Ein Land zu regieren, das im Rest der Welt so verhasst ist wie kaum ein Anderes?
Das Image ist im weltweiten Negativranking noch hinter Nordkorea abgerutscht.
Einen Staatshaushalt zu übernehmen, der beispiellos gegen die Wand gefahren ist?
A. Woltersdorf: Es ist ein Hohn, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain nicht müde wird, die Demokraten als "big spender" und als Verkörperung des aufgeblähten und Geld verschwendenden Staates zu porträtieren. Denn nach acht Jahren republikanischer Administration steigt das Staatsdefizit nun auf ein Rekordniveau von 454,8 Milliarden US-Dollar.
In nicht gewinnbare Kriege verstrickt zu sein?
Einem Volk vorzustehen, das von Waffen besessen ist, mehrheitlich glaubt die Erde sei vor 6000 Jahren geschaffen worden und unter dem Begriff „Moral“ versteht, daß man Frauen und Schwule kriminalisiert?
Völlig ineffektive und marode Sozial- , Bildungs- und Gesundheitssysteme zu erben?
Nicht zu vergessen, daß es mit der persönlichen Sicherheit und der der ganzen Familie für immer vorbei ist - gerne werden politische Führer erschossen.
Verblüffend, daß überhaupt jemand diesen Job machen will. Obwohl vorm Oval Office schon die globalen Katastrophen Schlange stehen.
Aber vielleicht sehen die Damen und Herren Bewerber das ja auch etwas anders als ich. Prioritäten werden jenseits des Atlantiks bekanntlich ganz anders gesetzt.
Ein Beispiel ist der höchst ehrenwerte Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court of the United States. Hier werden nur die absolut Staats-relevanten Wichtigkeiten verhandelt.
Die Obersten Richter können jedes Anliegen ohne Begründung ablehnen - nur weil sie persönlich den Gegenstand als nicht absolut richtungsweisend ansehen - es gibt schließlich noch in jedem einzelnen Bundesstaat einen „Supreme Court“ - 50 weitere Höchste Gerichte, die auch etwas zu tun haben sollen.
Kommt es zu Verhandlungen, sind diese höchst zeremoniell.
Nur speziell zugelassene Anwälte dürfen sprechen nachdem ein oberster Marshall hammerschlagend eine Sitzung eröffnet:
Die neun Superrichter sind echte Ikonen - unkündbar und ernannt auf Lebenszeit.
John Paul Stevens beispielsweise, 88 Jahre alt, wurde noch von Gerald Ford ernannt.
Vier wurden von einem Bush ernannt, zwei von Reagan, zwei von Clinton.
Welche Angelegenheiten sind nun aber dermaßen immens übermäßig wichtig und bedeutend, daß sich diese Gremium der edelsten Juristen dazu herab lässt sich mit Ihnen zu beschäftigen?
Rund um die Welt kennt man einige der Urteile, so zum Beispiel Roe v. Wade vom 22. Januar 1973 , als die Richter entschieden Schwangerschaftsabbruch sei ein Grundrecht als Folge des in der Verfassung implizierten Rechts auf Privatsphäre. Ein Urteil, dessen Verdammung in keiner GOP-Wahlkampfrede seit 35 fehlt. Der Stachel im Fleisch der Republikaner.
Ein anderes berühmtes Urteil, gefiel den GOPsen da schon bedeutend besser: Im Jahr 2000 entschieden die Richter im Fall Bush v. Gore, daß ersterer US-Präsident wird, obwohl in Florida das Wahlchaos ausgebrochen war und Gore landesweit 550.000 Stimmen mehr als Bush bekommen hatte.
Und im Jahr der allgemeinen Giga-Krisen?
Was verhandeln die neun Lichtgestalten des Rechts im Jahr 2008?
Es geht um "Fleeting expletives" ("flüchtige Kraftausdrücke") im täglichen Leben!
Darf ein Amerikaner öffentlich sagen „that was fucking good“, ohne daß die zuständige Kontrollbehörde, die Federal Communications Commission (FCC) das als Straftat maßregelt?
Nippel gehen ja schon mal nicht.
