TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Dienstag, 1. Dezember 2009

Impudenz des Monats November 2009

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Den Titel dieses Monats erhält erstmalig ein Gesetz.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Allein die Hybris der Verfasser zu glauben, daß man Wachstum per Gesetz anordnen könne, ist schon reif für eine Eselsmütze.

Beschlossen hat dieses gaga-eske Konvolut das Bundeskabinett am 09. November 2009.
Ein Datum, das bekanntlich für allerlei bizarre Vorgänge in der deutschen Geschichte herhalten muß.
Die Webseite des Schäubleministeriums bietet ein 39-Seiten-pdf „ Formulierungshilfe der Bundesregierung“.
Daß der Finanzminister inzwischen kein Finanzfachmann mehr ist, sondern ein Jurist, wird ob des Wortkonvoluts immerhin klar.

Die hartnäckige Fixierung auf das Wundermittel „Wachstum“ ist der nächste Brüller.

Die Strategie mit Steuersenkungen für die Reichen Wachstum anzukurbeln und den Haushalt zu sanieren ist schon in den 80ern in GB und den USA grandios widerlegt worden.
Zuletzt versuchte es Rot/Grün und senkte in beispielloser Weise die Steuern.
Unter Kohl lag der Eingangssteuersatz bei 26% und der Spitzensteuersatz bei 56%. Das Ergebnis von 16 Jahren CDU-FDP-Regierung; jenen Gestalten, die jetzt wieder dran sind.
Nun sind wir Dank Schröder bei 15 % und 45 % und das bei höheren Freibeträgen!
Das haben Rot/Grün durchgeprügelt und zwar gegen "Mrs. Njet" und Westerwelle, die alles blockierten.
Das ist nach wie vor die massivste Steuerentlastung für die Arbeitseinkommen, die es je gab und das hat die CDU eben NICHT hinbekommen, sondern stattdessen stets nur die Steuern erhöht.

Ich glaube nach wie vor, daß Schröder dabei ganz ehrenhafte Absichten hatte - der Wirtschaftsstandort Deutschland sollte wieder attraktiver werden.
Jahrelang hatten Investoren einen großen Bogen um Deutschland gemacht.
CDU und FDP hatten das Land bis 1998 so dermaßen verkrustet und reformunfähig gemacht, daß man in aller Welt von der „german disease“ sprach.

Nicht zu vergessen, daß sämtliche Ökonomen und Experten unisono genau dieses Rezept propagierten.
Durch die enormen Steuererleichterungen für die Gutverdiener und Unternehmer werde es zu einem gigantischen Wirtschaftswachstm kommen, von dem dann das ganze Land profitieren werde - insbesondere auch die Staatsfinanzen.
Nur so könne man sich den Sozialstaat leisten.

Während ich dies schreibe, kommt mir die Idee auch gar nicht mal so schlecht vor.

Das Problem ist nur, daß wir zehn Jahre später WISSEN was so eine Politik bringt - nämlich leider das Gegenteil des Prophezeiten:
Die Schulden sind weiter explodiert, reguläre Arbeitsplätze gingen im großen Stil verloren, dafür entstanden Mc-Jobs, Ein-Euro-Beschäftigungen, Leiharbeiter, die „beim Amt“ aufstocken gehen müssen und nun auch noch „Null-Euro-Jobber“.

Die Staatsfinanzen sind außer Kontrolle und die soziale Schere ging weiter auf, denn je.

Das Wachstumsfixierte neoliberale Instrumentarium ist prinzipiell gescheitert.
Und, man höre und staune, selbst der ein oder andere Ökonom gibt inzwischen zu, daß das alles ein großer Murx ist.
So liest man dieser Tage im SPIEGEL, der noch vor ein paar Jahren massiv für neoliberale, arbeitgeberfreundliche Reformen agitierte, daß der Schuldentausch nun doch zu weit getrieben sei:

Da müht sich auch die Politik nicht sonderlich um Solidität. Ohne Wachstum sei alles nichts, predigt Angela Merkel. Und wir lernen von ihr: Wachstum sei das Mantra, um die öffentliche Verschuldung wieder zurückzufahren. Also soll das Land mit höheren Schulden Wachstum produzieren, das dann hilft, den riesigen Schuldenberg abzutragen. Diese wundersame Technik hat schon in den achtziger Jahren ein amerikanischer Präsident namens Ronald Reagan getestet.
Das Experiment endete in einem Schuldenrekord.
Spätestens seit Reagans gescheitertem Großversuch wissen die Ökonomen, dass die Selbstfinanzierung der Konjunktur über Schulden nicht funktioniert. Höchstens 30 bis 40 Prozent der eingesetzten Mittel werden wieder eingespielt.
Soweit Wolfgang Kaden.

