität im Umgang mit gestohlenem geistigem Eigentum verloren!
Sie schützen nicht etwa die Autoren und Wissenschaftler, die Guttenberg beklaut hat, sondern scharen sich um den Dieb.
Damit machen sie sich für alle Zukunft lächerlich, wenn sie international gegen Patentklau, illegalen Download und Wirtschaftsspionage vorgehen.

Am besten hat dies Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach ausgedrückt.



Es gehe in der Debatte um die Glaubwürdigkeit der Politik erklärte Karl Lauterbach. Die Entschuldigung des Ministers wäre in Ordnung, wenn Guttenberg nun auch zurück trete. Denn es gelte “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.” Guttenberg lüge weiter und bleibe im Amt. Egal ob Richter, Lehrer oder auch ein Manager in einem Unternehmen, alle hätten für dieses Fehlverhalten die Kündigung bekommen. “Einzig im Kabinett Merkel behält man bei Betrug seinen Job,” sagte Lauterbach. Das schade auch dem deutschen Wissenschaftsstandort. Forschungsministerin Schavan warf er vor, dass sie sich nicht schützend vor die Wissenschaft gestellt habe.

Thomas Opermann erinnerte daran, dass Guttenberg vor gut einer Woche die ersten Plagiatsvorwürfe als abstrus abtat. Der Verteidigungsmnister hätte beteuert, seine Doktorarbeit sei seine eigene Leistung. Heute wisse man, so Oppermann, dass 100 Seiten der Arbeit von Wissenschaftlern, Politikern, Journalisten und Studenten abgeschrieben seien ohne dies zu kennzeichnen. Täglich würden neue Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes bekannt, die Guttenberg ohne Genehmigung und ohne Kenntlichmachung in seine Arbeit übernommen habe, mittlerweile seien es sechs.



Guttenberg hat getäuscht, betrogen und gelogen Mit der Wahrheit rücke Guttenberg nur dann raus, “wenn die Beweislast erdrückend” sei. Wer über 100 Seiten kopiere, wer sechs wissenschaftliche Gutachten einbaue mache keine Fehler oder zitiere fahrlässig. Derjenige betreibe vorsätzlich und planmäßig die Übernahme fremden Gedankenguts. Diese Arbeit sei in großen Teilen nicht Guttenbergs Leistung. “Sie haben getäuscht. Sie haben betrogen. Sie haben gelogen,” warf Oppermann dem Verteidigungsminister vor. Er stellte die Frage, wie Guttenberg noch Respekts- und Autoritätsperson für 10 Tausende junger Soldaten sein könne, die sich nicht durchmogeln, sondern ihre Pflicht tun wollen. “Jeder Soldat wäre entlassen worden. Jeder Schüler wäre durch die Abiturprüfung gefallen und jeder Student wäre von der Universität geflogen. Und weil das so ist, darf es in Deutschland keine Sonderrechte für Minister geben,” sagte Oppermann. Satiriker würden schon spotten: Wenn Gutenberg sich damit rausreden wolle, er hätte nur schlampig zitiert, dann würden sich künftig diejenigen, die des Ladendiebstahlts überführt wurden, rausreden “sie hätten nur schlampig eingekauft”. Fundamentalwerte einer bürgerlichen Gesellschaft sollten auch für die bürgerliche Koalition gelten Die Entscheidung der Bundeskanzlerin, dass ein “akademischen Hochstapler und Lügner” weiter dem Kabinett angehören darf, bezeichnete Oppermann als unerträglich. Doch noch schlimmer sei die Begründung, die Bundeskanzlerin hätte keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt, sondern einen Verteidigungsminister. Der Mensch Guttenberg sei nicht teilbar in einen “akademischen Hochstapler und in einen veritablen Verteidigungsminister”. Die Aufrichtigkeit, die Ehrlichkeit, die Wahrhaftigkeit seien doch auch nicht teilbar. “Wahrhaftigkeit, Schutz von Eigentum, auch Respekt für geistiges Eigentum – für Leistungen anderer – das sind doch keine austauschbaren Werte. Das sind Fundamentalwerte einer bürgerlichen Gesellschaft und sie sollten es auch für eine bürgerliche Koalition sein,” stellte Oppermann klar. Guttenbergs Verbleib im Kabinett schadet Wissenschaftsstandort Deutschland Er wisse nicht, ob der Bundeskanzlerin und der Wissenschaftsministerin bewusst sei, welchen gewaltigen Flurschaden sie im Bereich der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses angerichtet hätten. “Ausgerechnet Sie wollen Deutschland zur Bildungsrepublik machen. Mit Schummeln und Mogeln zerstören Sie die Wissenschaftskultur und sie zerstören die Basis für intellektuelle Redlichkeit in diesem Land,” sagte Oppermann. Eine Doktorarbeit durch Täuschung ist ein jämmerliches Vorbild.

