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Samstag, 27. Februar 2010

Rechtsstaat? Brauchen wir nicht.

Empört werfen sich C-Politiker in das Scharmützlchen zwischen Zollitsch und Leutheusser-Schnarrenberger auf die Seite der Strafgesetz-skeptischen Bischöfe.

Obwohl permanent bewiesen wird, daß sie sexuelle Gewalt gegen Kinder eben nicht als Offizialdelikte ansehen und lieber mauscheln und die Täter vor der Staatsanwaltschaft verbergen, verbitten es sich Unionspolitiker die Katholische Kirche zu kritisieren.
Dabei weiten sich die Vertuschungsskandale aus dem Kloster Ettal und der Erzabtei St. Ottilien aus.
Es geht um Dutzende Fälle sexuellen Mißbrauchs zwischen den Jahren 2003 und 2005, also NACH den angeblich so weitreichenden neuen Richtlinien zum Umgang mit kinderfickenden Priestern von 2002.

Der Rechtsstaat ist der nicht eben rechtsstaatlich organisierten RKK suspekt; also unterwirft man sich tendenziell nicht den Regeln, die für jeden Menschen in Deutschland gelten.
Die Skepsis drückte Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz im Jahr 2007, fünf Jahre nach den neuen Richtlinien, unverblümt aus:

„Die Staatsanwaltschaften in verschiedenen Städten sind auch recht verschieden. Soweit her mit der Objektivität allein ist es dann auch wieder nicht.“

Strafrecht? - Mir doch egal.

Die Einlassung der deutschen Justizministerin ist also außerordentlich moderat und kommt viele Jahre zu spät.
Quer durch die Zeitungen der Republik ereifern sich CDUler und CSUler gegen Leutheusser-Schnarrenberger.

Er könne sich über das Vorgehen der Ministerin nur wundern, sagte Bosbach. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem ein Justizminister während eines laufenden Ermittlungsverfahrens ähnlich massive Kritik an der Kirche geübt habe. Leutheusser-Schnarrenberger hatte der Kirche vorgeworfen, dass sie nicht konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeite.
Auch Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) und CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl nahmen die katholische Kirche in Schutz. Krings sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, er könne keine „ungebührlichen Verzögerungen“ bei der Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe erkennen. Öffentliche Schuldzuweisungen seien einer sachlichen Aufarbeitung sicher nicht dienlich.
Uhl warf der Ministerin vor, die katholische Kirche „pauschal auf die Anklagebank gesetzt“ zu haben. Damit sei sie weit über das Ziel hinausgeschossen. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer, warf der FDP-Politikerin Respektlosigkeit vor.
Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Mayer, die von der Ministerin geäußerte Kritik sei in der Sache unberechtigt. Ihre Unterstellung, der Kirche liege nichts an der Aufklärung schwerster Straftaten, gehe „völlig an der Wirklichkeit vorbei“. Die Bischofskonferenz habe mit ihren Leitlinien im Jahr 2002 ihre „rückhaltlose Bereitschaft“ gezeigt, Missbrauchsfälle schnell und umfassend aufzuklären.

Brutale Gewalt gegen Kinder ist für CDU und CSU-Politiker also noch lange kein Grund dafür den real existierenden Kirchismus zu kritisieren, obwohl die täglich steigende Anzahl der dokumentierten penetrativen Angriffe aus den Soutanen erahnen läßt, wie systematisch Päderasten in der Kirchenhierarchie gedeckt werden.

Noch wirken in Deutschland Verhältnisse wie in den USA, in Irland und Australien fern:
Abertausende Fälle mit Abertausenden von Tätern über mehrere Jahrzehnte, gedeckt von einer Hierarchie, die ihr Schweigen für Gottesdienst an der Kirche, ihre Vertuschung für Nächstenliebe an den Tätern hielt, die allesamt Kollegen waren. Mag sein, dass das Ausmaß des Dramas hier geringer ist als in den USA, mag sein, dass der Katholizismus in der Bundesrepublik weniger mit jenem Geist von sexueller Repression aufgeladen gewesen ist, der dem Missbrauch Vorschub leistet. Es mag aber auch einen ganz einfachen anderen Grund dafür geben, dass viele innerhalb und außerhalb der Kirche das Unvorstellbare weiter für unvorstellbar halten: dass bisher niemand richtig hingeschaut hat. […]
In diesem Skandal wird jedenfalls erstmals eine Systematik sichtbar, die ihren Schrecken aus dem Zusammenhang von Taten zieht, die früher gerne als Einzelfälle wegerklärt wurden. Im Ringverfahren wurden notorisch bekannte Täter an immer neue Schulen und Jugendeinrichtungen verschoben. Bereits jetzt liest sich die aktuelle Deutschlandkarte des Missbrauchs wie ein Dokument des Hohns auf den Anspruch einer Kirche, die in alle Himmelsrichtungen wirken will: Es gab Missbrauch im Norden wie im Süden, in St. Ansgar in Hamburg wie in St. Blasien im Schwarzwald; im Westen wie im Osten, am Aloisiuskolleg in Bonn-Bad Godesberg wie am Canisius-Kolleg in Berlin. Und das sind allein die Fälle, die in zehn Tagen in einem einzigen Orden bekannt wurden.

