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Montag, 3. Oktober 2011

Wie man einen Wirtschaftsweisen glücklich macht.

Es ist ein Elend mit der deutschen Wirtschaft.
Und das Elendste am Elend ist die Tatsache, daß man schon lange weiß, was das Elend elendiger macht und dennoch immer mehr Elend anhäuft.

Deutschland erlebt Fachkräftemangel und die wenigsten Uni-Abschlüsse. Dennoch liegen die Ausgaben für Bildung weit unter dem EU-Durchschnitt.

Stattdessen haben sich die Luschen der Bundespolitik von einer Lobbyarmee einwickeln lassen und werfen mit Gaga-Subventionen um sich. Der hartnäckige Agitprop der reichen Branchen ist extrem erfolgreich. Vorteile in Höhe von zig Milliarden Euro konnten die Lobbyisten von tapsigen Abgeordneten einstreichen.


Einige Beispiele:

Förderung des Rationalisierungskuratoriums der Wirtschaft (RKW) (zu Deutsch: Der Staat unterstützt Jobabbau) 6 Mio. Euro […] Förderung der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftl. Verwaltung (zu Deutsch: Extra-Subvention für Bürokraten) 1 Mio. Euro […] Hilfe zur Einführung moderner Kommunikationstechnik (zu Deutsch: Blackberry und I-Phone auf Staatskosten) 18 Mio. Euro. […] Entlastung des Güterkraftverkehrsgewerbes von der Lkw-Maut (zu Deutsch: Lkw-Maut, aber nicht für alle) 452 Mio. […] Kfz-Steuerbefreiung für Zugmaschinen und für Wohn- und Packwagen (zu Deutsch: freie Fahrt für Zirkuswagen) 1 Mio. Euro […] Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Zahntechniker (zu Deutsch: Zahnprothesen für alle als Staatsziel) 415 Mio. Euro [….] Mövenpick-Steuer Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistungen (zu Deutsch: Dankeschön der FDP für eine Parteispende) 805 Mio. Euro […] Begünstigung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (zu Deutsch: Billigsprit für Trecker) 305 Mio. Euro […] Ermäßigung für Brennereien bis vier Hektoliter (zu Deutsch: Geschenk für Schnapsbrenner) 6 Mio. Euro […] Steuerabsetzungen bei kulturhistorisch wertvollen Gebäuden (zu Deutsch: Bonus für Immobilienbesitzer mit Stil) 70 Mio. Euro […] Pauschalierung der Lohnsteuer für Verpflegungsmehraufwendungen (zu Deutsch: Bonus für Spesenritter) 50 Mio. Euro […] Steuerermäßigung bei Zuwendungen an politische Parteien (zu Deutsch: Wer an CDU & Co. spendet, spart Steuern) 90 Mio. Euro […] Absenkung der Höchststeuer für Nutzfahrzeuge (zu Deutsch: Erfolgsprämie für die deutsche Brummi-Lobby 70 Mio. […] Mineralölsteuerbegünstigung für inländischen Flugverkehr (zu Deutsch: freier Himmel für Privatflieger) 680 Mio. Euro […] Abzug der Kirchensteuer als Sonderausgaben (zu Deutsch: Der deutsche Kirchenstaat) 2.790 Mio. Euro. [….] Nachhaltige Stadtentwicklung (zu Deutsch: Zusatzeinnahme für notleidende Planer und Architekten) 229 Mio. Euro etc. pp
(Handelsblatt 04.06.2010)

Auf diese Art und Weise wurde der berühmte deutsche Steuerdschungel geschaffen, der es den Reichsten möglich macht solange ihre Steuerberater rechnen zu lassen, bis sie selbst gar keine Steuern mehr bezahlen müssen.

Als 2009 die Wunschkoalition Westerwelle-Merkel zusammenfand, wurden sofort weitere Komplikationen wie die berüchtigte Mövenpicksteuerausnahme geschaffen.
In vorauseilendem Gehorsam sind die Schwarzgelben so massiv gegen die Interessen der übergroßen Majorität des Landes auf Arschkriechmission bei den Milliardären gegangen, daß es den rektal Angeleckten inzwischen schon selbst peinlich geworden ist.

Nun ist es nicht nur der einstmalige einsame Rufer und Multimillionäre Peter Krämer, der unbedingt mehr Steuern zahlen will, sondern es schließen sich immer mehr Top-Verdiener an.
Schon fordern Michael Otto und Marius Müller-Westernhagen eine Erhöhung der Einkommenssteuersätze.
50 Superreiche haben sich der Forderung nach einer Vermögenssteuer angeschlossen.
Aber von der FDP kommt nur Häme.

Geradezu Pawlowsch attackieren die „Liberalen“ den Wunsch nach höherer Besteuerung. Staatsverständnis paradox.
Die zweitgrößte Regierungspartei als realitätsentrückter Schädling der Staatsfinanzen.

Um den völligen Verlust der Wirtschaftskompetenz zu zementieren, erhob die FDP mit ihrem Parteivorsitzenden, „dem 38-Jährigen Mediziner Rösler“ ein absolutes ökonomisches Greenhorn zum Wirtschaftsminister.
Ihm fehlen die simpelsten Grundlagen und so schaffte er es als eine seiner ersten Taten die Börsen auf Talfahrt zu schicken, indem er von Griechenland-Insolvenz sprach; obwohl es weder eine Definition noch ein Verfahren für Staatsinsolvenzen gibt - aber woher soll Rösler das wissen?

