Donnerstag, 11. Juni 2009
Analyse
Die Europawahl hatte ein unmögliches Ergebnis.
Gestärkt wurde ausgerechnet die FDP, die sich fast verdoppelte, nachdem sie damit geglänzt hatte die faulste und zweckfreiste Abgeordnete von allen deutschen Parlamentariern zu haben.
Guidos Frau in Brüssel schwänzte beinahe alle Sitzungen der beiden Ausschüsse, denen sie angehörte und hatte die niedrigste Präsenzquote im Parlament.
Die gewonnene Zeit nutzte sie, um im Tittenblatt „Praline“ Kolumnen zu schreiben.
Der deutsche Wähler quittierte das Performancedesaster der Liberalen mit PLUS 4,9 Prozentpunkten.
Die FDP erreichte jetzt 11,0 % und bekommt 12 Sitze.
Kommentar von Westerwelle: „Freude, schöner Götterfunken“
Wie kann sowas passieren? fragen sich nun Politiker aller Couleur.
Denn die Wahl war einerseits wichtig und andererseits haben SPE-Abgeordnete aus Deutschland im Gegensatz zu Guidos Windeiern gute Arbeit geleistet.
Offensichtlich spielte die historisch niedrige Wahlbeteiligung von 43,55 Prozent eine entscheidende Rolle. Der Negativrekord von 45,5 Prozent aus dem Jahr 2004 wurde noch einmal klar unterboten und einzelne Bundesländer wie die Schlußlichter Hamburg (34,7 %) und Brandenburg (29,9 %) blamierten sich über alle Maßen.
Nun wabern die ein oder anderen Vorschläge zur Attraktivitätssteigerung der Wahlen durch den medialen Wald.
Am weitesten ging der SPD-Bundestagsabgeordneten Jörn Thießen, der an Wahlzwang denkt.
"Wir Politiker müssen im Parlament abstimmen, das kann man auch von den Wählern bei einer Wahl verlangen. Wer nicht zu einer Wahl geht, sollte 50 Euro Strafe zahlen. Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht"
Thießens Idee wird genüßlich von linken Medien und Blogs zerrissen; Bettina Winsemann greift auf Telepolis zu einem wahrlich ätzenden Vergleich mit einer Grillparty:
Die Leute haben keine Lust auf die regelmäßig stattfindenden Grillparties, bei denen die Politik huldvoll die Hände derer drückt, die ansonsten für sie lediglich Zeitaufwand bedeuten. Das Interesse an der Gnadenbratwurst in Form eines Kreuzchens ist gering, wenn es am nächsten Tag zurück zur Hundewurst geht, die als 1-Euro-Jobber aufgesammelt werden muss weil die Straßenreinigung nicht mehr bezahlt werden kann und das Wort "zusätzlich" bei den 1-Euro-Jobbern längst in "alles, was nicht mehr bezahlt werden kann oder will) umgedeutet wurde. Nein, die Leute möchten kein Brot mit euch brechen, wenn ihnen am nächsten Tag voller Arroganz bei einer Nachfrage verbal auf die Füße gespuckt oder gekotzt wird. Es liegt nicht daran, dass die Menschen nicht teilhaben wollen an der Politik - es liegt daran, dass diese Teilhabe schon ab Schulzeit auf das reine Wählen reduziert wird.
So richtig in Stimmung für Plump-Metaphorik holt Winsemann gleich zum nächsten Vergleich aus:
Eine Wahlpflicht ist die Idee eines quengelnden Kindes, das will, dass endlich alle mit ihm spielen und daher dann fordert, dass die bestraft werden, die dies nicht tun. Allerdings überrascht mich solche Kindlichkeit nicht wirklich. Die Politik ist geprägt von "ich will aber"-Gesetzesinitiativen, von "ihr seid mir alle zu doof" (aka "Die Qualität des Gutachtens ist unterirdisch") und von Ablenkungsmanöver wie "Ähm, die Vase, Mami? Ja, also die Vase... du, reden wir doch lieber über meine letzte Note in Mathematik, ja?"
Gut gebrüllt Löwe - aber leider vollkommen an der politischen Realität vorbei.
