TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Freitag, 13. November 2009

Nicht alles ist eine Frage des Geldes.

Wenn Parteien wie die FDP in den Wahlkampf ziehen, dann erwarten sie nicht nur einen Wahlsieg einzufahren, sondern sind außerdem davon überzeugt Dukatenscheißer zu werden.

Irgendwo in den Ministerialbürokratien müssten doch geheime Füllhörner vorhanden sein.

Ein sogenannter Finanzexperte wie der FDP-Prinz Solms, der seit Jahr und Tag im wichtigen Haushaltsausschuss sitzt und Zugang zu allen Akten hatte, wollte uns nach der Wahl weißmachen, daß vollkommen überraschend gar kein Geld mehr da sei.
So ein Pech. Wer hätte das geahnt?

Wirtschafts- und Finanzpolitik aus dem Wolkenkuckucksheim à la FDP funktioniert derzeit so, daß selbst die fest auf neoliberaler Ebene verankerten „Wirtschaftsweisen“, der offizielle Sachverständigenrat also, nur ungläubig über den Dilettantismus der Schwarz-Gelben staunen können:
"Nichtssagend und gänzlich mutlos" sei die Performance.
"Das ist mehr als unbefriedigend" schreiben sie in ihrem Gutachten.
Westerwelle und Merkel ergingen sich in „Tagträumereien“ über Steuersenkungen: „Angesichts der enormen Konsolidierungserfordernisse sind derartige Steuersenkungsversprechen mit einer seriösen Finanzpolitik nicht vereinbar".

Mich wundert an dieser Stelle ein bißchen wie lange Ökonomie- und Politologie-Professoren für so eine Einschätzung gebraucht haben.

Als Fachfremder habe ich genau das schon seit Jahren prognostiziert.

Anders als es die sogenannten Wirtschaftsweisen heute darstellen, erscheint es mir allerdings so, als ob in einigen Bereichen durchaus noch Geld da ist - dank der Pharmalobby-Partei (FDP) wird es nur nicht dorthin geleitet, wo es sein sollte.

Beispiel Gesundheitspolitik.

Dazu ein leider fast alltägliches Ereignis aus der Praxis, das ich heute am Rande miterlebte.
Ein Mann, 79, erleidet einen Herzinfarkt, kommt in die nagelneue für hunderte von Millionen errichtete Uniklinik, wird operiert und liegt anschließend auf der Intensivstation an diversen Schläuchen und Infusionen.
Gestern Abend rutscht er aus dem Bett, reißt dabei seine Bettdecke mit, die wiederum an den Kabeln so verheddert ist, daß er sich bei dem Sturz sämtliche Kanülen und Schläuche rausreißt.
Gefunden wird er erst am nächsten Morgen - total unterkühlt und vertrocknet.

Der Herzmonitor war ohnehin defekt und auf die dringenden Fragen, wie es denn angehen könne, daß ein Intensivpatienten eine ganze Nacht unentdeckt auf dem Boden liegt, erfuhr man nur ein achselzuckendes „das ist eben unsere Personalknappheit“. Da kann man nichts machen.

Alltag eben in großen Kliniken - dem Pflegepersonal kann man noch nicht mal einen Vorwurf machen - sie sind in der Tat total überfordert und haben nicht die Zeit nach jedem Patienten zu sehen.
Im ultramodernen Herzzentrum werden ganze Flure zudem nur von fachfremden Springerinnen aus Leihagenturen versorgt.
Freundliche Damen und Herren, die zuvor beispielsweise Altenpfleger waren und sich alle Mühe geben.
Nur daß sie eben von kardiologischen Dingen keine Ahnung haben.

Betrachten wir aber an dieser Stelle nur den finanziellen Aspekt:

Müßte es sich nicht amortisieren, wenn man mehr Pflegepersonal einstellte - am besten auch noch fachlich kompetente Leute - so daß extrem teure Folge-Probleme gar nicht erst auftreten?

Ich nenne da nur das leidige Beispiel MRSA.

Der tödliche Superkeim in Deutschen Krankenhäusern, der jährlich Zigtausende Todesopfer fordert, weil bedauerlicherweise kein Personal und keine Zeit für ausreichende Hygiene vorhanden ist.
Ein zu lösendes Problem, wie das Beispiel Holland zeigt.
Aber es gibt nun einmal Profiteure.

