Montag, 14. Februar 2011
Wunschgedanken.
Deutschland hat bekanntlich keine schöne Vergangenheit.
Und von wegen „die zwölf dunklen Jahre!“ Vorher war da auch nicht alles eitel Sonnenschein.
Von deutschen Landen aus wurden eigentlich immer Kriege angezettelt. Zweiter Weltkrieg, Erster Weltkrieg, Überfall auf Frankreich 1870. Unsere beliebtesten Könige, wie zum Beispiel Friedrich, der Große („der alte Fritz“) haben geradezu manisch ein Gemetzel nach dem nächsten veranstaltet.
Hinzu kommen noch jede Menge Schweinereien außerhalb Europas; Boxeraufstand (China 1900) oder der Aufstand der Herero und Nama (Namibia 1904-1908) waren schon Vorgeschmäcker auf Völkermorde, die da kommen sollten.
Vom um 1904 auf rund 80.000 bis 100.000 Personen geschätzten Hererovolk lebten 1911 nur noch 15.130 Personen. Der Völkermord in Deutsch-Südwestafrika hatte also 65.000 bis 85.000 Herero sowie etwa 10.000 Nama das Leben gekostet.
(Wiki)
Bezeichnenderweise werden diese Genozide und Massenmorde im deutschen Sprachgebrauch immer noch als „Aufstand“ verniedlicht.
Als ob sich irgendein Pöbel gegen die rechtmäßige Regierung zusammengerottet hätte.
Ganz so, als ob es irgendeine Rechtfertigung dafür gäbe, daß sich Deutsche als Alleinherrscher von West-Samoa, Namibia und anderen Kolonien aufgeführt haben.
Aber, man muß es wohl so sagen, erst nachdem Deutschland 1945 so kräftig eins auf die Mütze bekommen hatte, daß buchstäblich alles in Schutt und Asche lag, hörte die politische Großmannssucht auf.
Natürlich gibt es immer noch einige Spinner, wie zum Beispiel Guido Westerwelle („Es ist Deutschland hier!“, „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“, „Das was ich sage, zählt“, „ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen!“, „Auf jedem Schiff, das dampft uns segelt, gibt es einen, der die Sache regelt - und das bin ich!“, „ich bin die Freiheitsstatue der Bundesrepublik!“), der letzte Woche nach New York zur Uno reiste, um dort auf den längerfristigen Anspruch Deutschlands im UN-Sicherheitsrat zu pochen.
Das sei der Größe und Bedeutung seines Landes angemessen.
Und genau das ist das Problem Deutschlands.
Ja, es gibt eine (zwangsweise eingeführte) Demokratie, aber die Wähler suchen sich dann unter allen Alternativen Guido und Angie als Kanzlerin und Vize aus.
Dabei könnte Deutschland tatsächlich eine Rolle in der Welt spielen, für die man sich zur Abwechslung mal nicht schämen muß.
Man kennt das aus dem Jahren 2002/2003, als von Deutschland ausgehend eine breite politische Front aus Politikern entstand, die mit eingeschraubtem Rückgrat gen Washington aufstanden und trotz aller Drohungen und Verfluchungen aus dem Aus- und Inland laut und deutlich sagten „GWB, was Du da im Irak planst ist scheiße und illegal dazu! Da machen wir nicht mit!“
Deutschland als einziges Europäisches NATO-Land, das im Zuge der Umwälzungen von 1989/1990 einen ganzen Staat aufnehmen und transformieren mußte, könnte einiges an Erfahrungen des Nation-Building einbringen.
Tatsächlich erleben wir in Nordafrika gerade wie sich nach zwei Dekaden Geschichte tatsächlich wiederholt.
Ein ganzer Cluster aus autokratisch und undemokratisch regierten Ländern bebt derartig, daß die Diktatoren einer nach dem anderen buchstäblich in die Wüste (nach Saudi Arabien nämlich) geschickt werden.
Welch unglaubliche Chance für die Bevölkerungen dort!