(Die ZEIT)

Während sich also die konservativen Politiker (also die mit geringeren IQs) um die Papst-Kirche scharen, haben die selbsternannten Exklusiv-Pächter der Moral ihr Ansehen weitgehend verspielt, wie der KSTA berichtet:

Nach dem Skandal um sexuellen Missbrauch befindet sich die katholische Kirche in Deutschland in einer Vertrauenskrise. Nicht einmal ein Drittel der Deutschen (30,3 Prozent) halten die katholische Kirche für ehrlich, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Omniquest“ unter 1000 Personen für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergab. Ähnlich geringes Zutrauen in die Kirche haben die Bürger in Sachen Lebensnähe (29,9 Prozent) und Glaubwürdigkeit (32,8 Prozent).
Eine große Mehrheit der Befragten (68,1 Prozent) meint, dass die Kirche nicht konstruktiv zur Aufklärung der Missbrauchsfälle beiträgt. Christian Weisner, Mitinitiator der Bewegung „Wir sind Kirche“, hält das Problem jedoch für tiefer gehend. „Die katastrophalen Ergebnisse sind nicht nur der aktuellen Situation zuzuschreiben, sondern Ausdruck eines langfristigen und schlimmen Vertrauensverlustes“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“


Die Koinzidenz mit dem Käßmann-Rücktritt (große SPIEGEL-Titelgeschichte übermorgen) erweist sich a posteriori als Sargnagel der katholischen Glaubwürdigkeit.

Die evangelische Kirche wird von der Bevölkerung nun als ehrliche Antipode der RKK empfunden, die von Moral redet und hinter verschlossenen Türen offensichtlich das Gegenteil dessen tut.

Die päpstliche Kirchensekte schafft es nicht mehr das Märchen von den Einzeltätern und der Irrelevanz des Zölibats aufrecht zu erhalten.

Die RKK, die große Vertreterin der Moral, lügt schlicht und ergreifend.
Ein Verhalten, das immer mehr Menschen erkennen und das nicht eben imagefördernd wirkt. Hans Küng hält den Lügen der Bischofskonferenz heute in der SZ entgegen:

Erste Behauptung: Sexueller Missbrauch durch Kleriker hat nichts mit dem Zölibat zu tun. Einspruch! […] Aber warum massenhaft gerade in der von Zölibatären geleiteten katholischen Kirche? Selbstverständlich ist nicht allein der Zölibat schuld an diesen Verfehlungen. Aber er ist der strukturell wichtigste Ausdruck einer verkrampften Einstellung der katholischen Kirchenleitung zur Sexualität, wie dies auch in der Frage der Empfängnisverhütung und anderem zum Ausdruck kommt.

Der Zölibat widerspricht zudem ausdrücklich dem Evangelium; die Bibel fordert gerade ausdrücklich, daß Priester verheiratet sein sollen.
Aus dieser kruden, von Benedikt, dem Unfehlbaren geforderten Gemengelage, ergibt sich das Hauptproblem für das desaströse Image der RKK.

Der STERN (Nr. 7, vom 11.02.2010) verweist auf amerikanische Studien, nach denen katholische Seelsorger die übergroße Mehrheit der Sexualstraftäter ausmachten, obwohl es in Amerika sechsmal mehr protestantische, nicht-zölibatäre Seelsorger gibt.

Die RKK hält dennoch am Zölibat fest - male fide - offensichtlich sind ihnen die Folgen; nämlich weltweit hunderttausende sexuell von Priestern missbrauchte Kinder (85% Jungs, 15 % Mädchen); minderwichtig.

Der Pflichtzölibat ist Hauptgrund für den katastrophalen Priestermangel, die folgenschwere Vernachlässigung der Eucharistiefeier und vielerorts den Zusammenbruch der persönlichen Seelsorge. Dies wird durch die Fusion von Pfarreien zu "Seelsorgeeinheiten" mit völlig überlasteten Pfarrern verschleiert. Was aber wäre die beste Förderung des Priesternachwuchses? Die Abschaffung des Zölibatsgesetzes, Wurzel allen Übels, und die Zulassung von Frauen zur Ordination. Die Bischöfe wissen das, sollten aber auch den Mut haben, es auszusprechen. Sie hätten die große Mehrheit der Bevölkerung und auch der Katholiken hinter sich, die allen neueren Umfragen zufolge wünscht, dass die Priester heiraten dürfen. (Küng)

Die katholische Kirche stinkt vom Kopfe her.

Verschleierer, die nun behaupten Aufklärer zu sein, haben keinerlei Glaubwürdigkeit mehr.

Zu seiner Mitschuld hat sich bisher noch kaum ein Bischof bekannt. Aber er könnte darauf verweisen, er sei nur den Weisungen Roms gefolgt. Aus Gründen absoluter Geheimhaltung zog in der Tat die verschwiegene vatikanische Glaubenskongregation alle wichtigen Fälle von Sexualvergehen von Klerikern an sich und so kamen die Fälle in den Jahren 1981 bis 2005 auf den Tisch ihres Präfekten Kardinal Ratzinger. Dieser sandte noch am 18. Mai 2001 ein feierliches Schreiben über die schweren Vergehen ("Epistula de delictis gravioribus") an alle Bischöfe der Welt, in welchem die Missbrauchsfälle unter die "päpstliche Geheimhaltung" ("secretum Pontificium") gestellt wurden, deren Verletzung unter Kirchenstrafe steht.
(Küng)

Bischöfe, die sich dem unbedingten Gehorsam gegenüber Ratzinger unterwerfen, sollten von der Politik nicht hofiert werden.

Nach 2000 Jahren des starren Widersetzens gegen die Realität, ist von der Kirche keine Besserung mehr zu erwarten.

Wer im Jahr 2010 immer noch Mitglied in dem Verein ist, trägt moralische Mitschuld an den Zuständen.

Nur massenhafter Austritt kann die Bischöfe zum Umdenken zwingen.

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