Hans-Peter Bartels machte deutlich, dass die Bundeswehr einen Minister brauche, dessen Worte etwas bedeuten. Guttenberg rede zwar vor der Bundeswehrhochschule von “Wahrheit und Klarheit”. Doch seine ehrenwörtliche Erklärung zu seiner Doktorarbeit sei nicht wahr. Der Minister spreche von “Führen durch Vorbild” – doch eine Doktorarbeit durch Täuschung sei ein jämmerliches Vorbild. Auch sonst zeige sich immer wieder das Wort von Guttenberg gelte nichts. Egal ob bei der Abschaffung der Wehrpflicht, in der Kundus-Affäre, zu den Vorfällen auf der Gorch Fock oder bei der Bundeswehrreform.




Nur im Kabinett Merkel behält man bei Betrug seinen Job
(SPD-Bundestagsfraktion. de)

Übrigens; das was Guttenberg als „Fehler“ aber keineswegs bewußte Täuschung bezeichnete, hat selbst die baronophile CSU-Uni Bayreuth geschockt.

Prof Häberle, der Doktorvater, der das „summa cum laude“ rausgehauen hatte, scheint ob seines fortgeschrittenen Alters, er ist 76 Jahre, gezielt von Guttenberg ausgewählt worden zu sein.

Weiß man doch, daß Professoren, die auf die 80 zugehen, in der Regel nicht mit Onlinerecherche und Plagiatssuchprogrammen vertraut sind.
Die Universität insgesamt muß aber jetzt um ihren Ruf fürchten und griff demenstprechend durch.

Aber auch die Hochschule hatte ein Interesse daran, im Fall Guttenberg rasch aus den Schlagzeilen zu kommen. Außerdem war das Entsetzen vieler Professoren über die Plagiat-Affäre so groß, dass sich die Gremien eilig ans Werk setzten, um die juristische Dissertation des Verteidigungsministers zu prüfen. Und so verkündete die Universität schon am Mittwochabend ihre Entscheidung: Guttenberg muss seine Promotionsurkunde zurückgeben. Sein Doktortitel war auch für die Uni nicht länger tragbar. Mehr als 20 Stellen in Guttenbergs Arbeit hatten Wissenschaftler der Hochschule eingehend geprüft. Das Ergebnis sei eindeutig ausgefallen: Guttenberg habe "in erheblichem Umfang" gegen die Zitierpflichten verstoßen. Es sei "kein bloßer Bagatellfall", sagte der Ombudsmann der Uni, Diethelm Klippel.
(Tanjev Schultz 23.02.2011)

Eins muß man der Regierung allerdings zugestehen: Sie verschlankt den parlamentarischen Betrieb.
Nach der Wiederwahl Gerhard Schröders im Jahr 2002 hatte die damalige Opposition den sogenannten Lügen-Untersuchungsausschuß eingesetzt, da der Kanzler ihrer Meinung nach vor der Bundestagswahl 2002 Daten über die wirtschaftliche Entwicklung bewusst verschwiegen hätte.
Ein offensichtliches Theater, denn daß nach dem 11. September 2001 und den darauf folgenden Kriegen die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen würde, kann man wohl kaum als überraschend bezeichnen.
Was die Opposition mit dem so genannten Lügen-Untersuchungsausschuss des Bundestags konkret erreichen wollte, blieb unklar.
Offensichtlich ging es nur darum mit allen Mitteln SPD und Grüne anzuschwärzen.

Der Obmann der CDU im Ausschuss, Peter Altmaier, forderte, Schröder müsse sich dafür entschuldigen, die Bürger vor der Wahl belogen zu haben. Schröder sagte, er habe nichts zu entschuldigen. „Wir haben uns korrekt verhalten.“ Die Einrichtung des Untersuchungsausschusses sei „zumindest zweifelhaft“. Vor Beginn der Ausschusssitzung hatte Schröder von einer Fortsetzung des Wahlkampfs mit anderen Mitteln gesprochen. Der Kanzler trat vor dem Ausschuss betont locker auf und unterbrach Altmaier mehrfach mit spöttischen Bemerkungen. Den CDU-Obmann forderte er unter anderem auf, seine Fragetechnik zu verbessern. Altmaier verhalte sich nicht neutral, seine Fragen beinhalteten bereits Vorverurteilungen.
(Handelsblatt 03.07.2003)

Solche Untersuchungsausschüsse sind nun offiziell überflüssig.

Die Schwarzen sind nämlich ab jetzt generell angeschwärzt.

Lügen und Betrug gehören ab jetzt offiziell zum Markenkern der sogenannten bürgerlichen Parteien.

