Dienstag, 27. Oktober 2009
Man wird doch wohl noch sagen dürfen….
Um seinen eigenen Medienskandal zu inszenieren, weil einem die nächste Dosis 15-Miuten-Aufmerksamkeit fehlt, greife man zu den immer gleichen Zutaten.
Man geriere sich als die wohlmeinende Unschuld vom Lande, die aus heiterem Himmel einen Tabubruch wagt.
Vorzugsweise handelt es sich dabei um ein Tabu, das entfernt oder direkt irgendetwas mit der NSdAP-Vergangenheit zu tun hat.
OK, zur Not tun es auch blutende Analwarzen oder das eigene Krebsleiden, aber auf dieser Basis aufgebaut, wird der Tabubruch schneller als solcher erkannt.
Ein weiteres Problem ist, daß man bei Tabu-Brüchen up to date sein muß.
Zwei Beispiele dazu:
1) Die Möllemannsche und Westerwellesche Anti-Israelagitation - „man wird doch wohl noch Scharon kritisieren dürfen“ - wirkt hauptsächlich lächerlich, weil das Tabu, welches sie beschwören, gar nicht existiert.
Niemand hat je verboten Israelische Politik zu kritisieren - die deutschen Juden am wenigsten.
Tatsächlich wird in allen deutschen Feuilletons schon seit Dekaden gewaltig auf die Israelische Siedlungspolitik eingedroschen.
Egon Bahr erzählte kürzlich von seiner ersten Begegnung als Nachfolger des Adenauerschen Haus-Nazis Hans Globke auf dem Stuhle des Kanzleramtsministers mit dem Israelischen Botschafter 1969.
Dieser habe ihm, Bahr, gesagt „nur werde es endlich leichter mit Deutschland“.
Bahr antwortete: Nein, nun werde es schwerer, weil „ihr uns nicht mehr erpressen könnt“.
Tatsächlich krachte es in den 70er und 80er Jahren teilweise ganz gewaltig zwischen der Deutschen und der Israelischen Regierung.
Daß Westerwelle weitere 30 Jahre später, 2002, Arm in Arm mit Möllemann von dem angeblichen Israel-Kritik-Tabu fabulierte, ist entweder Zeichen seiner vollkommenen Unwissenheit oder seiner rechtslastigen Perfidie.
2) Wenn man wie Friedrich Merz oder Peter Sloterdijk mit der Erkenntnis herausplatzt, daß es in Deutschland nur noch sozialdemokratische Parteien gäbe, ist der Provokationszündung einfach zu schwach - elf Jahre nachdem Schröder die „neue Mitte“ ausrief und inzwischen jeder Journalist Deutschlands die Nichtunterscheidbarkeit von SPD und CDU beklagt hat.
Die Hitler-Keule ist dagegen unkaputtbar.
„Hitler geht immer“ überschreibt Evelyn Roll ihre Analyse des Provokationsmechanismus in Deutschland.
Man müsse nur herausfinden, „was man nicht tut“ und dieses dann tun.
Ein altes und in Fachbüchern oft beschriebenes Prinzip.
Roll weiter:
Für den Fall, dass er keine Bücher liest, haben gut bezahlte Spindoktoren ihm alberne Abkürzungen aus der Werbewirtschaft aufgeschrieben, die noch einmal dasselbe erklären. "AIDA with TBTD" zum Beispiel, das steht für: Attention, Interest, Desire, Action durch Tabu-Breaking Top-Down.
Richtig unangenehme Politlinge, die zwar nichts zu sagen haben, sich selbst aber immer wieder gerne durch das Niedermachen von Schwächeren als Konservative Helden darstellen, greifen zum NS-Vergleich.
Dann die Holocaust-Keule: immer für einen Dreispalter gut. Das Schicksal der Manager zum Beispiel mit verfolgten Juden zu vergleichen, damit haben Roland Koch, Hans-Werner Sinn und Christian Wulff sich bei ihrer Klientel angedient, ohne wirklich Schaden zu nehmen. Routinierte Provokateure sagen statt Hitler deswegen gerne Goebbels (Kohl über Gorbatschow) oder Göring (Kohl über Wolfgang Thierse), das schafft hinreichend Empörung, ohne Rücktrittsrisiko.
Ein großartiger Artikel von Frau Roll - sie ist eine der wahren Edelfedern in Deutschland.
Kritisch anmerken möchte ich aber, daß sie Widerlinge, die aus purer Bosheit und Machtgier einzelne Schocksprüche vom Stapel lassen (Roland Koch z.B.) in ein Boot mit Sarrazin und Buschkowsky setzt.