Aber was ist mit „fuck“?
Wichtig zu wissen ist, daß „to fuck“ nicht etwa mit „ficken“ übersetzt werden sollte - wie schon MRR gelegentlich im ZDF ausführte, ist „to fuck“ im angelsächsischem Sprachraum derart geläufig, daß es höchsten „vögeln“ entspricht.
Aber mit den losen Sitten ist es nun vorbei seit GW Bush regiert.
Die Welt belügen, Kriege anzetteln, Hundertausende Unschuldige killen, den Staatshaushalt ruinieren, KZ-artige rechtsfreie Gefangenenlager errichten, systematisch foltern - nun ja, das sind doch alles Petitessen, die einen moralisch anständigen Menschen nicht schrecken sollten.
Aber für alles gibt es eine Grenze, wie die SZ schreibt:
Die FCC wurde unter George W. Bush konservativer, die Gangart härter. 2006 rügte die Behörde den Sender Fox, weil dort bei den Billboard Music Awards in den Jahren 2002 und 2003 die Sängerin Cher und die Reality-Schauspielerin Nicole Richie "fuck" beziehungsweise "shit" und "fucking" gesagt haben. Nachdem ein New Yorker Appellationsgericht dieses Vorgehen 2007 für "willkürlich" erklärt hatte, riefen die Sittenwächter den Supreme Court an. Ausgerechnet am Tag der Präsidentenwahl, am 4. November, wird die erste mündliche Verhandlung stattfinden. Man könnte meinen, dass Amerika an diesem Tag Wichtigeres zu entscheiden habe; aber die Wahlhelfer, ja Millionen von Wählern des unterlegenen Kandidaten werden wohl an diesem Tag das F-Wort oder das S-Wort so oft ausrufen, wie es die Wallstreet-Broker in den letzten Wochen getan haben, und den Fernsehsendern wird sich auch an diesem Tag die Frage stellen, ob sie diese Ausrufe dokumentieren dürfen oder nicht.
Wie vorbildlich! Es macht ja nichts, daß jedes Kind in Amerika pro Tag Dutzende Morde und andere Scheußlichkeiten im TV vorgeführt bekommt, es ist auch sakrosankt daran zu rütteln, daß jeder Amerikaner seinen Kindern im Windelalter das Schießen mit Maschinengewehren zu ermöglichen.
Aber WEHE wenn sei einmal „shit“ hören sollten.
Da sei der Supreme Court vor.
Oh DANKE Du moralisches Amerika, daß Du uns verrohten sozialistischen Europäern zeigst, was wirklich wichtig ist!
6 Kommentare:
Ich denke erfundene Scheinwelten sind wahrscheinlich so alt wie die menschliche Kultur. Ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte ist die mittelalterliche Manipulation von Menschen mit erfundenen Informationen die in ihrem Wahnsinn bis ins 3. Reich hineinragt und sich bis heute fortsetzt. Wir werden heute noch genauso verscheißert wie ein mittelalterlicher Pöbelhaufen auf dem Marktplatz.
Der Vergleich hinkt nur insofern, daß es für einen mittelalterlichen und nicht aufgeklärten Menschen schwer war zu durchschauen, wie er an der Nase herum geführt wurde.
Bezüglich des 3. Reiches läßt sich trefflich streiten, was man wann wo wissen konnte/sollte.
Der Knopp-Satz „viele wußten genug, um genau zu wissen, daß sie nicht mehr wissen wollten“, ist gar nicht so schlecht.
In der Jetzt-Zeit ist es hingegen oft eine freiwillige Verblödung, der sich die Massen hingeben. Es ist wohl auch einfach dem Stumpfsinn zu frönen. Die Desinformationen und Nebenkriegsschauplätze prasseln einem ja nur so entgegen - sei es in Form von Daily-Soaps, BILD-Zeitung, oder Yellow-Press.
Dennoch KÖNNTE man sich im Jahr 2008 besser informieren! Es gibt ja immerhin einige seriöse Informationsquellen. Sogar kostenlos, sogar im Internet.