Unglücklicherweise kleben Merkel und Westerwelle nach wie vor manisch an der gescheiterten Laffer-Ideologie.*
Das ist zwar alles hochgradig ungerecht und sozialpolitisch gaga - aber was soll’s - sie ist die beliebteste Politikerin Deutschlands.
(*Die massiven Steuersenkungen würden sich in Null Komma Nichts amortisieren, weil die Wirtschaft so heftig anspränge, daß der Staat sogar mehr einnähme und daß die Sozialausgaben durch die dann folgende Vollbeschäftigung so stark sänken, daß der Bundesetat bald schuldenfrei wäre)
Wieso sollte sie den Kurs gegen die Wand ändern?

Peter Fahrenholz, auch kein Linker, nennt das Voodoo-Glaube:
Steuersenkungen, die sich das Land beim derzeitigen Zustand der Staatsfinanzen nicht leisten kann und von denen jeder Kundige weiß, dass sie sich höchstens zu einem Drittel von selber finanzieren. Dass Steuergeschenke wegen des höheren Wachstums, das sie auslösen, kostenneutral sind, ist der alte Voodoo-Glaube aller Steuersenker, der noch nirgends auf der Welt Realität geworden ist.
Steuersenkungen mit völlig ungewisser Gegenfinanzierung sind aber nicht nur für den Staatshaushalt, sondern vor allem für die Bürger, die angeblich entlastet werden sollen, gefährlich. Denn was wird ein Staat machen, der Geschenke verteilt, die er sich nicht leisten kann? Er wird sich das Geld auf anderen Wegen von seinen Bürgern zurückholen. Der Staat, das ist eben nicht nur der Herr Solms, der die Steuern senken will. Das ist auch das Bundesland, das wegen seiner klammen Kasse die Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr zusammenstreicht, weswegen dann die Bus- und Bahnpreise steigen. Das ist die Kommune, die leider die Müllgebühren anheben und den Kindergartenplatz verteuern muss.

Westermerkel stochert dennoch unbelehrbar in den tiefsten Nebel.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll es richten.

Dazu gehört ein bißchen Klientelpolitik aus dem Irrenhaus, wie die Milliardengeschenke für die FDP-Freunde aus den Hotels.
Selbst die eigenen Wirtschaftsweisen halten die Mehrwertsteuerermäßigung von Hotels für „schlicht sinnlos“.

„Ein bißchen gaga“
heißt der dazu erschienene Artikel auf SPON:
Die Unterstützung ist umso erstaunlicher, als sich sonst niemand finden lässt, der die neue Subvention vernünftig findet. Die Wirtschaftsweisen kritisieren den Plan als "völlig unverständlich". Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten spricht von einem "völlig sinnlosen Weihnachtsgeschenk". Selbst FDP-Politiker sind empört. "Es ist falsch, immer neue Subventionen zu erfinden", sagt Volker Wissing, Vorsitzender des Finanzausschusses. Der CDU-Vertreter Thomas de Maizière tat kund, er finde den Plan "ein bisschen gaga". Ähnlich äußerte sich der CSU-Politiker Fahrenschon und warf der FDP vor, im Wahlkampf auf die überzogenen Erwartungen der Dehoga-Lobbyisten eingegangen zu sein, was wiederum seine Leute unter Druck gesetzt habe.

Das was der Innenminister als „gaga“ bezeichnet, ist nur leider nicht nur zum drüber lachen.

Die Steuerausfälle haben auch Konsequenzen.

Zum Beispiel streicht die Landesregierung in Hamburg nun 259 Lehrerstellen an Gymnasien. Lehrermangel, Verblödete Schüler, Unterrichtsausfall - all das wird nun noch verschärft, damit Merkel, die beliebteste Politikerin der Bundesrepublik ihre „gaga-Politik“ durchsetzen kann.

Die anderen Punkte des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sind hinlänglich bekannt und kaum weniger grotesk.

Da ist zum einen die hier mehrfach scharf kritisierte Bildungsfernhalteprämie (vulgo Herdprämie) und zu dem tollen Plan „Schneller sterben für mehr Wachstum“ (Trittin) - der Gesetzentwurf von Union und FDP sieht vor, Geschwister sowie Nichten und Neffen erbschaftssteuerlich künftig besser zu behandeln - erspare ich mir den Kommentar und verweise auf die euphemistische Beschreibung des CDU-Ministerpräsidenten Carstensen:
"Ihr habt sie doch nicht alle"

2 Kommentare:

olli hat gesagt…

Die Missverständnisse sind nicht die schuld der geliebten Bundesregierung. Die Micros der Presse waren nur nicht für die gesellige Aussprache des Herrn Brüderle geeignet. Wenn man es oft genug hört versteht man Schuldenwachstumsbeschleunigungsgesetz.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Olli, vermutlich hast Du Recht.

Oder es ist eben doch nur alles ein überdimensionaler Witz!

http://tammox.blogspot.com/2009/12/viel-zu-tun-in-frankfurt.html


LG

Tammox