TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Sonntag, 21. Februar 2010

Der Allerletzte.

„Die Ungeliebten“ - so überschrieb der STERN am 11.02.2010 einen auf einer FORSA-Umfrage basierenden Artikel zu den fünf Debakel-Ministern der FDP.

Die allgemeine Frage „Wie gefällt Ihnen seine/ihre Arbeit?“ erbrachte wenig schmeichelhafte Zahlen.
„Nicht gut“ antworteten:
63 % (Leutheusser-Schnarrenberger),
65% (Westerwave),
73% (Rösler),
74 % (Brüderle)
und Spitzenreiter der Unbeliebtheit war Niebel mit 85%.

Wie es zu so schlechte Ratings kommen konnte, erklären die STERN-Autoren leider nur recht vage mit allgemeinen Hinweisen auf Differenzen innerhalb der FDP.

Für mich stellt sich eher die Frage: Wie kann es möglich sein, daß es zweistellige Zahlen bei der Antwort „Zufrieden“ gibt, daß immer noch gewaltige 15% mit der Arbeit Dirk Niebels nicht unzufrieden sind?

Haben die ihn noch nie in Aktion gesehen, wie er in peinlichster Kolonial-Stil-Kostümierung durch Afrika stolpert?

Entwicklungshilfepolitik à la FDP ist gelinde ausgedrückt eine perfide und dumme auf Militär und FDP-Pfründe konzentrierte Farce. Das geht schon außerhalb des eigentlichen Ministeriums los.

FDP-Haushälter Jürgen Koppelin tat, wie für die 2010-FDP üblich, das diametrale Gegenteil der Forderungen des 2009er „Liberalen Sparbuchs“:
Statt 80 Millionen Euro im Etat des Bundespresseamtes einzusparen segnete er eine Etat-Erhöhug des eben noch für überflüssig gehaltenen Amtes ab.
Darin versteckt eine 520.000 Euro-Spritze an zwei Rüstungslobby-Vereine:

Im Kuratorium der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik sitzt mit Ex-General Manfred Dietrich der Präsident des Förderkreises Deutsches Heer - eine umtriebige Lobby-Gruppe. Und in der vom BPA geförderten Atlantischen Gesellschaft, die für die Nato werben soll, amtiert Vizepräsident Werner Dornisch, der zugleich Präsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik ist, die zahlreiche Rüstungsfirmen zu ihren Mitgliedern zählt.
(Spiegel)

Dem Militär verpflichtet fühlt sich auch der Chef des ebenfalls kürzlich noch für überflüssig gehaltenen Entwicklungshilfeministeriums.
Der Hauptmann der Reserve will Entwicklungshilfegelder in völliger Verkennung der Gegebenheiten in Afghanistan nur noch an NGOs vergeben, die mit der Bundeswehr kooperieren - obwohl gerade so eine Verbandelung mit den NATO-Truppen die soziale Arbeit vor Ort unmöglich macht.

Niebel darf sich zudem mit die Ehre zurechnen den ersten Riesenflop von Schwarz-Gelb überhaupt rausgehauen zu haben, als er dümmlich, unwissend und populistisch über die Entwicklungshilfe an China fabulierte.

Extrem scharfe Kritik an Niebel hagelte es letzte Woche von allerhöchster Stelle; Deutschland sei eine Schande für die Union, da es die zugesagte Hilfe bei weitem nicht aufbringe:

Statt der zugesagten 0,51 Prozent werden vermutlich nur 0,4 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungshilfe fließen, teilte die OECD am Mittwoch in Paris mit. Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe und terre des hommes sprachen von einem "skandalösen Wortbruch". Die sieben führenden Industriestaaten und Russland (G-8) hatten im schottischen Gleneagles vereinbart, ihre Entwicklungshilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln.
Die Hilfsorganisation Oxfam warf der Bundesregierung vor, auch dieses Ziel bereits aufgegeben zu haben. Sie sprach von einem "Armutszeugnis". Mit der Summe ließen sich "der Schulbesuch aller bisher von Bildung ausgeschlossener Kinder finanzieren" sowie Medikamente kaufen. Die Organisation forderte von der Bundesregierung einen Plan, "wann und wie sie ihre Entwicklungshilfe erhöhen will".
Der Linkspolitiker Niema Movassat sprach von einer "Schande" für die Union, die SPD, die Grünen und die FDP.
(Spon)

Wie aber soll sich Niebel auch um Sachpolitik kümmern, wenn sein personelles Geklüngel ihn zu 100% beansprucht?
Allein 18 neue beamtete Stellen schuf der Ex-FDP-General für seine Parteifreunde.

Er betrachtet sein Ministerium offenbar ausschließlich als finanzielle Versorgungsstelle für altgediente FDP-Kader, die frei von Kompetenz und Sachkenntnis auf hochdotierte Posten geschoben werden.
Es hagelt inzwischen auch Kritik von CDU und CSU, die sich traditionell nicht in die Personalpolitik FDP-geführter Ministerien einmischen.

