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Samstag, 15. Oktober 2011

Sabine ist auch eine Lustige.

Ungefähr einhundert Mal ist der vom CCC entdeckte „Bundestrojaner“ grob verfassungswidrig eingesetzt worden.

Zu den ewig wiederholten Polit-Mythen gehört neben der angeblichen FDP-Wirtschaftskompetenz (LOL) auch die Ikonisierung Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers zur Rechtsstaats-Verteidigerin.

Auch das ist selbstverständlich der blanke Hohn.
Die Frau, die einst den simplen Lauschangriff nicht mitmachen wollte, sitzt nun in einem Kabinett, welches die Videoüberwachung flächendeckend ausgebreitet hat.
Als die USA auf die Europäischen SWIFT-Daten zugreifen wollte, tauchte die Justizministerin unter.

So empörte sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über das SWIFT-Abkommen und ignorierte dabei, daß ihre eigene Regierung es erst möglich gemacht hat (durch die Enthaltung des Innenministers).

Unvergessen ihre 2009er Performance in Karlsruhe zur Vorratsdatenspeicherung.


Die Bundesregierung sah sich einer Massenklage gegenüber. 34.000 Menschen hatten Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Die Verfassungsrichter hörten sich die Argumente an. Großer Medienauflauf. Der Stuhl der Verteidigung des Gesetzes blieb leer.
Die Justizministerin erschien einfach nicht - was die Richter doch außerordentlich verwunderte.

In der Sache will ich der Bundesministerin gar keinen Vorwurf machen - schließlich ist sie als Privatperson selbst eine der 34.000 Klägerinnen: Sie hält das Gesetz für genau schlecht wie die Videoüberwachung, das Swift-Abkommen oder den Großen Lauschangriff.

Bevor sie sich das Rückgrat operativ entfernen ließ, trat sie auch schon mal zurück, wenn sie als Ministerin einen Kurs partout nicht tragen konnte.

Heute ist es ihr Wurscht - sie macht es wie Merkel und geht einfach nicht hin, wenn es heikel wird.

Glatte Arbeitsverweigerung.
Eigentlich ist es ihre Pflicht als Justizministerin, das beschlossene Gesetz mit Zähnen und Krallen zu verteidigen - immerhin hat sie einen Eid darauf geschworen.
(ZDF)

Als Erzbischof Zollitsch sie belehrte gefälligst nicht die Kirche anzugreifen, nur weil diese ein paar Tausend Kinder sexuell missbraucht hatte, knickte die Ministerin sofort ein.
Bis heute gibt es keine längeren Verjährungsfristen bei Kindervergewaltigung, bis heute sind die illegalen Kirchenprivilegien nicht auf der politischen Agenda!

Leutheusser-Schnarrenberger ist ungefähr so hilfreich bei der Verteidigung der Bürgerrechte, wie Herr Rösler bei der Stabilisierung der Weltökonomie und Herr Westerwelle beim Nahost-Friedensprozess.

FDP eben.

Sie ist schließlich stellvertretende Bundesvorsitzende und saß am Verhandlungstisch, als der grandiose K.O.alitionsvertrag von 2009 ausgehandelt wurde - jenes Machwerk, das schon heute als größtes Dokument des politischen Scheiterns der Bundesgeschichte gilt.
Zu Recht liegt die FDP auch am Boden.

Der böse Bundestrojaner gibt der angeblichen Rechtspolitikerin nun die Gelegenheit sich als liberales Gewissen der Bundesregierung zu inszenieren.
Heftig rattert sie dazu mit dem CSU-Kollegen Bundesinnenminister Friedrich aneinander.

Die umstrittene staatliche Schnüffel-Software sorgt für Zoff in der schwarz-gelben Koalition: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert vom Innenressort Vorschläge zur Änderung des BKA-Gesetzes, um die Privatsphäre und den Grundrechtsbereich besser zu schützen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warf seiner Kabinettskollegin dagegen vor, Ermittler unter «Generalverdacht» zu stellen. Es gebe bereits strikte Kontrollen bei der Überwachung von Kommunikation via Internet, sagte Friedrich der Nachrichtenagentur dpa. Trotz der juristischen Unsicherheit halten Sicherheitsbehörden an der Überwachung von Computern über sogenannte Staatstrojaner fest.
(dpa, 11.10.11)

Ob das noch mal über die 5%-Hürde hilft? Die FDP als klassische CSU-Antagonistin?
Nette Strategie. Nur etwas altbacken und, mal ganz nebenbei bemerkt, völlig verlogen!

Die Bayerische Parteichfin der Bayerischen Regierungspartei FDP hat wohl vergessen, in welchem Bundesland der Trojaner auftauchte.

Nachdem herausgekommen ist, dass der Staatstrojaner aus Bayern kam – kaum überraschend, war es doch das erste Bundesland, das ihn zugelassen hat – und das Innenministerium das auch bestätigen musste, ist nun die zweite Stufe des Abwehrkampfs gezündet. Nach dem Dementi (“Niemals eingesetzt”) kommt nun die Relativierung (“Rechtmäßig eingesetzt”). Die dritte Stufe (“Kaum eingesetzt”) wird kaum lange auf sich warten lassen. Das bayrische Innenministerium jedenfalls hat nun selbst Stellung zu der Problematik bezogen. Diese Stellungnahme “interessant” zu nennen, spottet jeder Beschreibung.
(Stefan Sasse 11.10.11)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sollte sich dringend mal an die eigene Nase fassen!