Thießens Plan halte ich für praktisch so gut wie nicht durchführbar - man denke allein an den bürokratischen Aufwand.
Wie sollte man die Strafe einziehen, wenn ein, zwei oder fünf Millionen Wahlberechtigte dennoch nicht wählen?
Schwärmt dann ein imaginäres Heer von Orwells aus und kassiert die 50 Euro?
Es müßte schließlich Ausnahmen geben - es wäre doch unmöglich die Strafe zu kassieren, wenn beispielsweise ein potentieller Wähler krank war.
Müßten die sich alle a posteriori ein Attest besorgen, das sie dann WOHIN schicken?
Welche Armee von Beamten sollte die Entschuldigen überprüfen?
Was ist mit Lahmen, die sich aber kein Taxi zum Wahllokal leisten können? Etc.
Eine Megaaufgabe für Logistiker und Verwaltungsbeamte.
Ich halte die Thießensche Idee dennoch nicht für abwegig - immerhin gibt es genügend Länder, die tatsächlich Wahlpflicht haben!
Das sind Staaten, die man nicht als Bananenrepubliken bezeichnen kann, wie Neuseeland, Australien, Griechenland, Belgien, Chile, Schweiz, oder Türkei.
Die Strafen sind teilweise erheblich und gehen weit über eine Geldbuße von 50 Euro hinaus.
In Ägypten, Australien oder auch Chile sind Freiheitsstrafen für Nichtwähler möglich.
In Bolivien geht es bis zum sofortigen Einzug der Personalausweise und zur Sperrung der Bankkonten; in Griechenland ist regelmäßiges Wählen Voraussetzung für den Erhalt eines Reisepasses.
Mich würde es enorm interessieren, wenn man auch ein Votum von den 56% der Deutschen hätte, die letzten Sonntag nicht gewählt haben.
Ich bin der Meinung, daß es Protestierern und von der Parteipolitik Frustrierten zuzumuten ist, dennoch einen Wahlzettel auszufüllen - sie könnten ihn ungültig machen oder eine Splitterpartei ankreuzen.
Ich halte es mit Karl Lagerfeld, der sagt, daß Nichtwählen eine Form der ZUSTIMMUNG ist.
Wer nicht wählt, akzeptiert, daß alles beim Alten bleibt und hat das Recht verwirkt sich anschließend zu beschweren.
Da ich mich als politisch eher links einordne, hege ich allerlei Hoffnungen, daß ein Wahlergebnis unter Wahlzwang beispielsweise für Rot/Grün besser aussähe; daß es mir erspart bliebe einen jubilierenden Westerwelle „Freude, schöner Götterfunken“ skandieren zu hören.
Diese Hoffnung speist sich aus der Erkenntnis, die Politologen und Soziologen gewonnen haben, daß „linke“ Wähler tendenziell unzufriedener sind.
Konservative sind eher daran interessiert, daß ÜBERHAUPT Rechte in den Spitzenfunktionen und der Staatsspitze sind.
Was die dann tun, ist mehr als zweitrangig.
Ganz anders sieht es bei den progressiveren Wählern aus - die Tatsache allein, daß „Ihre“ an den Hebeln der Macht sind, reicht keineswegs aus, sie zufrieden zu machen.
Nein, nun hagelt es riesige Erwartungen, die sehr schnell enttäuscht werden können.
Linke Wähler wenden sich wesentlich schneller beleidigt ab, während rechte Wähler schmerzloser sind.
Man kann das klar an den deutschen Bundeskanzlern sehen - Brandt, Schmidt und auch Schröder hatten alle gewaltige Reformen anzupacken, die teilweise radikal mit dem Vergangenem brachen.
Sie waren entscheidungsfreudig und nahmen es alle in Kauf ihre Stammwähler bitter zu enttäuschen, wenn sie sich aus Überzeugung und zum Wohle Deutschlands zum Handeln gezwungen sahen.
Merkel und Kohl sind das diametral entgegen gesetzte Regierungsmodell:
Beide meiden, bzw mieden Entscheidungen weitgehend, unterlassen es zu polarisieren und saßen die Probleme aus.
Gerade wegen dieser regierungspolitischen Lethargie wurde Kohl immer und immer wieder gewählt.
