TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Donnerstag, 12. Februar 2009

Lügen in Zeiten der Merkel

Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg ist nun also Wirtschaftsminister.

Trittin sagte dazu sehr richtig: Wir haben jetzt eine Situation, wo man sozusagen in den Personen der Wirtschaftsminister von der Schlafpille zum Azubi übergeht.

Wie im Kabinett Merkel üblich, darf ein Unionsminister ohnehin nicht fachlich kompetent sein, da die Chefin sich grundsätzlich nicht mit Politik beschäftigt.

Marc Beise beschreibt es ganz sachlich:
Halten wir fest: Es sitzt nun einer auf Ludwig Erhards Stuhl, weil er immerhin a) nicht der falschen Partei (CDU oder SPD) angehört und b) nicht aus der falschen Region (Oberbayern) kommt. Ob der Mann ausreichend kompetent ist oder dass es bessere Kandidaten gegeben hätte, spielt keine Rolle - Hauptsache, man hat einen CSUler aus Franken mit telegenem Gesichtsausdruck. Willkommen, Herr Minister!

Daß die Herkunft aus einem bestimmten Bezirk Frankens und die Zugehörigkeit zur CSU nicht die einzigen Kriterien sein sollten, um in der weltmaximalen Wirtschaftskrise der Wirtschaftsminister der größten Exportnation des Planeten zu werden, schwante wohl auch in der Union einigen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lämmel, Mitglied im Wirtschaftsausschuss, schlug in die gleiche Kerbe: Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise hätte das Amt von einem ausgewiesenen Wirtschaftsexperten übernommen werden müssen. Herr zu Guttenberg ist bisher eher als Außenpolitiker aufgefallen.

Nun hatte Vorgänger Glos allerdings auch keinerlei Ahnung von der Materie - insofern nichts Neues nirgends.
(Pispers 2005: „Kann mir einer erklären, wieso Michel Glos Wirtschaftsminister geworden ist? Lothar Matthäus hätte doch auch Zeit gehabt!“)

Dennoch beeilte man sich zu erklären, daß Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Wilhelm Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu G. über enorme Erfahrung im familieneigenen Konzern verfüge - einer mit Wirtschaftskompetenz im Blut gewissermaßen - jemand, der praktische Erfahrungen als Unternehmer habe und daher endlich mal den Mittelstand fördern würde.
Dieter Hundt, Arbeitgeberpräsident:
Ich bin überzeugt, dass Herr zu Guttenberg die Interessen der Wirtschaft und dort insbesondere auch des Mittelstandes, aus dem er ja selbst kommt, nachhaltig vertreten wird.

ZDH-Präsident Kentzler:
Ihm ist aufgrund seiner bisherigen Leistungen in der Politik viel zuzutrauen.

Auch das CDU-PR-Organ BILD jubiliert:
Er war geschäftsführender Gesellschafter im Familienbetrieb (Trockenbau, Isoliertechnik, Dämmstoffe).

Die Springersche Schwesterzeitung Hamburger Abendblatt schrieb:
Dem Vorhalt, das wirtschaftspolitische Profil zu Guttenbergs sei ausbaufähig, begegnet Seehofer mit dem Hinweis auf dessen Praxiserfahrung. Tatsächlich war er geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens Guttenberg GmbH, einem Fachgroßhandel für Trockenbau, Isoliertechnik und Dämmstoffe.

Der Freiherr selbst erklärte sich in den Tagesthemen vom 09.Februar 2009 für besonders erfahren: Ein teilwirtschaftliches Fundament durfte ich mir in der Zeit vor der Politik bereits aneignen. Durch die Verantwortung, die ich im Familienunternehmen getragen habe.

Gleichlautendes von Karl-Theodor zu Guttenberg im „heute journal“ vom 09.02.2009: ...und habe vor dem Eintritt in die Politik in der freien Wirtschaft gearbeitet. War dort tätig, habe dort Verantwortung im eigenen Familienunternehmen getragen.

Nette Geschichte.

Nur mit dem KLEINEN HAKEN behaftet, daß sie glatt erfunden ist, wie das NDR-Magazin Zapp enthüllte.