Thilo Sarrazin, dessen Sprachbilder von der „Kopftuchmädchenproduktion“ inzwischen jeder in Deutschland kennt, gehört aber nicht in die Kategorie Koch, Kohl, Sinn und Wulff.
Zum einen ist seine Formulierung geistreicher, aber zum anderen hat er keinen singulären (strittigen) Satz rausgehauen, sondern eine hochseriöse ausführliche Analyse inklusive Lösungsvorschlägen dargelegt.
Ganz offensichtlich scheinen die Sarrazin-Prügler sich zu 95 % nicht die Mühe gemacht zu haben den ganzen Text zu lesen.
Das war auch nicht zu erwarten.
Aber es ist jedenfalls ein konzeptioneller Text vorhanden, auf den ich bereits hinwies.
Andererseits dominieren soziale Themen wie die von Sarrazin jüngst wieder eröffnete Anti-Araber- und Türken-Diskussion das öffentliche Interesse.
Der nun zu einem Drittel entmachtete Bundesbanker hatte seine Berlin-Analyse im Gespräch mit Frank Berberich (Lettre International) nur ein klein wenig mit xenophobischer Glasur versehen.
Tatsächlich stellt Sarrazin aber eine intelligente soziale Hintergrundanalyse an.
Der Interviewer ist an einer Stelle sogar verwundert über den verbindlichen Ton und entgegnet:
„Sie sprechen so sanftmütig und wohlwollend, wie Sie nie zuvor gesprochen haben!“
Inzwischen herrscht eine medienpolitische Hysterie-Hysterie.
Überall wittert man nun Skandalisierer auf der Suche nach den letzten Tabus durch den politisch korrekten Porzellanladen tapsen.
Der neueste Fang ist mal wieder Heinz Buschkowski, den auch Sueddeutsche.de „auf den Spuren von Sarrazin“ wähnt.
Effekthaschend poltern sie mit dem Schocksatz "In der Unterschicht wird das Geld versoffen" als Überschrift los.
Tatsächlich taugt Buschkowsky so gar nicht als Apologet der xenophoben Konservativen.
Im Gegenteil, er ist ein Sozialarbeiter vor Ort, ein Kommunaler, der sich tatsächlich darum bemüht Missstände zu BEHEBEN, statt sie nur zu verwalten.
Im TS-Interview beschreibt er die neuen Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung als das was sie sind:
Eine absolute Katastrophe, die die Missstände verschärfen soll.
Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich hier schon geschrieben habe, daß die Unions-Ideologie des Ehegattensplittings das Geld genau dorthin leitet wo ES NICHT HINSOLLTE: Zu den Hochverdienern, die gar keine Kinder haben zum Beispiel.
Noch schlimmer der Effekt durch die Herdprämie auf die armen, „bildungsfernen Schichten“, die dadurch geradezu gezwungen werden ihre Kinder NICHT sozial und edukativ voran kommen zu lassen.
Dümmer geht’s nimmer, als das was die neue Koalition hier anzettelt.
Felix Berth nannte die Kindergelderhöhung kürzlich "Der Brausekopf der Kanzlerin"
Zum ersten Mal gäbe die Bundesrepublik für das Kindergeld genauso viel Geld aus wie für sämtliche Schulen des Landes. Schon heute zahlt der Staat 37 Milliarden Euro für Kindergeld und zugehörige Freibeträge; die Pläne von Union und FDP würden dies auf fast 50 Milliarden steigern. Dasselbe kosten alle Schulen des Landes - mit all ihren Lehrern, Direktoren, Fortbildungen, Gebäuden und Schulbüchern.
Dieser Irrsinn ist bisher noch keinem Industriestaat gelungen. Deutschland wäre der traurige Pionier einer wuchernden Familienpolitik, die sich nicht an Bedürfnissen orientiert, sondern nur Segnungen verteilen will: Wohlhabende FDP-Wähler bekommen dank eines erhöhten Freibetrags besonders viel. Normale Mittelschichts-Familien, die häufig die Union bevorzugen, erhalten auch ein wenig mehr. Bloß die Hartz-IV-Familien kriegen nichts: Ihre Regelsätze bleiben unverändert, denn diese Leute haben die neue Bundesregierung ja nicht gewählt. Es ist obszön, wie die Koalitionspolitiker glauben, ihre Wählerinnen und Wähler zufriedenstellen zu müssen.
Immer noch begrüßen Zwei Drittel der Deutschen die neue Regierung, mit Guttenberg und Co haben sie ihre Lieblinge wieder am Kabinettstisch versammelt.
