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Sonntag, 15. März 2009

Selektive Geschichte II

Auf wen träfe das Wort „Traditionalist“ besser zu, als auf Katholiken?
Haben Sie doch eine fast 2000-jährige Geschichte vorzuweisen.
Nun gut, man lebte quasi noch in Höhlen, als in China oder Ägypten oder im Jemen schon die Hochkultur blühte, aber für Europäische Verhältnisse sind 2000 Jahre schon mal nicht schlecht.

Sehr viel Tradition also, auf die man sich berufen kann. Könnte.

Die konservativsten und rückwärtsgewandtesten Vertreter des Katholizismus von der Piusbruderschaft FSSPX, werden dementsprechend auch als Figuren der „Tradi-Szene“ tituliert.
Ihr Hauptanliegen ist es jede Form des Modernismus zu bekämpfen.
Diese lästigen Menschenrechte, die immer mehr in Mode kommen, sind ihnen ein Grauen.
Die irren Piusse stellen sich Fragen.
Wieso sollte man keine Kinder mehr verprügeln?
Seit wann dürfen Frauen in der Öffentlichkeit reden?
Was ist denn schlecht daran Andersgläubige auf den Scheiterhaufen zu werfen?
Früher war alles besser und deswegen nahmen sie sogar eher die Exkommunikation durch den linksliberalen modernistischen Hallodri Papst Johannes Paul II in Kauf, bevor sie sich auch irgendwelche liturgischen Neuerungen des zweiten Vatikanischen Konzils einließen.

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (lateinisch: Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X. (decimi), FSSPX) will also die Uhr zurück drehen und in die Vergangenheit, näher an Christus, weiter weg von der Moderne.
Wieso also Pius X?
Wieso kaprizieren sich die Tradis des 21. Jahrhunderts ausgerechnet auf eine Momentaufnahme der Kirchenkultur vom 4. August 1903, als Joseph Melchior Sarto Papst wurde?
1835 wurde er als Giuseppe Sarto in einer armen Kleinbauernfamilie in der Nähe von Venedig geboren. Sarto studierte nie an einer Universität und war vor seiner Papstwahl auch nicht an der Kurie in Rom tätig gewesen. Als Kirchenlehrer ist Sarto gänzlich irrelevant geblieben.
Er hat Italien niemals verlassen, sprach keine einzige Fremdsprache und war weder theologisch noch philosophisch gebildet. Aus dem Konklave, in dem er seine französischen Kollegen nicht verstand, ging er nur durch Intervention des österreichischen Kaisers als Papst hervor.
Der Heilige Geist hatte sich eigentlich für den schlauen Kardinalstaatssekretär Mariano Rampolla del Tindaro entschieden - aber den mochte Franz-Joseph nicht.

Saßen in den 19 Jahrhunderten zuvor nicht traditionellere Vorbildfiguren auf dem Thron?

Die Piusbrüder erklären:
Pius X. verurteilte den Modernismus in zahllosen Veröffentlichungen, unter anderem 1907 in dem Dekret Lamentabili und in der Enzyklika Pascendi. 1910 führte er den Antimodernisteneid ein. So ging er einerseits als unbeugsamer Antimodernistenpapst in die Geschichte ein.

Der Namensgeber der FSSPX regierte 11 Jahre und wurde ratzfatz post mortem befördert.

Pius X. wurde durch Papst Pius XII. im Jahr 1951 selig- und im Jahr 1954 heilig gesprochen. Seitdem ist sein Leichnam in einem Glassarg im Petersdom aufgebahrt, das Gesicht durch eine Metallmaske verdeckt. Er ist der erste heilig gesprochene Papst seit Pius V. im 16. Jahrhundert.

Heilig” und “antimodernistisch” scheinen die Trigger für die Tradis zu sein.

Immerhin gab es vor PX schon hunderte andere Päpste - inklusive Gegenpäpsten sind es bis heute ca 306, wovon bis jetzt 80 Heilige sind.

Pius X ist dabei weit unbekannter als beispielsweise seine Kollegen Pius IX oder Pius XII.
Pio Nono, als überzeugter und militanter Antisemit wäre doch auch ein schönes Vorbild für die Piusbrüder rund um den Holocaust-Leugner Bischof Williamson gewesen, könnte man meinen.
Aber der zehnte Pius hatte es durchaus in sich!
Er verurteilte Wissenschaftler zu Ketzern und Protestanten zu Feinden Christi.
Etwas gar Grässliches war nämlich seit einigen Jahren in Mode gekommen.
Deutsche und französische Theologen begannen geschichtliche Quellen auf die Bibel zu beziehen und legten am laufenden Band Irrtümer, Fälschungen und Widersprüche in der Heiligen Schrift offen.
Viele kirchliche Dogmen beruhten also ganz offensichtlich auf Lügen und waren ebenso zum Scheitern verurteilt, wie der Widerstand der Kirche gegen das heliozentristische Weltbild.
Aber nun kam der gänzlich von Wissenschaft und Bildung unbeleckte Pius X in Spiel und schwang die Unfehlbarkeitskeule.

