TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Donnerstag, 10. November 2011

Bischöfliche Werte.

Die bizarre Margot, ehemalige Chefbischöfin der Evangelen in Deutschland liebte das Rampenlicht so sehr, daß sie einen Exklusivvertrag mit dem rechten Einpeitscherblatt BILD abschloß.
Eine echte Symbiose. Da hatten sich zwei gefunden.
Auf der einen Seite die Agitatoren, die Journalismus mit Kampagnen verwechselten, die mal PRO Sarrazin und Guttenberg oder CONTRA („Ihr griecht nix von uns!“) austeilten.
Auf der anderen Seite die Bischöfin, die sich mangels eigener Substanz zu jedem Lautverstärker ins Bett legt und diesem die Aura des Gutmenschentums überstreift.

Margot Käßmann wurde zur Marke, die sich am enthirnten BILD-Publikum eine goldene Nase verdienen konnte.
Dutzende völlig inhaltsfreie Bücher, hat Europas bekannteste Bischöfin auf den Markt geworfen. Keine Bestsellerliste, auf der sich nicht einige der verstandesantagonistischen Titel Käßmanns finden.

Auf gutem Grund. Standpunkte und Predigten. 2002, Erziehen als Herausforderung. 2002, Was können wir hoffen – was können wir tun? Antworten und Orientierung. 2003 Kirche in gesellschaftlichen Konflikten. Kirchenleitende Predigten. 2003, Gut zu leben. Gedanken für jeden Tag. 2004, Gesät ist die Hoffnung. 14 Begegnungen auf dem Kreuzweg Jesu. 2007, Mehr als fromme Wünsche. Was mich bewegt. 2007, Mit Herzen, Mund und Händen. Spiritualität im Alltag leben. 2007 Mütter der Bibel. 20 Porträts für unsere Zeit. 2008, In der Mitte des Lebens. 2009, Meine Füße auf weitem Raum. 2009, Was ich dir mitgeben möchte. Orientierungspunkte auf dem Weg. 2009, Wie ist es so im Himmel? Kinder fragen nach Gott und der Welt. 2009, Einfach Evangelisch Band 3. Das große Du: Das Vaterunser, 2010 Fantasie für den Frieden oder: Selig sind, die Frieden stiften. 2010 Zur Geborgenheit finden. Antworten auf Fragen des Lebens. 2010, Vergesst die Gastfreundschaft nicht! 2011, Kirche in Bewegung. 50 Jahre Deutscher Evangelischer Kirchentag.1999,Gewalt überwinden. Eine Dekade des Ökumenischen Rates der Kirchen. 2000, Ökumene am Scheideweg. 2003, In der Welt habt ihr Angst. Hannover 2004, Wenn eure Kinder morgen fragen. Zur Zukunft der evangelischen Kirche. 2005, Wurzeln, die uns Flügel schenken. Glaubensreisen zwischen Himmel und Erde. 2005, Ökumene bewegt. Die Kirchen auf dem Weg zueinander 2006, Mit Leib und Seele auf dem Weg. Handbuch des Pilgerns in der hannoverschen Landeskirche. 2007, In Gottes Hand gehalten. Frauengebete. 2011

Käßmanns Tantiemen dürften astronomische Höhen erreicht haben.
Leider konnte ich nicht recherchieren welche Drogen man einnehmen muß, um sich diese Titel einfallen zu lassen.

Das Auffüllen des Platzes zwischen den Buchdeckeln, ist dagegen einfach - die immer gleiche Soße aus Gutmenschenstichworten wird einfach immer wieder in den Miefquirl gehalten und erneut gedruckt.

Der arme Denis Scheck, der all die Käßmann-Bücher tatsächlich gelesen hat, fand angemessene Worte.

Aus groupiehafter Sehnsucht nach der medialen Wiederaufstehung einer wegen Trunkenheit am Steuer zurückgetretenen Landesbischöfin und Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland ein grauenhaftes Mischmasch aus Sermon, Erbauungsliteratur und moralisierenden Textautomatenbausteinen über Monate an die Spitze der deutschen Bestsellerlisten zu jubeln – für solch merkwürdige Heiligenverehrung kennt man meines Wissens im Norddeutschen das schöne Wort "katholisch!"

Margot Kässmann "In der Mitte des Lebens"
Changierend zwischen Predigtentwürfen und autobiographischen Notizen, geschrieben in jenem anbiedernden theologischen Kauderwelsch, das zum Niedergang der protestantischen Predigt beigetragen hat, ist dieses in seiner Konzeption nicht nachvollziehbare, in seinen Gedankengängen sprunghafte Büchlein eher eine Art Promigucken als wirklich etwas zum Lesen.