Aber „die Deutschen“ sind eben doof und begreifen nicht wie sie verarscht werden.
Ich habe jedenfalls vollstes Verständnis für Buschkowsky, der ob so eines enormen Maßes an falscher Politik (Union und FDP wollen ab 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro monatlich für Eltern einführen, die ihre Kinder zu Hause erziehen) die verbale Keule schwingt.
TS: Was haben Sie gedacht, als Sie vom geplanten Betreuungsgeld erfuhren?
B: Dass es offensichtlich immer noch Menschen gibt, die gar nichts begriffen haben. Wenn man Bildungsferne der Eltern und Chancenlosigkeit von Kindern manifestieren und weiter ausbauen will, ist das zweifellos der beste Weg.
TS: Warum?
B: Weil das Leben von sozialen Transferleistungen für die sogenannten bildungsfernen Schichten komfortabler wird. Kinder werden noch mehr zu einem Einkommensfaktor. Mit anderen Worten: Schwarz-Gelb konserviert die Unterschicht und verschärft zugleich das Jugendstrafrecht. Das ist gesellschaftspolitischer Zynismus pur.
TS: Das hört sich sehr frustriert an.
B: Ich bin, gelinde gesagt, fassungslos. Prämien, damit Kinder im Milieu bleiben anstatt integriert zu werden? Das ist doch völlig rückwärts gewandt. Das Vorhaben ignoriert die Erfolge fast aller OECD-Staaten und sämtliche wissenschaftliche Studien. Unter Fachleuten herrscht Einigkeit darüber, dass wir in die Kinder investieren müssen und nicht in die Eltern. Das trampelt die neue Koalition jetzt alles mit Brachialgewalt nieder.
Im Übrigen sehen wir hier mal wieder ein schönes Beispiel dafür, daß CDU und SPD eben nicht gleich sind.
SPD-Politiker verdammen alle dieses Volksverdummnungsprogramm der Schwarz-Gelben. Wowereit nennt es "Unsinn".
Die zukünftige SPD-Vizin Manuela Schwesig „sieht für Kinder aus sozial schwachen Familien große Nachteile, wenn Schwarz-Gelb ein häusliches Betreuungsgeld einführt. "Ich befürchte, dass ausgerechnet die Kinder schnell aus der Krippe genommen werden, die sie am nötigsten brauchen", sagte die Ministerin. Das betreffe in Mecklenburg-Vorpommern vor allem Kinder aus Hartz-IV-Familien, in den Großstädten auch Kinder von Migranten.“
Fachleute positionieren sich ebenfalls eindeutig: Die Deutsche Kinderhilfe begrüßte die scharfe Kritik von Heinz Buschkowsky. Er habe mit "wünschenswerter Klarheit" die Effekte der Bargeldförderung von Familien in Deutschland beschrieben, erklärte der Verein. Baralimentation der Eltern mit der Gießkanne komme häufig nicht bei den Kindern an. Die Kritik dürfe aber nicht beim Betreuungsgeld enden.
Also bitte, lieber Leser, wirf Buschowsky nicht in den Koch-Wulff-Sinn-Korb, sondern nimm ernst, was der Mann zu sagen hat.
Merke Dir für die nächste Wahl NICHT CDU, CSU oder FDP zu wählen!
Man geriere sich als die wohlmeinende Unschuld vom Lande, die aus heiterem Himmel einen Tabubruch wagt.
Vorzugsweise handelt es sich dabei um ein Tabu, das entfernt oder direkt irgendetwas mit der NSdAP-Vergangenheit zu tun hat.
OK, zur Not tun es auch blutende Analwarzen oder das eigene Krebsleiden, aber auf dieser Basis aufgebaut, wird der Tabubruch schneller als solcher erkannt.
Ein weiteres Problem ist, daß man bei Tabu-Brüchen up to date sein muß.
Zwei Beispiele dazu:
1) Die Möllemannsche und Westerwellesche Anti-Israelagitation - „man wird doch wohl noch Scharon kritisieren dürfen“ - wirkt hauptsächlich lächerlich, weil das Tabu, welches sie beschwören, gar nicht existiert.
Niemand hat je verboten Israelische Politik zu kritisieren - die deutschen Juden am wenigsten.
Tatsächlich wird in allen deutschen Feuilletons schon seit Dekaden gewaltig auf die Israelische Siedlungspolitik eingedroschen.
Egon Bahr erzählte kürzlich von seiner ersten Begegnung als Nachfolger des Adenauerschen Haus-Nazis Hans Globke auf dem Stuhle des Kanzleramtsministers mit dem Israelischen Botschafter 1969.