Dumm nur, dass ausgerechnet dort, wo der Trojaner zunächst aufgetaucht ist, in Bayern also, Liberale mit der CSU seit Jahren regieren. Und zwar Liberale, an deren Landesspitze keine andere als Frau Leutheusser-Schnarrenberger steht. Hat sich deren bayerische FDP seit 2008 etwa nicht ein einziges Mal mit der Frage beschäftigt, in welchem Ausmaß die Landesermittlungsbehörden solche Trojaner einsetzen? Zumal das Thema in München spätestens hätte auf die Tagesordnung der Bürgerrechtspartei FDP gesetzt werden müssen, als die schwarz-gelbe Regierung in Sachsen 2009 die Telefonüberwachung über Computer (also den Einsatz von Trojanern) zur Strafverfolgung ganz offen in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat. Doch damit nicht genug: Nun wird, zu allem Übel, auch in Berlin die Frage ganz offen angesprochen, was die Bundesjustizministerin seit 2009 eigentlich unternommen hat, um den Grundrechtsschutz beim Einsatz von Trojanern durch staatliche Behörden in ganz Deutschland, der der Gewährleistung der Sicherheit der Bürger dient, zu erhalten. Dabei weisen nicht nur Politiker der Union, sondern auch Juristen und Parteifreunde der Justizministerin darauf hin, dass man bereits im Herbst 2009 bei den Koalitionsverhandlungen mit der FDP über eine Regelungslücke in der Strafprozessordnung gesprochen habe, die den Einsatz von Trojanern zur Telefonüberwachung über den Computer, der so genannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, aus der rechtlichen Grauzone herausholt. Denn erlaubt ist die Nutzung von Trojanern höchstrichterlich. Allerdings fehlt es offenbar bis heute an klaren Regeln dafür. 2009 hatte Leutheusser-Schnarrenberger Forderungen nach einem Gesetz mit „Nein“ beantwortet. Genauso wie in diesem Frühjahr, als der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) von seiner Kabinettskollegin erneut eine solche Regelung erbeten hatte, damit die Sicherheitsbehörden ihre Arbeit bei der Terrorabwehr auf rechtlich einwandfreier Basis tun können.
(Antje Sirleschtov 12.10.11)

Aber eine Leutheusser-Schnarrenberger läßt sich nicht von lästigen Fakten verwirren und verbreitet ungeniert ihre Legende.

Auf ihrer Website prangt ein Videostatement zum Thema.

Mit der Wahrheit steht die Justizministerin auf Kriegsfuß wie alle FDP-Minister.

Sie, die mehrfach den Kopf in den Sand steckte und gesetzlichen Handlungsbedarf verneinte, sagt nun:

Das Thema Bundestrojaner, Spionagesoftware, Schadsoftware beschäftigt uns natürlich zu Recht intensiv.
(SL-S)

Und um der neuen Rolle ihrer Partei als Comedy-Truppe gerecht zu werden schließt sie mit:

Die Bundesregierung hat ganz klar gesagt, der Schutz der Privatsphäre ist uns, ist der gesamten Bundesregierung, ein absolut prioritäres und wichtiges Anliegen.
(SL-S)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch mal darauf verweisen was das FDP-CDU-regierte Sachsen von Rechtsstaatsprinzipien hält.

Insbesondere der Sächsische Staatsminister der Justiz und für Europa Jürgen Martens (FDP) hat sich zum Killer der Bürgerrechte entwickelt, wie ich vor einigen Tagen bereits ausführte.

Die sächsische Justiz steht in keinem guten Ruf. Vor zwei Jahren war es ein Prozess gegen kritische Journalisten, in diesem Sommer eine eigenmächtige Razzia im Nachbarland Thüringen, vor wenigen Wochen waren es Angriffe von Justizvertretern gegen den Datenschützer des Landes - Sachsens Justiz operiert gern mit Schaum vorm Mund. Die sächsischen Koalitionspolitiker haben nun die Justiz dabei noch überboten. Ausgerechnet mit den Stimmen der NPD wurde die Immunität ihres Abgeordnetenkollegen André Hahn, des Fraktionschefs der Linkspartei, aufgehoben. In dem Verfahren gegen Hahn geht es um die Blockade eines Aufmarsches von Neonazis, der (unter Beteiligung von NPD-Leuten) regelmäßig zum Jahrestag der Dresdner Bombennacht stattfindet. Fast genauso schwer wiegt, mit welcher Ignoranz die CDU- und FDP-Abgeordneten rechtliche Bedenken gegen das Strafverfahren beiseiteschoben. So räumen die Ermittler selbst ein, dass der Abgeordnete Hahn nicht am 'Tatort' war, als die Blockade begann. Sie betrachten den Politiker nur als 'Rädelsführer', weil er in seiner Funktion als Fraktionschef ein Mitinitiator der Blockade gewesen sei. Wackelig ist auch der rechtliche Boden, auf dem sich die Justiz bewegt. Denn zum angeblichen Tatzeitpunkt hatte das sächsische Versammlungsgesetz keine Gültigkeit, weil es als rechtswidrig aufgehoben wurde.
(SZ 14. Oktober 2011)

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