Sonntag, 10. Mai 2009
Osten, Ungarn, wie man das mal sah.
Vor 22 Jahren, im Sommer 1987 unternahm ich eine Trippel-B-Reise und besuchte Budapest, Belgrad und Bukarest.
Nun ist 1987 keine graue Vorzeit, Deutschland war bereits Reiseweltmeister und auch sehr viel weiter entfernte Urlaubsländer, wie Thailand oder die Dominikanische Republik waren längst den breiten Massen vertraut.
Meine damaligen Reiseziele sorgten dennoch für Verblüffung.
Wieso?
Das lag daran, daß meine Altersgenossen (Kindheit in den 70er Jahren) die Post-Mauer-Generation waren, die keine Vorkriegserinnerungen hatten und den Warschauer Pakt / Ostblock als selbstverständlich und gegeben hinnahmen.
Die DDR war Ausland. Zudem auch noch ein sehr Verschlossenes.
Aus touristischen Erwägungen dem Lande Honeckers einen Besuch abzustatten war ungefähr so wahrscheinlich, wie eine Mondreise.
Man kannte die DDR von der Transitstrecke nach Westberlin, als lästige graue Geschwindigkeitsunterbrechung mit olfaktorischer Zweitackter-Note.
Die Sorge um die Autoreifen wurde allerdings dadurch abgemildert, daß es diese praktischen Intershops gab, in denen man mit der D-Mark scheich-artig reich war und schon mal einige Liter Finlandia-Vodca, sowie stangenweise Zigaretten einkaufte, um sich das ärmliche Westberlin schönzutrinken.
Obwohl stets die Vorstellung gruselte, daß man mitten in der DDR eine Autopanne haben könnte, oder womöglich aus irgendwelchen Gründen von der Transitstrecke abkommen könnte, war der Schrecken vor den anachronistischen Uniformierten, die einen in Gudow mürrisch kontrollierten, längst nur noch ein routinierter minderschwerer Stau, der sich schon bald auflösen würde.
Noch nicht mal mein US-Pass vermochte es den Grauen mit den wichtig erscheinenden Uniformen ein Stirnrunzeln zu entlocken.
Der ganze Grenzvorgang war Agonie, ein ewig-währender Zeitsprung, der unnötig - aber auch unvermeidbar, wie der Sonnenuntergang erschien.
Die DDR hatte es für mich immer gegeben, so wie den ganzen Warschauer Pakt.
Das Militärbündnis, die sogenannte zweite Welt, erschien uns zwar alles andere als verlockend, aber die Existenzberechtigung war doch offensichtlich. S
chließlich waren die osteuropäischen Nationen immer wieder von den Westeuropäischen mit Angriffen, Krieg, Genoziden, Vernichtungsfeldzügen und Terror überzogen worden, während wir von denen nie angegriffen worden waren.
Zuletzt hatte Polen komplett verschoben werden müssen, nachdem die Deutschen ein Fünftel der Bevölkerung ausgerottet hatten.
Die Sowjetunion erlitt gar einen unfassbaren Blutzoll von 20 Millionen Toten infolge des Deutschen Überfalls von 1941.
Konnte man es Moskau und seinen Satelliten verdenken, daß sie nach 1945 dachten „nun reicht es aber mal - das lassen wir uns nicht noch einmal gefallen“?
Unverständlicher und weit unsympathischer war damals ein Ronald Reagan, der immer mehr aufrüstete, mit Unwissen glänzte, die ganze sowjetische Bevölkerung als „empire oft he evil“ diffamierte und dann auch noch unverhohlen scherzte nach der Privatvorführung von „Rambo“ im Weißen Haus wisse er wie mit den Russen umzugehen sei.
Als Westdeutscher meiner Generation interessierte man sich nicht für die Nöte der sozialistischen Brüder nur wenige Hundert Kilometer entfernt.
