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Donnerstag, 18. Dezember 2008

Wat nich oans givt.

Die Deutsche Vereinigung für Parlamentsfragen, DVParl, ist ein eingetragener Verein, der unter seinem Vorsitzenden Joachim Hörster (Mitglied des Deutschen Bundestages, CDU/CSU-Fraktion, Vorsitzender des Vermittlungsausschusses), versucht heraus zu finden, wieso, weshalb und warum es ein Parlament gibt.
Hörster erklärt:
Die parlamentarische Demokratie ist eine komplexe Regierungsform. Die Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist ihr immanent. Wie Parlamentarismus seiner Natur nach institutionalisierte Kritik ist, so braucht er seinerseits, um nicht zu erstarren, die ständige Analyse, das kritische sachgerechte Messen der Wirklichkeit am Anspruch.
Insbesondere die obskure Spezis des Parlamentariers gibt Rätsel auf.
So werden unter den Schwerpunkten, die dieser gemeinnützige und steuerbefreite Verein hat, knallharte existentielle Themen beleuchtet:

Abgeordnetensoziologie, Lobbyismus, Parlamentssoziologie, Parteienfinanzierung, Parteiensystem, Politikberatung, Politikverdrossenheit, Präsidentialismus und Wählerverhalten.

Das sind mal Fragen!
Insbesondere der letzte Punkt ist offensichtlich noch nicht voll verstanden worden.
Und was ist eigentlich „Abgeordnetensoziologie“?
Worin unterscheidet sie sich von allgemeiner Soziologie.

Klicken wir dazu mal auf „Aktuelle Veranstaltungen“:

„Leben nach dem Mandat: wie Politiker den Ausstieg aus dem Bundestag bewältigen“ - Ergebnisse einer Verbleibstudie - Mittwoch, den 17. Dezember 2008 um 19.30 Uhr in Berlin, Deutscher Bundestag, Reichstagsgebäude, Saal 3 N 008 (Eingang Nord)

Aha, ist das nicht großartig?
Nachdem es nun schon langsam jedem dämmert, daß das mit dem Grünen Punkt, dem Dualen System Deutschlands und der Mülltrennung nicht recht klappt, fragte man sich beim DVParl nach einem anderen Abfallprodukt:
Was passiert eigentlich mit ausrangierten Bundestagsabgeordneten?

Den Ergebnissen einer Verbleibstudie, für die Dr. Maria Kreiner von der Universität Osnabrück beauftragt wurde, konnte man also gestern in Berlin lauschen.
Für diese Studie hat Frau Dr. 368 nach der 12. und 13. Legislaturperiode ausgeschiedene Parlamentarier befragt.
OK, wir sind offensichtlich beim Thema „Abfall“, aber ist es nicht ein wenig derb, exkrementelle Vokabeln wie „Ausscheidungen“ für den Vergleich mit Politikern heran zu ziehen?
Es klingt so, als ob der Reichstag den unverdaulichen Rest ausgekackt hätte.

So fäkal es klingt, so scheiße fanden die Betroffenen ihr Schicksal offensichtlich auch:

Ausgeschiedene Bundestagsabgeordnete tun sich vielfach schwer, wieder im Alltag beruflich und persönlich Fuß zu fassen – unabhängig von Alter, Geschlecht und Parteizugehörigkeit. Gelegentlich haben sie materielle Sorgen, häufig aber Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl.

Die Dissertation der Sozialwissenschaftlerin Dr. Maria Kreiner, die sie kürzlich im Fach Politikwissenschaft an der Universität Oldenburg abgeschlossen hat, erschien just auch als Buch.