Margot Kässmann: "Sehnsucht nach Leben "
In zwölf besinnungsaufsatzähnlichen Texten denkt die Ex-Vorsitzende der EKD über Leben und Liebe, Kraft, Heimat, Stille und ja, auch über Gott nach. Dabei schreibt sie Sätze wie: "Ein Nein ohne jedes Ja – das wurde auf lila Tüchern beim Kirchentag 1983 in Hannover gegen den Willen von Kirchentagsleitung und Evangelischer Kirche in Deutschland zum Symbol." "Ein Nein ohne jedes Ja", auf diesen wirren Nenner könnte man auch meine Meinung zu diesem Mischmasch von einem Buch bringen.

Bis heute hadere ich sehr mit dem Begriff „Gutmenschentum“.

Einerseits läßt sich dieses Zeitgeistwort nur diffus definieren, andererseits ist es zu einem der Lieblings-Totschlagargumente der ultrarechten und islamophoben Pest von PI und Co avanciert.
Schon deswegen möchte ich instinktiv eine Lanze für die Gutmenschen brechen.

Was soll auch schlecht daran sein, fair gehandelten Kaffee zu kaufen, Bananen aus ökologischem Anbau zu essen und Jutesäcke statt Plastiktüten zu verwenden?

Aber Gutmenschentum wird durch die schwere Heuchelei der Gutmenschen diskreditiert.

Da macht Käßmann ein großes Bohei mit dem geflügelten Satz „Nichts ist gut in Afghanistan“, sitzt aber gleichzeitig mit den mächtigsten Unterstützern des Afghanistankrieg-Befürworters Guttenberg, nämlich der BILD-Zeitung in einem Boot und läßt sich von Springer bezahlen.

Afghanistan ist ein kompliziertes Thema.
Nach zehn Jahren sind tatsächlich jede Menge Abhängigkeiten von den Besatzungstruppen entstanden.
Für Mädchen in Schulen, für arbeitende Frauen oder Musiker wäre es womöglich ein Todesurteil, wenn plötzlich alle NATO-Leute abzögen und die Taliban wieder ans Ruder kämen.

Es gibt jetzt, NACH der grandiosen Fehlentscheidung dort überhaupt einzumarschieren, nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Ich habe einiges Verständnis für den Ärger der Konservativen über Käßmanns Simple-Satz.
Sie macht sich dadurch beliebt - hilft aber niemanden.

Für Bundeswehrgeneral a. D. Klaus Naumann war ihr Satz „Nichts ist gut in Afghanistan“ ein „hochmütiges, ... in jeder Hinsicht falsches Pauschalurteil“, das den für das Retten bedrohter Menschen verantwortlichen Soldaten die tröstliche Vergebungshoffnung entzogen, ihr Tun als verfehlt und ihre Opfer als vergeblich bezeichnet habe. Zwei in Afghanistan stationierte Militärdekane warfen ihr öffentlich vor, sie habe deutsche Soldaten beleidigt, ihnen die Solidarität aufgekündigt und moralischen Rückhalt entzogen. Sie polarisiere auf ihre Kosten zwischen militärischen und zivilen Optionen. Ihre Mahnung zu mehr Fantasie sei realitätsfern, da sie keine praktikablen Alternativen aufgezeigt habe. Der Militäreinsatz müsse verstärkt werden, um die afghanische Bevölkerung vor getarnten Selbstmordattentätern zu schützen. Reinhold Robbe (SPD), Bundeswehrbeauftragter des Bundestages, warf Käßmann Naivität und „populistische Fundamentalkritik“ vor. In den meisten Regionen Afghanistans gebe es keine kriegsähnlichen Zustände. Die EKD erlaube Militärinterventionen mit humanitären Zielen als äußerstes Mittel. Er hätte sich Dank für zivile und militärische Aufbauleistungen gewünscht. Hans-Ulrich Klose (SPD) warf ihr vor, gegen die Bundestagsmehrheit die Position der Linkspartei zu vertreten. Für die Soldaten dürfe „nicht der Eindruck entstehen, dass sie keine Christen seien, weil sie unter Umständen töten müssten“.
(Wiki)

Da hält Käßmann auf der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung am 1.10.03 die Eröffnungsrede mit hübschen Sätzen wie:

