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Samstag, 4. Dezember 2010

Überflüssige Studien - Teil III

Wer genügend eingedeutscht ist, wird früher oder später ein Interesse an nationaler Nabelschau entwickeln.
Wie herrlich gruselt es sich doch immer wieder, wenn Umfragen und Studien fiese Dinge aus dem Abgrund der Seelen des Volkes offenbaren.
Schockierende Zahlen über die Verbreitung von Pädophilie, Antisemitismus oder Xenophobie werden regelmäßig zu Tage gefördert.
Das Schöne für Spindoctoren: Man kann alles in einen Zusammenhang bringen, das in Wahrheit keinen Zusammenhang hat.

Sind Muslime dümmer als Christen?
Die Frage hatte Sarrazin jüngst öffentlich bejaht.

Viele Deutsche, die zu „Moslem“ sofort den auf der Straße herumlungernden Schulabbrecher-Türken assoziieren, stimmen Sarrazin zu.
Dabei werden hier Äpfel und Birnen in einen Zusammenhang gebracht, wie der Hinweis auf zugewanderte Iraner verdeutlicht.
Die aus Persien Geflohenen stammen überwiegend vom anderen Ende der sozialen Skala, als die aus Anatolien Zugewanderten.
Die meisten Iraner in Deutschland haben Hochschulabschlüsse; arbeiten als Chirurgen oder Architekten. Und; oh Wunder; es gibt gar keine Integrationsprobleme - obwohl alle Moslems sind.
Das „Problem“, welches Sarrazin mit „Moslem“ etikettiert, müßte eigentlich die Aufkleber „rückständiges Schulsystem, soziale Schieflage“ und „Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt“ tragen.

Zusammenhänge sind manchmal banaler als man es annimmt.

Man erinnere sich an die Überraschung, als der legendäre Kinsey-Report über die sexuellen Gewohnheiten der Amerikaner einige Prozent an Zoophilie offenbarte.
Millionen Amerikaner hatten es offenbar mit Tieren getrieben.

Lag es am Christentum?
Denn die intimen „Tierfreunde“ waren allesamt überdurchschnittlich religiös. So gern ich diese These verbreiten würde - es ist wohl nichts dran.
Der Zusammenhang ist viel schlichter - die Sodomiten leben eher auf dem Land und nicht in der Stadt. Zufällig ist die Landbevölkerung auch religiöser.
Aber daß es in der Stadt weniger Zoophile gibt, hat lediglich den Grund, daß es dort auch erheblich weniger Kühe, Pferde und Schafe gibt, mit denen man es treiben könnte.

Gelegenheit macht Liebe.
Was Kinsey eigentlich herausgefunden hatte, war also die wenig neue Erkenntnis, daß männliche Teenager einen großen Sexualtrieb haben und zum Abreagieren all das nutzen, was sie vorfinden.

Wenn es trabt wie ein Pferd, wiehert wie ein Pferd und riecht wie ein Pferd, ist es eben meistens kein Zebra.

Bei anderen „brisanten“ Studien kann man ebenfalls nur ermüdet mit den Schultern zucken.

Atheisten sind schlauer als Christen. Progressive sind intelligenter als Konservative.

Auch die Untersuchungen über Vertuschungen ephebo-sexueller Übergriffe von Katholischen Geistlichen ist alles andere als spektakulär. Höchstens, daß endlich auch die Kirchenführung selbst zugibt systematisch vertuscht zu haben.


Einen weiteren dieser Banal-Zusammenhänge hat just der Bielefelder Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer „entdeckt“.

Reiche mögen keine Habenichtse!
Donnerlittchen! Und ich dachte immer Joseph Ackermann und Olaf Henkel schwärmen für HartzIV-Empfänger.
Wer hätte das angesichts von „gated communities“, Westerwellerscher Hartzer Schelte und Hamburger „Gucci-Protesten“ gedacht?