Einige Lügen des zu Guttenberg:

Ich habe meine Arbeit nach besten Wissen und Gewissen angefertigt.
(15.02.2011)

Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus.
(16.02.2011)

Ich bin gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten.
(16.02.2011)

Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir. Sie ist über etwa sieben Jahre neben meiner Berufsabgeordnetentätigkeit als junger Familienvater in mühevollster Kleinarbeit entstanden und sie enthält fraglos Fehler.
(18.02.2011)

Ich habe auch festgestellt, wie richtig es war, daß ich (…) gesagt habe, dass ich den Doktortitel nicht weiter führen werde. Ich sage das ganz bewußt, weil ich (…) feststellen mußte, daß ich gravierende Fehler gemacht habe.
(22.02.2011)

Ich stehe auch zu dem Blödsinn, den ich da geschrieben habe.
(22.02.2011)

Dienstag, 22. Februar 2011

Geistig-moralische Wende 2.0

Wer alt genug ist sich daran zu erinnern auf welch schäbige Weise 1982 der weltweit anerkannte Intellektuelle und „Macher“ Helmut Schmidt durch Helmut Kohl ersetzt wurde, indem der rückgratlose Genscher sein Wahlversprechen („Zweitstimme für die FDP, damit Schmidt Kanzler bleibt“) brach, wird heute noch Würgereflexe empfinden.

Lustig war aber, daß die Inkarnation der Provinzialität einen moralischen Neustart in der Politik versprach.
Damals klang das etwas verwegen; heute wissen wir: Kohl hatte nicht zu viel versprochen. Ab 1982 galt tatsächlich eine ganz neue Moral.
Verurteilte Steuerhinterzieher wurden Minister, Kohl selbst stopfte sich hinter den Kulissen die Taschen mit Schwarzgeld von Flick, der Staatsbürgerlichen Vereinigung und immer wieder Von Brauchitsch voll. Die hessischen CDU-Kollegen schleppten die Spendenmillionen Kofferweise illegal nach Liechtenstein und was Helmut Kohl von katholischen Familienwerten hielt, ist durch den Selbstmord seiner Frau und den Kontaktabbruch zu seinen Söhnen, von denen mindestens einer ebenfalls an Suizid dachte, ebenfalls offensichtlich.

(Wer könnte es ihnen verdenken; wenn mein Vater Helmut Kohl wäre, dächte ich ebenfalls an Selbstmord.)

Mit Merkels Amtsantritt im Jahr 2005 erlebten wir erneut eine moralische Neuordnung der Politik.
Mammon und Intoleranz heißen die neuen Richtschnüre der Kanzlerin.
Sie wandte sich von der friedensorientierten Achse Paris-Berlin-Moskau ab und setzte auf den offensichtlichen Kriegsverbrecher George W. Bush.
Die Waffenexporte aus Deutschland stiegen in nie dagewesene Höhen und als 2009 die lästigen Rudimentär-Sozis aus dem Kabinett gejagt waren, bückte sich die Pfarrerstochter ganz tief vor Pharmalobby, Banken und Hoteliers.
Umweltschutz und die Sicherheit des eigenen Volkes hatten als Entscheidungskriterien ausgedient.
Und der Mann, der nicht nur öffentlich, sondern sogar vom Rednerpult des deutschen Bundestages aus, log - nämlich Schäuble - wurde zum Finanzminister gemacht.
Eine CDU-Größe also, die einen Koffer mit 100.000 DM Schwarzgeld von einem kriminellen Waffenschieber an sich nahm und auf die direkte Frage Christian Ströbeles, ob er „auch mal einen Geldkoffer angenommen“ habe, „nein“ sagte, wurde zum Herr über Deutschlands Kassen gemacht.

Gestern nun, am 21. Februar 2011; ein Datum, das man sich merken muß, machte die Kanzlerin, Regierungschefin und Inhaberin der Richtlinienkompetenz öffentlich klar, daß für sie Moral gar kein Kriterium mehr ist.
Wenn es dem Machterhalt dient, darf auch gelogen, betrogen und manipuliert werden.
Das ist nun offiziell - mit dem Segen der Bundeskanzlerin.

Der Fluch der bösen Tat, die Guttenberg nicht gesteht, hat rasant zu einem Tiefpunkt der moralischen Verlotterung geführt. Sie habe ihn nicht als wissenschaftlichen Assistenten berufen, sagt Angela Merkel. Ach, wer hätte das gedacht?
(Tissy Bruhns 22.02.2011)

Deutschland im Jahr 2011 hat eine neue Stufe der geistig-moralischen Wende erreicht.

Die Kanzlerin steht zu Guttenberg und stellt seine Eignung nicht in Frage.
Sein fortgesetztes Lügen ist irrelevant für sie. Dr. i. R. von und zu Abkupferberg hat keineswegs nur bei seiner Dissertation gelogen.
Er lügt offenbar gewohnheitsmäßig; wie am Freitag vor der Presse („kein Plagiat“), wie am Mittwoch („Vorwürfe abstrus“), wie vorm Kunduz-Untersuchungsausschuss, wie bezüglich seiner Tätigkeit in der familieneigenen Firma und wie überhaupt bei seinem Lebenslauf.
Pinocchio ist nichts dagegen.