Und welch unglaubliche Chance für Deutschland international eine Führungsrolle bei der Unterstützung der Demokratie zu spielen.
Deutschland könnte auf seine eigenen Erfahrungen verweisend der wertvollste Ratgeber bei der Umkrempelung ganzer Politsystem werden. Deutschland könnte mutig voran gehen, während Frankreich und die USA noch ängstlich und zögernd am Status Quo kleben. Deutschland könnte vom EU-Sicherheitsrat aus Hilfe organisieren. Deutschland hätte schon allein deswegen eine moralische Verpflichtung in Nordafrika helfend voran zu gehen, da wir als größter EU-Staat maßgeblich dafür mitverantwortlich sind, daß die subventionierte EU-Landwirtschaft Hunger und Elend in Afrika verursacht hat.
Könnte.
Kann aber nicht, da wir vom Volltrottel Westerwelle repräsentiert werden, der natürlich mal wieder nicht die geringste Ahnung von den Umwälzungen hat.
Man hat den Eindruck, daß er gar nichts über die Maghreb-Länder weiß.
Ängstlich lavierte er sich durch und fiel besonders peinlich damit auf, daß er neben allerlei Plattitüden nicht einmal fertig brachte öffentlich zu sagen, daß Mubarak sich nun wirklich mal verpissen sollte.
Wir EU-Europäer mögen Nordafrika. Der Maghreb ist Gegenstand vieler Sehnsüchte. Marokko, Tunesien und Ägypten sind extrem beliebte Urlaubsländer. Blöd ist nur, daß es dort so viele Marokkaner, Tunesier und Ägypter hat.
Das stört das Wohlbefinden des teutonischen Urlaubers, der gerne auch in den Ferien Eisbein und Sauerkraut essen will und natürlich erwartet, daß überall deutsch gesprochen wird.
Zum Glück hat man in Tunesischen All-Inclusive-Clubs und den Ägyptischen Ferienanlagen am Roten Meer kaum etwas mit den Einheimischen zu schaffen.
Was aber wirklich zu weit geht, ist eine Umkehrung der Reiseströme - Nordafrikaner, die in die EU wollen, sind die ultimative Horrorvorstellung für die Innenminister der EU-Staaten.
Hoffnungslos überfüllte Flüchtlingsboote, die aus Afrika kommend Lampedusa und die Canaren ansteuern, oder ungeordnete Afrikaner-Massen, welche die sechs Meter hohen Grenzanlagen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla in Marokko erklimmen, gruseln uns.
Wie man so hört sollen unter all diesen Afrikaner ja auch noch erkleckliche Mengen Schwarze sein!
Wer bis Spanien, Portugal oder Italien durchkommt, kann aufgrund der völligen Rechtlosigkeit für ein paar Euro am Tag bei niederen Arbeiten - in Portugal insbesondere in der Landwirtschaft - ausgebeutet werden.
Wer es doch schafft, schwarz einen Job zu bekommen, hat gleich das nächste Problem, erzählt ein Mann an der Tankstelle: "Die lassen sie dann für 20, 25 Euro schuften, und das Schlimme ist: Sie holen sie für so ein bisschen Kohle – und am Ende zahlen sie ihnen überhaupt nichts." Wehren kann sich kein Flüchtling dagegen. Also schlagen sie sich mit Gelegenheitsjobs durch, verkaufen imitierte Lederwaren, Videos oder CDs. Oder sie verticken Drogen in den großen Parks von Madrid, Barcelona und Valencia.
(Tagesschau.de 24.08.2007)
Da lassen wir es uns schon einiges kosten, daß Freunde der Menschenrechte, wie Zine el-Abidine Ben Ali oder Oberst Muammar al-Gaddafi die Flüchtlinge gar nicht erst raus lassen.
Ägyptens Diktator Husni Mubarak profitierte von regelmäßigen Millionen-Überweisungen aus Brüssel und jeder Menge Waffenlieferungen aus Deutschland, um seine aufmüpfige Bevölkerung niederzuknüppeln.
Die Partei mit dem „C“ im Namen hyperventiliert schon wieder hysterisch.