Dieser habe ihm, Bahr, gesagt „nur werde es endlich leichter mit Deutschland“.
Bahr antwortete: Nein, nun werde es schwerer, weil „ihr uns nicht mehr erpressen könnt“.
Tatsächlich krachte es in den 70er und 80er Jahren teilweise ganz gewaltig zwischen der Deutschen und der Israelischen Regierung.
Daß Westerwelle weitere 30 Jahre später, 2002, Arm in Arm mit Möllemann von dem angeblichen Israel-Kritik-Tabu fabulierte, ist entweder Zeichen seiner vollkommenen Unwissenheit oder seiner rechtslastigen Perfidie.
2) Wenn man wie Friedrich Merz oder Peter Sloterdijk mit der Erkenntnis herausplatzt, daß es in Deutschland nur noch sozialdemokratische Parteien gäbe, ist der Provokationszündung einfach zu schwach - elf Jahre nachdem Schröder die „neue Mitte“ ausrief und inzwischen jeder Journalist Deutschlands die Nichtunterscheidbarkeit von SPD und CDU beklagt hat.
Die Hitler-Keule ist dagegen unkaputtbar.
„Hitler geht immer“ überschreibt Evelyn Roll ihre Analyse des Provokationsmechanismus in Deutschland.
Man müsse nur herausfinden, „was man nicht tut“ und dieses dann tun.
Ein altes und in Fachbüchern oft beschriebenes Prinzip.
Roll weiter:
Für den Fall, dass er keine Bücher liest, haben gut bezahlte Spindoktoren ihm alberne Abkürzungen aus der Werbewirtschaft aufgeschrieben, die noch einmal dasselbe erklären. "AIDA with TBTD" zum Beispiel, das steht für: Attention, Interest, Desire, Action durch Tabu-Breaking Top-Down.
Richtig unangenehme Politlinge, die zwar nichts zu sagen haben, sich selbst aber immer wieder gerne durch das Niedermachen von Schwächeren als Konservative Helden darstellen, greifen zum NS-Vergleich.
Dann die Holocaust-Keule: immer für einen Dreispalter gut. Das Schicksal der Manager zum Beispiel mit verfolgten Juden zu vergleichen, damit haben Roland Koch, Hans-Werner Sinn und Christian Wulff sich bei ihrer Klientel angedient, ohne wirklich Schaden zu nehmen. Routinierte Provokateure sagen statt Hitler deswegen gerne Goebbels (Kohl über Gorbatschow) oder Göring (Kohl über Wolfgang Thierse), das schafft hinreichend Empörung, ohne Rücktrittsrisiko.
Ein großartiger Artikel von Frau Roll - sie ist eine der wahren Edelfedern in Deutschland.
Kritisch anmerken möchte ich aber, daß sie Widerlinge, die aus purer Bosheit und Machtgier einzelne Schocksprüche vom Stapel lassen (Roland Koch z.B.) in ein Boot mit Sarrazin und Buschkowsky setzt.
Thilo Sarrazin, dessen Sprachbilder von der „Kopftuchmädchenproduktion“ inzwischen jeder in Deutschland kennt, gehört aber nicht in die Kategorie Koch, Kohl, Sinn und Wulff.
Zum einen ist seine Formulierung geistreicher, aber zum anderen hat er keinen singulären (strittigen) Satz rausgehauen, sondern eine hochseriöse ausführliche Analyse inklusive Lösungsvorschlägen dargelegt.
Ganz offensichtlich scheinen die Sarrazin-Prügler sich zu 95 % nicht die Mühe gemacht zu haben den ganzen Text zu lesen.
Das war auch nicht zu erwarten.
Aber es ist jedenfalls ein konzeptioneller Text vorhanden, auf den ich bereits hinwies.
Andererseits dominieren soziale Themen wie die von Sarrazin jüngst wieder eröffnete Anti-Araber- und Türken-Diskussion das öffentliche Interesse.
Der nun zu einem Drittel entmachtete Bundesbanker hatte seine Berlin-Analyse im Gespräch mit Frank Berberich (Lettre International) nur ein klein wenig mit xenophobischer Glasur versehen.
Tatsächlich stellt Sarrazin aber eine intelligente soziale Hintergrundanalyse an.
Der Interviewer ist an einer Stelle sogar verwundert über den verbindlichen Ton und entgegnet:
„Sie sprechen so sanftmütig und wohlwollend, wie Sie nie zuvor gesprochen haben!“
Inzwischen herrscht eine medienpolitische Hysterie-Hysterie.