Merkel streift aber nicht nur die Moral ab, wie eine lästige zu eng gewordene Haut, nein sie tritt auch noch der gesamten Akademischen Welt vor das Schienbein:

„Darum kann Frau Merkel zwar getrost darauf verweisen, dass es doch wurscht sei, statt eines Akademikers nur einen faulen Akademiker in den Kabinettsreihen zu wissen. Dass sie aber - in diesem Fall - einen anscheinend bewusstlosen Täuscher zum Verteidigungsminister hat, muss ihr nicht auch noch öffentlich gefallen. Abgesehen davon, dass sie ihrer Wahl-Klientel damit ja indirekt auch sagt: Wie blöd seid ihr eigentlich, euch für Akademie-Lorbeer krummzulegen, wo es doch eigentlich nur um - sagen wir - innere Werte oder Charisma oder Charakter geht, die ohnehin nicht an Akademien gelehrt werden. Das aber bringt uns schließlich an den Punkt, an dem der Doktor wider Wirken, der ja auch gerne volkstümelnd AC/DC-Shirts vor Publikum trägt, sich mit seinen Geringsten gemein macht. Denn er tut nun all das als Blödsinn und unbewusste Täuschung ab. Was faktisch eine Frechheit ist, nicht Chuzpe.“
(Bernd Graff 22.02.2011)

Da es so schön zum Thema passt, werde ich es jetzt Dr. copy and paste gleichtun und einige Stimmen zitieren.

Im Gegensatz zu Guttenbergs, der es in sieben Jahren Arbeit nicht schaffte, die Zitate als solche zu kennzeichnen, habe ich die Tastenkombination „strg + groß + k“ entdeckt und kann kursiv kennzeichnen, welche Sätze nicht von mir stammen.

Die Lüge ist ministrabel geworden“ moniert Spon-Autor Stefan Kuzmany zu Recht und weist darauf hin, daß Guttenbergs aktuelle mehrfache Lügen das Hauptproblem darstellen:

Um eine plagiierte Promotion geht es dabei längst nicht mehr. Es ist eine Zäsur in der politischen Kultur der Bundesrepublik: Die Lüge ist ministrabel geworden. Stellen wir uns nur einmal kurz vor, zu Guttenberg wäre zurückgetreten. Angela Merkel hätte ihr Kabinett umbilden müssen zu einer für sie denkbar ungünstigen Zeit. Das Jahr hat mit der furios verlorenen Hamburg-Wahl schon schlimm genug für die Union begonnen, der Verlust des beliebtesten Mannes hätte wohl weitere Niederlagen für die Christdemokraten eingeläutet, die CSU hätte gleich gänzlich ohne Perspektive dagestanden. Das darf nicht geschehen - also muss Guttenberg um jeden Preis gestützt und gehalten werden. Doch es ist ein hoher Preis, den die Kanzlerin für den Machterhalt ihres Lagers bezahlt. Sie belässt einen Mann im Amt, der an einen Tag behauptet, die gegen ihn erhobenen Plagiatsvorwürfe seien "abstrus", sich dann, als die Belege für seine Unredlichkeit nicht mehr so einfach weggewischt werden können, grinsend vor die Kameras stellt und ohne jedes Schuldeingeständnis erklärt, vorübergehend auf den erschlichenen Titel verzichten zu wollen, schließlich jedoch, als die Beweise erdrückend werden, von sich aus den Doktortitel ablegt, und damit jeder weiteren kritischen Nachfrage die Grundlage zu entziehen sucht.
(Spon 22.02.2011)

Und auch das ZDF, welches sich die CDU durch die Absetzung des nicht regierungshörigen Chefredakteurs Brender gefügig gemacht haben wollte, meldet sich nicht Merkel-konform zu Wort.
Thomas Walde sprach in der gestrigen heute-Sendung einen sachlichen Kommentar, den sich die Regierung hinter die Ohren schreiben sollte.

Merkel stellt machtpolitische Opportunität über politischen Anstand und Moral.
Wäre, das ist die Frage, Karl-Theodor zu Guttenberg noch im Amt, wenn er erstens nicht Guttenberg hieße, sondern beispielsweise Jung? Und wäre er noch im Amt, wenn heute nicht der 23. Februar wäre, sondern der 28. März? Beides kann, wenn auch nicht mit Sicherheit, so doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, mit Nein beantwortet werden. Am 27. März wird in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg gewählt. Noch nie war die Union im Süden dem Machtverlust im Stuttgarter Landtag so nah. Derzeit darf nichts diesen Wahlsieg gefährden, dafür wird jeder Preis bezahlt. So weit, so einfach.