Kurs nehmen, unser Land nachhaltig verändern und dabei die Frage nach weltweiter Verantwortung stellen, darum geht es. Sie werden vielleicht denken: Verantwortung klingt nach Appell, Erziehung, Gutmenschentum oder auch: typisch Kirchenfrau.
[…] Ich meine, wir brauchen eine neue Praxis von Verantwortung und neue Ideen, wie denn Veränderung möglich, gestaltet und akzeptabel werden kann. Dabei ist die Idee der Nachhaltigkeit unverzichtbar, weil sie Orientierung und Übersicht gibt. […] Verantwortung für Nachhaltigkeit ist vor allem die Übernahme von Verantwortung, die über den eigenen unmittelbaren Bereich hinausgeht. Das gilt für jeden und jede einzeln genauso 5 wie für große Unternehmen, die das dann Corporate Social Responsibility nennen mögen. Der Großteil der Menschen ist m.E. durchaus bereit, Verantwortung für Zukunft und Nachhaltigkeit zu übernehmen – aber sie können das Wort „Reform“ nicht mehr hören. Es ist zerrieben und zerredet in der alltäglichen politischen Praxis. Der Grundstoff für Verantwortung ist Vertrauen. Die Frage ist berechtigt: Ist genug Vertrauen vorhanden in die Politik beim Bund und Ländern, in das Agieren der Wirtschafts- und Lobbyverbände, in die Wahrhaftigkeit von Bekenntnissen zu Nachhaltigkeit? Und wie kann verloren gegangenes Vertrauen neu gewonnen werden?
(Nachhaltigkeitsrat)

Acht Jahre später wissen wir schon mal eins sicher:

Der größte Konzern Deutschlands (gemessen an den über eine Million Beschäftigten) kümmert sich immer noch einen Dreck um Nachhaltigkeit. Um Lebensmittel aus fairem Handel oder Ökoanbau macht man einen großen Bogen.

Ach ja, dieser Konzern ist übrigens Käßmanns evangelische Kirche.

Der Einkauf von Lebensmitteln aus ökologischem Anbau oder Fairem Handel ist für die evangelischen Kirchen noch immer ein Randthema. Nach einer Studie von „Brot für die Welt“ und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) werden kaum zehn Prozent der jährlichen Beschaffungssumme in Kirchen und Diakonie für diese Produkte ausgegeben. Trotz gegenteiliger Beschlüsse setzen kirchliche Einrichtungen ihre Marktmacht bislang kaum zugunsten ökologischer und fairer Nahrungsmittelproduktion ein. „Der Ruf der Kirchen nach einer gerechten Wirtschaftsweise und einem nachhaltigen Lebensstil richtet sich nicht nur an andere, sondern zunächst an sie selbst“, so Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin „Brot für die Welt“. „Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und des klugen Einsatzes der eigenen Marktmacht.“
(eed.de, Stuttgart/ Bonn, 08.11.2011)

Oder Arbeitnehmerrechte.
In einer DGB-Kampagne für die Wahl der Betriebsräte gab auch Margot, die Gute werbewirksam ihr arbeitnehmerfreundliches Statement ab.

Es ist nicht das Geld, und es sind nicht die Maschinen, die unsere Arbeitswelt menschlich bleiben lassen: Es sind die Menschen in den Betrieben. Sie sorgen dafür, dass die Wirtschaft im Dienste der Menschen steht und nicht der Mensch im Dienst der Wirtschaft. Für diese Ziele setzen sich Betriebsräte ein und lassen nicht zu, dass Arbeitsplätze wegfallen, um an anderer Stelle Gewinn zu machen. Sie sind dicht bei den Sorgen und Nöten der Menschen. Es gab viele Enttäuschungen in letzter Zeit. Aber es ist wichtig, die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Betrieben zu erhalten. Deswegen: Gehen Sie wählen! Setzen Sie ein Zeichen gegen Ellenbogenmentalität und Misstrauen.
(brw.dgb.de/betriebsrat/prominente.htm)

Käßmanns Kampf gegen „Ellenbogenmentalität und Misstrauen“ hat allerdings enge Grenzen.

Den kirchlichen Mitarbeitern, die nach dem Motto „Juden unerwünscht“ eingestellt werden, verweigert die Bischöfin Arbeitnehmerrechte.
Selbst essen macht fett.