Bei der angegebenen Firma - Von Guttenberg GmbH Uhlandstraße 15 · 85609 Aschheim · Tel. 089/909983-0 - ist man irritiert. Sie beschäftigt sich tatsächlich mit Trockenbau, WKSB-Isoliertechnik, Dämmstoffe für Dach, Fassade und industrielle Weiterverarbeitung. Allerdings hat ein Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg dort nie gearbeitet.

Wovon spricht also der telegene Freiherr, wenn er auf seine „Erfahrungen“ verweist?

Auch das hat ZAPP nach langer Mühe ermittelt und zitiert einen Auszug aus dem Handelsregister, nachdem es sich um eine zwar gleichnamige aber ganz andere Firma handelte:
„die Guttenberg GmbH“ mit Sitz in München. Sie hatte lediglich „3 Beschäftigte“. Deren Aufgabe (Zitat aus Handelsregister):... „die Verwaltung des eigenen Vermögens.“ Es ist das Vermögen der Familie von und zu Guttenberg. Seit fünf Jahren gibt es auch diese Firma nicht mehr.

Also mit der Ehrlichkeit des neuen Wirtschaftsministers und all seinen Claqueuren von Union und Springer-Presse ist es nicht so weit her.

Es werden Falschinformationen gestreut, die Öffentlichkeit getäuscht und fachlich liegt keinerlei Qualifikation des Ministers vor.

Unterm Strich also ein perfektes Mitglied der Merkel-Regierung!

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte zu Guttenbergs internationale Erfahrung, die ihm zugute kommen werde.
Ich bin davon überzeugt, dass er seine Arbeit exzellent machen wird.

Ist nicht gerade Karneval?


NACHTRAG:


Nach der Firmenauskunft „Creditreform“ hatte die Ex-Firma von Merkels Wirtschaftsminister „ca. drei Beschäftigte“, machte im Jahr 2000 einen Umsatz von „25 000 Euro geschätzt“ und wurde 2004 aufgelöst. Bei einem Umsatz von 25 000 Euro im Jahr müsste jede Dönerbude dicht machen.

Sein elfter Vorname "Wilhelm", den ich zunächst auch niederschrieb, ist ebenfalls eine Erfindung, der BILD und Co aufgesessen sind.

Auch PANORAMA nahm sich inzwischen des prahlenden Ministers an:

Doch Guttenberg führte in den letzten Tagen noch eine weitere Quelle an, als Beleg seiner wirtschaftlichen Kompetenz: "Ich durfte im Zuge dessen mit teilnehmen an einem Gang, den die Familie mit begleitet hat und zwar federführend mit begleitet hat eines großen Konzernes, der an die Börse geführt wurde und der ein M Dax Unternehmen wurde. Ihnen werden die Rhön Kliniken etwas sagen."Die Rhön Kliniken gingen 1989 an die Börse. Zu Guttenberg war damals gerade 18 Jahre alt. Wie kompetent in Sachen Wirtschaft ist der Mann also wirklich?

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich hatte übrigens schon das Vergnügen. Echter Steinadel mit den entsprechenden unternehmerischen Steinbeisserfähigkeiten.

"Alles zuzutrauen" bringt die Kompetenzen schon ziemlich genau auf den Punkt - also rein von der obligatorischen CSU-Mitgliedschaft einmal abgesehen.

Was würden die Franken sagen:

"Besser als wie der Glos? Glos mit Soss!"

Der Nordstern.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Nun muß man allerdings hinzufügen, daß Union und FDP schon immer ihre größten Pflaumen auf den Sessel des Wirtschaftsministers gesetzt haben.
Ich erinnere mich noch daran, als 1993 Günter Rexrodt Wirtschaftsminister wurde und bei der Debatte zu seinem Amtsantritt Matthäus-Maier die weisen Worte sprach:

„Wir hatten erst einen Bangemann, dann einen Haussmann, dann einen Möllemann - wie wäre es denn einmal mit einem FACHmann?“

Den letzten SPD-Amtsinhabern, Karl Schiller und Helmut Schmidt, konnte man nun wirklich keine mangelnde Fachkenntnis vorwerfen.
Unter FDP-Okkupation wurde das BMWi dann mehr und mehr zu einer Verwahranstalt von Laberluschen ohne Kompetenz.