(Brigitte Fehrle 23.02.2011)

Nach der Blutgrätsche der Kanzlerin wider des akademischen Standes wäre es eigentlich an der Zeit für die zuständige Ministerin Schavan sich zu Wort zu melden.
Doch, wie immer, schläft die gottesfürchtige Theologin aus Baden Württemberg.

Erst wurde gelogen, dann die Aufdecker der Lügen beschimpft und jetzt werden die unlauteren Methoden von Guttenberg bei der Erstellung seiner Doktorarbeit verniedlicht. Aus der CDU werden die unfairen Methoden als eine Art Nothilfemaßnahme eines überlasteten Abgeordneten bagatellisiert.
Tausende junger Doktorandinnen und Doktoranden müssen unter schwierigen familiären, beruflichen und finanziellen Bedingungen ihre Arbeit erstellen und viele müssen ihr Vorhaben sogar aufgeben. Aber in Guttenbergs Fall sollen diese Umstände unlautere Mittel rechtfertigen.
Es ist höchste Zeit, dass Wissenschaftsministerin Schavan sich schützend vor die Wissenschaft stellt und nicht länger auf Tauchstation geht. Schavan muss klarstellen, dass unlautere Methoden bei wissenschaftlichen Arbeiten kein Kavaliersdelikt sind und nicht ohne Konsequenzen bleiben können. Die Bagatellisierung verhöhnt die Bemühungen aller Hochschullehrer, die bei Haus-, Diplom- und Magisterarbeiten gegen Plagiate und Täuschungsversuche kämpfen. Es kann nicht sein, dass aufgrund einer angeblichen Personalnot bei der CSU erhebliche Kollateralschäden zu Lasten der Wissenschaft stillschweigend in Kauf genommen werden.
(Krista Sager für die Grüne Bundestagsfraktion 22.02.2011)

Bundesministerin Schavan verweigert aber beharrlich die Debatte.
[…] Die Stimme der Bundesministerin darf […] nicht weiter fehlen, sondern muss den höchsten Selbstanspruch der Wissenschaft stützen und vor Zumutungen einer "Gefälligkeitskultur" schützen.
(Ernst Dieter Rossmann für die SPD-Bundestagsfraktion)

Wie es generell CDU-Politik ist, wird Bildung nicht geschätzt; die Unis stehen im Regen.

An den Universitäten sind die meisten Professoren entsetzt über den Verlauf der Diskussion. Viele wollen sich nicht öffentlich äußern, um sich nicht den Vorwurf der Vorverurteilung zuzuziehen. Hinter vorgehaltener Hand aber sagen sie alle, wenn diese Promotion nicht aberkannt werde, leide die Wissenschaft in Deutschland einen irreparablen Schaden. Schließlich könne dann jeder noch so dreiste Plagiator, dem seine Dozenten auf die Schliche kommen, auf Guttenbergs Arbeit verweisen. Und alle Promovenden, die tatsächlich das tun, was Guttenberg behauptet hat, nämlich jahrelang mit ihrer Arbeit kämpfen, kämen sich verschaukelt vor. […] Mittlerweile sorgen sich die deutschen Professoren fächerübergreifend um die Folgen der Plagiatsaffäre. So schreibt der Germanistikprofessor Robert Stockhammer von der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem offenen Brief an den bayerischen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, in der Öffentlichkeit werde 'zunehmend der Eindruck hergestellt, es handle sich hier um eine parteipolitische Debatte. Leider vertreten manche Politiker dabei die Position, es habe sich bei dem Verhalten des Promovenden um ein Kavaliersdelikt wie Falschparken gehandelt, das im Wissenschaftsbetrieb allerorten üblich sei, so dass der spezielle Fall nur aufgedeckt worden sei, um eine ,Schmutzkampagne" oder gar einen ,politisch motivierten Angriff von ganz Linksaußen" gegen einen Regierungspolitiker zu führen.'
(SZ, 22.02.2011)

Guttenberg habe mit seiner Äußerung nur der Entscheidung der Universität Bayreuth zuvorkommen wollen, "weil er wohl mit der Entziehung des Doktortitels rechnet", sagte der Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter von der Universität Mainz der Passauer Neuen Presse. "Man kann sich nicht entpromovieren", betonte er. Der Union, von Norbert Lammert einmal abgesehen, sind solche Details egal - sie freut sich darüber, im Superwahljahr auf den im Volk beliebten Minister setzen zu können. Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus kündigte sogleich an, im Landtagswahlkampf "eine Reihe von Auftritten" mit Guttenberg absolvieren zu wollen. Er sei überzeugt, dass die Doktorarbeit im Wahlkampf "keine entscheidende Rolle spielen" werde.
(SZ, 22.02.2011)

Mit dem versäumten Rücktritt Karl-Theodor zu Guttenbergs, mit der Rückendeckung der Kanzlerin für ihre so dringend benötigte Lichtgestalt ist es jetzt amtlich:
Wenn ein Politiker von Werten redet und von Verantwortung, dann handelt es sich dabei nur um eine Simulation. Begriffe wie Anstand und Ehrgefühl werden nur bemüht, weil sie das Publikum gerne hören will. Doch sie bedeuten nichts. Das ist nicht gut für die Demokratie.

