Mittwoch, 3. März 2010
Kommunizierende Röhren
Kaum jemand wird mir vorhalten können, daß ich vor dem 27. September 2009 eine mögliche schwarz-gelbe Regierung übermäßig positiv dargestellt hätte.
Aber die tatsächliche Performance habe selbst ich nicht so grottenschlecht erwartet.
Wenigstens macht es wieder Spaß Zeitungen zu lesen.
Das allgemeine neoliberale Trommeln hat deutlich nachgelassen.
So verweist der heutige TS in seiner Wort-Not auf den Titanic-Titel.
Deren Erscheinungsbild ist inzwischen nur noch mit den Mitteln der Satire angemessen zu beschreiben. Das einschlägige Magazin „Titanic“ fasst den jüngsten Gipfel der drei Parteivorsitzenden in den nur mäßig realitätsfernen Protokollsatz zusammen: „Möglichkeiten der gewaltfreien Zusammenarbeit werden ausgelotet.“ Vorne auf dem Heft liefert der FDP- Chef die Schlagzeile: „Toyota ruft Westerwelle zurück – Kopfdichtung kaputt – Schraube locker – nicht zu bremsen.“
Aus: CDU, CSU, FDP: Trio Infernale
Die SZ hingegen fasst das seit Monaten im Kabinett tobende Chaos ermattet mit „Jeder gegen jeden“ zusammen:
An den Krach untereinander sind sie schon fast gewöhnt gewesen. Auch die Kritik der Medien ist ihnen zur Gewohnheit geworden. Dass ihnen an diesem Dienstag aber prominente, dem schwarz-gelben Bündnis eigentlich freundlich gesinnte Industrievertreter wie BDI-Präsident Hans-Peter Keitel ein miserables Zwischenzeugnis ausstellen, hat die Regierungsparteien ins Mark getroffen. Keitels Vorwurf, die Regierung sei nach wie vor "orientierungslos" in ihrem Handeln, schmerzt mehr als vieles in den letzten Wochen. […]
Im Bundestagswahlkampf hatte sich die CDU das Ziel gegeben, alle Themen klein zu halten. Nach ihrem knappen Wahlsieg freuten sich Merkel und ihre Leute über den Erfolg dieser "asymmetrischen Demobilisierung", unter der vor allem die SPD gelitten habe. Jetzt dagegen heißt es in der CDU-Spitze, Westerwelle betreibe eine "asymmetrische Mobilisierung". Mit anderen Worten: Die Hartz IV-Debatte spiele Rot-Rot-Grün in die Hände. Das ist es, was die CDU bei all dem Streit am meisten fürchtet.
Wie wirkt sich nun das hysterische Irrlichtern der Regierung parteipolitisch aus?
Bisher war es immer so, daß in großen Koalitionen der Pegel der CDU stetig anstieg, während die SPD in die Röhre guckte.
Offenbar waren die Sozis nicht fähig mit dem Wahlvolk zu kommunizieren und zu verdeutlichen wer für was verantwortlich ist.
Ein bißchen ähnlich ergeht es derzeit der FDP, die ebenfalls zu Gunsten der Merkel-Partei Federn lassen muß.
Haben in Koalitionen also generell die Größeren die höhere Schwerkraft, während der Kleine von seinen Fliehkräften dezimiert wird?
Die Antwort lautet „nein“.
Grüne zum Beispiel unterliegen anderen physikalischen Gesetzen - als kleinerer Partner haben sie bei der Wiederwahl von Rot/Grün von der SPD profitiert und sie sind auch in anderen Konstellationen die Nutznießer.
Beispiel „Schwarz-Grün“ in Hamburg:
Zwei Jahre nach Regierungsantritt hat die CDU ein Viertel ihrer Wählerschaft verloren.
Den Hardcore-CDU’lern ist der Kurs zu grün.
Umgekehrte Vorzeichen bei den Grünen: Obwohl sie einen sehr schwarzen Kurs fahren und so ziemlich jede ökologische Schandtat devot mit abnicken, schwollen sie demoskopisch um über ein Drittel an.
Beispiel Jamaika im Saarland:
Dort stinken nach 100 Tagen sogar CDU und FDP ab; die mit mickerigen 5,9 % in die Regierung eingetretenen Grünen profitieren.
Parteistrategisch lohnt sich für die Grünen offenbar das auf den schwarzen Strich gehen.
Nur so kann man verstehen, daß sie auch in NRW für den xenophobischen Miet-Rüttgers („Kinder statt Inder“, „Rumänen sind faul“) Gewehr bei Fuß stehen, während sie kategorisch eine Zusammenarbeit mit den Bähbäh-Linken ausschließen.
Kann das sein?
Ist es möglich, daß die Grünen nur taktisch denken und die Inhalte gar nicht berücksichtigen?