Seine Anhänger wußten, daß nichts passieren würde - und genau das wollten sie auch:
Beharrung um jeden Preis. Daß dabei die Zukunft Deutschlands ruiniert wurde und wird (Schulden, Reformverschleppung, etc), interessiert nicht, da konservative Wähler generell weniger über den Tellerrand hinaus denken.
Merkel hat ebenfalls großen Erfolg mit der Strategie mit keinem politischen Problem assoziiert zu werden. Sie hält sich fein überall raus und schwebt nichtssagend über den Dingen.
Die Zustimmungswerte treibt das auf Rekordniveau.
Konservative werden aber vor allem von Wahlenthaltungen begünstigt - da die kritischen Wähler eher wegbleiben und die unkritischen Beharrer weiter zur Wahl gehen.
So reicht es mit immer weniger absoluten Stimmen zu einer relativen Mehrheit.
Wahlzwang wäre - so undurchführbar ich diese Idee finde - ein Ausweg aus dieser Spirale.
Zwang könnte den ein oder anderen Wähler dazu bringen nachzudenken.
Dabei käme er möglicherweise zu ein paar taktischen Erkenntnissen.
Es gibt da eine sehr simple Regel, die man sich vergegenwärtigen muß:
Wer unzufrieden mit der großen Koalition ist und sie los werden will, muß sie wählen.
Paradox? Nein, klingt nur so.
Wer nicht wählt oder die kleinen Parteien bevorzugt, schwächt CDU und SPD so, daß es eben nicht mehr zu einer kleinen Koalition (nach klassischem Verständnis Gelb/Schwarz oder Rot/Grün) reicht.
Im Ergebnis bleibt dann nur die Fortführung der großen Koalition, das Regierungsbündnis der Verlierer.
Genau danach sieht es nach der EU-Wahl mehr aus.
Genau das wird das Ergebnis des Westerwelleschen Jubels sein.
Wer also denkt, daß CDU und SPD beschissen regieren und das ändern will, muß CDU oder SPD wählen - simple as that!
Gestärkt wurde ausgerechnet die FDP, die sich fast verdoppelte, nachdem sie damit geglänzt hatte die faulste und zweckfreiste Abgeordnete von allen deutschen Parlamentariern zu haben.
Guidos Frau in Brüssel schwänzte beinahe alle Sitzungen der beiden Ausschüsse, denen sie angehörte und hatte die niedrigste Präsenzquote im Parlament.
Die gewonnene Zeit nutzte sie, um im Tittenblatt „Praline“ Kolumnen zu schreiben.
Der deutsche Wähler quittierte das Performancedesaster der Liberalen mit PLUS 4,9 Prozentpunkten.
Die FDP erreichte jetzt 11,0 % und bekommt 12 Sitze.
Kommentar von Westerwelle: „Freude, schöner Götterfunken“
Wie kann sowas passieren? fragen sich nun Politiker aller Couleur.
Denn die Wahl war einerseits wichtig und andererseits haben SPE-Abgeordnete aus Deutschland im Gegensatz zu Guidos Windeiern gute Arbeit geleistet.
Offensichtlich spielte die historisch niedrige Wahlbeteiligung von 43,55 Prozent eine entscheidende Rolle. Der Negativrekord von 45,5 Prozent aus dem Jahr 2004 wurde noch einmal klar unterboten und einzelne Bundesländer wie die Schlußlichter Hamburg (34,7 %) und Brandenburg (29,9 %) blamierten sich über alle Maßen.
Nun wabern die ein oder anderen Vorschläge zur Attraktivitätssteigerung der Wahlen durch den medialen Wald.
Am weitesten ging der SPD-Bundestagsabgeordneten Jörn Thießen, der an Wahlzwang denkt.