(Spon 22.02.2011)

Die Demokratie in Deutschland ist aber offenbar bereits so geschädigt, daß das Wahlvolk sich gar nicht mehr an einem notorischen Lügner stört.
Im Gegenteil; Frau Merkels Logik folgend, daß es auf seinen „Charakter“ und nicht etwa seine Ehrlichkeit ankäme, bejubeln sie Guttenbergs Attacken gegen die bösen Journalisten, die es wagen ihn zu kritisieren.

Da ist es wieder, sein Lieblingswort: Absurd.*
"Wenn es gelegentlich etwas absurd wird, hält man die Dinge auch aus", ruft Karl-Theodor zu Guttenberg. Eine oberfränkische Wettertanne haue so ein Sturm noch lange nicht um. Rücktritt? "Soweit kommt's noch!" Als er fertig ist, springen sie auf: 900 euphorisierte CDU-Anhänger in der Kelkheimer Stadthalle. Jubelgebrüll. Absurd, das ist an diesem Abend nicht seine zusammenkopierte Doktorarbeit, für die er sich entschuldigt. Absurd ist für Guttenberg das Verhalten der Journalisten, die groß darüber berichtet haben. "Wir müssen sehr darauf achten, dass wir die Dinge noch im Lot halten", doziert der Verteidigungsminister von der Bühne. Und fragt mit gepresster Stimme: "Ist das verantwortbar?" Er hat die Menge im Griff wie nur wenige Redner. Er ruft wütende Sätze - der Saal schnaubt. Er spricht leise und beschwörend - der Saal nickt. Er lobt recht zusammenhangslos den "begabten Buchautor" Thilo Sarrazin - der Saal klatscht energisch. Zwischendurch macht er sich lustig über die "bebende Unterlippe der Empörung" seiner Kritiker. Der Saal lacht.

(Oliver Das Gupta und Marc Widmann 22.02.2011)

Frau Merkel und diese Bundesregierung sind ein echtes Ärgernis.

Aber das Wahlvolk ist zum Fürchten!


*

[Anm. Tammox: Hatte G. nicht am Mittwoch die Vorwürfe mit "abstrus" statt "absurd" abgewiesen?]

Montag, 21. Februar 2011

Geld alle, Geld vorhanden - zum Tausendsten…

„KING OLAF“ titelt heute die Hamburger Morgenpost und konterkariert diese Darstellung sofort wieder in Frank Niggemeiers Leit-Kommentar.
Der Mopo-Chefredakteur attestiert zwar dem künftigen Bürgermeister „alles richtig gemacht“ zu haben, verweist aber auch noch mal die sagenhafte Kette der CDU-Fehlleistungen, die ein komplett überforderter und dilettierender Ahlhaus* vorgelegt hatte.
Die CDU hatte so ziemlich alles versemmelt, das man versemmeln kann. Selbst Mutti Merkel warf heute ihrem einstigen Lieblings-MP Beust vor, die Schuld für das Wahldebakel an Elbe und Alster zu tragen.
Da hätte es schon extremer SPD-Fehler bedurft, um hier NICHT zu siegen.

Hamburg hatte die Schnauze voll. Von einem Senat, der Leuchtturmpolitik versprach und dann handwerklich stümperhaft an den Bürgern vorbeiregierte. Von dem viel zu lange amtsmüden Bürgermeister von Beust, der unmotiviert zurücktrat und seine Nachfolge nicht regelte. Von Christoph Ahlhaus’ dilettantischer Amtsführung. Ja, auch der hat Geschichte geschrieben. Als Bürgermeister mit der kürzesten Amtszeit und Verantwortlicher für das mit Abstand schlechteste Wahlergebnis der CDU. In seinen paar Monaten im Rathaus machte Ahlhaus alles falsch. Er ernannte einen Lügenbaron zum Wirtschaftssenator und hob eine Witzfigur auf den Kultur-Chefsessel. Er hielt es für eine gute Idee, mit seiner herausgeputzten Gattin in luxuriöser Kulisse für Fotos zu posieren und ließ seine Villa mit Steuermillionen zur Protz-Festung ausbauen. Da musste der mit allen Wassern gewaschene Politprofi Scholz eigentlich nicht mehr viel tun– außer: selbst keine Fehler machen. Das gelang ihm glänzend. Mit seiner nüchtern-pragmatischen Art traf er den Nerv der Hamburger.
(MoPo 21.02.2011)



Nüchtern-pragmatische Nerven wird der neue Senat auch dringend benötigen, denn neben all den angehäuften Peinlichkeiten aus den fast zehn Jahren CDU-Herrschaft, erbt King Olaf einen Haushalt, der von der Union nachhaltig ruiniert wurde.
Alles Tafelsilber ist verschleudert und die Schulden sind auf Rekordstand.

