TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Dienstag, 7. Oktober 2008

Zittrige Gläubige

OK, OK, vielleicht hat es der ein oder andere schon gemerkt, quasi zwischen den Zeilen gelesen, daß ich nicht der allergrößte Befürworter des organisierten Christentums bin.
Aber es gibt Abstufungen.
Die QUÄKER entwickelten sich in England aus der Opposition gegen die Anglikanische Kirche. Offiziell: Society of Friends (Quakers),
Widerspruch ist aber bei Christen nie so beliebt gewesen und so begann in den 1660er Jahren die Quäker-Verfolgung in England. Mit großem Eifer lynchten, folterten und verprügelten die frommen Anglikaner die Quäker.
Hunderte Quäker wurden eingesperrt und umgebracht - wobei deren Besitz immer an die Amtskirche fiel. Praktisch.
Später bekamen sie in den USA ein eigenes Stück Land, dem der Quäker William Penn als Gouverneur vorstand - so entstand Pennsylvania, ein erstaunlich liberales Land, das Religionsfreiheit garantierte und im Gegensatz zu allen anderen späteren amerikanischen Bundesstaaten die Indianer nicht bekämpfte, sondern sie akzeptierte und mit ihnen zusammen arbeitete.
Anders als alle anderen Christen, die sich über den Planeten ausbreiteten, hatten die Penn’schen Quäker nicht den Drang „Ungläubige“ zunächst einmal auszurotten UND DANN über sie zu sprechen.
Schon 1758 beschloss man in Pennsylvania die Aufhebung der Sklaverei in ihren Reihen und bestrafte Verstöße dagegen mit dem Ausschluss aus der Quäkergemeinschaft.
Der zunächst einmal abfällig gemeinte Begriff „Quäker“ (englisch: to quake = beben, zittern), war allerdings keine Anspielung auf Feigheit vor den mordenden anglikanischen Christenhorden, sondern verballhornte ihre körperlich auffällige Bet-Methoden:
„Zittere vor dem Worte des Herrn!“ rief einer ihrer Gründer, George Fox aus.
Wie sie das genau machen, bleibt für weniger spirituelle Menschen rätselhaft.
Ist es Gottes Hand, die sie an den Schultern packt und durchschüttelt?
Möglicherweise baden sie auch in Eiswasser oder stecken sich Peperoni in den Hintern.
Aber was ist schon normal bei Christen?
Coram publico 300 Jahre vor der Erfindung des Breakdances rumzuzucken, mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen.
Aber seien wir doch ehrlich - phänotypisch ist die Christenmajorität der Katholiken doch auch eher was für die geschlossene Abteilung: Alte Männer rotten sich zusammen, schlüpfen in bunte lange Kleider, tragen brennende Handtäschchen und singen dazu im Falsett.
Die Englischen Bebenden aus dem 17 Jahrhundert waren ansonsten weniger Technik und Fortschritts-negierend als ihre Co-Christen und daher ökonomisch besonders erfolgreich.
Einige Firmen sind immer noch tätig und bekannt, etwa Clarks (Schuhe), Barclays (Bank) und Cadbury Limited (Schokolade, Lebensmittel; 1969 fusioniert zu Cadbury Schweppes).

Sehr sympathisch kommt schon rüber, daß Quäker keine klassischen Dogmen kennen und sich immer wieder neu beraten. Die Folge davon ist eine relativ liberale Haltung.
Anders als Katholiken, Anglikaner und Evangelikale, anerkannten sie sehr früh die Würde eines JEDEN Menschen - unabhängig von Religion, Geschlecht und Rasse.
Zudem paktierten sie nicht wie in Rom üblich immer mit den Mächtigen, sondern engagierten sich stets für soziale Zwecke.
Geradezu kommunistisch mutete es den Altkirchen an, daß Quäker sich weigerten vor gesellschaftlich „höhergestellten“ Personen den Hut zu ziehen.
Sie ignorierten Adelstitel, sie redeten alle Menschen mit Du (engl. thou) an, schwörten keine Eide (nach Mt 5,34–37: Schwurverbot und Aufforderung zu klarer Rede: „Eure Rede sei ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel“).
Alles hatte schlicht und praktisch zu sein - viel wurde abgelehnt.
Als Begründungen für diese Verhaltensweisen wurde die Betonung der „Gleichheit aller Menschen vor Gott“.
Besonders abartig empfanden es die anderen Christen aber, daß Quäker nicht für Krieg und Mord zu begeistern waren, sich stattdessen impertinent für Frieden und Versöhnung einsetzten.

Ein besonders bizarrer Spin-Off der Quäker, sind die Shaker (dt.: Zitterer), deren „quake“ ein ritueller Schütteltanz ist. To tremble violently (hence “Shakers”).
Offizielle Namen sind: The United Society of Believers in Christ’s Second Appearing; the Millennial Church; die Kinder der Wahrheit.
Beim Gottesdienst drehten sie richtig ab und tanzten wie Hühner auf Exstasy.