"Wir Politiker müssen im Parlament abstimmen, das kann man auch von den Wählern bei einer Wahl verlangen. Wer nicht zu einer Wahl geht, sollte 50 Euro Strafe zahlen. Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht"
Thießens Idee wird genüßlich von linken Medien und Blogs zerrissen; Bettina Winsemann greift auf Telepolis zu einem wahrlich ätzenden Vergleich mit einer Grillparty:
Die Leute haben keine Lust auf die regelmäßig stattfindenden Grillparties, bei denen die Politik huldvoll die Hände derer drückt, die ansonsten für sie lediglich Zeitaufwand bedeuten. Das Interesse an der Gnadenbratwurst in Form eines Kreuzchens ist gering, wenn es am nächsten Tag zurück zur Hundewurst geht, die als 1-Euro-Jobber aufgesammelt werden muss weil die Straßenreinigung nicht mehr bezahlt werden kann und das Wort "zusätzlich" bei den 1-Euro-Jobbern längst in "alles, was nicht mehr bezahlt werden kann oder will) umgedeutet wurde. Nein, die Leute möchten kein Brot mit euch brechen, wenn ihnen am nächsten Tag voller Arroganz bei einer Nachfrage verbal auf die Füße gespuckt oder gekotzt wird. Es liegt nicht daran, dass die Menschen nicht teilhaben wollen an der Politik - es liegt daran, dass diese Teilhabe schon ab Schulzeit auf das reine Wählen reduziert wird.
So richtig in Stimmung für Plump-Metaphorik holt Winsemann gleich zum nächsten Vergleich aus:
Eine Wahlpflicht ist die Idee eines quengelnden Kindes, das will, dass endlich alle mit ihm spielen und daher dann fordert, dass die bestraft werden, die dies nicht tun. Allerdings überrascht mich solche Kindlichkeit nicht wirklich. Die Politik ist geprägt von "ich will aber"-Gesetzesinitiativen, von "ihr seid mir alle zu doof" (aka "Die Qualität des Gutachtens ist unterirdisch") und von Ablenkungsmanöver wie "Ähm, die Vase, Mami? Ja, also die Vase... du, reden wir doch lieber über meine letzte Note in Mathematik, ja?"
Gut gebrüllt Löwe - aber leider vollkommen an der politischen Realität vorbei.
Thießens Plan halte ich für praktisch so gut wie nicht durchführbar - man denke allein an den bürokratischen Aufwand.
Wie sollte man die Strafe einziehen, wenn ein, zwei oder fünf Millionen Wahlberechtigte dennoch nicht wählen?
Schwärmt dann ein imaginäres Heer von Orwells aus und kassiert die 50 Euro?
Es müßte schließlich Ausnahmen geben - es wäre doch unmöglich die Strafe zu kassieren, wenn beispielsweise ein potentieller Wähler krank war.
Müßten die sich alle a posteriori ein Attest besorgen, das sie dann WOHIN schicken?
Welche Armee von Beamten sollte die Entschuldigen überprüfen?
Was ist mit Lahmen, die sich aber kein Taxi zum Wahllokal leisten können? Etc.
Eine Megaaufgabe für Logistiker und Verwaltungsbeamte.
Ich halte die Thießensche Idee dennoch nicht für abwegig - immerhin gibt es genügend Länder, die tatsächlich Wahlpflicht haben!
Das sind Staaten, die man nicht als Bananenrepubliken bezeichnen kann, wie Neuseeland, Australien, Griechenland, Belgien, Chile, Schweiz, oder Türkei.
Die Strafen sind teilweise erheblich und gehen weit über eine Geldbuße von 50 Euro hinaus.
In Ägypten, Australien oder auch Chile sind Freiheitsstrafen für Nichtwähler möglich.
In Bolivien geht es bis zum sofortigen Einzug der Personalausweise und zur Sperrung der Bankkonten; in Griechenland ist regelmäßiges Wählen Voraussetzung für den Erhalt eines Reisepasses.
Mich würde es enorm interessieren, wenn man auch ein Votum von den 56% der Deutschen hätte, die letzten Sonntag nicht gewählt haben.
Ich bin der Meinung, daß es Protestierern und von der Parteipolitik Frustrierten zuzumuten ist, dennoch einen Wahlzettel auszufüllen - sie könnten ihn ungültig machen oder eine Splitterpartei ankreuzen.
Ich halte es mit Karl Lagerfeld, der sagt, daß Nichtwählen eine Form der ZUSTIMMUNG ist.
Wer nicht wählt, akzeptiert, daß alles beim Alten bleibt und hat das Recht verwirkt sich anschließend zu beschweren.