So sollte auch Matthäus-Maier Recht behalten - es dauerte nicht lange, dann war über sein Ministerium der Schnack im Umlauf, es wäre „faktisch vakant“ und er tauge maximal zum „Grüßaugust“

Wieso ausgerechnet die FDP sich damit das Etikett „Wirtschaftskompetenz“ ergattert hat und unter dem noch fachfremderen Hohlkopf Westerwelle in den 18%-Umfrage-Olymp klettern konnte, wird sich wohl nur mit der totalen Verblödung des deutschen Urnenpöbelns erklären lassen.


LG

Tammox

Anonym hat gesagt…

Am schönsten war es in Baden-Württemberg! Nachdem Dauer-MP Späth endlich gegangen war*, gab es mal vier Jahre Schwarzrot. Und mit Spöri wurde sogar mal ein SPDler zum Wirtschaftsminister!

Und was hat die schwarze Einheitspresse da Stimmung gemacht! Und die Wirtschaftsverbände und Grosskonzerne gejammert.

Nach vier Jahren war dann Schluss und die FDP durfte wieder mit ran. Diesmal mit "Dödel" Döring als Wirtschaftsminister.

Und nach ein paar Jahren, da wurde doch tatsächlich leise & verhaltene Kritik hörbar von Wirtschaftsverbänden und sogar der schwarzen Presse, der Spöri wäre doch gar nicht mal sooo schlecht gewesen (im Vergleich zum DD).

Tja, zu spät sage ich da nur! ;)

Der Nordstern.

(*sicherlich nicht wegen der Flugaffäre, den haben eher seine eigene Parteikollegen auf dem Gewissen, denn in BW ist solcherart "Sponsoring" aber der Kommunalebene völlig normal.)

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Ja DÖRING ist auch meiner Lieblinge!

Interessanterweise gibt es auch kaum FDP-Wirtschaftsminister, die nicht irgendwann in irgendwas Illegales verstrickt wurden. Natürlich auch Döring:

http://tammox.blogspot.com/2008/11/cdu-und-fdp-kernkompetenz.html

http://tammox.blogspot.com/2008/11/noch-mehr-cdu-und-fdp-kernkompetenz.html

Schon lustig, wie das so läuft in Guidos Partei:

http://tammox.blogspot.com/2008/12/guidos-langer-arm.html

Einige der bürgerlichen Wirtschaftsminister ticken auch irgendwann komplett aus und gehen direkt in den akuten Wahnsinn über:

http://tammox.blogspot.com/2008/05/wirtschaftssenatoren-out-of-order.html


Sorry für die Eigenwerbung - aber SÜDstern ist ja nun weg…..


;)
T

Anonym hat gesagt…

Wo wir schon bei Eigenwerbung sind:

die 18% erklären sich meiner Meinung nach damit, dass die LEute die Sache mit dem Bären und den Würmern nicht verstanden haben.

Siehe hier:
http://moredhel.is-a-geek.net/clown/post.php?id=Eine%20Fabel

Anonym hat gesagt…

Bei Guttenberg wird auch der Lothar Matthaeus-Vergleich noch relevanter denn bei Glos. (alleine schon optisch)

Im Vergleich zu Guttenberg ist Matthaeus schon mal ein rhetorisches Genie und mit der 'Wirtschaft kennt sich Lothar auch wesentlich besser aus. Nicht nur, aber vor allem nach den vielen Erfolgen in seinem Beruf.

So warum nicht Lothar?
Der haette es wenigstens nicht noetig, sich in einen Job zu luegen.
J.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Hi Jake.

Ja warum nicht?
Wir haben ja auch einen Verteidigungsminister, dessen einzige Qualifikation es ist ein Zäpfchen von Roland Koch zu sein.

Wir haben ja auch einen Innenminister (=Verfassungsminister), der erwiesenermaßen so dreist das Parlament belügt, daß er noch nicht mal mehr CDU-Vorsitzender bleiben konnte. Als Präsidenten wollte ihn auch niemand. Aber irgendwo mußte er halt hin.

Und Lothar Matthäus ist ja schon mal Bayer! Was will man da noch mehr?
Irgendwas muß man ja mit den ausgemusterten Bayern schließlich anstellen - man kann die doch nicht immer wie den Stoiber-Edi den armen Brüsselern aufs Auge drücken!
Ich bin auch dafür ihn einzusetzen. Dann bekommen die Deutschen auf internationalen Konferenzen („You can say you to me“) auch gleich das entsprechende Gewicht.

LG
T