CDU befürchtet Wanderungswelle bis Deutschland!
[… ] CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach befürchtet Auswirkungen bis nach Deutschland. „Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich solche Wanderungswellen immer auch auf Mitteleuropa und damit Deutschland auswirken. Viele Flüchtlinge wandern eben weiter – und Deutschland ist ihr Ziel“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Dienstag.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor klargestellt, dass es keine generelle Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland geben werde. Natürlich könnten „nicht alle Menschen, die in Tunesien jetzt nicht sein wollen, jetzt nach Europa kommen“. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte die tunesische Übergangsregierung auf, den Flüchtlingsstrom zu stoppen.
(Focus 14.04.2011)
Deutsche Außenpolitik hat auf der Peinlichkeitsskala mal wieder Höchstwerte erreicht.
Zwei Monate hatte Guido Westerwelle fest die Ohren für die Nachrichten aus Nordafrika verschlossen - und nun, da sich aufgrund der Implosion des Tunesischen Regimes wieder mehr afrikanische Flüchtlinge nach Europa aufmachen, wird er ganz schnell aktiv, um jegliche Zuwanderung zu uns abzuwürgen.
Ein verheerendes Signal an die arabische Bevölkerung - Eure Rechte, Eure Hoffnungen, Euer Mut interessiert uns einen Scheißdreck, aber wehe jemand will zu uns!
Dann gibt es „Hilfe“ und zwar in Form von Repressions-Instrumenten. Wir würden helfen, daß die neue Regierung auch wieder ihre eigene Bevölkerung in Schach halten kann. Mehr nicht.
Wenn Europa nur reagiert, wenn vor seinen Küsten Flüchtlingsboote auftauchen, wirkt das Interesse am Schicksal Tunesiens schal.
Die EU hat die Möglichkeiten, die wirtschaftliche Not zu lindern und den demokratischen Aufbruch zu unterstützen - und muss dieser Verantwortung jetzt nachkommen. Sonst folgt auf das Fest der Freiheit in Tunis nur ein Kater. […] Italien hat nun schon angeboten, eigene Polizisten an die tunesischen Küsten zu schicken. Das klingt nach eiliger Notwehr. Italiens Innenminister Roberto Maroni denkt dabei aber eher an das heimische Publikum als an wirkliche Hilfe für die bedrängte Übergangsregierung in Tunis. Denn die kann den römischen Vorschlag kaum annehmen, will sie nicht noch mehr an Autorität verlieren. Die EU hat bessere Mittel, Tunesien zu unterstützen. Sie kann ihre Märkte für tunesische Tomaten und Gurken öffnen, Industriewaren haben schon jetzt freien Zugang, was auch der EU dient. Die hat zudem Töpfe mit Entwicklungsgeldern, die sie nur anzapfen muss. Europa kann helfen, ein neues tunesisches Justizwesen aufzubauen, ein funktionierender Rechtsstaat ist wichtig für Investoren. Und warum nicht den europäischen Mangel an qualifizierten Ingenieuren auch mit gut ausgebildeten Absolventen aus Tunis beheben? Jeder dritte Arbeitslose in dem Maghrebstaat ist ein Akademiker. Europa hat lange zu den diktatorischen Verhältnissen in Tunesien geschwiegen. Nun haben die Europäer voll schlechten Gewissens den Wandel enthusiastisch begrüßt. Auch daraus entsteht Verantwortung.
(Christiane Schlötzer, 14.02.2011)
Diktatoren sind bei der deutschen Bundesregierung immer noch hoch im Kurs, wie die überschwänglichen Mubarak-Lobeshymnen des deutschen Vizekanzlers und der deutschen Kanzlerin beweisen.
So ist das in Deutschland.
Das Versagen auf ganzer Linie, das uns Schwarz-Gelb jeden Tag vorführt, sind wir im eigenen Land gewöhnt, aber daß Merkel und Westerwelle auch im Ausland derartig durch Nichtstun und Chaotisierung auffallen, ist natürlich noch peinlicher.
