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Dienstag, 4. März 2008

Verschlimmbesserungen

Weil für die realitätsfernen Ideologen der CSU Kindergärten Teufelszeug, sind will sie Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, mit 150 Euro pro Kind und Monat unterstützen. Dies ist die als Unwort des Jahres gepriesene „Herdprämie“. Von allen Experten wird ein ausgesprochen destruktiver Effekt erwartet, da insbesondere die prekären und finanziell am strapaziertesten Familien sich am wenigstens werden leisten können auf das Geld zu verzichten – mithin würden also genau die Kinder, die am allerdringendsten betreut werden müßten, für die die größte Gefahr der sozialen Verwahrlosung besteht, ihrer Chancen endgültig beraubt.
Das sah auch Deutschlands bekannteste Legehenne von der Leyen ein und bekämpfte dieses retardierende Politinstrument zunächst. Dabei wurde sie von CDU-Granden wie Rüttgers unterstützt. Er könne "jede Mutter verstehen, die in den ersten Jahren bei ihrem Kind bleiben will". Dafür müsse es aber keinen staatlichen Zuschuss geben. Stattdessen könne er sich vorstellen, dass ,,Eltern, die ihre Kleinkinder selbst betreuen, im Alter mehr Geld bekommen‘‘. Deshalb müsse überlegt werden, ob die Erziehungszeiten bei der Rentenzahlung noch stärker gutgeschrieben werden könnten.
Für die SPD lehnte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nicolette Kressl das Betreuungsgeld erneut ab: "Wir werden diesen Weg weder aus bildungspolitischen noch aus grundsätzlichen Erwägungen mitgehen", sagte Kressl. Gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten benötigten frühe Förderung. Dagegen bestehe bei einem Betreuungsgeld die Gefahr, dass dieses von den Familien in den privaten Konsum investiert werde, statt die Kinder in Horten oder in Spielgruppen zu fördern, sagte Kressl.
Bayerns Sozialministerin Christa Stewens aber steckte ihre Hände ganz tief ins Klo, fingerte dort nach zweckfreien rechtsideologischem Murx und erklärte für die Landesregierung einen Gesetzentwurf erarbeitet zu haben. Danach sollen Eltern, die ihre Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr ausschließlich selbst erziehen, 150 Euro im Monat bekommen. Um das Geld zu erhalten, dürfe das Kind nicht in einer öffentlich subventionierten Kinderkrippe oder Tagespflege betreut werden.
Ihren Posten wollte die Bundesfamilienministerin aber auch nicht riskieren – scheiß auf die Prekariatskinder – und knickte schließlich ein.
Von dem Negativbeispiel inspiriert, verbog sich nun auch die SPD, stimmte ebenfalls zu. Es ist nur alles ein bißchen vager formuliert und das böse, böse Wort wird auch nicht mehr verwendet:
Im Gesetzentwurf der Familienministerin heißt es nun, dass "ab 2013 für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden soll". Die Einzelheiten sollen später in einem Gesetz geregelt werden. "Der Gesetzgeber ist dabei in seiner Entscheidung frei", heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Die SPD akzeptiert damit, dass das Betreuungsgeld Bestandteil des Gesetzes zum Ausbau der Kinderbetreuung bleibt. Ursprünglich wollten die Sozialdemokraten die von ihnen abgelehnte familienpolitische Leistung allenfalls in die Begründung des Gesetzentwurfs aufnehmen.
Also kein Steinbrück-Veto mehr.
Nun also Herdprämie, staatliche unterstütztes Fernhalten armer Kinder von Bildungseinrichtungen und dem frühen Erlernen sozialer Kompetenzen.
Falscher geht es wohl nicht, wie just eine Bertelsmann-Studie enthüllte:
Kinderkrippen erhöhen nicht nur die Wahrscheinlichkeit der Kinder in Deutschland erheblich, später ein Gymna­sium zu besuchen. Durch das zu erwartende höhere Lebenseinkommen führt er auch zu einem deutlich größeren volkswirtschaftlichen Nutzen. Dies gilt vor allem für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen. Dazu gehören Kinder mit Migrationshintergrund oder geringer Bildung der Eltern. Der Studie zufolge hat die frühkindliche Bildung einen hohen Einfluss auf den späteren Bildungs­weg. Für den Durchschnitt der Kinder aus den untersuchten Jahrgängen erhöht sich die Wahr­scheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, von 36 Prozent auf rund 50 Prozent, wenn sie vorher eine Krippe besucht haben. Für benachteiligte Kinder liegt die Verbesserung der Bildungschancen durch einen Krippenbesuch noch höher. Von diesen Kindern gehen rund zwei Drittel mehr aufs Gymnasium.
Unter jedem denkbaren Aspekt sind krippen, die die bayerische Scheuklappen-Partei als DDR-Relikt ablehnt, für die Kinder förderlich; der Spiegel fasst zusammen:
Die Erziehung von Kleinkindern hat einen hohen Einfluss auf den späteren Bildungsweg. Es zeigte sich, dass gut die Hälfte der Krippenkinder den Sprung aufs Gymnasium schafft, von den Nicht-Krippenkindern gelang das nur etwas mehr als einem Drittel. Die Bereitschaft, ein Kind betreuen zu lassen, ist bei bildungsfernen Familien schwächer. Von den 1000 untersuchten Kindern stammte nur jedes zwanzigste aus einem Elternhaus, in dem beide Eltern einen Haupt- oder überhaupt keinen Schulabschluss haben.
Der hochgradige Schwachsinn über die "Verstaatlichung" von Kindern, über die angebliche Degradierung von Frauen zu "Gebärmaschinen" durch Krippenerziehung (so der katholische Bischof Walter Mixa) und Eva Hermans ewiges Lob der Hausfrau und Mutter, welches rechte CDU’ler und CSU begeistert adaptierten ist – wieder einmal – ad absurdum geführt.
Sogar rein ökonomisch betrachtet ist der Ausbau von Krippen lohnend:
So steige durch den Krippenausbau die Zahl der Gymnasiasten, entstehe ein volkswirtschaftlicher Nutzen von fast 22.000 Euro pro Krippenkind. Die Kosten eines Krippenplatzes in Höhe von durchschnittlich etwa 8000 Euro, die überwiegend der Staat trage, würden dadurch leicht ausgeglichen.
Schön, aber wenn man schon weiß wie man es richtig macht, um Deutschlands Problem mit der Verwahrlosung kleiner Kinder und der im übrigen niedrigsten Rate von Hochschulreife-Schulabschlüssen in Europa zu beheben, dann seien da noch immer die CSU und Frau Merkel vor – die genau das Gegenteil dessen als Gesetz verabschieden.

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