„Was beim alten Menschen den schalen Beigeschmack des Unwürdigen trägt - vom "Abschieben" ins Heim ist schnell die Rede -, genießt beim Kind plötzlich einen positiven Ruf: auf in die Krippe.“
Für groteske Vergleiche sind ultrarechte Schreiberlinge ja immer zu haben. Nur wirft sie eben keine Äpfel und Birnen zusammen, sondern eher Kirschen und Wassermelonen.
Zurzeit geistert ein zu Tode abgemagertes Mädchen, das gleich einen doppelten Unterschichten-Namen führt – Lea-Sophie – durch die Presse. Die Empörung ist mal wieder groß, wenn auch die Bilder austauschbar sind. Drei Kinder verhungern JEDE WOCHE auf diese Weise in Deutschland, viele schlüpfen durch die Maschen der Presseaufmerksamkeit, aber dennoch klingen einem die Ohren von all den Schlagzeilen à la „der kleine Kevin“ „die kleine Jessica“, der kleine Leon“.
Es sind tatsächlich immer die typischen Allerwelts-Namen der Top Ten des Prekariats.
Ganz offenbar ist es in diesen Fällen ja nicht ganz so, wie sich das Mixa, Beckstein oder von Beust so vorstellen, daß dem Kindeswohl am besten dient, wenn das Blag bei der Mutter bleiben kann.
Umgekehrt wird ein Schuh draus – es ist eher lebensgefährlich. Oft mit verzögerter Wirkung, wie der jüngste Kinderarmutsbericht enthüllte.
Inzwischen haben schon ein DRITTEL der Kinder bei der Einschulung eine Macke: 2004 wiesen so viele Bälger bereits therapiepflichtige Entwicklungsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten auf. Jedes vierte Schulkind habe die Schule "ohne Beherrschung des Mindestmaßes an Kulturtechnik" verlassen, die selbst Hilfsarbeiten voraussetzen - mit stark steigender Tendenz. Deutschland nehme wegen seiner Familien- und Bildungsverarmung im Kreis der Industrienationen eine negative Spitzenstellung ein.
Die Frage ist nun:
Wie kann man also diese fatale und furios-fürchterliche möglichst noch verschärfen???
Ganz einfach – indem man der CDU-Logik folgt, das Bestehen des dreigliedrigen Selektions-Schulsystem garantiert und mit dem nun auch Leyen’schen Betreuungsgeld die sozial entrücktesten und prekärsten Familien geradezu dazu zwingt ihrer Brut die Chance auf ein wenig Normalität, Umgang, Pflege und regelmäßiger Ernährung zu nehmen.
Je prekärer die finanzielle Lage der Eltern und je schlimmer die heimischen Umstände für die Kinder, desto unmöglicher wird es natürlich die Herdprämie auszuschlagen.
Schlimmer geht’s nimmer.
Eine Ursula von der Leyen, Tochter des Niedersachsen-MP’s Albrecht, verheiratet mit einem aus dem Adelsgeschlecht derer von der Leyen stammenden Medizinprofessoren und aufgewachsen in einer Villa, die eine „sehr lange mit weißem Kies gestreute Auffahrt“ hatte, dürfte da schon mehr Wahlfreiheiten gehabt haben, als die Schweriner Alkoholikerin, die im Platenbau hockend minderjährig von irgendeinem Macker geschwängert wurde, den sie aber nicht mehr erinnert.
Der deutschen beliebteste Ministerin kennt da aber wohl nicht so viele Skrupel – auch das könnte man wissen; fiel sie doch in ihrer Zeit als Landesministerin vor allem dadurch auf, daß sie das Landesblindengeld von 300 € erst kürzte und dann am 1.1.2005 für die 12.000 in Niedersachsen lebenden Blinden ganz strich.
In den letzten Jahren sind bundesweit auch die Stellen der Jugendschutzämter um 15 % gestrichen worden und während Deutschland noch ob der auf 7 Kilo abgemagerten Lea-Sophie schaudert, tritt Ursula von der Leyen heute Abend fröhlich, leicht und locker in der Show „Frag doch mal die Maus“ (ARD, 20.15 Uhr) auf.