Zugegeben - das ist kein Urhamburgisches Phänomen.

Seit Merkel und Schäuble in der Bundesregierung die Finanzen planen, werden alle öffentlichen Haushalte irgendwo zwischen Ruin und Bettelstab verortet.
Und das während des „Aufschwungs XXL“ (Brüderle).

Die Finanzkrise hinterlässt ihre Spuren in den öffentlichen Haushalten: Noch nie ist ein so starker Anstieg der Verschuldung gemessen worden wie im vergangenen Jahr. Neuer Rekordstand bei den Schulden in Deutschland: Die öffentlichen Haushalte waren im vergangenen Jahr nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden mit insgesamt 1 998,8 Milliarden Euro verschuldet. Zwei Billionen Euro - das entspricht rechnerisch einer Schuldenlast von 24 450 Euro pro Kopf. Gegenüber dem 31. Dezember 2009 hat sich der Schuldenstand um 18 Prozent oder 304,4 Milliarden Euro erhöht. "Dies war der höchste absolute Zuwachs des Schuldenstandes in einem Jahr seit Bestehen der Statistik", heißt es in einer Pressemitteilung der Wiesbadener Behörde.
(DW 21.02.2011)

Schulden.
Für uns Privatleute, sind Schulden aus der Perspektive eines Schuldners einfach nur Mist.
Ökonomisch betrachtet, gibt es aber einige weitere Perspektiven.
Die 2000 Milliarden, die sich Bund, Länder und Kommunen zusammengeschnorrt haben, gehören auch irgendjemanden.
Irgendwer mit tonnenweise Geld VERleiht diese Summen und bekommt dafür reichlich Zinsen.
Amerika beispielsweise bekommt das Geld hauptsächlich aus Asien und muß ordentlich Zinsen nach Peking und Tokio überweisen.
In Deutschland ist das etwas anders, weil die privaten Haushalte derartig viel auf der hohen Kante haben, 400 - 600 Millionen allein die Familie zu Guttenberg, daß sie selbst dem Staat das Geld leihen.
Die Zinsen fließen also nicht ins Ausland ab, sondern bleiben dem Land erhalten.

Freilich wird dabei munter umverteilt - die Reichen, die Geld verleihen können (indem sie beispielsweise Staatsanleihen kaufen oder Bank-Aktien halten), erhalten die Zinsen aus dem allgemeinen Steueraufkommen.
Alle Steuerzahler zusammen verschieben Milliarden nach ganz oben.

Ein weiterer Aspekt der staatlichen Schuldenmacherei ist das Geldausgeben der Öffentlichen Hände.

Die Milliarden, die sich Schäuble geliehen hat, wirft er nicht direkt in den Kamin, wie man meinen könnte, sondern er geht damit auch einkaufen.
Beispielsweise erkauft er sich Wohlwollen der verschiedenen Lobbys, macht gutes Wetter für die CDU bei Hoteliers, Energieoligopolisten und Pharmariesen.
Oder er haut das Geld ganz konkret für „Anschaffungen“ raus.

Besonders teuer sind Spielzeuge aus dem Rüstungsbereich. Eurofighter, Leopard-Panzer und Militärtransporter gibt es nicht zum „Geiz ist geil“-Tarif.

Aber das macht auch nichts - für Waffen ist immer genug Geld übrig auf dieser Welt, die jeden Tag Myriaden Kinder an Hunger verrecken läßt, weil Dirk Niebel und seine Amtskollegen leider nichts ausgeben wollen, um das ein oder andere Menschenleben zu retten.

Mehr Panzer und mehr Drohnen: Die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt steigern ihre Umsätze auf ein Rekordniveau von mehr als 400 Milliarden Dollar. Auch einige deutsche Unternehmen sind in der Liste vertreten. Im Jahr 2009 haben fast alle Branchen unter der schwachen Konjunktur und den Folgen der Finanzkrise gelitten. Die Waffenhersteller der Welt dagegen konnten ihre Umsätze steigern. Dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge haben die 100 größten Rüstungskonzerne 2009 etwa 401 Milliarden Dollar umgesetzt, acht Prozent mehr als im Vorjahr.
[….] Größtes deutsches Rüstungsunternehmen ist Rheinmetall, das auf Platz 32 der Rangliste steht. Weiter hinten folgen Krauss-Maffei Wegmann (Platz 50), Thyssen-Krupp (53), Diehl (63) und MTU Aero Engines (82). Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien sind innerhalb Europas die wichtigsten Standorte der Industrie.
[…] Unter den Waffensystemen verkauften sich insbesondere gepanzerte Fahrzeuge und unbemannte Drohnen gut. "Diese Systeme werden unter anderem in den Kriegen in Afghanistan und im Irak verwendet", erläuterte [Susan T. Jackson, Sipris-Expertin für die Rüstungsbranche.]
(Gunnar Herrmann 21.02.2011)

Solche Drohnen aus Amerikanischer und Europäischer Produktion lassen sich auch sehr gut gegen aufmüpfige Demonstranten einsetzen, die es wagen so etwas Abwegiges wie Demokratie zu fordern.