Die Arbeitsteilung lautet; Merkel debakuliert sich durch die EU ("Merkels Europa-Fluch"), während Westerwelle Deutschland in Afrika und Amerika blamiert.
Wenn es den Menschen materiell schlecht geht, ist ihnen egal, wer zu Hause regiert. Deshalb braucht Tunesien so bald als möglich eine gesunde ökonomische Grundlage, um stabile politische Strukturen aufzubauen. Eine schlechte sozialwirtschaftliche Lage könnte sonst das Modell Demokratie diskreditieren. Im schlimmsten Fall könnten radikale Muslime vom Schlage der Hamas von einer anhaltenden ökonomischen Misere profitieren. Will Europa den Übergang Tunesiens – und weiterer arabischer Länder – in die Demokratie unterstützen, muss es sich also genauso intensiv mit dem grauen Alltag der Daseinsvorsorge beschäftigen, wie mit hehren zivilgesellschaftlichen und politischen Zielen. Als erste Maßnahmen könnte sich Berlin beispielsweise dafür einsetzen, dass die Visa-Regeln für Tunesier in der EU gelockert und dass Handelshemmnisse für Agrarprodukte aus ihrer Heimat erleichtert werden. Die Bundesregierung könnte zudem Hermes-Bürgschaften, die staatlichen Exportkreditgarantien für deutsche Unternehmen, vereinfachen. Der deutsche Außenminister hat in Tunis schon (ganz leise) den Export landwirtschaftlicher Produkte von dort nach Europa erwähnt. Nur versprechen konnte er nichts, denn Länder wie Spanien und Frankreich werden sich gegen die Konkurrenzprodukte aus dem Süden wehren. Weshalb es an Berlin wäre, seinen EU-Nachbarn dabei zu helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Freiheit und Demokratie eine Chance zu geben, auf beiden Seiten des Mittelmeeres.
(Steffen Richter, 14.02.2011)
Wenn wir doch bloß eine andere Regierung hätten!!
Aber der Wähler will es ja so!
Und von wegen „die zwölf dunklen Jahre!“ Vorher war da auch nicht alles eitel Sonnenschein.
Von deutschen Landen aus wurden eigentlich immer Kriege angezettelt. Zweiter Weltkrieg, Erster Weltkrieg, Überfall auf Frankreich 1870. Unsere beliebtesten Könige, wie zum Beispiel Friedrich, der Große („der alte Fritz“) haben geradezu manisch ein Gemetzel nach dem nächsten veranstaltet.
Hinzu kommen noch jede Menge Schweinereien außerhalb Europas; Boxeraufstand (China 1900) oder der Aufstand der Herero und Nama (Namibia 1904-1908) waren schon Vorgeschmäcker auf Völkermorde, die da kommen sollten.
Vom um 1904 auf rund 80.000 bis 100.000 Personen geschätzten Hererovolk lebten 1911 nur noch 15.130 Personen. Der Völkermord in Deutsch-Südwestafrika hatte also 65.000 bis 85.000 Herero sowie etwa 10.000 Nama das Leben gekostet.
(Wiki)
Bezeichnenderweise werden diese Genozide und Massenmorde im deutschen Sprachgebrauch immer noch als „Aufstand“ verniedlicht.
Als ob sich irgendein Pöbel gegen die rechtmäßige Regierung zusammengerottet hätte.
Ganz so, als ob es irgendeine Rechtfertigung dafür gäbe, daß sich Deutsche als Alleinherrscher von West-Samoa, Namibia und anderen Kolonien aufgeführt haben.
Aber, man muß es wohl so sagen, erst nachdem Deutschland 1945 so kräftig eins auf die Mütze bekommen hatte, daß buchstäblich alles in Schutt und Asche lag, hörte die politische Großmannssucht auf.