Sie wird die Gewinnerin der Show sein, wie ich jetzt schon sicher prognostiziere.
Sie wird strahlen, sie wird geehrt werden und Grinsekuchen Pilawa wird es dem Albrecht’schen Mundzügen gleichtun.
Politisch gewinnt sie dadurch ebenso – auch wenn es an der Lebensrealität vorbei geht und womöglich für weitere Leonkevinsophieannalenamarielukasse in Zukunft tödlich sein kann.
Peter Fahrenholz nennt das in der SZ vom 13. November „Kampf gegen die Lebensrealitäten“ und betont, daß das Betreuungsgeld „eine politische Beruhigungspille für ältere Mütter und die unbelehrbaren Patriarchen der Union“ sei. „inhaltlich aber“ bliebe diese Forderung „Unfug“.
Noch wesentlich härter geht die ZEIT am 8.November mit diesen Plänen ins Gericht; „Gegen die Mütter und ihre Kinder“ ist ihr „Argument-Artikel“ überschrieben.
Die Herren der Partei (CSU) outeten sich „als Politiker ohne jeden ordnungspolitischen Sachverstand.“
Sie folgert „genauso gut könnten diejenigen, die kein Auto besitzen, vom Staat Geld fordern, weil sie die Straßen nicht benutzen. Oder Kinderlose ihren Anteil an den Steuern zurückverlangen, die in die Schulen fließen. Absurd.“
Sie warnt weiterhin eindringlich vor den fatalen Folgen: „Wenn es 150 Euro im Monat dafür gibt, dass das Kind nicht in die Krippe geht, setzt das einen ökonomischen Anreiz. Nicht für Akademikerinnen, für sie ist die Summe zu gering, aber für bildungsferne Familien mit wenig Geld. So einfach ist das, auch wenn die CSU es leugnet. Schon heute besuchen Arbeiterkinder signifikant seltener eine Krippe. Kommt die geplante Regelung, werden dort die Kinder von Bildungsbürgern noch mehr unter sich sein. Insbesondere der Nachwuchs von Arbeitslosen wird nicht davon profitieren, dass die Zahl der Krippenplätze wächst. Migrantenfamilien, die genau das Gegenteil, also den Anreiz zum Krippenbesuch ihrer Kinder brauchten, werden umso eher davon Abstand nehmen. Und Frauen mit schlechter bezahlten Jobs werden einmal mehr überlegen, ob sie in den Beruf zurückkehren sollen.“
Um alle diese Zusammenhänge zu sehen, müsste man aber ein Minimalmaß an Nachdenken voraussetzen, daß beim dumpfdeutschen Urnenpöbel natürlich nicht da ist.
Laut Umfragen sind 70 % der Wähler FÜR eine solche Herdprämie, weswegen die Union in einer Win-Win-Situation sitzt: Sie fordert diesen rückwärtsgewandten Schwachsinn und bauchpinselt damit schon mal die Ultrarechten – im Wissen, daß dieses politische Gaga-tum hoffentlich von der SPD verhindert wird.
Sollte dies der Fall sein, kann sie aber bei den anstehenden Wahlen wieder erfolgreich auch bei den Linken und sozial Schwächsten punkten, indem sie ihnen Wohltaten in Aussicht stellt, die die bösen, bösen hartherzigen Sozis verhindert hätten.
Schlecht für’s Land, schlecht für die Zukunft, schlecht für die Wirtschaft, schlecht für die Kinder - aber gut für die Partei und für die Umfragewerte. Also wird es auch so gemacht.
Und das ist der Unterschied zur Vorgängerregierung mit einem Kanzler Schröder, der sich in so einem Dilemma FÜR das Land und gegen das eigene politische Wohlergehen entschied.
Belohnt wurde das bekanntlich nicht.
Die Wähler sind nämlich alles Idioten und wollen belogen werden.
Viel Spaß beim kollektiven Samstagabend-Grinsen bei Jörg Pilawa.
Am besten man malt Ursula v.d. Leyen in Öl – damit ein Symbol für die Dummheit des Volkes hat.
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