Zum Beispiel Philip Röslers Pharmafreunde, die für eine Packung Zyvoxid (30 Stück) knapp 3.000 Euro verlangen.

Es wird also gespart, um dann erst recht explodierende Kosten zu verursachen.

Kosten für die Patienten.

Jens Berger beschreibt heute wer unter FDP-Herrschaft auf der sicheren Seite ist:

Auf der Ausgabenseite will und kann man nicht sparen – schließlich gehören Ärzte und Apotheker zur Stammwählerschaft der FDP und auch die Gesundheits- und Pharmaindustrie kann fest darauf zählen, dass Schwarz-Gelb ihnen bei ihrem Renditestreben nicht in die Parade fährt.

Das nächste Beispiel für die Milliarden, die auf Kosten der Allgemeinheit an die Pharmamafia verschoben werden, entnehme ich einem SZ-Gespräch mit Klaus Fussek:

Fussek:
Ich gebe Ihnen ein Beispiel, von dem mir kürzlich erst ein Notarzt berichtete. Er kam zu einer ausgetrockneten Frau in ein Pflegeheim. Die Frau hat offenbar nichts zu trinken bekommen weil zu wenig Pflegkräfte da sind. Er legt ihr eine Infusion und hätte dann jemanden gebraucht, der zwei Stunden darauf achtet, dass die Infusion auch durchläuft. Es fand sich niemand.

sueddeutsche.de:
Und dann?

Fussek:
Der Arzt lässt die Frau ins Krankenhaus bringen. Das kostet hin und zurück 1000 Euro. Die Frau wurde drei Tage durchgecheckt, um eine Diagnose stellen zu können. Da geht es wieder um Tausende Euro. Ein Irrsinn, wenn man dagegenhält, was eine Pflegefachkraft gekostet hätte, die sich zwei Stunden zu der Frau gesetzt hätte.

sueddeutsche.de:
Die wäre aus einem anderen Topf bezahlt worden.

Fussek:
Genau das ist das Problem. Es ist unverantwortlich, Krankenkasse und Pflegeversicherung zu trennen. Beides gehört zusammen. Prävention, akute Versorgung, Nachsorge und Pflege - das gehört alles in eine Hand.

Wieso ist dieser Irrsinn möglich?
Daß Milliarden verpulvert werden, um wenige reich zu machen?

Weil die Deutschen Wähler leider zu doof sind, um diese Mechanismen zu erkennen und sich stets Pharma-freundliche Parteien heran gewählt haben.

Auch Rot/Grün konnte 1998 - 2005 nicht eingreifen, weil im Bundesrat stets Lobby-Merkel auf einer schwarzen Mehrheit saß und allen Plänen, die auch nur winzigste Abstriche bei Pharma- und Apothekenverbänden verursacht hätte, ein NJET entgegen stellte.

Noch am Tag der Abstimmung über die schwarz-rote Gesundheitsreform hatten die Privatkrankenkassenvertreter Termine in den Büros von Merkel und Zöller (Verhandlungsführer Gesundheit CDU/CSU), um den Schwarzen zu diktieren, wie sie zu stimmen hätten.

Schwarz und Gelb waren immer mächtig genug, um jegliche Freiheit und jeglichen Wettbewerb bei den Apotheken zu Lasten des Kunden zu verhindern.

Die FDP agiert hier streng staatlich und schützt ihre Apotheker vor Konkurrenz.
Filialverbot und Verhinderung der Reimportmedikamente waren stets die Toppunkte auf der Westerwelle-Agenda um die Preise und Gewinnmargen der Pharmamafia hoch zu halten.

Geld ist also da.
Geld wird in riesigen Strömen durch das Gesundheitssystem geleitet.
Geld, das aus den Taschen der Arbeitnehmer kommt - denn schwarz/gelb wollen die Arbeitgeber von den Gesundheitskosten entlasten und Hochverdiener damit beglücken nur noch eine Kopfpauschale bezahlen zu müssen.

WO landet all das Geld eigentlich genau?