Insbesondere Besserverdienende verweigerten zunehmend schwachen Gruppen ihre Unterstützung, sagte Heitmeyer bei der Vorstellung des neunten Bandes der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“, die das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld seit 2002 erstellt. Mehr als die Hälfte der Höherverdienenden, also Personen mit einem Netto-Einkommen ab etwa 2600 Euro monatlich, werteten Langzeitarbeitslose ab. Das ist ein dunkler Spitzenwert, die Angehörigen von gesellschaftlichen Gruppen mit geringerem Einkommen sind gegenüber Langzeitarbeitslosen weniger negativ eingestellt.
(Frank Jansen 03.12.10)

Hochverdiener pflegen natürlich auch ihre Vorurteile und möchten möglichst nicht in Kontakt mit dem armen Pack kommen.
Wer in einer schmucken Grunewald-Villa mit 7er BMW lebt, hatte es noch nie gerne, wenn er bei seinem Morgenspaziergang von der „Neuköllner Prollette“ gestört wird, die dort ihre missratenen Köter ausführt.
Können die nicht in „ihren Stadtvierteln“ bleiben und dort die Gehwege von ihren Fußhupen vollkoten lassen?
Solange sich der Villenbewohner mit dem siebenstelligen Bankkonto aber sicher sein konnte, daß er mit diesen Sozialschmarotzern, die sich von „seinen Steuern“ einen faulen Lenz machen, nie gemein machen wird, war er auch mal großzügig.
Sozialer Friede, statt Generalstreiks wie in Frankreich ist ja auch nicht zu verachten.
Seit 2008 ist aber etwas Neues hinzugekommen - die Reichen haben in den Abgrund geblickt und können es nicht mehr komplett ausschließen selbst einmal ein Habenichts zu werden.
Die Sicherheit ist dahin.
Damit ist auch die Souveränität in der Betrachtung der „Neuköllner Prollette“ dahin.
Die (theoretische) Möglichkeit den Armen möglicherweise näher zu kommen, als je zuvor, macht aggressiv.

Nach Angaben des Professors handelt es sich um das weltweit größte wissenschaftliche Projekt zur Erforschung von Vorurteilen. Wie in jedem Jahr haben er und 20 Kollegen auch im vergangenen Frühsommer wieder 2000 Menschen angerufen und sie gefragt: ob zu viele Ausländer in Deutschland leben, oder ob jemand, der neu sei, sich erst mal mit weniger zufrieden geben soll. Dass es auf solche Fragen relativ viel Zustimmung gibt, wundert den Forscher längst nicht mehr. Wohl aber dies: Bei den Höherverdienenden nehmen rabiate Meinungen über Schwache besonders deutlich zu.
[…] Er sagt, die Zustimmung zu Islamfeindlichkeit und zu Privilegien für die Alteingesessenen nehme bei den Höherverdienenden "besonders deutlich" zu. Und nicht nur das: Auch Fremdenfeindlichkeit insgesamt, Rassismus, Sexismus sowie die Abwertung von Langzeitarbeitslosen sind bei diesen Bürgern ausgeprägter als früher - während derlei konstant geblieben ist bei denen, die weniger Geld haben; immerhin. Für die Tendenz gibt es einen Grund - und sie offenbart womöglich etwas Erschreckendes. Heitmeyer sagt, gerade die Höherverdienenden seien stets auf ihren Aufstieg bedacht gewesen; viele Jahrzehnte lang hat dies ja auch funktioniert. Spätestens aber während der Wirtschafts- und Finanzkrise haben viele Menschen aus dieser Schicht gemerkt, dass es auch für sie schnell mal abwärts gehen kann - und darauf reagieren sie, indem sie die Schwachen als Konkurrenten wahrnehmen, die ihnen entweder Geld wegnehmen oder mit denen sie Geld teilen müssen. Heitmeyer spricht vom "eisigen Jargon der Verachtung", der sich in den Eliten breit gemacht habe, von einer "rohen Bürgerlichkeit" - und es beruhigt ihn nicht, dass er seine Telefonumfrage gemacht hat, bevor es zur großen Entwarnung auf dem Arbeitsmarkt kam; dass er nun, im Dezember, vielleicht auf mehr Toleranz und Gelassenheit stoßen würde. Das Erschreckende sei doch: wie schnell mit aller Toleranz Schluss sei, wenn jemand seinen Status auch nur bedroht sieht.
(Detlef Esslinger 04.12.10)

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