Im Saarland gab es noch eine weitere Entscheidungshilfe, die die Mikro-Grünen veranlasste den Atom-Parteien Schwarz-Gelb die Regierungsmacht zu verschaffen:
Geld!
Gut 38.000 Euro erhielten die notorisch klammen Saar-Grünen unmittelbar vor der Landtagswahl vom Saarbrücker FDP-Kreisvorsitzenden Hartmut Ostermann, der später auch der FDP-Verhandlungsführer in den Koalitionsverhandlungen war.
Ostermann, der Chef der Victor's AG und allmächtige Strippenzieher an der Saar dürfte damit wohl der erste FDP-Politiker sein, der kurz vor einer Wahl fünfstellige Summen an die Grünen rüberschob.
Gelohnt hat es sich jedenfalls.
Statt rot/rot/grün, wie von jedem erwartet, regiert jetzt doch die FDP im Saarland mit.
Blöd nur, daß diese lästigen Bähbäh-Linken auch im Landtag sitzen.
Die beleuchten nun Angelegenheiten, die man gerne im ganz tiefen muffigen Dunkel gelassen hätte:
Auf Antrag der Linken hat der Landtag vor wenigen Wochen einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, um mögliche Verquickungen von Spenden und der Niederschlagung mehrerer Steuerverfahren gegen Ostermann zu klären.
Aber die tatsächliche Performance habe selbst ich nicht so grottenschlecht erwartet.
Wenigstens macht es wieder Spaß Zeitungen zu lesen.
Das allgemeine neoliberale Trommeln hat deutlich nachgelassen.
So verweist der heutige TS in seiner Wort-Not auf den Titanic-Titel.
Deren Erscheinungsbild ist inzwischen nur noch mit den Mitteln der Satire angemessen zu beschreiben. Das einschlägige Magazin „Titanic“ fasst den jüngsten Gipfel der drei Parteivorsitzenden in den nur mäßig realitätsfernen Protokollsatz zusammen: „Möglichkeiten der gewaltfreien Zusammenarbeit werden ausgelotet.“ Vorne auf dem Heft liefert der FDP- Chef die Schlagzeile: „Toyota ruft Westerwelle zurück – Kopfdichtung kaputt – Schraube locker – nicht zu bremsen.“
Aus: CDU, CSU, FDP: Trio Infernale
Die SZ hingegen fasst das seit Monaten im Kabinett tobende Chaos ermattet mit „Jeder gegen jeden“ zusammen:
An den Krach untereinander sind sie schon fast gewöhnt gewesen. Auch die Kritik der Medien ist ihnen zur Gewohnheit geworden. Dass ihnen an diesem Dienstag aber prominente, dem schwarz-gelben Bündnis eigentlich freundlich gesinnte Industrievertreter wie BDI-Präsident Hans-Peter Keitel ein miserables Zwischenzeugnis ausstellen, hat die Regierungsparteien ins Mark getroffen. Keitels Vorwurf, die Regierung sei nach wie vor "orientierungslos" in ihrem Handeln, schmerzt mehr als vieles in den letzten Wochen. […]
Im Bundestagswahlkampf hatte sich die CDU das Ziel gegeben, alle Themen klein zu halten. Nach ihrem knappen Wahlsieg freuten sich Merkel und ihre Leute über den Erfolg dieser "asymmetrischen Demobilisierung", unter der vor allem die SPD gelitten habe. Jetzt dagegen heißt es in der CDU-Spitze, Westerwelle betreibe eine "asymmetrische Mobilisierung". Mit anderen Worten: Die Hartz IV-Debatte spiele Rot-Rot-Grün in die Hände. Das ist es, was die CDU bei all dem Streit am meisten fürchtet.
Wie wirkt sich nun das hysterische Irrlichtern der Regierung parteipolitisch aus?
Bisher war es immer so, daß in großen Koalitionen der Pegel der CDU stetig anstieg, während die SPD in die Röhre guckte.
Offenbar waren die Sozis nicht fähig mit dem Wahlvolk zu kommunizieren und zu verdeutlichen wer für was verantwortlich ist.
Ein bißchen ähnlich ergeht es derzeit der FDP, die ebenfalls zu Gunsten der Merkel-Partei Federn lassen muß.
Haben in Koalitionen also generell die Größeren die höhere Schwerkraft, während der Kleine von seinen Fliehkräften dezimiert wird?
Die Antwort lautet „nein“.
Grüne zum Beispiel unterliegen anderen physikalischen Gesetzen - als kleinerer Partner haben sie bei der Wiederwahl von Rot/Grün von der SPD profitiert und sie sind auch in anderen Konstellationen die Nutznießer.
Beispiel „Schwarz-Grün“ in Hamburg:
Zwei Jahre nach Regierungsantritt hat die CDU ein Viertel ihrer Wählerschaft verloren.
Den Hardcore-CDU’lern ist der Kurs zu grün.