Laut Grundgesetz dürfen Kirchen in Deutschland 'innere Angelegenheiten' selbst ordnen, inklusive Teile des Arbeitsrechts - die Kirchen verhindern so in ihren Zehntausenden Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindergärten und sonstigen sozialen Einrichtungen Dinge, die in der Arbeitswelt selbstverständlich sind: Tarifverträge, Streiks, Betriebsräte.
[…] Gegen das Kirchenarbeitsrecht regt sich nie dagewesener Widerstand. Hinter den Protesten steht eine groß angelegte Kampagne der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Deren Chef Frank Bsirske nennt das kirchliche Arbeitsrecht einen 'Verfassungsbruch'.
[…] Der Protest wird auch die Synode erreichen, die Tagung des evangelischen Kirchenparlaments. […] Auf der Synode soll ein neues Kirchengesetz erlassen werden, das die Praxis des Streikverbots in Gesetzesform gießen soll. Für den Bremer Arbeitsrechtler Bernhard Baumann-Czichon, der das Kirchenarbeitsrecht seit Jahren kritisiert, ein Irrweg: Über die Grundrechte bestimme immer noch der Staat, ein solches Verbot liege nicht im Kompetenzbereich der Kirche. 'Das ist ein alberner Versuch, ganz so, als ob der ADAC für seine Mitglieder die Aufhebung aller Tempolimits beschließt', so der Anwalt. 'Wir halten es für falsch, Grundrechte per Kirchengesetz auszuschließen', sagt Reinhard Haas, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gesamtmitarbeitervertretungen der EKD.
(Süddeutsche Zeitung, 02. November 2011)

Auch hinter den Kulissen schämten sich einige des Synodalen ein wenig für ihre Heuchelei und das Auspressen der Mitarbeiter durch Konzern-eigene Leiharbeitsfirmen.
Wie viel Leiharbeit es genau in der Kirche gibt und wie weit unter den normalen Tarifen kirchliche Krankenschwestern und Altenpfleger verdienen, geben die Kirchenchefs aber nicht preis. Transparenz bei den Finanzen gibt es nicht.

Zweifel am Dritten Weg.
Am Montagabend aber, als die Synode in einer ersten Runde über das Gesetz diskutiert, wird überraschend viel Grundsatzkritik laut. Kerstin Griese, die SPD-Bundestagsabgeordnete, wünscht, dass das Streikverbot aus dem Gesetzentwurf gestrichen wird. Der Hamburger Probst Horst Gorski springt ihr zur Seite: Wie kann die evangelische Kirche eine 'Kirche der Freiheit' sein, wenn sie ihren Arbeitnehmern verbietet, mit Hilfe der Gewerkschaft Tarife auszuhandeln? Edeltraud Glänzer, Mitglied im Rat der EKD und im Hauptvorstand der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, spricht sich für Flächentarife im Sozialbereich aus, um faire Löhne zu sichern.

(SZ, 09. November 2011)

Inzwischen ist die Sache entscheiden.

Käßmanns Kirche entschied sich gestern - GEGEN ARBEITNEHMERRECHTE:

EKD POCHT AUF STREIKVERBOT
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hält am besonderen kirchlichen Arbeitsrecht fest, bei dem die Arbeitnehmer nicht streiken und die Arbeitgeber nicht aussperren dürfen.
[…] Sie forderte 'ernsthafte Konsequenzen' für 'Missstände wie Outsourcing mit Lohnsenkungen, ersetzende Leiharbeit und nicht hinnehmbare Niedriglöhne'. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierte den Synodenbeschluss scharf. 'Die Festschreibung des Streikverbots im Kirchengesetz ist skandalös', sagte Verdi-Chef Frank Bsirske dem Evangelischen Pressedienst. Die EKD regiere als Staat im Staate und verweigere Hunderttausenden Mitarbeitern ein elementares Grundrecht.
(Matthias Drobinski 10.11.11)

Gutmenschentum à la Bischof - sich stets für die Armen und zu kurz gekommenen in Sonntagsreden einzusetzen, aber in der Praxis genau das Gegenteil tun - ist tatsächlich ätzend.

2 Kommentare:

satirgay hat gesagt…

Bei dem Gossenblatt prostituieren sich alle Fuzzis, die gross rauskommen wollen. Wie lautet der aktuelle Goldlöckchen-Gottschalk-Reklamepuups?

"BILD hat mich erst zur Schnecke gemacht und dann zum 'Titan'! Wer in Deutschland was werden will, muss da durch!"

Titan ... gut, was?

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Dann ist Käßmann seine Titanin!

Passt ja.

Bischöfin und GOTTschalck.

;(
LGT