Klar konnte man dank des gymnasial-obligatorischen Gemeinschaftskunde-Unterrichts die Blockparteien der Nationalen Front aufzählen, kannte die krakenartige Macht der Stasi in der Theorie.
Ja, man hatte sogar vom „Volksaufstand“ am 17. Juni 1953 gehört, aber das war doch irgendwann kurz nach dem Krieg, als alles noch so durcheinander war.
Wichtig am 17. Juni war einzig und allein, daß es ein Feiertag war - schulfrei also!
Die ganze weltpolitische Aufmerksamkeit forderte die sich scheinbar sinnlos aufrüstende NATO ein mit einem Ronald Reagan an der Spitze, der schon gezeigt hatte, daß er sich nicht um ein paar Menschenleben schert.
So bekämpfte er Nicaragua den so genannten Contra-Krieg, bei dem fast das ganze Land verwüstet wurde und 60.000 Zivilisten umkamen und marschierte in Grenada ein.
Unter Ronald Reagan und George Bush Senior wurden für die post-Vietnam-Generation die Amerikaner wieder zu „ugly americans“.
Die waren schon recht unsympathisch - ohne daß man ahnte was GWB einem in der Hinsicht noch bieten würde.
So unpolitisch waren die heute verlachten 80er kulturell gar nicht. Das allgemeine Lebensgefühl war sogar ausgesprochen weltpolitisch geprägt, es war vollkommen normal zu Massendemonstrationen zu gehen.
In der Pop-Musik wimmelte es nur so von Protest-Songs gegen Aufrüstung, US-Imperialismus und Co.
Da konnte der Krieg allgemein belustigt verworfen werden wie in Culture Clubs War-Song: “War war is stupid / And people are stupid / And love means nothing / in some strange quarters / War war is stupid / And people are stupid / And I heard them bamging / on hearts and fingers”, oder auch in den Zeilen der Spaß-Combo Sigue Sigue Sputnik verulkt werden.
"Love Missile F1-11,": US bombs cruisin' overhead There goes my love rocket red Shoot it up.... Shoot it up.... Blaster bomb bomb bomb ahead Multi millions.
Mit "Please Forgive Us," wandten sich 10,000 Maniacs direkt an die mittelamerikanischen Opfer der US-Politik unter Ronald Reagan.
Peter Gabriel sang in "Games Without Frontiers" If looks could kill, they probably will. In games without frontiers, war without tears; nicht zu vergessen sein dramatischer Song “Red Rain” (1988).
In "The End Of The Innocence," attackierten Don Henley und Bruce Hornsby den US-Präsidenten Reagan unverblümt: "They're beating plowshares into swords for this tired old man that we elected king".
Während in Stings “Fragile” Krieg generell abgelehnt wird: Nothing ever good comes from violence and nothing ever will.
In New Year's Day sangen U2: "Under a blood red sky/ A crowd has gathered in black and white / Arms entwined, the chosen few The newspapers says, says Say it's true it's true... And we can break through Though torn in two We can be one"
Inspiriert von den Schockbildern des Films “The Day After” munkelten Duran Duran in "Planet Earth," "look now look all round there's no sign of life..."
Human League verbalisierten Todesschüsse in “Seconds” "The shot that was heard around the world For a second. It took seconds of your time to take his life, It took seconds",
während Holly Johnson in “Two Tribes” massiv raushämmert:
We got two tribes / We got the bomb / We got the bomb-yeah/ Sock it to me biscuits-now .
Die osteuropäischen Länder, die als Moskaus Epigonen außer dem blockfreien Jugoslawien und dem renitenten Rumänien kaum eigenständig außenpolitisch agieren konnten, waren einfach nicht auf unserem Radar zu der Zeit.
Deswegen war es schon merkwürdig 1987, als niemand auch nur theoretisch daran dachte, daß der Warschauer Pakt, das Gegenmilitärbündnis zur NATO sich irgendwann in den nächsten 1000 Jahren auflösen konnte, nach Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien zu reisen.