Da kann ein Blick in die Liste der 100 reichsten Deutschen (Manager Magazin) weiterhelfen - allein 12 Milliardäre verdanken ihr Vermögen (u.a.) dem Gesundheitssektor:

Susanne Klatten (Altana-Pharmaka) 7 Milliarden

Familie Braun (Braun-Medizintechnik) 5,1 Milliarden

Ingeborg Herz (Beiersdorf) 3,9 Milliarden

Curt Engelhorn (vorm. Boehringer Mannheim) 2 Milliarden

Familie Schwarz-Schütte (Schwarz-Pharma Monheim) 2 Milliarden

Andreas Strüngmann (Hexal) 1,9 Milliarden

Thomas Strüngmann (Hexal) 1,9 Milliarden

Bernhard Broerman (Asklepios Kliniken) 1,8 Milliarden

Julia & Philipp Engelhorn (vorm. Boehringer Mannheim) 1,75 Milliarden

Lutz Mario Helmig ((Helios-Kliniken, Medizintechnik) 1,4 Milliarden

Familie Schnabel (Chemiehandel) 1,35 Milliarden

Familie Stoll (Festo Medizintechnik) 0,9 Milliarden

Wer sich also über steigende Zuzahlungen und höhere Krankenkassenbeiträge ärgert, braucht sich wenigstens nicht mehr zu fragen, wo all die Kohle bleibt.

Und auch wenn es hoffnungslos altmodisch ist, sei zum Schluß die Frage erlaubt:

Ist es ethisch vertretbar, daß Pflegeeinrichtungen, Altenheime, Krankenhäuser, etc rein marktwirtschaftlich betrachtet werden?
Müssen das Milliardeneinsammelmaschinen sein?
Sind das die richtigen Wirtschaftszweige, um zu Reichtum zu kommen?

2 Kommentare:

Oberclown hat gesagt…

"Müßte es sich nicht amortisieren, wenn man mehr Pflegepersonal einstellte - am besten auch noch fachlich kompetente Leute - so daß extrem teure Folge-Probleme gar nicht erst auftreten?"
Naja, da ich eine Kaufmännische Ausbildung habe kann ich dir sagen, dass die Antwort auf diese Frage ein klares und eindeutiges Jein ist. Weil würde es sich gesamtgesellschaftlich, bzw. Volkswirtschaftlich amortisieren? Die Antwort ist ein klares Ja. Es ist offensichtlich, wie im von dir zitierten Beispiel, dass es insgesamt als Summe über alle Sozialkassen sofort ein Einspareffekt eintritt, des weiteren wird mehr Pflegepersonal beschäftigt, dass mit Steuern und Sozialabgaben die Sozialkassen entlastet (und auch dadurch, dass vermutlich weniger Alg 1 oder 2 gezahlt werden müsste). Wenn wir uns jetzt die Frage stellen, warum das so ist müssen wir die Betrachtungsweise wechseln von volkswirtschaftlich auf betriebswirtschaftlich. Wie üblich ist das was Volkswirtschaftlich gut scheint betriebswirtschaftlich erstmal doof und umgekehrt. Weil aus Sicht des Krankenhauses kommt ein Patient x mit Krankheit y. Für diesen Fall gibt es eine Pauschale sprich die Einnahmen stehen von vornherein fest. Was muss man als Klinik also tun um wirtschaftlich erfolgreich zu sein? Man muss das anwenden, was wir Kaufleute das Minimalprinzip nennen, sprich man muss die geforderte Leistung mit möglichst niedrigem Mitteleinsatz erbringen. Möglichst niedrig ist in dem Fall ein schwieriger Begriff, weil im Gegensatz zu etwa einem Produktionsbetrieb wird dieses minimum nicht durch die technischen Möglichkeiten dessen bestimmt, was technisch möglich ist, sondern oft dadurch mit was man durchkommt, ohne in einer Art und Weise bestraft zu werden, die für den Betrieb schlimmer ist, als die dadurch erzielte Einsparung. Sprich je weniger man in angemessene Behandlung von Patienten investiert, desto erfolgreicher ist man. Wenn dabei Leute Folgeschäden davontragen generiert man damit einen neuen Fall, also gibt es wieder für irgendwen eine Pauschale. Da aber privatwirtschaftliche Betriebe wirtschaftlich möglichst günstig handeln müssen, werden vermutlich diejenigen, die die volkswirtschaftlich sinnvollen Investitionen in bessere Pflege vornehmen mittelfristig vom Markt verschwinden.