Natürlich gibt es immer noch einige Spinner, wie zum Beispiel Guido Westerwelle („Es ist Deutschland hier!“, „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“, „Das was ich sage, zählt“, „ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen!“, „Auf jedem Schiff, das dampft uns segelt, gibt es einen, der die Sache regelt - und das bin ich!“, „ich bin die Freiheitsstatue der Bundesrepublik!“), der letzte Woche nach New York zur Uno reiste, um dort auf den längerfristigen Anspruch Deutschlands im UN-Sicherheitsrat zu pochen.
Das sei der Größe und Bedeutung seines Landes angemessen.
Und genau das ist das Problem Deutschlands.
Ja, es gibt eine (zwangsweise eingeführte) Demokratie, aber die Wähler suchen sich dann unter allen Alternativen Guido und Angie als Kanzlerin und Vize aus.
Dabei könnte Deutschland tatsächlich eine Rolle in der Welt spielen, für die man sich zur Abwechslung mal nicht schämen muß.
Man kennt das aus dem Jahren 2002/2003, als von Deutschland ausgehend eine breite politische Front aus Politikern entstand, die mit eingeschraubtem Rückgrat gen Washington aufstanden und trotz aller Drohungen und Verfluchungen aus dem Aus- und Inland laut und deutlich sagten „GWB, was Du da im Irak planst ist scheiße und illegal dazu! Da machen wir nicht mit!“
Deutschland als einziges Europäisches NATO-Land, das im Zuge der Umwälzungen von 1989/1990 einen ganzen Staat aufnehmen und transformieren mußte, könnte einiges an Erfahrungen des Nation-Building einbringen.
Tatsächlich erleben wir in Nordafrika gerade wie sich nach zwei Dekaden Geschichte tatsächlich wiederholt.
Ein ganzer Cluster aus autokratisch und undemokratisch regierten Ländern bebt derartig, daß die Diktatoren einer nach dem anderen buchstäblich in die Wüste (nach Saudi Arabien nämlich) geschickt werden.
Welch unglaubliche Chance für die Bevölkerungen dort!
Und welch unglaubliche Chance für Deutschland international eine Führungsrolle bei der Unterstützung der Demokratie zu spielen.
Deutschland könnte auf seine eigenen Erfahrungen verweisend der wertvollste Ratgeber bei der Umkrempelung ganzer Politsystem werden. Deutschland könnte mutig voran gehen, während Frankreich und die USA noch ängstlich und zögernd am Status Quo kleben. Deutschland könnte vom EU-Sicherheitsrat aus Hilfe organisieren. Deutschland hätte schon allein deswegen eine moralische Verpflichtung in Nordafrika helfend voran zu gehen, da wir als größter EU-Staat maßgeblich dafür mitverantwortlich sind, daß die subventionierte EU-Landwirtschaft Hunger und Elend in Afrika verursacht hat.
Könnte.
Kann aber nicht, da wir vom Volltrottel Westerwelle repräsentiert werden, der natürlich mal wieder nicht die geringste Ahnung von den Umwälzungen hat.
Man hat den Eindruck, daß er gar nichts über die Maghreb-Länder weiß.
Ängstlich lavierte er sich durch und fiel besonders peinlich damit auf, daß er neben allerlei Plattitüden nicht einmal fertig brachte öffentlich zu sagen, daß Mubarak sich nun wirklich mal verpissen sollte.
Wir EU-Europäer mögen Nordafrika. Der Maghreb ist Gegenstand vieler Sehnsüchte. Marokko, Tunesien und Ägypten sind extrem beliebte Urlaubsländer. Blöd ist nur, daß es dort so viele Marokkaner, Tunesier und Ägypter hat.
Das stört das Wohlbefinden des teutonischen Urlaubers, der gerne auch in den Ferien Eisbein und Sauerkraut essen will und natürlich erwartet, daß überall deutsch gesprochen wird.
Zum Glück hat man in Tunesischen All-Inclusive-Clubs und den Ägyptischen Ferienanlagen am Roten Meer kaum etwas mit den Einheimischen zu schaffen.
Was aber wirklich zu weit geht, ist eine Umkehrung der Reiseströme - Nordafrikaner, die in die EU wollen, sind die ultimative Horrorvorstellung für die Innenminister der EU-Staaten.