Überall wittert man nun Skandalisierer auf der Suche nach den letzten Tabus durch den politisch korrekten Porzellanladen tapsen.
Der neueste Fang ist mal wieder Heinz Buschkowski, den auch Sueddeutsche.de „auf den Spuren von Sarrazin“ wähnt.
Effekthaschend poltern sie mit dem Schocksatz "In der Unterschicht wird das Geld versoffen" als Überschrift los.
Tatsächlich taugt Buschkowsky so gar nicht als Apologet der xenophoben Konservativen.
Im Gegenteil, er ist ein Sozialarbeiter vor Ort, ein Kommunaler, der sich tatsächlich darum bemüht Missstände zu BEHEBEN, statt sie nur zu verwalten.
Im TS-Interview beschreibt er die neuen Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung als das was sie sind:
Eine absolute Katastrophe, die die Missstände verschärfen soll.
Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich hier schon geschrieben habe, daß die Unions-Ideologie des Ehegattensplittings das Geld genau dorthin leitet wo ES NICHT HINSOLLTE: Zu den Hochverdienern, die gar keine Kinder haben zum Beispiel.
Noch schlimmer der Effekt durch die Herdprämie auf die armen, „bildungsfernen Schichten“, die dadurch geradezu gezwungen werden ihre Kinder NICHT sozial und edukativ voran kommen zu lassen.
Dümmer geht’s nimmer, als das was die neue Koalition hier anzettelt.
Felix Berth nannte die Kindergelderhöhung kürzlich "Der Brausekopf der Kanzlerin"
Zum ersten Mal gäbe die Bundesrepublik für das Kindergeld genauso viel Geld aus wie für sämtliche Schulen des Landes. Schon heute zahlt der Staat 37 Milliarden Euro für Kindergeld und zugehörige Freibeträge; die Pläne von Union und FDP würden dies auf fast 50 Milliarden steigern. Dasselbe kosten alle Schulen des Landes - mit all ihren Lehrern, Direktoren, Fortbildungen, Gebäuden und Schulbüchern.
Dieser Irrsinn ist bisher noch keinem Industriestaat gelungen. Deutschland wäre der traurige Pionier einer wuchernden Familienpolitik, die sich nicht an Bedürfnissen orientiert, sondern nur Segnungen verteilen will: Wohlhabende FDP-Wähler bekommen dank eines erhöhten Freibetrags besonders viel. Normale Mittelschichts-Familien, die häufig die Union bevorzugen, erhalten auch ein wenig mehr. Bloß die Hartz-IV-Familien kriegen nichts: Ihre Regelsätze bleiben unverändert, denn diese Leute haben die neue Bundesregierung ja nicht gewählt. Es ist obszön, wie die Koalitionspolitiker glauben, ihre Wählerinnen und Wähler zufriedenstellen zu müssen.
Immer noch begrüßen Zwei Drittel der Deutschen die neue Regierung, mit Guttenberg und Co haben sie ihre Lieblinge wieder am Kabinettstisch versammelt.
Aber „die Deutschen“ sind eben doof und begreifen nicht wie sie verarscht werden.
Ich habe jedenfalls vollstes Verständnis für Buschkowsky, der ob so eines enormen Maßes an falscher Politik (Union und FDP wollen ab 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro monatlich für Eltern einführen, die ihre Kinder zu Hause erziehen) die verbale Keule schwingt.
TS: Was haben Sie gedacht, als Sie vom geplanten Betreuungsgeld erfuhren?
B: Dass es offensichtlich immer noch Menschen gibt, die gar nichts begriffen haben. Wenn man Bildungsferne der Eltern und Chancenlosigkeit von Kindern manifestieren und weiter ausbauen will, ist das zweifellos der beste Weg.
TS: Warum?
B: Weil das Leben von sozialen Transferleistungen für die sogenannten bildungsfernen Schichten komfortabler wird. Kinder werden noch mehr zu einem Einkommensfaktor. Mit anderen Worten: Schwarz-Gelb konserviert die Unterschicht und verschärft zugleich das Jugendstrafrecht. Das ist gesellschaftspolitischer Zynismus pur.
TS: Das hört sich sehr frustriert an.
B: Ich bin, gelinde gesagt, fassungslos. Prämien, damit Kinder im Milieu bleiben anstatt integriert zu werden? Das ist doch völlig rückwärts gewandt. Das Vorhaben ignoriert die Erfolge fast aller OECD-Staaten und sämtliche wissenschaftliche Studien. Unter Fachleuten herrscht Einigkeit darüber, dass wir in die Kinder investieren müssen und nicht in die Eltern. Das trampelt die neue Koalition jetzt alles mit Brachialgewalt nieder.