René Schlott
fasst zusammen:

Solche wissenschaftlichen Studien setzte Pius X. sofort auf den Index, ihre Autoren wurden kurzerhand exkommuniziert. In seiner Enzyklika Pascendi (1907) verurteilte der Papst modernistische Bibelkritik als Häresie. Wissenschaftlicher Fortschritt, so der Nachfolger Petri, solle "nur im Lichte der katholischen Lehre und unter ihrer Führung" angestrebt werden. Allen, die weiter an den Irrlehren festhielten, wurden Disziplinarmaßnahmen angedroht. Drei Jähre später führte Pius den sogenannten Antimodernisten-Eid ein: Jeder Priester musste fortan vor der Weihe den ketzerischen Ideen abschwören, die in der Enzyklika Pascendi verurteilt worden waren, und sich zur gesamten Kirchenlehre bekennen. Erst 1967 wurde der Eid von Papst Paul VI. wieder abgeschafft.
In der Kirchengeschichtsschreibung ist man sich heute weitgehend einig in der negativen Beurteilung des Pontifikats von Pius X. Trotz einiger von ihm angestoßenen innerkirchlichen Reformen, so die nahezu einhellige Meinung, habe er die Kirche hinter die Öffnungsbemühungen seines Vorgängers Leo XIII. zurückgeführt. "Starrheit und Rigorimus" sieht Papstkenner Jean Mathieu-Rosay bei Pius am Werk, ein "Zurück zur autoritären Defensive" der Bonner Historiker Rudolf Lill und "antimodernistische Hexenjagd" der Kirchengeschichtler Josef Gelmi aus Brixen, um nur einige bezeichnende Urteile von Fachleuten zu nennen.

Es wundert dann auch nicht, daß es der Nazi-freundliche Papst Pius XII* war, der seinen Vorgänger heilig sprach.
Ich bedauere es, daß die FSSPX so kurz gesprungen ist - nämlich nur 70 Jahre zurück - und sich auf einen so langweiligen und intellektuell unterbelichteten Papst bezog.
Es hätte viel interessantere Namenspatrone gegeben, wenn sich Erzbischof Marcel Lefebvre nur ein bißchen tiefer in die Tradition getraut hätte.

-Papst Innozenz I. (401 bis 417),der sich ausnahmslos an präpubeszenten Mädchen vergnügte, während Sixtus III. (432 bis 440) die reifere Nonnenschaft an seiner Manneskraft teilhaben ließ;

- Papst Johannes XII. (955 bis 963) , der in der Peterskirche ein Bordell betrieb - bis er beim Koitalvollzug vom Ehemann einer seiner vielen Buhlerinnen erstochen wurde;

- Papst Paul II. (1464 bis 1471), der sich am Folterschmerz von nackten Männern erregte, bevor er es mit seinen Lustknaben trieb - er schied durch mors in paedicatio, den Tod beim Verkehr zwischen Mann und Mann;

- Papst Gregor XVI. (1831 bis 1846), der die Frau seines Barbiers neben seinen Privaträumen einquartierte - ihre sieben Kinder waren die wahrscheinlich letzten von vielen, die ihr irdisches Dasein päpstlichen Keimdrüsen verdankten.
Einfachen Priestern hingegen , die sich eine Konkubine hielten, drohte gar die Kastration; erlaubt war ihnen die Wollust nur, wenn sie dem Papst das „Cullagium“ zahlten - eine Art Sex-Steuer, mit der sie sich von ihrem Keuschheitsgelübde freikaufen konnten. Fast alle Pfarrer griffen zu diesem Zweck in den Klingelbeutel. Denn sie trieben es so wild wie ihre Oberen, kein Gemeindeglied, ob weiblich oder männlich, war vor ihren Übergriffen sicher. Als sich kaum noch jemand zur Beichte traute, die der Priester bis dahin in einem abgeschiedenen Winkel der Kirche hörte, wurde 1614 der Beichtstuhl eingeführt.