Ihre Hauptauffassungen sind in den Augen der anderen Christen geradezu ungeheuerlich:
Gott gilt als geschlechtsneutrales geistiges Wesen, damit seien beide Geschlechter grundsätzlich gleichberechtigt. Wobei Jesus den männlichen und Ann Lee, die Shaker-Gründerin, den weiblichen Teil vertritt.
Puh, Gleichberechtigung - bäbä.
Am Ende dürfen Frauen da gar ihre eigenen Entscheidungen treffen?
DAS geht natürlich nicht.
Dennoch wurden die Shaker um 1800 sehr populär und die Bewegung schwoll auf 6000 Mitglieder an.
Hierin besteht auch ein wesentlicher Unterschied zu den weitaus bekannteren Amish: Shaker sind aufgeschlossen - sowohl in technischen, als auch in gesellschaftlichen Dingen. Ihr Hang zu Bildung und Fortschritt ließ sie sehr wohlhabend werden.

Berühmt sind noch heute ihre schlichten gedrechselten Holzmöbel, die sie unter Verwendung von modernsten Geräten wie Kreissägen herstellten (Amish lehnen bis heute sogar noch den Gebrauch von Elektrizität ab!)
Der berühmteste Shaker-Schaukelstuhl stand im Weißen Haus – im Oval Office von John F. Kennedy.
Im Gegensatz zu den extrem gebärfreudigen Protestanten und Katholiken, gingen Shaker tatsächlich den Weg, den andere Christen stets nur predigen: Sie lebten alle zölibatär und rekrutierten ihren Nachwuchs gewissermaßen aus Neuzugängen.
Quasi ein Vatikan mit Frauen und ohne Schwule.
Beten, Bibellesen und Fortschritt
Frei nach Edmund Stoiber: Amish mit Internet

Abschließend muß man aber sagen, daß diese Religionsgemeinschaft kein Erfolgsmodell ist.
Die Shaker sind quasi ausgestorben (nur noch vier Gläubige leben heute in Sabbathday Lake im US-Bundesstaat Maine) und Quäker gibt es in den USA gerade mal noch 100.000.

Dieses ewige Friedenstiften und Toleranz walten zu lassen, kam wohl nicht recht an.
Die amerikanischen Evangelikalen hingegen, die die aggressivsten und militantesten Christen Amerikas sind und auf allen Gebieten wider die Toleranz kämpfen, permanent die Kriegstrommeln erklingen lassen und Hass gegen so ziemlich jeden und alles predigen, haben inzwischen rund 70 Millionen Anhänger - alles Bush-Wähler und Palin-Verehrer (die meint, daß der Irakkrieg und der Afghanistankrieg direkt von Gott angeordnete Aufgaben sind).

Die Statistik mit welchen Methoden man an der propagandistischen Religionsfront Erfolg hat, ist wohl eindeutig:

Hier Toleranz, Mitgefühl, Aufgeschlossenheit und Friedensliebe - 4 Mitglieder
Dort Kriegstreiberei, Hasspredigten, Intoleranz, Verdammung von Andersgläubigen - 2 Milliarden Mitglieder.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr interressant, denn ungefähr diese Thesen könnten meine sein. Ich bin in keiner Kirche, versuche aber verträglich mit allem um mich her zu leben. Dass das kein Erfolgsmodell ist, weiss ich.
Dazu kommt, dass es ja nie ernsthaft versucht wurde, auch nur annähernd nach den Aussagen von Jesus zu leben. Es wird nur so getan als ob, und eine Begründung läßt sich fast immer finden. Im Namen Gottes wurde schon immer Schindluder getrieben, das ist quasi das bewährteste Modell des ganzen Religionsbeschisses.
Traurig aber wahr, dass der Grossteil der Menschen so tickt.

Anonym hat gesagt…

A proPo Kirche.
Warn-Tattoo/Kennzeichnung fuer Schwule.
http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1179477.html

'Exzellenter Vorschlag und eine noch lausigere Entschuldigung.

Gruss
J.

Po8 hat gesagt…

Anzumerken noch, dass v.a. evangelikale die Quäker für ihre Zwecke ausschlachten, indem sie behaupten, dass die Sklavenbefreiung von den Christen ausging (eben weil die Quäker sich als eine der ganz wenigen christlichen Denominationen dagegenstellten).

So wird im christlichen Einheitsbrei alles verwurstet, was irgendwie passt. Sklaventreiber werden zu Sklavenerlösern und Nazipäpste wie Pius XII. werden seliggesprochen.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Danke für die Kommentare - seht Ihr; auch ich kann ein Religionsfreund sein.