Im Übrigen sehen wir hier mal wieder ein schönes Beispiel dafür, daß CDU und SPD eben nicht gleich sind.
SPD-Politiker verdammen alle dieses Volksverdummnungsprogramm der Schwarz-Gelben. Wowereit nennt es "Unsinn".
Die zukünftige SPD-Vizin Manuela Schwesig „sieht für Kinder aus sozial schwachen Familien große Nachteile, wenn Schwarz-Gelb ein häusliches Betreuungsgeld einführt. "Ich befürchte, dass ausgerechnet die Kinder schnell aus der Krippe genommen werden, die sie am nötigsten brauchen", sagte die Ministerin. Das betreffe in Mecklenburg-Vorpommern vor allem Kinder aus Hartz-IV-Familien, in den Großstädten auch Kinder von Migranten.“
Fachleute positionieren sich ebenfalls eindeutig: Die Deutsche Kinderhilfe begrüßte die scharfe Kritik von Heinz Buschkowsky. Er habe mit "wünschenswerter Klarheit" die Effekte der Bargeldförderung von Familien in Deutschland beschrieben, erklärte der Verein. Baralimentation der Eltern mit der Gießkanne komme häufig nicht bei den Kindern an. Die Kritik dürfe aber nicht beim Betreuungsgeld enden.
Also bitte, lieber Leser, wirf Buschowsky nicht in den Koch-Wulff-Sinn-Korb, sondern nimm ernst, was der Mann zu sagen hat.
Merke Dir für die nächste Wahl NICHT CDU, CSU oder FDP zu wählen!
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10 Kommentare:
"Tatsächlich stellt Sarrazin aber eine intelligente soziale Hintergrundanalyse an."
...
"Im Gegenteil, er(Buschkowsky)ist ein Sozialarbeiter vor Ort, ein Kommunaler, der sich tatsächlich darum bemüht Missstände zu BEHEBEN, statt sie nur zu verwalten."
Da stimme ich bei Beiden unter Vorbehalt zu.
Eines verstehe ich nicht.
Ich kann es zwar versuchen zu eroertern, was aber keinen Sinn macht, da, wie auch immer, unterm Strich 'Kopftuecher & Sauefer' bleiben.
Unterm Strich ist Alles: Politik, Medien, Blogger, Strasse, ...
Gerade Sarrazin und Buschkowsky sollten das doch WISSEN.
Es macht fuer mich, auf dieser hohen Ebene, nicht auch nur den geringste Sinn, meine vernunft & sinnvollen Anstrengungen mit ein paar wenigen Worten (bewusst) zu eliminieren.
Ich frage mich nicht mehr, wann es wohl einen Linken/Sozialisten/Kommunisten geben wird, der sich nicht andauernd und vollkommen unsinnigerundunnoetiger Weise selbst aufhaengt.
Eine einfach willkommene und regelmaessige Staerkung der politischen Rechten: "«Typisch sozialdemokratisch»" .. http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1503441.html
Und Sarrazin wird, unter Anderem, zum Held der extremen Rechten: http://www.pi-news.net/index.php?s=Sarrazin (da kriegen dann auch mal wieder Juden auf den Sack)
Links zu sein ist gar nicht einfach. Man wird andauernd gezwungen sich zurecht zu schaemen.
Man koennte ja der Meinung sein, dass es schlimmer nicht mehr werden koenne.
Schoen Waers!!
Gruss
Jake
Da stimme ich Dir zu - ich habe den Aspekt nach einiger Überlegung aus dem Posting ganz heraus gelassen, weil ich dachte, daß es ohnehin schon zwei Themen sind (Tabubrüche im Allgemein und dann die Betreuungsgeld-Sache von schwarz-gelb) und somit lang und unübersichtlich wurde.
Wie gesagt, ich habe das ganze Sarrazin-Interview gelesen und finde es zum großen Teil beeindruckend und sehr richtig.
Wieso er diese Nazi-Klopfer da rein nimmt, ist mir ein Rätsel.
Er weiß doch nun wirklich, wie sich die Leute aufregen und daß er von der falschen Seite Applaus bekommt.
Mir fällt dazu auch keine Rechtfertigung ein, wieso es diese Kopftuchmädel-Metapher sein mußte. Ich kann nur spekulieren.