Ungarn liegt mir aus einem bestimmten Grund etwas quer im Magen.
Dazu aber morgen mehr.
Nun ist 1987 keine graue Vorzeit, Deutschland war bereits Reiseweltmeister und auch sehr viel weiter entfernte Urlaubsländer, wie Thailand oder die Dominikanische Republik waren längst den breiten Massen vertraut.
Meine damaligen Reiseziele sorgten dennoch für Verblüffung.
Wieso?
Das lag daran, daß meine Altersgenossen (Kindheit in den 70er Jahren) die Post-Mauer-Generation waren, die keine Vorkriegserinnerungen hatten und den Warschauer Pakt / Ostblock als selbstverständlich und gegeben hinnahmen.
Die DDR war Ausland. Zudem auch noch ein sehr Verschlossenes.
Aus touristischen Erwägungen dem Lande Honeckers einen Besuch abzustatten war ungefähr so wahrscheinlich, wie eine Mondreise.
Man kannte die DDR von der Transitstrecke nach Westberlin, als lästige graue Geschwindigkeitsunterbrechung mit olfaktorischer Zweitackter-Note.
Die Sorge um die Autoreifen wurde allerdings dadurch abgemildert, daß es diese praktischen Intershops gab, in denen man mit der D-Mark scheich-artig reich war und schon mal einige Liter Finlandia-Vodca, sowie stangenweise Zigaretten einkaufte, um sich das ärmliche Westberlin schönzutrinken.
Obwohl stets die Vorstellung gruselte, daß man mitten in der DDR eine Autopanne haben könnte, oder womöglich aus irgendwelchen Gründen von der Transitstrecke abkommen könnte, war der Schrecken vor den anachronistischen Uniformierten, die einen in Gudow mürrisch kontrollierten, längst nur noch ein routinierter minderschwerer Stau, der sich schon bald auflösen würde.
Noch nicht mal mein US-Pass vermochte es den Grauen mit den wichtig erscheinenden Uniformen ein Stirnrunzeln zu entlocken.
Der ganze Grenzvorgang war Agonie, ein ewig-währender Zeitsprung, der unnötig - aber auch unvermeidbar, wie der Sonnenuntergang erschien.
Die DDR hatte es für mich immer gegeben, so wie den ganzen Warschauer Pakt.
Das Militärbündnis, die sogenannte zweite Welt, erschien uns zwar alles andere als verlockend, aber die Existenzberechtigung war doch offensichtlich. S
chließlich waren die osteuropäischen Nationen immer wieder von den Westeuropäischen mit Angriffen, Krieg, Genoziden, Vernichtungsfeldzügen und Terror überzogen worden, während wir von denen nie angegriffen worden waren.
Zuletzt hatte Polen komplett verschoben werden müssen, nachdem die Deutschen ein Fünftel der Bevölkerung ausgerottet hatten.
Die Sowjetunion erlitt gar einen unfassbaren Blutzoll von 20 Millionen Toten infolge des Deutschen Überfalls von 1941.
Konnte man es Moskau und seinen Satelliten verdenken, daß sie nach 1945 dachten „nun reicht es aber mal - das lassen wir uns nicht noch einmal gefallen“?
Unverständlicher und weit unsympathischer war damals ein Ronald Reagan, der immer mehr aufrüstete, mit Unwissen glänzte, die ganze sowjetische Bevölkerung als „empire oft he evil“ diffamierte und dann auch noch unverhohlen scherzte nach der Privatvorführung von „Rambo“ im Weißen Haus wisse er wie mit den Russen umzugehen sei.
Als Westdeutscher meiner Generation interessierte man sich nicht für die Nöte der sozialistischen Brüder nur wenige Hundert Kilometer entfernt.
Klar konnte man dank des gymnasial-obligatorischen Gemeinschaftskunde-Unterrichts die Blockparteien der Nationalen Front aufzählen, kannte die krakenartige Macht der Stasi in der Theorie.