Hoffnungslos überfüllte Flüchtlingsboote, die aus Afrika kommend Lampedusa und die Canaren ansteuern, oder ungeordnete Afrikaner-Massen, welche die sechs Meter hohen Grenzanlagen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla in Marokko erklimmen, gruseln uns.
Wie man so hört sollen unter all diesen Afrikaner ja auch noch erkleckliche Mengen Schwarze sein!
Wer bis Spanien, Portugal oder Italien durchkommt, kann aufgrund der völligen Rechtlosigkeit für ein paar Euro am Tag bei niederen Arbeiten - in Portugal insbesondere in der Landwirtschaft - ausgebeutet werden.
Wer es doch schafft, schwarz einen Job zu bekommen, hat gleich das nächste Problem, erzählt ein Mann an der Tankstelle: "Die lassen sie dann für 20, 25 Euro schuften, und das Schlimme ist: Sie holen sie für so ein bisschen Kohle – und am Ende zahlen sie ihnen überhaupt nichts." Wehren kann sich kein Flüchtling dagegen. Also schlagen sie sich mit Gelegenheitsjobs durch, verkaufen imitierte Lederwaren, Videos oder CDs. Oder sie verticken Drogen in den großen Parks von Madrid, Barcelona und Valencia.
(Tagesschau.de 24.08.2007)
Da lassen wir es uns schon einiges kosten, daß Freunde der Menschenrechte, wie Zine el-Abidine Ben Ali oder Oberst Muammar al-Gaddafi die Flüchtlinge gar nicht erst raus lassen.
Ägyptens Diktator Husni Mubarak profitierte von regelmäßigen Millionen-Überweisungen aus Brüssel und jeder Menge Waffenlieferungen aus Deutschland, um seine aufmüpfige Bevölkerung niederzuknüppeln.
Die Partei mit dem „C“ im Namen hyperventiliert schon wieder hysterisch.
CDU befürchtet Wanderungswelle bis Deutschland!
[… ] CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach befürchtet Auswirkungen bis nach Deutschland. „Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich solche Wanderungswellen immer auch auf Mitteleuropa und damit Deutschland auswirken. Viele Flüchtlinge wandern eben weiter – und Deutschland ist ihr Ziel“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Dienstag.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor klargestellt, dass es keine generelle Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland geben werde. Natürlich könnten „nicht alle Menschen, die in Tunesien jetzt nicht sein wollen, jetzt nach Europa kommen“. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte die tunesische Übergangsregierung auf, den Flüchtlingsstrom zu stoppen.
(Focus 14.04.2011)
Deutsche Außenpolitik hat auf der Peinlichkeitsskala mal wieder Höchstwerte erreicht.
Zwei Monate hatte Guido Westerwelle fest die Ohren für die Nachrichten aus Nordafrika verschlossen - und nun, da sich aufgrund der Implosion des Tunesischen Regimes wieder mehr afrikanische Flüchtlinge nach Europa aufmachen, wird er ganz schnell aktiv, um jegliche Zuwanderung zu uns abzuwürgen.
Ein verheerendes Signal an die arabische Bevölkerung - Eure Rechte, Eure Hoffnungen, Euer Mut interessiert uns einen Scheißdreck, aber wehe jemand will zu uns!
Dann gibt es „Hilfe“ und zwar in Form von Repressions-Instrumenten. Wir würden helfen, daß die neue Regierung auch wieder ihre eigene Bevölkerung in Schach halten kann. Mehr nicht.
Wenn Europa nur reagiert, wenn vor seinen Küsten Flüchtlingsboote auftauchen, wirkt das Interesse am Schicksal Tunesiens schal.