„Amt auf Zeit. Eine Verbleibsstudie über ehemalige Bundestagsabgeordnete“, Nomos Verlag, Baden-Baden

Die Ausgeschiedenen beklagen sich gar bitterlich:
Der Mandatsverlust sei „ein wahnsinnig tiefer Einschnitt in die Persönlichkeit gewesen“, äußerte ein „Ehemaliger“, den müsse man „erst mal verkraften, da muss man auch stark sein.“ Der „Einschnitt“ erklärt sich vor allem durch den langen und oft steinigen Weg zum Mandat, wie eine Interviewpartnerin – quasi stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen – deutlich machte: „Ein Bundestagsmandat ist praktisch der Höhepunkt in der politischen Karriere. Es ist so, dass man das nur erreicht nach unendlichen Jahren, auch unter Zurückstellung aller möglichen eigenen Vorstellungen. Man muss also jahrelang Zettel verteilen und sich die dümmsten Veranstaltungen antun, bis man da mal in die Weihen kommt.“
Problematisch empfinden viele ehemalige Abgeordnete ihren gesellschaftlichen Status, der für die Umwelt untrennbar mit ihrem Bundestagsdasein verbunden bleibe: „In dem Moment, wo Sie sagen, dass Sie Abgeordnete waren, haben Sie die ganze Vorurteilslandschaft, die in den Köpfen der Menschen existiert, am Hals. Sie sind nicht mehr ein normaler Mensch, Sie sind irgendwas anderes, was auch immer.“ Ähnlich resümierte eine Befragte „Einen Rückschritt gibt es da nicht mehr. Ich werde den Rest meines Lebens als ehemalige Politikerin verbringen.“

Zu allem Übel sind viele Ex-Parlamentarier im Gegensatz zur landläufigen Meinung auch noch finanziell am Ende.
Die Wiederverwertbarkeit so eines Politikers ist miserabel.
Arbeitslosigkeit kann so grausam sein, da die Parlamentsexkremente als schwer vermittelbar gelten.
Doppelt tragisch, denn: Abgeordnete können sich kaum wieder an das "normale Berufsleben" anpassen.
Zukünftige Arbeitgeber halten sie nämlich für arrogant, besserwisserisch und völlig von der Realität abgehoben.
In eigenen Worten ausgedrückt, klingt das dann so:

„Ich habe ja nicht das Problem, dass ich nichts kann, sondern ich bin überqualifiziert.“

Genau - Bundestagsabgeordnete sind solche Blitzbirnen, daß man gar nicht weiß, wie man soviel Intellekt wo anders nutzbringend würdigen kann.
Zu allem Übel müssen sich die Neoarbeitslosen auch noch ganz allein, um einen neuen Job bemühen.
Gar nicht so einfach, wenn man gewohnt war von der Partei in Watte gepackt zu werden.
Und nun stellt sich AUF EINMAL HERAUS, daß Parteien der politischen Willensbildung des Volkes dienen sollen, statt wie eigentlich vermutet eine Art golddurchwirktes Luxus-Hartz-4000 für Ex-Hinterbänkler zu sein.
Da kommt kaum jemals ein Pöstchen rüber für diejenigen, die sich im Parlament als unnütz erwiesen haben:

„Die eigene Partei hat sich einen feuchten Kehricht um mich gekümmert.“ Ähnlich äußerte sich eine ehemalige Abgeordnete einer kleinen Partei: „Es ist nicht so, dass die Parteikollegen etwas für einen tun wollen. Die, die jetzt noch aufsteigen wollen, sind froh, wenn ich weg bin.“

Oooooooooooooo, wie gemein!
Den netten pro forma-Job mit Millionenaufwand für Büro, Fahrer, Sekretär etc kriegen nur Ausnahme-Rhetorik-Genies wie beispielsweise Edi Stoiber und dann erwarten auch noch einige Undankbare, daß der tatsächlich ARBEITET oder womöglich irgendwelche Ergebnisse vorzuweisen hat.
Also geht nun echt zu weit.
Wir sehen: Politikerrecycling ist eine ähnlich schwierige Aufgabe, wie das technische Verfahren zur Verbundstoffwiedergewinnung.

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