Ja, man hatte sogar vom „Volksaufstand“ am 17. Juni 1953 gehört, aber das war doch irgendwann kurz nach dem Krieg, als alles noch so durcheinander war.
Wichtig am 17. Juni war einzig und allein, daß es ein Feiertag war - schulfrei also!
Die ganze weltpolitische Aufmerksamkeit forderte die sich scheinbar sinnlos aufrüstende NATO ein mit einem Ronald Reagan an der Spitze, der schon gezeigt hatte, daß er sich nicht um ein paar Menschenleben schert.
So bekämpfte er Nicaragua den so genannten Contra-Krieg, bei dem fast das ganze Land verwüstet wurde und 60.000 Zivilisten umkamen und marschierte in Grenada ein.
Unter Ronald Reagan und George Bush Senior wurden für die post-Vietnam-Generation die Amerikaner wieder zu „ugly americans“.
Die waren schon recht unsympathisch - ohne daß man ahnte was GWB einem in der Hinsicht noch bieten würde.
So unpolitisch waren die heute verlachten 80er kulturell gar nicht. Das allgemeine Lebensgefühl war sogar ausgesprochen weltpolitisch geprägt, es war vollkommen normal zu Massendemonstrationen zu gehen.
In der Pop-Musik wimmelte es nur so von Protest-Songs gegen Aufrüstung, US-Imperialismus und Co.
Da konnte der Krieg allgemein belustigt verworfen werden wie in Culture Clubs War-Song: “War war is stupid / And people are stupid / And love means nothing / in some strange quarters / War war is stupid / And people are stupid / And I heard them bamging / on hearts and fingers”, oder auch in den Zeilen der Spaß-Combo Sigue Sigue Sputnik verulkt werden.
"Love Missile F1-11,": US bombs cruisin' overhead There goes my love rocket red Shoot it up.... Shoot it up.... Blaster bomb bomb bomb ahead Multi millions.
Mit "Please Forgive Us," wandten sich 10,000 Maniacs direkt an die mittelamerikanischen Opfer der US-Politik unter Ronald Reagan.
Peter Gabriel sang in "Games Without Frontiers" If looks could kill, they probably will. In games without frontiers, war without tears; nicht zu vergessen sein dramatischer Song “Red Rain” (1988).
In "The End Of The Innocence," attackierten Don Henley und Bruce Hornsby den US-Präsidenten Reagan unverblümt: "They're beating plowshares into swords for this tired old man that we elected king".
Während in Stings “Fragile” Krieg generell abgelehnt wird: Nothing ever good comes from violence and nothing ever will.
In New Year's Day sangen U2: "Under a blood red sky/ A crowd has gathered in black and white / Arms entwined, the chosen few The newspapers says, says Say it's true it's true... And we can break through Though torn in two We can be one"
Inspiriert von den Schockbildern des Films “The Day After” munkelten Duran Duran in "Planet Earth," "look now look all round there's no sign of life..."
Human League verbalisierten Todesschüsse in “Seconds” "The shot that was heard around the world For a second. It took seconds of your time to take his life, It took seconds",
während Holly Johnson in “Two Tribes” massiv raushämmert:
We got two tribes / We got the bomb / We got the bomb-yeah/ Sock it to me biscuits-now .
Die osteuropäischen Länder, die als Moskaus Epigonen außer dem blockfreien Jugoslawien und dem renitenten Rumänien kaum eigenständig außenpolitisch agieren konnten, waren einfach nicht auf unserem Radar zu der Zeit.
Deswegen war es schon merkwürdig 1987, als niemand auch nur theoretisch daran dachte, daß der Warschauer Pakt, das Gegenmilitärbündnis zur NATO sich irgendwann in den nächsten 1000 Jahren auflösen konnte, nach Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien zu reisen.
Ungarn liegt mir aus einem bestimmten Grund etwas quer im Magen.
Dazu aber morgen mehr.
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