Die EU hat die Möglichkeiten, die wirtschaftliche Not zu lindern und den demokratischen Aufbruch zu unterstützen - und muss dieser Verantwortung jetzt nachkommen. Sonst folgt auf das Fest der Freiheit in Tunis nur ein Kater. […] Italien hat nun schon angeboten, eigene Polizisten an die tunesischen Küsten zu schicken. Das klingt nach eiliger Notwehr. Italiens Innenminister Roberto Maroni denkt dabei aber eher an das heimische Publikum als an wirkliche Hilfe für die bedrängte Übergangsregierung in Tunis. Denn die kann den römischen Vorschlag kaum annehmen, will sie nicht noch mehr an Autorität verlieren. Die EU hat bessere Mittel, Tunesien zu unterstützen. Sie kann ihre Märkte für tunesische Tomaten und Gurken öffnen, Industriewaren haben schon jetzt freien Zugang, was auch der EU dient. Die hat zudem Töpfe mit Entwicklungsgeldern, die sie nur anzapfen muss. Europa kann helfen, ein neues tunesisches Justizwesen aufzubauen, ein funktionierender Rechtsstaat ist wichtig für Investoren. Und warum nicht den europäischen Mangel an qualifizierten Ingenieuren auch mit gut ausgebildeten Absolventen aus Tunis beheben? Jeder dritte Arbeitslose in dem Maghrebstaat ist ein Akademiker. Europa hat lange zu den diktatorischen Verhältnissen in Tunesien geschwiegen. Nun haben die Europäer voll schlechten Gewissens den Wandel enthusiastisch begrüßt. Auch daraus entsteht Verantwortung.
(Christiane Schlötzer, 14.02.2011)
Diktatoren sind bei der deutschen Bundesregierung immer noch hoch im Kurs, wie die überschwänglichen Mubarak-Lobeshymnen des deutschen Vizekanzlers und der deutschen Kanzlerin beweisen.
So ist das in Deutschland.
Das Versagen auf ganzer Linie, das uns Schwarz-Gelb jeden Tag vorführt, sind wir im eigenen Land gewöhnt, aber daß Merkel und Westerwelle auch im Ausland derartig durch Nichtstun und Chaotisierung auffallen, ist natürlich noch peinlicher.
Die Arbeitsteilung lautet; Merkel debakuliert sich durch die EU ("Merkels Europa-Fluch"), während Westerwelle Deutschland in Afrika und Amerika blamiert.
Wenn es den Menschen materiell schlecht geht, ist ihnen egal, wer zu Hause regiert. Deshalb braucht Tunesien so bald als möglich eine gesunde ökonomische Grundlage, um stabile politische Strukturen aufzubauen. Eine schlechte sozialwirtschaftliche Lage könnte sonst das Modell Demokratie diskreditieren. Im schlimmsten Fall könnten radikale Muslime vom Schlage der Hamas von einer anhaltenden ökonomischen Misere profitieren. Will Europa den Übergang Tunesiens – und weiterer arabischer Länder – in die Demokratie unterstützen, muss es sich also genauso intensiv mit dem grauen Alltag der Daseinsvorsorge beschäftigen, wie mit hehren zivilgesellschaftlichen und politischen Zielen. Als erste Maßnahmen könnte sich Berlin beispielsweise dafür einsetzen, dass die Visa-Regeln für Tunesier in der EU gelockert und dass Handelshemmnisse für Agrarprodukte aus ihrer Heimat erleichtert werden. Die Bundesregierung könnte zudem Hermes-Bürgschaften, die staatlichen Exportkreditgarantien für deutsche Unternehmen, vereinfachen. Der deutsche Außenminister hat in Tunis schon (ganz leise) den Export landwirtschaftlicher Produkte von dort nach Europa erwähnt. Nur versprechen konnte er nichts, denn Länder wie Spanien und Frankreich werden sich gegen die Konkurrenzprodukte aus dem Süden wehren. Weshalb es an Berlin wäre, seinen EU-Nachbarn dabei zu helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Freiheit und Demokratie eine Chance zu geben, auf beiden Seiten des Mittelmeeres.
(Steffen Richter, 14.02.2011)
Wenn wir doch bloß eine andere Regierung hätten!!
Aber der Wähler will es ja so!