Entweder er denkt tatsächlich ein bißchen rechtsradikal - was ich aber eigentlich nicht annehme, er sieht das ja aus einer rein sozialen Perspektive und stört sich grundsätzlich überhaupt nicht an Hautfarben oder Nationalitäten.
ODER er geht bewußt immer den einen Schritt zu weit, um Aufmerksamkeit zu erregen (da könnte was dran sein).
ODER - dritte Möglichkeit, er hat so eine Art politisches Tourette-Syndrom und kann nicht anders, als manisch ab und an irgendwas ganz Übles rauszuhauen.
Ich weiß es nicht.
Bei Buschkowsky finde ich es eigentlich halb so wild.
So wüst wie Sarrazin formuliert er normalerweise nicht und ich denke mal, daß man ihm in diesem Fall glauben darf, daß er wirklich aus tiefster Verzweiflung und Fassungslosigkeit sprach.
Nachdem er Tag für Tag, Jahr um Jahr überall erläutert was in der Praxis FALSCH läuft im Sozialsystem und nun Westerwelle/Merkel die dümmste und falscheste Sache überhaupt heraus picken und ausgerechnet DAS ausbauen wollen.
Ich muß auch sagen, daß ich das für eine der folgenschwersten Dinge überhaupt halte - das wird Deutschland noch ganz schwer auf die Füße fallen, daß wir nun noch mehr Anstrengungen unternehmen das Prekariat/bildungsferne Schicht/Unterschicht - oder wie auch immer man das nennen will - noch mehr in sich festigt und davon abhält dazu zu lernen.
Merkel versündigt sich an der Zukunft und fügt Deutschland schweren Schaden zu - ein Treppenwitz, daß sie dazu den Amtseid mit dem „Schaden abwenden und Nutzen mehren“ aufsagt.
Offensichtlich gibt es keinen Gott, sonst hätte sie beim „so wahr mir Gott helfe“- Schwur auf der Stelle ein Blitzschlag zu Asche verwandelt.
LGT
PS - Danke für die Links.
Aber PI sollte ich gar nicht angucken - das regt mich zu sehr auf. Was für ein Pestverein.
Ich habe schon meine private Folterwebseite Kreuznet, die ich ständig anklicken muß (obwohl ich mir imemr vornehme, das sein zu lassen) - noch mehr von dem Dreck vertrage ich nicht.
A propos Dreck:
Hehe, als Hamburger habe ich ja Grund zur Freude - Rieger hat der Schlag getroffen:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/hirntod-von-parteivize-bedroht-npd/
Einer weniger - but millions to go...
LG
Tammox
PPS:
Sarrazin und Buschkowsky - siehe dazu auch:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/derbe-ansagen-aus-neukoelln/?type=98
LG
Tammox
'Rechtsradikal seh ich bei Sarrazin auch nicht unbedingt.
Auf sowas wie Tourette-Syndrom kannst auch nur du kommen, (Danke fuer die Lachfalten) aber dafuer koennte er ja Nichts.
Bei der Aufmerksamkeitserregung stimme ich zu und mixe Das mit den letzten 4 Absaetzen des Taz-Artikels.
Mit Buschkowsky geh ich gerne ein paar Bierchen zapfen.
Sarrazin kann seinen Kaviar ohne mich schlabbern.
Und wie wird Guido von seinem Lieblings'Wahl ver(s)brechen befreit? .. Ganz einfach vom Volk: http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1503739.html
Urploetzlich ist der Hauptaufmacher des Guido-Wahlkrampfes bei einem 3/4tel 'aller Deutschen' ein Anstoss.
Zu spaet schlau geworden??
Die ganzen wagen Zitate aus diesem Artikel sind schon durchaus brechreizend, aber "Laut der wöchentlichen Umfrage von «Stern» und RTL finden nur 22 Prozent der Bürger niedrigere Steuern auf Kosten des Staatshaushalts verantwortlich."
Satte 69% sind "gegen diese Plaene".
Da sagt man: "Für das Steuerthema wurden 1000 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 19. bis 23. Oktober von Forsa befragt."
... oder auch: "Laut der wöchentlichen Umfrage von «Stern» und RTL finden nur 22 Prozent der Bürger niedrigere Steuern auf Kosten des Staatshaushalts verantwortlich."
Wen man da pepraesentiv befragt hat, wird dann tatsaechlich noch angedeutet: "Gegen die Pläne seien 69 Prozent, "insbesondere die Anhänger der Oppositionsparteien."
Hhhmmhh??