Mit dem gefährlichen Insolvenz-Geschwätz der Minister Rösler und Ramsauer verspielt die Regierung den bisher noch verbliebenen Rest an Seriosität. Angesichts der grausigen Europa-Politik der CSU steigt sogar die Sehnsucht nach dem einstigen Euro-Skeptiker Edmund Stoiber.
Einen "geordneten" Staatsbankrott gibt es nicht: Es gibt keine Staats-Insolvenzordnung; es gibt keine Pflicht eines Staates, sich für bankrott zu erklären; es gibt auch kein Recht eines Gläubigers, dessen Zahlungsunfähigkeit feststellen zu lassen; und es gibt keine Instanz, die dies feststellen könnte.
In den EU-Verträgen stehen keinerlei Regelungen dafür: die Zahlungsunfähigkeit eines EU-Staates ist der blinde Fleck der Währungsunion. Wer da beschwichtigend oder gar verheißungsvoll von der geordneten Insolvenz Griechenlands redet, ist ein Schwätzer. Wirtschaftsminister Rösler (FDP) redet davon. Verkehrsminister Ramsauer (CSU) auch; er redet davon, dass die Zahlungsunfähigkeit kein Weltuntergang wäre. Ein solches Gerede ist der Untergang der eigenen Seriosität.
(Heribert Prantl 15.09.2011)

So brabbelte der Vizeregierungschef Athen noch extremer in die Krise, weil damit sofort die Zinsen für griechische Anleihen emporschossen und es so Griechenland noch viel mehr erschwert wurde, seine Schulden zu bezahlen.
Auch das ist ein elementarer finanzpolitischer Zusammenhang, den jeder Gymnasiast kennt.
Nur der deutsche Wirtschaftsminister ist völlig ahnungslos.

Tatsächlich plappern FDP-Leute immer noch von extrem sinnbefreiten Vergleichen mit „schwäbischen Hausfrauen“.

Bofinger: In Deutschland wird total übersehen, dass es kein Land gibt, in dem so viele Sparmaßnahmen innerhalb so kurzer Zeit und so massiv durchgesetzt worden sind wie in Griechenland. Die derzeit in Deutschland geführte Diskussion ist also völlig daneben. Die Griechen sparen nicht zu wenig, sie sparen sich derzeit zu Tode.

sueddeutsche.de: Viele FDPler dürften anderer Meinung sein.

Bofinger: Die Stammtischler glauben, das Sparen einer Volkswirtschaft wäre wie das Sparen einer schwäbischen Hausfrau. Wenn die mit ihrem Geld nicht mehr zurechtkommt, dann gibt die Familie einfach weniger aus. Das klappt dann auch, weil ihre Einnahmen konstant bleiben, sie gehen also nicht zurück, weil die Familie spart. Wenn man in einer Volkswirtschaft aber stark spart, dann gehen die Konjunktur in den Keller und die Steuereinnahmen weg. Der Währungsfonds hatte im April 2010 für Griechenland einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,1 Prozent prognostiziert, bei der Prognose im September 2010 waren es schon 2,6 Prozent, im April 2011 erwartete der Fonds eine Schrumpfung um 3,0 Prozent, derzeit muss man mit einem Einbruch von über fünf Prozent rechnen. Wenn in dieser Situation jeder zehnte Staatsbedienstete entlassen werden soll, wird alles nur noch schlimmer.

sueddeutsche.de: Dabei galt die FDP doch lange Zeit als die Partei mit Wirtschaftskompetenz. Ein Irrglaube?

Bofinger: Wie kompetent ist eine Partei, die in einer Phase mit der geringsten Einkommensteuerbelastung der Nachkriegszeit Steuersenkungen als wichtigsten Programmpunkt hat?
(SZ-Interview vom 21. September 2011)

Ich möchte an dieser Stelle ungern die Staatsökonomen loben, die fast alle vom Zusammenbruch der Finanzmärkte 2008 nichts geahnt hatten und fröhlich weiter ihre neoliberalen Deregulierungs-Phrasen verbreiteten.

Unterstellt man aber jemanden wie Prof. Bofinger, daß er doch über einiges Grundwissen der wirtschaftlichen Zusammenhänge verfügt, muß es ihm eine Qual sein zu beobachten, wie die Schwarzgelben zielsicher immer das Falsche tun.

Dennoch bekundet er in diesen Interview ausdrücklich, daß er sich sehr über den Wahlsieg der FDP am 27. September 2009 gefreut habe.

Wie bitte?

Bofinger hat allerdings eine gute Erklärung für seine Freude.

sueddeutsche.de: Sie als SPD-Freund haben sich gefreut, dass die Liberalen an die Macht gekommen sind?

Bofinger: Ja. Weil ich mir ziemlich sicher war, dass dann für jeden deutlich sichtbar wird, wie wenig diese Partei kann. Und ich habe recht behalten. Als dann jedermann klar wurde, dass einfach kein Geld für die versprochenen Steuersenkungen da war, ist die FDP implodiert.

(SZ-Interview vom 21. September 2011)


In der Tat.

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