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4 Kommentare:
Also Vorbild kann Deutschland sicher nicht sein. Auch in Sachen Wiedervereinigung nicht. Das mit den Stasi-Unterlagen ist doch scheiße. Die Politbonzen konnten sich auch da, erfolgreich gegen die Veröffentlichung von peinlichen Ermittlungsergebnissen der Stasibehörden wehren. Und das Verramschen der ganzen DDR-Betriebe, war ja wohl der Oberknaller. Da hat die CDU richtig fett abkassiert.
Nee, Vorbild kann Deutschland nicht sein. Wenn auch nur ein Deutscher da mithilft, kann man sich gleich selbst in Ketten legen. Willkommen liebe Investoren. Hier suchen X Millionen Menschen einen Job zum Hungerlohn.
Gibt es eine bessere Einladung für das kapitalistische Knebelsystem, das Deutschland exportieren könnte?
Wir bekommen ja nicht einmal unsere Probleme in den Griff. Im Gegenteil, es wird immer nur schlimmer. Und dann sollen wir da auch noch helfen können? Sicher nicht!
Deswegen hatte ich ja den Konjunktiv verwendet.
Deutschland tut ja auch NICHTS, um irgendwie zu helfen. Theoretisch KÖNNTE aber eine weniger peinliche Regierung als unsere, gerade wegen der vielen katastrophalen Fehler mit der Abwicklung des DDR-Regimes einige Tipps geben.
Immerhin wissen wir ja ziemlich gut, was NICHT funktioniert.
Aber vergleichbar sind Ägypten und die DDR ohnehin nicht.
Ich meinte eher so eine Art moralische Unterstützung, indem die Reformer kräftig beglückwünscht werden und Dt Hilfe aller Art ANBIETET; nach dem Motto - „Nicht verzagen; wir haben das auch hinbekommen!
Tatsächlich werfen wir aber eher Steine zwischen die ägyptischen Beine und nörgeln schon mal gleich rum, daß die Muslimbrüder nicht rankommen sollen, daß keine Flüchtlinge nach Europa kommen sollen, daß der Israel-Kurs von Mubarak beibehalten werden muß, etc pp.
Die Deutschen Forderungen richten sich danach aus, daß alles bitte so bleiben soll, wie e sin unser gewohntes Weltbild passt.
Lächerlich.
LGT
Ich habe nur den Westerwelle gesehen, wie er dem Blogger Slim Amamou ein Kuli-Set geschenkt hatte. Schon das, ist für einen bloggenden Computerjunkie so sinnvoll, wie die Schenkung eines Kühlschranks an einen Inuit. Da wäre ein Ipad wohl passender gewesen. Na egal, Guido wollte sich einschleimen und ist damit baden gegangen. Ein Populist mit zu wenig Hirn, der so tut, als wisse er einfach alles. Der Mann ist eine schlagwortrezitierende Fassade - genauso hohl, wie die gesamte Politik.
Gestern bei Anne Will, konnte man wieder sehen, worum es geht. Einen guten Eindruck machen, Ahnung heucheln, taktieren und am Ende bekommen die Firmen alles. Gegen die Armut unternimmt man nichts, damit die Reichen sich noch reicher fühlen können und man auch morgen noch ein Druckmittel für die Billiglöhner hat.
Alles lug und trug. Egal, wie die Wahlen ausgehen, es wird ja doch nicht besser. Dafür, haben die Reichen schon zuviel Einfluss.
Ich machen jetzt mal eine Vorhersage, an der wir in 15-20 Jahren sehen können, ob ich Recht habe. Ich behaupte, dass wir nicht aus der Atomkraft rausgehen. 2030 bauen wir hier AKWs.
Ist doch klar, warum Guido und Angela denen nicht bei der Demokratie helfen können: weil die überhaupt nicht ahnen, was Demokratie ist und nur wissen, daß das etwas ganz Entsetzliches wäre, weil es ihre Macht (bzw. die ihrer Kaste) beenden könnte. Weil sie Angst haben, das Virus der Demokratie könnte irgendwann auch Deutschland befallen.
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