Da ich mich als politisch eher links einordne, hege ich allerlei Hoffnungen, daß ein Wahlergebnis unter Wahlzwang beispielsweise für Rot/Grün besser aussähe; daß es mir erspart bliebe einen jubilierenden Westerwelle „Freude, schöner Götterfunken“ skandieren zu hören.
Diese Hoffnung speist sich aus der Erkenntnis, die Politologen und Soziologen gewonnen haben, daß „linke“ Wähler tendenziell unzufriedener sind.
Konservative sind eher daran interessiert, daß ÜBERHAUPT Rechte in den Spitzenfunktionen und der Staatsspitze sind.
Was die dann tun, ist mehr als zweitrangig.
Ganz anders sieht es bei den progressiveren Wählern aus - die Tatsache allein, daß „Ihre“ an den Hebeln der Macht sind, reicht keineswegs aus, sie zufrieden zu machen.
Nein, nun hagelt es riesige Erwartungen, die sehr schnell enttäuscht werden können.
Linke Wähler wenden sich wesentlich schneller beleidigt ab, während rechte Wähler schmerzloser sind.
Man kann das klar an den deutschen Bundeskanzlern sehen - Brandt, Schmidt und auch Schröder hatten alle gewaltige Reformen anzupacken, die teilweise radikal mit dem Vergangenem brachen.
Sie waren entscheidungsfreudig und nahmen es alle in Kauf ihre Stammwähler bitter zu enttäuschen, wenn sie sich aus Überzeugung und zum Wohle Deutschlands zum Handeln gezwungen sahen.
Merkel und Kohl sind das diametral entgegen gesetzte Regierungsmodell:
Beide meiden, bzw mieden Entscheidungen weitgehend, unterlassen es zu polarisieren und saßen die Probleme aus.
Gerade wegen dieser regierungspolitischen Lethargie wurde Kohl immer und immer wieder gewählt.
Seine Anhänger wußten, daß nichts passieren würde - und genau das wollten sie auch:
Beharrung um jeden Preis. Daß dabei die Zukunft Deutschlands ruiniert wurde und wird (Schulden, Reformverschleppung, etc), interessiert nicht, da konservative Wähler generell weniger über den Tellerrand hinaus denken.
Merkel hat ebenfalls großen Erfolg mit der Strategie mit keinem politischen Problem assoziiert zu werden. Sie hält sich fein überall raus und schwebt nichtssagend über den Dingen.
Die Zustimmungswerte treibt das auf Rekordniveau.
Konservative werden aber vor allem von Wahlenthaltungen begünstigt - da die kritischen Wähler eher wegbleiben und die unkritischen Beharrer weiter zur Wahl gehen.
So reicht es mit immer weniger absoluten Stimmen zu einer relativen Mehrheit.
Wahlzwang wäre - so undurchführbar ich diese Idee finde - ein Ausweg aus dieser Spirale.
Zwang könnte den ein oder anderen Wähler dazu bringen nachzudenken.
Dabei käme er möglicherweise zu ein paar taktischen Erkenntnissen.
Es gibt da eine sehr simple Regel, die man sich vergegenwärtigen muß:
Wer unzufrieden mit der großen Koalition ist und sie los werden will, muß sie wählen.
Paradox? Nein, klingt nur so.
Wer nicht wählt oder die kleinen Parteien bevorzugt, schwächt CDU und SPD so, daß es eben nicht mehr zu einer kleinen Koalition (nach klassischem Verständnis Gelb/Schwarz oder Rot/Grün) reicht.
Im Ergebnis bleibt dann nur die Fortführung der großen Koalition, das Regierungsbündnis der Verlierer.
Genau danach sieht es nach der EU-Wahl mehr aus.
Genau das wird das Ergebnis des Westerwelleschen Jubels sein.
Wer also denkt, daß CDU und SPD beschissen regieren und das ändern will, muß CDU oder SPD wählen - simple as that!
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5 Kommentare:
Hi Tammox,
auch wenn ich Dir oft recht gebe, hier irrst Du!
Wenn die CDU und/oder die SPD Stimmenzuwächse erzielen würden, würde dies mit 100%iger Sicherheit (ich wette um eine Kiste Maggi) nicht als Votum gegen die GK sondern von derjenigen Partei (oder beiden) als Zustimmung zu ihrer (Un-)Politik gewertet.