Erwartungsgemaess kommt: "Koalition bremst eigene Steuerreform aus" (mehrfache rbrechreiz garantiert) http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1504100.html
und schon kann sich der Guido bei Merkel und dem Volk beschweren.
Und zum Abschluss noch das Merkel:
http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1503539.html
Kaum geschworen, zieht sich dieses Unding gleichmal 3 Auslandtripps in der ersten Woche rein.
Ein guter Start in die Merkel-Doctrine: "Nur nicht Deutschland"
Gruss
Jake
Hi Jake
Buschkowsky ist klasse. Der benutzt in Talkshows auch nie dieselben Formulierungen und ist sicher ein cooler Gesprächspartner - zum Bier komme ich mit.
Was Guido und die Lügen und die Deutschen betrifft, so bin ich jetzt endgültig in Frustrationen verfallen.
Wie soll ich nur die vier nächsten Jahre durchhalten????????????
Offensichtlich bin ich hier von komplett Verblödeten umzingelt! Und ich dachte, daß die sich alle in den USA konzentrierten - aber weit gefehlt.
;(
T
Nur um einem Vorurteil vor zu Beugen, nicht alle Mittel für die Unterschicht werden versoffen. Ich möchte hiermit darauf bestehen, dass unser Alkoholkonsum niedrig ist (1 Flasche Wein 0,75 davon ist aber die Hälfte schlecht geworden, 1 Flasche Likör und eine Packung Pralinen mit Likörfüllung in den letzten 8 Jahren). Ich möchte an dieser Stelle darauf bestehen, dass wir unser Geld verfressen. Meine Kinder wissen ja sogar was Pastinaken sind, oder Artischocken und kennen mehr als 3 Kürbissorten. Quasi über seine Verhältnisse leben auf Gemüsebasis.
@Oberclown - sowas hatte ich mir schon gedacht.
Ich habe sogar Hinweise darauf, daß Du zudem auch noch DEUTSCH sprechen kannst.
A propos Pastinaken: Als Liebhaber DEUTSCHER Gerichte, mache ich mir manchmal einen Steckrübeneintopf.
Da schneide ich dann imeme ein paar Petersilienwurzeln mit rein.
Einmal habe ich keine bekommen und stattdessen Pastinaken genommen.
Das war aber nicht so doll.
Dann lieber Sellerie.
Oder gar nichts.
Was macht Ihr mit Pastinaken?
LG
T
Pastinaken als Ersatz für Petersilienwurzeln ist wirklich keine gute Idee, da fehlt das typische Aroma. Die Pastinake selbst schmeckt vor allem dann gut, wenn man sie anbrät. Ich verwende die gerne, in Soßen, in Eintöpfen (aber sparsam) und in Kürbissuppe aber jeweils vorher angebraten. Grundsätzlich kann man in alles, wo Karotten reinkommen auch ein wenig Pastinake dazutun. Was auch sehr lecker ist, wenn es mal in Richtung Luxusleben gehen soll ist Pastinaken, Sellerieknolle und Karotten in Julienne schneiden Frittieren und Salz, Kurkuma und Kreuzkümmel drüberstreuen.
Ahhhh, So ist das.
Kürbissuppe mag ich ja gar nicht.
Aber die Geschmäcker der Publikümmer sind eben verschieden.
Außerdem bin ich ein gefühlter Prekariatshaushalt.
Zwar ohne Hartz-IV, aber ich esse einfach zu unregelmäßig. Und wenn, dann gerne ganz undeutsch im Liegen und nicht am Tisch.
Die Römer wußten schon wie man das zelebriert.
Verdammt, jetzt hast Du mir echt Appetit auch panierte Sellerie gemacht.
Weißt schon - Sellerieknolle kochen, in Scheiben schneiden, panieren, braten.
Hmmmmmmmmmmmmmm!
Früher hat mich immer eine Freundin mit fertig panierten eingefrorenen Selleriescheiben beliefert. Habe ich dann immer einzeln aus dem Tiefkühlfach direkt in die Pfanne getan.
OH, mir läuft das Wasser im Mund zusammen.
Blöderweise kann ich das nicht selbst herstellen, da ich nicht panieren kann.
Rohe Eier ekeln mich einfach zu Tode - es ist mir absolut unmöglich diesen Eierglibbersabsch zu handhaben.
Wiewohl ich das Endresultat ja ZU GERNE fresse.
Verdammt. Wäre ich ein echter Prekariatler, hätte ich mindestens ein halbes Dutzend Kinder und könnte eins von denen zwingen für mich Selleriescheiben in Eiersabsch zu tunken……
Als Single ist einem aber auch GAR NICHTS vergönnt.
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