Was kann man jetzt gegen dieses Problem tun? Man könnte Gesetze schaffen, die schlechte Zustände in der Pflege wirklich streng bestrafen und engmaschig unangesagt kontrollieren. Das werden aber die schwarz gelben, die sich gerne mal bei jedem Lobbyisten um den Hals werfen, den sie irgendwie finden können niemals beschließen, weil sie damit de facto die Gewinnerzielungsmöglichkeiten in diesem Markt abschaffen. Da kann man gleich so konsequent sein und diesen Sektor verstaatlichen.

Das würde natürlich noch nicht das Problem damit lösen, dass man höhere Kosten in Kauf nimmt, wenn sie nur ein anderes Budget treffen, dafür müsste man wirklich Kranken- und Pflegeversicherung zusammenlegen. Da aber will die jetzige Regierung sogar das Gegenteil tun.


Wenn man allerdings ein bösartiger Zyniker ist kann man behaupten, dass die Einführung einer zweiten parallelen Pflegeversicherung die Pflege- und krankenversicherung tatsächlich entlastet. Weil bei 2 Pflegekassen ist es durchaus denkbar, dass jede der beiden sich erstmal auf den Standpunkt stellt, die Andere sei zuständig. Und während einen die Kassen zwingen die jeweils andere Kasse zu verklagen, müsste man die Pflege einstweilen selbst zwischenfinanzieren. Und wenn man das Geld nicht hat, dann hat man die Wahl zwischen keine Pflege mit entsprechenden Gesundheitsfolgen, oder man spart das Geld beim Essen, der Miete oder so. Also bieten sich da Gelegenheiten für Lebenserwartungsverkürzung.

Ich rege mich schon wieder so auf, wenn ich darüber nachdenke.

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Da frage ich mich ja nun dann doch ganz ernsthaft, ob ich nicht im Grunde meines Herzens Sozialist bin.

Muß man sowas grundsätzlich beantworten?

Grundsätzlich finde ich Kapitalismus OK.
Vermutlich geht es einfach nicht voran in unserer Gesellschaft, wenn der pekuniäre Antrieb fehlt.
Es spricht ja auch nichts gegen Unternehmertum.
Da gibt es ja tolle Leute und ich kann bestens damit leben, wenn irgendwelche Fummler in der Schweiz oder in Glashütte eine Armbanduhr für 500.000 Euro herstellen.
Das schafft Arbeitsplätze und bringt Steuern ein.
Das schadet der Umwelt nicht und ruiniert keine anderen Wirtschaftszweige. Das Beste aber ist:
Keiner muß so eine Uhr oder einen Ferrari oder ein Coctailkleid für 50.000 Euro kaufen.

Es gibt aber andere Branchen - Wasserversorgung ÖPNV, Telefon, Post, etc, auf die ALLE angewiesen sind und da sollten doch dem freien Unternehmertum einige Zügel angelegt werden, um dem Abnehmer den Zugang zu garantieren.

Gesundheit und Pflege ist dabei das Extrembeispiel.
Daß in Krankenhäusern ein Abrechnungssystem herrscht, daß es den Bossen von Asklepios etc ermöglicht zu Lasten der Patienten ihre Milliarden anzuhäufen, ist UNMORALISCH - um mal das ganz große Wort zu führen.
Das ist unethisch und pervers.
Ole von Beust hat gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung die Hamburger Krankenhäuser an Asklepios verscherbelt.
Ausbaden muß es die gesamte Bevölkerung, deren Gesundheit gefährdet wird und deren Portemonnaies geschröpft werden - während Bernhard Broerman, der Besitzer, binnen kürzester Zeit 1800 Millionen Euro zusammen gerafft hat!
Typen, die sowas zu verantworten haben - Bürgermeister v. Beust (CDU) und Ex-Finanzsenator Peiner (CDU) gehören mit der Höchststrafe belegt und abgewählt! Ihre Partei sollte an der 5%-Hürde scheitern.

Es HÖRT JA NUR KEINER AUF MICH UND WÄHLT AUCH ENTSPRECHEND!!!!!

Die Leute WOLLEN verarscht und ausgepresst werden!
Grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
Jetzt rege ich mich gerade auf.

LG

Tammox