Im Endeffekt, hätten wir bestenfalls eine von beiden Parteien alleine (oder zusammen mit der FDP), den Wahnsinn fortsetzt, und die andere Partei in der Opposition, die härtere Reformen fordert.
Überhaupt "Reformen": Welche sinnvollen Reformen hat die Regierung Schröder eigentlich "angepackt"?
Schröder hat in unglaublichem Maße das Kapital gefördert (nur ein Beispiel: Steuerfreiheit auf Gewinne aus Unternehmensveräußerungen) und die arbeitende Bevölkerung durch die (Nutten-)Hartz-Gesetze und damit der Bedrohung mit totalem sozialen Abstieg in eine Lohnspirale nach unten gezwungen. Schröder hat der Umverteilung von unten nach oben in einem Maße betrieben, wie kaum ein Kanzler zuvor.
Hinzu kommen die Zerschlagung der umlagefinanzierten Rente (mit kaum 5% Verwaltungskosten), die paritätisch getragen wurde, wird durch eine die Versicherungswirtschaft subventionierende "Privatrente" (mit Verwaltungs- und Provisionskosten zwischen 10 und bis zu 20%) ersetzt, die gerade für die Geringverdiener eine schallende Ohrfeige ist, weil diese Einkunft auf den Grundsicherungssatz angerechnet wird. Will man als Geringverdiener wenigstens im Alter nicht auf dem Grundsicherungssatz leben müssen, wird ein Großteil der vom Munde abgesparten Privatrente, wenn nicht alles, in Wahrheit nur die Sozialkassen entlasten und Versicherungen gesponsert haben.
Die Gesundheitsreformen haben dazu geführt, dass die Leistungen der KV immer geringer, aber die Kosten für die Patienten (Praxisgebühr, keine Übernahme der Kosten bei verschreibungsfreien Medikamenten, auch wenn diese ausrücklich verordnet wurden...) immer höher wurden. Wohingegen die Pharmaunternehmen in Deutschland immer noch die höchsten Preise in Europa erzielen dürfen und zum Ausgleich dafür auch nicht gezwungen werden, alle (auch die unveröffentlichten) Studien zur Bewertung durch die IQWIG zur Verfügung zu stellen, wie dies sogar in den USA offenbar ohne Marktschäden möglich ist.
In (mindestens) einem anderen Punkt Deiner Ausführungen gebe ich Dir allerdings 100%ig Recht: "qui tacet consentire videtur" ("wer schweigt scheint zuzustimmen", ist etwas älter als Karl Lagerfeld ;-))! Diejenigen, die sich nicht aufmachen und den Wahlzettel z. B. "mit keinem von Euch" beschriften (ungültig machen), werden immer von allen Parteien als "nicht-mobilisiertes" Wählerpotential vereinnahmt. 50% "mit keinem von Euch"-Stimmen würde ich gerne kommentiert sehen. Entweder werden sie wach, oder selbst der letzte Depp der Journaille muss erkennen, dass der Kaiser nackt ist.
Wenn die CDU und/oder die SPD Stimmenzuwächse erzielen würden, würde dies mit 100%iger Sicherheit (ich wette um eine Kiste Maggi) nicht als Votum gegen die GK sondern von derjenigen Partei (oder beiden) als Zustimmung zu ihrer (Un-)Politik gewertet.
Das ist schon richtig - aber es geht mir auch nicht darum, wie die Parteien selbst ihre Wahlergebnisse werten - darin sind sie doch immer enorm kreativ.
Es geht mir um das praktischer Ergebnis - und das ist eine mathematische Binse - je schwächer die großen Parteien, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß außer der GK keine Alternative bleibt!
Es geht mir nur darum die GK endlich LOSZUWERDEN und dafür muß mindestens eine der beiden großen Parteien stärker werden, als sie jetzt ist. Natürlich hoffe ich ganz stark, daß das nicht die CDU wäre.