Jeder kann in öffentliche Büchereien gehen, jeder könnte sich zu Kursen an der Volkshochschule anmelden, um seinen persönlichen Ausgang aus der fremdverschuldeten Doofheit zu beschreiten.
Allein, es tut kaum einer.
Jeder kann in öffentliche Büchereien gehen, jeder könnte sich zu Kursen an der Volkshochschule anmelden, um seinen persönlichen Ausgang aus der fremdverschuldeten Doofheit zu beschreiten.
Allein, es tut kaum einer.
Das ist imho der protestantischen Arbeitsethik geschuldet. Wir denken nie über Konzepte nach, wie die Menschheit insgesamt weniger arbeiten muss und trotzdem den gleichen oder einen höheren Wohlstand erlangt, sondern immer nur darüber wie wir möglichst viele Menschen in eine 4köpfige Familie mit 40stundenwoche in eine 4Zimmerwohnung packen können. Dass da an den zwei freien Tagen sich die meisten lieber um ihre Familie kümmern, als philosophisch-politische Ideen zu verfolgen, ist, glaube ich, nicht zu weit hergeholt.
Das System fördert nicht freies und kritisches Denken, sondern eine möglichst hohe Angepasstheit.
Dazu habe ich schon lange ein eigenes Posting im Hinterkopf.
In Helmut Schmidts neuem Buch gibt es doch diese Passagen über seinen Glauben:
ALS KIND:
Ich glaubte zwar an Gott als wirklich existent, aber seine Dreieinigkeit vermochte ich mir nicht vorzustellen. Ich konnte auch nicht glauben, dass Gott seinen Sohn auf die Erde geschickt hat, um ihn dort kreuzigen zu lassen und ihn am Ende in den Himmel aufzunehmen. Wenn Jesus der Sohn Gottes war, wieso dann nicht auch alle übrigen Menschen? Ich habe mit den anderen gemeinsam gebetet, aber die Gebete blieben mir ziemlich fremd.
ALS ER IN RUSSLAND IM SCHÜTZENGRABEN HOCKTE:
Sieben Jahre später – unsere Fahrzeuge blieben im russischen Schlamm stecken, und ich hatte bereits die unausweichliche Niederlage und die unausweichlich bevorstehende Katastrophe Deutschlands vor Augen – eröffnete mir ein Soldat meiner Batterie, ein angehender Pastor oder Priester, mit zwei christlichen Weisheiten zum ersten Mal einen wirklichen Zugang zum Christentum. Ich hatte ihm geklagt: Wir kämpfen hier, und viele müssen sterben, aber in Wahrheit hoffen wir gar nicht auf unseren Sieg, sondern vielmehr auf ein Ende des Krieges. Wir befolgen pflichtbewusst unsere Befehle, aber in Wahrheit zweifeln wir doch an der Vernunft des Führers – wo ist der Ausweg? Jener junge Theologe hat mir mit dem Römerbrief des Apostels Paulus geantwortet: »Seid untertan der Obrigkeit… denn die Obrigkeit ist von Gott.« Und im Laufe unseres mir unvergessenen Gesprächs fiel ein anderer Satz: Vergessen Sie nicht, es geschieht nichts ohne Gottes Willen. Beide Sätze haben mich an jenem Abend beruhigt.
Ich bin mir ganz sicher, daß dieses Obrigkeitsdenken, der Gehorsam, das Nichthinterfragen tief in der deutschen Seele eingebrannt ist.
„Seid untertan der Obrigkeit… denn die Obrigkeit ist von Gott“ ist ein verhängnisvoller Satz.
Als Luther seinen Aufstand damals losgetreten hatte und es begann chaotisch zu werden, zürnte er bekanntlich gar fürchterlich, als sich das einfache Volk auch gegen Fürsten erhob.DAS ging ihm viel zu weit!
Denen hatte man aber zu gehorchen - laut Luther. Und keine dummen Fragen zu stellen.
Die Protestanten, insbesondere Pietisten etc sind hier gewissermaßen noch verhängnisvoller als Katholiken, da sie noch lustfeindlicher und strenger sind.