-Potent war auch Innozenz VIII. (1484 bis 1492), der sich an seinen acht Töchtern ebenso verging wie Julius III. (1550 bis 1555) an seinen zwei Söhnen - zum Lohn für ihre sexuellen Frondienste weihte er sie 15jährig zu Kardinälen.

- Zu ihrem Höhepunkt gelangte die papale Pornokratie unter Alexander VI. (1492 bis 1503), der den Heiligen Stuhl endgültig zum Sündenpfuhl machte. Er war ein Unverwüstling sondergleichen, der jede Nacht 25 der formschönsten Freudenmädchen Roms zu sich befahl. Daneben verfügte der Papst aus der berüchtigten Familie der Borgias noch über genügend Ausdauer, um mit seiner Kindsbraut Giulia, seiner Tochter Lucrezia sowie deren Mutter und Großmutter zu konkubieren.

Chance vertan liebe FSSPX’ler!

*Küng:

Er [Pius XII] war sich der Affinität bewusst zwischen seinem eigenen, autoritären Kirchenverständnis - es war antiprotestantisch, antimodern, antiliberal und antisozialistisch - und dem faschistischen Staatsverständnis. Mit Blick auf die Begriffe "Einheit", "Ordnung", "Disziplin", "Führerprinzip" meinte er, in der NS-Ideologie Ähnlichkeiten zu erkennen.
Die Nazis wollten auf staatlicher Ebene Ähnliches durchsetzen wie die katholische Kirche auf der religiös-übernatürlichen Ebene.
[Als 1933 die Juden entrechtet und verfolgt wurden schwieg Pacelli]
Er unterließ es als Kardinalstaatssekretär, gegen die Nürnberger Rassegesetze von 1935 zu protestieren, er wandte sich nicht gegen das Reichspogrom von 1938 und den Überfall des faschistischen Italien auf Äthiopien 1935/36. Als Papst kritisierte er nicht die Invasion Italiens in Albanien an Karfreitag 1939. Und, was ihm die Polen schwer übel genommen haben: Er prangerte nicht den verbrecherischen Angriff von Hitlers Wehrmacht auf Polen an, den Beginn des Zweiten Weltkrieges…………
Hitler war für ihn im Vergleich zu Stalin das kleinere Übel. Seinen Kampf gegen den Kommunismus führte Pacelli auch nach 1945 fort. Da hat er Katholiken mit kommunistischem Parteibuch weltweit exkommuniziert. Aber vorher hat er es unterlassen, die formalen Katholiken in der NS-Führung - Hitler, Himmler, Goebbels und andere - zu exkommunizieren……………….
Die Heiligsprechung von Pius XII. würde die Kanonisierung seiner kirchlichen Innen- und Außenpolitik sowie seines Pontifikatstiles bedeuten. Solcher kirchenpolitischer Missbrauch ist leider möglich, wenn ich daran denke, wie Pius XII. 1954 seinen Vorgänger Pius X. heiliggesprochen hat. Pius X., das war der Antimodernisten-Papst und geistiger Vater der heutigen Pius-Brüder.

2 Kommentare:

jakebaby hat gesagt…

Angesichts des ersten Afrika-Besuch Popos, "Don't worry Brothers and Sisters, ... God will bleach you in Paradise ...." ;-)

hier, http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1300939.html
die ultrakrassekelhaft-amerikanisierte 'Herausforderung' fuer den Popo-Schmarn.

Gruss

J.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Hallo Jake!

Danke für den Link - mal wieder.
;)
So einen Bericht habe ich schon mal über Südamerika gelesen - da sind die Pfingstkirchler auch erstaunlich erfolgreich - obwohl man doch immer dachte, daß sei DIE Hochburg der Katholiban.
So sehr es mich auch freut, daß da mal jemand das Vatikan-Monopol bricht:
Das nützt letztendlich auch nichts - weil die armen brainwashed Typen doch nur vom Regen in die Traufe kommen.

Gerade was die amerikanischen Kontinente betrifft, habe ich schon manchmal das gefühlt, dass die Katholiken noch geradezu liberal sind gegen die hardcore-Evagelikalen.
Palin ist doch auch Pfingstkirchlerin, oder?
Die glaubt ja auch felsenfest, daß die Welt erst 6000 Jahre alt ist, etc.
Diese Rush Limbaugh-Anhänger (oder wie ein Kumpel von mir aus Ohio immer sagt: „Limpballs“), sind doch noch durchgeknallter als es der fundamentalste Katholik sein könnte.
Naja, auf der anderen Seite sind die katholischen Priester bei Euch ja alle Kinderficker - auch nicht die feine englische Art…

Schlimmschlimm…

LG
T