Po8:
Jaja, PR-mäßig haben es die Kirchen echt drauf!
Immerhin hat schon JP-two gleich Pio Nono seliggesprochen (3. September 2000) - und der war nun wirklich unbestritten ein militanter Antisemit. Geschickt geplant hatte der Vatikan aber schon - die Seligsprechung war ihm SEHR wichtig, weil Pius IX doch die päpstliche Unfehlbarkeit postuliert hat. Um zu erwartende Proteste runter zu spielen, fand denn die Seligsprechnung GLEICHZEITIG mit der von Joh-XXIII statt, den sogar ich ganz nett finde - für Papst-Verhältnisse. Da waren Angelo Roncalli (il papa buono) und Albino Luciani ja offensichtlich die Lichtblicke der letzten 500 Jahre.
Heute schreibt die SZ übrigens über den Fortgang der Pius-XII-Sache:
Benedikt sagte da zur Rolle Pius XII.: "Seine Interventionen waren geheim und still, weil es in der gegebenen Situation des schwierigen historischen Momentes nur so möglich war, das Schlimmste zu verhindern und die größtmögliche Zahl von Juden zu retten." Am Donnerstag will er im Petersdom eine Messe für Pius feiern.

http://www.sueddeutsche.de/kultur/293/313200/text/



INGE, ich wünschte, daß mehr religiöse Menschen den Schritt tun könnten sich von den Amtskirchen zu emanzipieren!

JAKE ; das ist doch mal eine gute Idee der Anglikaner!
Statt «Fellatio tötet» auf der Stirn und «Sodomie gefährdet die Gesundheit» auf dem Hintern wäre es aber doch kostengünstiger einfach einen ROSA WINKEL auf die Stirn zu tätowieren. Und Juden könnten einen gelben Stern auf die Stirn bekommen,..
Wo habe ich das bloß schon mal gehört….????

Po8 hat gesagt…

@Tammox

Gerade bei der Pius-XII.-Angelelgenheit kann ich gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte. Pacelli war derjenige, der das Reichskonkordat auf den Weg brachte, Pacelli war mindestens bis 1942 ein Kriegstreiber und unter den Augen Pacellis wurden auch die Nazis über die sog. "Rattenlinie" nach Südamerika verschifft. Jeder, der noch einen Funken Anstand im Leib hat, sollte bei diesen Fakten die Wände hochgehen. Jeder rückgratlose Mitläufer und Hitlerjunge würde eine solche Person natürlich umgehend heiligsprechen... mal sehen was passiert.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Ganz meiner Meinung!
Vor allem ist es so, daß mir immer deutlicher wurde, je mehr ich über Pacelli las, daß er auch noch ein extremes Charakterschwein war. Er muß im privaten Umfeld extrem arrogant gewesen sein - ganz und gar adelig im schlimmsten Sinne: Er fühlte sich stets und jedem gegenüber superior - und das Papstamt hat diese Neigung nun nicht gerade abgemildert.

Wenn man dann die usual suspect, wie Pater Gumpel über ihn sinnieren hört, geht es wirklich weit über das Erträgliche hinaus. Das Pacellipontificat war gepflastert mit Abscheulichkeiten. Von Deschner gibt es unter anderem einen Aufsatz über das Ustascha-Regime unter Ante Pavelic. Der Vatikan schickte damals Folterexperten nach Kroatien. Die lieben Pater haben derart grauenvoll gewütet, daß es sogar dokumentierte Fälle gibt, in denen die SS einschritt, um die Vatikan-Abgesandten zu stoppen, weil es selbst den Nazis zu pervers wurde. Der faschistische Staatspräsident konnte später dank der Hilfe des Vatikan nach Argentinien fliehen. 1959 starb er als freier Mann in Madrid. Nur jeder Fünfte der 30 000 kroatischen Juden überlebte den Terror der kroatischen Faschisten.

SAGENHAFT, daß B-XIV Pacelli nicht posthum exkommuniziert hat!
Aber B-XVI ist ja Faschisten gegenüber sehr freundlich, wie seine Massenseligsprechung von spanischen Faschisten im Okt 2007 zeigte.

http://tammox.blogspot.com/2008/01/die-spanier-sind-ja-auch-scheie.html

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Hallo Po8 nochmal:

Und wenn man gerade dachte
SCHLIMMER GEHT ES NICHT MEHR

Kommt von irgendwo ein Katholik her
und macht einem die Birne schwer.

Wer masochistisch veranlagt ist möge mal anklicken:

http://www.kreuz.net/article.7985.html

Anonym hat gesagt…

Ach übrigens: Quäker gibt es auch in Deutschland, und die können auch noch "Verstärkung" gebrauchen. Derzeit sind es unter 300 in ganz Deutschland verstreut und völlig überaltert. Der demographisch Faktor wird also auch bald auf die Mitgliedszahlen durchschlagen.

Gruß

Olaf Radicke

P.S. Im meinen Blog findest du auch Meldungen und Beiträge zum Thema Quaker.
http://www.the-independent-friend.de/