Just im Moment läßt das Gaddafi-Regime Demonstranten bombardieren.

Da werden in den Chefetagen der deutschen Waffenfabriken die Sektkorken knallen. Jede abgefeuerte Drohne, jeder Rakete, jeder Schuß bedeutet einen potentiellen neuen Auftrag.

*Noch so eine Ahlhaus-Tat:

Sonntag, 20. Februar 2011

Das habe ich mir verdient.

Nach all den Magengeschwüren, den ausgefallenen Haaren, den abgekauten Fingernägeln, den eingeritzen Armen und Beinen, den Stresspickeln, den Bauchschmerzen, den Peinlichkeitsattacken, dem Entsetzen, der Scham über die CDU-Regierungen in Hamburg seit 2001, muß ich mich heute an einem Wahlabend in meiner Heimatstadt endlich mal nicht an meinem Kopfkissen in den Schlaf weinen.

Es hat sich also gelohnt, daß ich zehn Jahre einen SPD-Aufkleber am Heck meines Autos spazieren gefahren habe.

Die unfassbare Prognose von 18.00 Uhr im ZDF,

50% SPD, 20 % CDU,

hat sich unglücklicherweise etwas zuungunsten meinen Sozis verschoben, aber es wird scheinbar dennoch für eine absolute Mehrheit der Sitze reichen.

Ich staune dann doch, wie viel die Personen an der Spitze ausmachen.
Denn Christoph Ahlhaus ist schließlich erst drei Monate Bürgermeister. Man kann schwerlich ihm allein das Debakel der CDU zuschreiben. Unter Ole von Beust wurde der ganze Murx angefangen, den ich hundertfach in diesem Blog beschrieben habe - all die Pleiten, die Mammutprojekte inkl Kostenexplosion, die Dutzenden peinlichen Rücktritte debakulierender Senatoren, die Milliardenpleite bei der HSH Nordbank, das Verscheuern des Hamburger Tafelsilbers, etc, pp.

Aus mir unerfindlichen Gründen mochten die Hamburger aber „ihren Ole“, während sein Heidelberger Nachfolger Christoph Ahlhaus extrem unbeliebt ist - DAS kann ich allerdings gut nachvollziehen.
Laut ZDF-Umfrage erreicht Ahlhaus auf der Beliebtheitsskala von +5 bis-5 mit „-0,6“ den schlechtesten Wert, der jemals für einen Amtsinhaber gemessen wurde.
Der zweitschlechteste Wert war eine „0,0“ für Roland Koch in Hessen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Kraft der populären Zugpferde.

Während Olaf Scholz auf große Wahlkampfarenen verzichtete und nur sogenannte „Bürgergesprächen“ in kleinem Kreis absolvierte, hatte Ahlhaus einen glanzvollen Auftritt mit dem beliebtesten Politiker Deutschlands, Dr. a.D. Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg im ausverkauften CCH (2000 Plätze).
Da verspürte die CDU Rückenwind und der Lügenbaron rockte die Halle.



Deswegen will die Union Guttenberg ja auch keinesfalls fallen lassen, obwohl er nun schon selbst an Rücktritt denkt und spekuliert wird, er habe seinen Lebenslauf auch an anderen Stellen frisiert.

Der Verteidigungsminister gilt aber als DAS Wahlkampfmagnet,m der im Alleingang die Hallen füllen kann. Das stimmt, auch die Hamburger lagen ihm zu Füßen und füllten das CCH.
Nur - was bringt es?
Die CDU hat heute 21 Prozentpunkte verloren und die SPD hat 15 Prozentpunkte gewonnen.

Schlußbemerkung:
Ein besonderes inneres Sahnehäubchen ist es mir, daß wahrscheinlich die Grünen mit lumpigen 11 % weit unter dem Bundestrend liegen, obwohl sie in Hamburg traditionell viel stärker als im Bund sind.
Sie werden offensichtlich nicht der nächsten Regierung angehören und bekommen damit ihre gerechte Strafe für die antiökologische Politik.
Die GAL war es schließlich, die Ahlhaus erst zum Bürgermeister gemacht hat.
Shame on you. Opposition ist die gerechte Strafe.

Ein schöner Auftakt für das Superwahljahr 2011: In einem FÜNFparteienparlament gelingt der SPD eine absolute Mehrheit.

„Rot-Rot-Grün“ ist mit fast 70% in der Bürgerschaft vertreten!