CSU-Entwicklungspolitikerin Dagmar Wöhrl ist schwer genervt, wie Morgenweb berichtet:

Niebel beabsichtigt, den allseits anerkannten und fachkundigen Abteilungsleiter Adolf Kloke-Lesch durch Oberst a.D. Friedel Eggelmeyer, einen sicherheitspolitischen Berater mit FDP-Parteibuch, zu ersetzen. Der Konflikt um diesen Wechsel zeigt, wie spannungsgeladen das Verhältnis zwischen Niebel und seinem Ministerium ist, und wie aufmerksam das Wirken des entwicklungspolitischen Neulings beobachtet wird.

Die ZEIT spricht gar von „reinem Korpsgeist“
:

Verärgerung im eigenen Haus!
Dirk Niebel hat völlig fachfremde Parteifreunde in Spitzenpositionen seines Ministeriums gebracht. Und der Minister will noch weiter gehen. Als parlamentarische Staatssekretärin wählte Niebel die nordrhein-westfälische Energieexpertin Gudrun Kopp, zum beamteten Staatssekretär machte er den langjährigen FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz. Vom Stuttgarter Wirtschaftsministerium holte er als Abteilungsleiter Werner Bruns, der von 1994 bis 1996 Mitglied der FDP-Grundsatzkommission war.
Die FDP-lastige Beförderungspraxis ging auch dem Personalrat des Ministeriums entschieden zu weit. "Wir halten bei nunmehr zehn externen Besetzungen in wenigen Wochen die Grenze für erreicht", soll das Gremium an die Chefetage geschrieben haben. Die "institutionellen Kenntnisse und fachlichen Erfahrungen" der Mitarbeiter im Haus dürften nicht "ungenutzt" bleiben. Erheblich schärfer noch fällt die Kritik der Opposition aus. Das Ressort degeneriere "mehr und mehr zur Versorgungsanstalt für altgediente FDP-Funkionäre", kritisierte SPD-Fraktionschef Gernot Erler.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast klagte, für engagierte Beamte sei es ein "Schlag ins Gesicht", wenn Stellen "über Panzerbataillonsfreundeskreise" vergeben würden statt nach Fachkenntnis. Entwicklungsexpertin Heike Hänsel von der Linksfraktion warf Niebel eine "strukturelle Militarisierung der Entwicklungshilfe" vor.

Ganz im Stile seines Idols poltert der Antiminister, er führe schließlich kein Weltsozialamt.

Haiti zerstört, 200.000 Tote? Tausende verhungernde Kinder?
Für Niebel ist das irrelevant. Er rät von Spenden ab.
Erst mal sollte man deren Wirksamkeit überprüfen:
Wir wollen weniger nur danach schauen, wie viel Geld ausgegeben wird, sondern noch mehr gucken, wie wirksam das Geld eingesetzt wird.

Sein Ministerium unternimmt erst recht nichts.
Höflich formuliert Manfred Zöllmer, stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit:
Herr Niebel tut bisher nicht dass, was notwendig wäre.

Seinen Etat nutzt der Funktionär der Pharmalobbypartei zur Unterstützung der Pharmaindustrie, indem 14 Millionen Euro aus dem Entwicklungsetat für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika frei gibt.

Natürlich braucht kein Mensch in Afrika noch diese Impfungen, aber es erfreut den deutschen Hersteller.

Niebel hat also letztendlich doch seine alte Forderung wahrgemacht; er hat das Entwicklungshilfeministerium abgeschafft.

So ziemlich jedes löbliche Engagement, welches das einst angesehene Haus in den letzten elf Jahren hervorgebracht hatte, zerschlug der Fallschirmspringer-Terminator innerhalb von wenigen Wochen.

Das Ministerium ist nach nur gut 100 Tagen im Amt komplett zu einer FDP-Geschäftsstelle umgebaut worden.

Niebel lenkt nun auf Steuerzahlerkosten die FDP-Personalabteilung der Reserve.

Er könnte als schlechtester Minister aller Zeiten in die Geschichte der bisherigen Bundesrepublik eingehen.

Daß immerhin 15% der Bundesbürger nach Umfragen dennoch mit seiner Arbeit zufrieden sind, kann ich nur mit statistischen Fehlern und allgemeiner Unkenntnis erklären.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zum Stern kann man immer nur eines sagen: Henri Nannen ist schon lange tot.

Ist wie mit dem Spiegel und Augstein.

In einem geschlossenen Wand aus schwarzer Meinungsmache sticht jede andere Ansicht besonders hervor.

Aber dass die sich in journalistischer Hinsicht zu weit von der "Herde" entfernen würden, war auch noch nie der Fall.

Der Nordstern.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Da gebe ich Dir Recht.

Über STERN-Groß-Zampano HU Jörges habe ich mich hier auch schon verschiedentlich ausgelassen.
Ja, die Zeiten haben sich geändert.
Gruner und Jahr galt mal als relativ liberal. G&J-Zeitschriften waren die seriöseren Blätter als der Burda-Bauer-Springer-Dreck.

Und auch eine Etage höher galt:
Mit den Bertelsmännern kann man ganz gut leben, die machen keine plumpen Kohl-Huldigungen wie die Konkurrenten von Kirch/Springer.

Und nun hat Liz Mohn alles in ihrer eisernen Hand. Sie, die enge Duzfreundin und ausdrückliche Unterstützerin Merkels.

LGT