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Dienstag, 29. Januar 2008

Peinlich

Ein Dreivierteljahrhundert ist es her, daß die sogenannte „Machtergreifung“ stattgefunden hat. Ein Ereignis, das nachwirkt. Ein Datum, das Hitler in die Lage versetzte einen noch nie da gewesen Krieg anzuzetteln, der 2077 Tage dauerte und mindestens 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Ein Krieg, der teilweise wohlgemerkt ungeheuer populär war – alle Historiker sind sich einig, daß Hitler 1940 nach der Niederlage Frankreichs auf dem absoluten Zenit seiner Beliebtheit war.
Die Deutschen jubelten nahezu einhellig. Ein Land, das zu mindestens 95 % aus Christen bestand (war da nicht irgendwas mit Nächstenliebe und Mitgefühl in der Christen-Agenda???) vergaß fast vollkommen einmal darüber nachzudenken, wie es sich wohl für die Franzosen anfühlte die Wehrmachtssoldaten durch ihr Paris stampfen zu sehen.

Ich lasse hier mal ausdrücklich die verbrecherischsten Aspekte weg und werfe gar nicht erst die Frage auf, wer wann was gewusst haben könnte, sollte, müsste.
Ich spreche nur von den ganz öffentlichen Fakten, mit denen sich das Nazi-Regime sogar brüstete.
Ich halte mich bewusst nur mit Oberflächlichkeiten auf.
Als Nichthistoriker wundere ich mich zum Beispiel, wieso sich eigentlich der für die Deutschen schmeichelhafte Begriff „Machtergreifung“ für den 30.Januar 1933 bis heute gehalten hat. Das suggeriert so schön, daß der „böse, böse“ Hitler sich da was gegen den Willen der Deutschen an den Nagel gerissen hätte.
Dabei war die NSdAP durch Wahlen zur stärksten Partei geworden.
Dabei ging das damals ganz legal zu – Hindenburg hat Hitler ernannt und die bürgerlichen Parteien haben ihn unterstützt!
Dabei gab es nur gerade mal zwei NSdAP-Mitglieder im ersten Kabinett Hitler:
Stellvertreter des Reichskanzlers Franz von Papen, o.P. (1.3.33: DNVP) Auswärtiges Konstantin, Freiherr von Neurath, o.P. Inneres Dr. Wilhelm Frick, NSDAP Finanzen Johann Ludwig, Graf Schwerin von Krosigk, o.P. Wirtschaft und Ernährung Dr. Alfred Hugenberg, DNVP Justiz Dr. Franz Gürtner, DNVP Wehr Werner von Blomberg, o.P. Arbeit und Reichskommissar für den Arbeitsdienst Franz Seldte, Stahlhelm Verkehr und Post Paul, Freiherr Eltz von Rübenach, o.P. ohne Geschäftsbereich und Reichskommissar für Luftfahrt Hermann Göring, NSDAP Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung Dr. Günter Gereke, Landvolk, bis 30.3.33
Eine Tatsache, für die sich die Nachfolgeparteien CDU, CSU und FDP bis heute schämen sollten.
Man log und lügt sich hierzulande recht lange einiges Aspekte schön.
Erst im Mai 2002 rehabilitierte der Bundestag pauschal die Deserteure der Wehrmacht.
57 Jahre hat der Erkenntnisprozeß gedauert!!! Statt stolz auf die Soldaten zu sein, die mutig genug waren Hitler den Dienst zu verweigern, schmollt die CDU bis heute.
Schlimmer noch:
In der NS-Zeit galt der sogenannte Kriegsverrat als Landesverrat, der mit der Todesstrafe bedroht wurde.
Die verurteilten Soldaten wurden Opfer der NS-Militärjustiz, weil sie für ihr widerständiges Verhalten ihr Leben riskiert und verloren haben und bis heute nicht rehabilitiert worden sind !!!!!!!
Die Behauptung der NS-Kriegsrichter, die Prozesse seien "ordnungsgemäß abgelaufen und die Angeklagten zu Recht zum Tode verurteilt worden", prägte lange das kollektive Gedächtnis der Deutschen zu diesem Thema.
Günter Oettinger hat sogar einen der Henker – den Ehrenvorsitzenden der baden-württembergischen CDU, Filbinger – noch im Jahr seines Todes 2007 sehr gelobt.
Er geriet dabei wie so mancher CDU-Ministerpräsident zwar hart auf Kollisionskurs mit der Wahrheit und den Fakten – aber das ist ja normal.
Die sogenannten „Kriegsverräter“ hat der Bundestag also BIS HEUTE nicht rehabilitiert – sie wurden ausdrücklich ausgespart, als im Jahr 2002 Rot/Grün es immerhin schaffte durchzusetzen, daß die Deserteure rehabilitiert wurden.
„Kriegsverrat“ war ein vollkommen willkürlicher juristischer Begriff, mit dem Militärs jedes noch so geringe soldatische Fehlverhalten nach Gutdünken mit dem Tod bestrafen konnten.
Der heute wenig bekannte Begriff galt schon 1871 als politisches Militärstrafdelikt. Nach 1933 wurde es ins Unbestimmte hinein erweitert, damit verschärft und so zu einem Schwert der NS-Justiz. Nun konnte jede oppositionelle Aktion, auch eine entsprechende schriftliche und mündliche Äußerung, als Kriegsverrat verfolgt werden. Die Hilfe für Kriegsgefangene konnte ähnliche Folgen haben wie Solidarität mit verfolgten Juden, Kooperation mit der Feindmacht oder Kontakte zu Partisanen.
Ich empfehle dazu ein überfälliges Buch:

WOLFRAM WETTE/DETLEF VOGEL (Hg.), Mitarbeit Ricarda Berthold und Helmut Kramer, Vorwort von Manfred Messerschmidt:
Das letzte Tabu. NS-Militärjustiz und Kriegsverrat. Aufbau-Verlag, Berlin 2007. 507 Seiten , 24,95 Euro.


Wette und Vogel führen aus, daß die Urteile und Anklageschriften eindrücklich zeigten, daß die meisten der wegen Kriegsverrats verurteilten Wehrmachtssoldaten untere Dienstgrade waren, die ähnlich wie die Kriegsdienstverweigerer, Deserteure und Wehrkraftzersetzer, Widerstand zu leisten versuchten.
Widerstand von Offizieren und Angehörigen der Führungsschicht wurde generell milder bestraft.
Die Urteile der Feldkriegsgerichte - ein Bestand von 180 000 Akten und 926 laufenden Metern - sind noch nicht erschlossen.

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