Hartz: Dazu habe ich schon oft was geschrieben, daher hier nur in Stichworten:
Die Idee ist vollkommen richtig gewesen: Die Leistungen statt von verschiedensten bürokratischen Ungetümen (Sozialamt PLUS Arbeitsamt PLUS Wohnungsamt PLUS…) zentral nur noch von einer Stelle auszuzahlen.
Ebenfalls richtig ist es dem Geld-Empfänger eine größere Verantwortung aufzubürden, indem er nicht mehr unbegrenzt zusätzliche Leistungen „beantragen“ kann, sondern selbst wirtschaften muß bei Extraanschaffungen - dafür bekommen Hartz-IV’ler nun schließlich auch DEUTLICH MEHR GELD, als vorher der Sozialhilfesatz war.
Daß es in der Praxis jede Menge Ungerechtigkeiten und unsinnige Regeln gibt, brauchen wir nicht zu diskutieren. Ist ja vollkommen klar. NUR: Man denke daran, wie das politisch zustande kam: Schröder hatte eben NIE eine Mehrheit in beiden Kammern und mußte sich ständig den CDU-Wünschen aus dem Bundesrat beugen, die laufend Unsinnige Dinge verlangten, um ihren Einfluss auf Länderebene auszubauen.
Daran ist aber nun wirklich der Wähler SCHULD - das sah man schon ganz am Anfang der Kanzlerschaft, als im Januar 1999 Hessen kippte - aus dem einzigen Grund das DURCH UND DURCH VERNÜNFTIGE UND NOPTWENDIGE neue Rot/Grüne Staatsbürgerschaftsrecht zu verhindern.
Seitdem hat Merkel UNUNTERBROCHEN ihr „NJET“ rausgehauen und absolut alles blockiert.
Die Gesundheitspolitik und die Bildungspolitik sind Paradebeispiele dafür: Die durchaus sinnigen rot/grünen Ansätze konnten nie umgesetzt werden, weil die bekloppten Wähler ja sofort eine Njet-Blockadestelle in den Bundesrat wählten! Das ging soweit, daß die seinerzeit schon von Frau Bulmahn für die Hochschulen zur Verfügung gestellten vier Milliarden Euro - die waren schon vor zehn Jahren überfällig - nie ankamen, weil die CDU-Länder lieber ihre Unis verrotten ließen, als einen Millimeter Zuständigkeit bei der Hochschulpolitik einzubüßen.
Trotzdem haben wir Schröder sehrt viel zu verdanken! Sonst stünden wir im Irak und jede Menge gesellschaftliche Reformen hätte es nicht gegeben. Nicht zu vergessen, daß Schröder die Steuern erheblich gesenkt hat.
All dies steht beispielsweise hier:
http://tammox.blogspot.com/2008/02/ab-wann-man-die-linke-whlen-kann.html
LG
Tammox
Hierzu:
"und das ist eine mathematische Binse - je schwächer die großen Parteien, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß außer der GK keine Alternative bleibt!"
Bräuchte ich mal eine kurze Erklärung für die Doofen (also mich).
Simples Beispiel: Wenn die Mehrheit Schwarz Gelb wählt (ähnlich wie bei der Europawahl) kriegen wir ein schwarz - gelbes Gruselteam als Regierung. Dafür ist aber unerheblich, ob mehr Leute Schwarz gewählt haben, oder ob mehr Leute Gelb gewählt haben.
Beim Rest der derzeitigen Bundestagsparteien sieht es anders aus, weil die die Linke ja Pfuibäh zu sein hat, also die SPD meint sie würde durch eine große Koalition im Zweifelsfall populärer, als durch Rot - Rot - Grün, hat man ja diese Legislaturperiode so betrieben, nur die Popularitätswerte der SPD überzeugen mich nicht so ganz als Beweis dieser These, weil man also mit der die Linke nicht koalieren mag, kann man das so sehen, dass so lange man das nicht versuchen will eine Stimme für die Linke den anderen Parteien rechnerisch fehlt und somit pro große Koalition ist. Aber der Punkt der mir rätselhaft erscheint ist, warum soll eine Stimme für die Grünen eher pro große Koalition sein, als eine für die SPD? Weil man kann Rot grün z. B. (2002) mir 41,9% SPD und 5,6% Grüne machen, aber es ist mathematisch eine Binse, dass es mit 41,9% Grüne und 5,6% Grüne auch geklappt hätte, rein mathematisch und halt mit Bundeskanzler Fischer.