Ich frage mich, ob man so auch erklären kann, daß man EXTREM KATHOLISCHEN Völkern (wie Polen oder Italienern) einen größeren Hang zur Anarchie und zum Chaotentum nachsagt.
Was ja einen günstigen Effekt haben kann.
Auch die Faschisten in Italien konnten sich nicht so nachhaltig in Italien durchsetzen, wie in Deutschland.
Vorsicht mit Pauschalisierungen - aber offenbar gelang es ja in Italien nicht so optimal jeden einzelnen Staatsbürger für die aktive Mitarbeit an der antisemitischen Ideologie zu gewinnen, wie weiter nördlich.
Ist aber eine sehr vage Theorie - die braunsten Gegenden in Deutschland/Österreich waren ja offensichtlich gerade die Katholischen…
Da schliesse ich mich auch ohne naehere Betrachtung erstmal 'po8 an. Ist wohl eine der Hauptursachen zum Thema.
Auch der Vergleich von 'game of life hinkt nicht allzusehr da der Unterschied des unaufgeklaerten Mittelaltermenschen zum heutigen Digi'-Sapiens gar nicht allzugross erscheint, wobei der Knopp-Satz widerum die Selbst-Oppression des Wissens, meist durch fast kindliche Furcht, Verdraengung und anderweitig Manipuliertem beschreibt.
Mit allem Respekt darf ich dann die unermuedliche 'Comedy-Einlage'
vom Tammox bewundern/befuerworten.
Die Eigenverantwortung fuer jeglichste Bildung existiert(wie schon erwaehnt) kaum und sie wird auch sicherlich in keinster Weise propagiert noch erwuenscht.
Zuguterletzt finde man in diesen altfruchtvollen Inhalten eine der 'eingebranntesten Gehorsamkeiten ueberhaupt: "Ich bin mir ganz sicher, daß dieses Obrigkeitsdenken, der Gehorsam, das Nichthinterfragen tief in der deutschen Seele eingebrannt ist."
Ich kann mich noch allzugut an meine Kindheit erinnern, in der 'Studierten/Akademikern' immer mit einer besonderen Hochachtung, unterwuerfigem Respekt und ehrfuerchtiger Bewunderung gegenuebergetreten wurde.
Ja, es ist noch da, nur nicht mehr so offensichtlich eingestanden, gezeigt und zugegeben wie noch 'Damals.
Der monstroes-negativ-globale Ausfluss der Kirche als selbstverstaendlich.
Alles in Allem einen schoenen Tag noch, .. Have a nice Day, .. and enjoy Tomorrow.
Vielen Dank Jake für den Kommentar.
Dazu fiel mir spontan etwas aus einem ganz anderen Bereich ein, das ich schon öfter gehört habe. Vielleicht ein bißchen off topic.
Menschen gehen ins Krankenhaus, zum Arzt, werden womöglich operiert, bekommen Dutzende Medikamente und verschiedenste Behandlungen.
Auf die Frage „Was hattest Du denn?“, „Was wurde operiert?“, wissen erstaunlich viele Leute keine genaue Antwort.
Der Arzt hatte immer nur so kurz Zeit, man wollte den ja nicht nerven, das sind ja Akademiker, die so viel Latein reden, etc..
Da steckt auch eine tief verankerte devote Grundhaltung drin:
So einen Chefarzt (Halbgott in Weiß) mag man nicht mit seinen persönlichen primitiven Fragen belästigen.
Bedenkt man, daß es um nichts geringeres als die eigene Gesundheit; womöglich das eigene Leben geht, ist es doch erstaunlich, daß Patienten nicht mehr Eier in der Hose haben und hart nachfragen; einfach VERLANGEN genauere Erklärungen zu bekommen, sich zweite Meinungen einholen, etc.
Der Arzt wird aber eben oft als zur Obrigkeit gehörendes Wesen akzeptiert.
Nicht ohne Grund spricht man von „ärztlichen ANORDNUNGEN“, denen man folgt ohne zu hinterfragen, auch wenn man keine Ahnung hat, wozu die einzelnen Pillen eigentlich sein müssen.
Liebe Grüße auch….
Kommentar veröffentlichen