Umgekehrte Vorzeichen bei den Grünen: Obwohl sie einen sehr schwarzen Kurs fahren und so ziemlich jede ökologische Schandtat devot mit abnicken, schwollen sie demoskopisch um über ein Drittel an.
Beispiel Jamaika im Saarland:
Dort stinken nach 100 Tagen sogar CDU und FDP ab; die mit mickerigen 5,9 % in die Regierung eingetretenen Grünen profitieren.
Parteistrategisch lohnt sich für die Grünen offenbar das auf den schwarzen Strich gehen.
Nur so kann man verstehen, daß sie auch in NRW für den xenophobischen Miet-Rüttgers („Kinder statt Inder“, „Rumänen sind faul“) Gewehr bei Fuß stehen, während sie kategorisch eine Zusammenarbeit mit den Bähbäh-Linken ausschließen.
Kann das sein?
Ist es möglich, daß die Grünen nur taktisch denken und die Inhalte gar nicht berücksichtigen?
Im Saarland gab es noch eine weitere Entscheidungshilfe, die die Mikro-Grünen veranlasste den Atom-Parteien Schwarz-Gelb die Regierungsmacht zu verschaffen:
Geld!
Gut 38.000 Euro erhielten die notorisch klammen Saar-Grünen unmittelbar vor der Landtagswahl vom Saarbrücker FDP-Kreisvorsitzenden Hartmut Ostermann, der später auch der FDP-Verhandlungsführer in den Koalitionsverhandlungen war.
Ostermann, der Chef der Victor's AG und allmächtige Strippenzieher an der Saar dürfte damit wohl der erste FDP-Politiker sein, der kurz vor einer Wahl fünfstellige Summen an die Grünen rüberschob.
Gelohnt hat es sich jedenfalls.
Statt rot/rot/grün, wie von jedem erwartet, regiert jetzt doch die FDP im Saarland mit.
Blöd nur, daß diese lästigen Bähbäh-Linken auch im Landtag sitzen.
Die beleuchten nun Angelegenheiten, die man gerne im ganz tiefen muffigen Dunkel gelassen hätte:
Auf Antrag der Linken hat der Landtag vor wenigen Wochen einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, um mögliche Verquickungen von Spenden und der Niederschlagung mehrerer Steuerverfahren gegen Ostermann zu klären.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
4 Kommentare:
Auf die Grünen zu setzen ist schon lange vergebliche Liebesmüh!
Diese Partei hatte ihre "politische Säuberung" schon vor der Ära Fischer abgeschlossen und - von einigen wenigen Ausnahmen und Teilen der Basis abgesehen - muss man von ihr den gleichen Grad an Korruption und Mangel an Prinzipien erwarten, wie von der F.D.P.
Wenn die gelbe Pest ihre Leutheuser-Schnarrenberger hat, dann hat das Grünfieber eben den Ströbele.
Anderes Thema: Kirchenrecht für Arbeitsrecht
Die deutsche Justiz hat mal wieder überdeutlich gemacht, wie "demokratisch" sie wirklich ist.
http://www.jungewelt.de/2010/03-04/040.php
Zum Kotzen!
Der Nordstern.
Danke für den Link!
Die Grünen sehe ich nicht ganz so kritisch wie Du.
Die Partei ist ziemlich heterogen; da kochen einige Landesverbände ihr eigenes Süppchen.
Roth und Özdemir waren „not amused“ als sie von der Saarländer Entscheidung pro Jamaika hörten.
Aber was soll eine demokratische Parteiführung schon machen?
Befehlen können sie nicht.
Was mich ernsthaft wundert, ist daß die grünen Wähler das alles so locker mitmachen.
Auf der Delegiertenebene gibt es ja oft noch reichlich Zoff.
Ich habe schon manches Mal in Hamburg gedacht „SO! Jetzt müßten aber die demoskopischen Werte für die GAL abstürzen“, wenn die sich mal wieder besonders an die CDU ranrobbten. Es ging ja gleich los mit der Moorburg-Genehmigung - durch die Grüne Senatorin Hajduk, die mal eben die größte CO2-Schleuder Europas in Gang setzte.
Eigenartigerweise stört das die Wähler gar nicht. Hier werden alle Straßenbäume abgehackt und die Grünen werden immer stärker….
?????????????????
LGT
Die F.D.P. ist mal wieder beim Lügen erwischt worden.
http://www.focus.de/politik/deutschland/hartz-iv-qualen-nach-zahlen_aid_486326.html
Typisch? Manisch!
Der Nordstern.
Das ist pathologisch.
Guido kann gar nicht anders als Lügen.
Deswegen hatte ich auch schon auf
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/513/504722/text/
verlinkt.
Wählen nützt da nichts mehr - da muß man schon die Männer in den Weißen Kitteln rufen!
LGT
Kommentar veröffentlichen