Stimmen für die kleine Parteien verschwinden ja nicht aus dem System und stehen (mit einschränkungen links aussen) auch für Koalitionen zur verfügung, deswegen bin ich der Meinung eine Stimme für die FDP ist genauso gut wie eine Stimme für CDU/CSU, wenn man eine Schwarz gelbe koalition will und eine Stimme für die Grünen genauso gut wie eine für die SPD, wenn man Rot - Grün will. Eine kleine Koalition ist ja nicht illegal, wenn die daran beteiligte große Partei unter 30% der Stimmen ist, sondern es kommt nur darauf an, ob man eine Mehrheit im Bundestag zusammenbekommt.
Korrektur:
Es sollte natürlich heissen "dass es mit 41,9% Grüne und 5,6% SPD auch geklappt hätte"
Und nicht "dass es mit 41,9% Grüne und 5,6% Grüne auch geklappt hätte"
Hi Oberclown!
DU gehst hier von mathematischen Möglichkeiten aus, die natürlich bestehen.
Danke auch für den Hinweis auf die grandiose Strategie der SPD lieber ihr Heil in der Großen K.O.alition zu suchen, weil die Dunkelroten ja bähbäh sind und man nicht das Vertrauen der Wähler verlieren will.
Dazu sei noch mal daran erinnert, daß derzeit - die CDU hat schon wieder einen Abgeordneten verloren (gen Europa) - die beiden Koalitionsfraktionen EXAKT GLEICH STARK sind.
Die SPD-Fraktion hat 222 Sitze und die CDU/CSU-Fraktion hat 222 Sitze.
Von diesem Wahlergebnis auf Augenhöhe, das 2005 gewählt wurde, hat sich die SPD mit der Unterordnung und Präsidentin Merkel auf irgendwas bei 20 % runter gewirtschaftet, während die CDU so aussieht wie 2005 - was allerdings auch schon schwach war.
In der echten Welt sind die Wählermassen aber nicht frei verfügbar - es gibt ja immer noch Stammwähler und das berühmte LAGER-Denken.
Eine Stimme für die Grünen ist also eine Stimme weniger im linken Lager - mutmaßlich eine Stimme weniger für die SPD.
Im Gegensatz zu 1998 ist es aber so gut wie ausgeschlossen - auf Basis aller Umfragen - daß es für Rot/Grün allein reichen könnte.
Das liegt aber nicht an der Schwäche von Grün; nein, alle drei Kleinen sind stärker als 2005.
Das Problem ist die SPD; ihr fehlt ein dicker Batzen Wähler, um das Resultat von 1998 zu bekommen.
Das sehen wir seit Jahren auch in den Ländern:
Die Großen werden kleiner und die Kleinen werden größer.
Dabei verlieren CDU und SPD aber nicht nur an das jeweilige eigene Lager, sondern schon etwas diffuser - auch an Splitterparteien, Nichtwähler und ins gegnerische Lager.
Will „man“ unbedingt eine kleine Koalition (also CDU/FDP oder Rot/Grün) ist es wichtiger den jeweils großen Part zu wählen, da es an ihm hapert.
Das gilt natürlich vor allem für die Wähler, die generell einfach die große K.O.alition loswerden wollen - egal was kommt.
Ich sehe das natürlich nicht so - obwohl ich die große Koalition wirklich ganz ganz beschissen finde, ist mir das noch lieber als Schwarz/Gelb, wo dann wieder Atomkraft und wer weiß was alles gefördert wird. Außerdem würde ich auch einen Schimpansen oder den Hydrant vor meinem Haus einem Minister Westerwelle vorziehen.
Ich setze also persönlich das Ende der großen K.O.alition also nicht auf Priorität 1.
Allerdings bin ich auch wankelmütig - gelegentlich kriege ich allerdings bei einigen CDU-Ministern so extremen Brechreiz, daß ich bei der Vorstellung die ins Aus zu schießen, dann noch lieber einer Ampel hätte - selbst wenn das Grauen Guido im Kabinett sitzt.
LGT
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